Besser blockieren

Info | Ticker
Erstveröffentlicht: 
06.06.2012

In Sachsen-Anhalt formiert sich Widerstand gegen die jährlichen rechten Aufmärsche: Bündnis »Magdeburg nazifrei« gegründet

 

Von Susan Bonath

 

Der erfolgreiche Widerstand gegen den jährlichen Neonaziaufmarsch in Dresden ist nach Sachsen-Anhalt übergeschwappt. Erstmals haben sich verschiedene Initiativen, Vereine und Gewerkschaften an einen Tisch gesetzt. Herausgekommen ist das Bündnis »Magdeburg nazifrei«. Denn auch in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt marschieren die Rechten seit 14 Jahren regelmäßig um den 16. Januar herum auf, um die Bombardierung Magdeburgs im Zweiten Weltkrieg zum Anlaß zu nehmen, die Verbrechen der deutschen Faschisten zu verharmlosen. In den letzten Jahren ist ihre Zahl auf weit über 1000 angewachsen – Tendenz steigend. Ziel des Bündnisses »Magdeburg nazifrei« sei es, mit friedlichen Massenblockaden den Aufmarsch zu verhindern. Dafür will es bundesweit mobilisieren. Zudem wollen die Mitstreiter ganzjährig über rechte Aktivitäten in Sachsen-Anhalt aufklären.

 

In den letzten Jahren versuchten unterschiedliche Initiativen, sich dem Aufmarsch entgegenzustellen – mit geringem Erfolg und wenig organisiert. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Magdeburger »Bündnis gegen Rechts« (BgR) gab es bisher nicht. Das BgR hatte sich bislang ausschließlich auf eine bunte Meile konzentriert. »Das ist auch wichtig. So kommen die Rechten nicht ins Zentrum, und es sind Tausende Menschen in der Stadt, die die Nazidemo nicht wollen«, sagte ein Sprecher von »Magdeburg nazifrei« zu jW. Darum müsse die »Meile der Demokratie« unbedingt erhalten bleiben »für die, die sich zivilen Ungehorsam nicht zutrauen«. Dennoch ist allen klar: Stoppen kann man die Rechten damit nicht. Im Gegenteil, jedes Jahr reisen mehr von ihnen aus ganz Deutschland an. »Wir haben das Gefühl, daß sie den Aufmarsch in Magdeburg als Ausweichveranstaltung zu Dresden sehen«, so der Sprecher. Er ist überzeugt: »Wenn wir nichts unternehmen, verschärft sich die Situation.«

Vom Bündnis »Dresden nazifrei« wollen die Magdeburger einiges lernen. Man denke an intensiven Austausch, vielleicht auch an ein Treffen, hieß es. Allerdings, so war man sich einig, sei die Situation in Sachsen-Anhalt eine völlig andere. »Hier geht die Polizei sehr viel repressiver vor«, erläuterte ein weiterer Mitstreiter und beschrieb: »Im Januar schirmten 2000 Polizisten die gesamte Route der Rechten ab. Schon am frühen Morgen war die ganze Innenstand komplett mit Hamburger Gittern dicht, jede Seitenstraße wurde streng bewacht, keiner kam mehr rein.« Die Einsatzkräfte hätten zudem schon »vorsorglich« mit Einkesselungen, Identitätsfeststellungen und Platzverweisen auf antifaschistische Aktivitäten reagiert, mehrfach auch Pfefferspray eingesetzt. Nur vereinzelt sei es einigen gelungen, auf die Route zu gelangen. »Und die wurden bald wieder abgeräumt.« Deshalb müsse man eine andere Strategie als in Dresden entwickeln. »Vor allen Dingen eine bessere als bisher.« Von Gewalt hält das Bündnis nichts. »Wir leisten zivilen Ungehorsam, von uns soll dabei aber keine Eskalation ausgehen«, wird betont. Man plane »ausschließlich friedliche Menschenblockaden«.

Demnächst will das Bündnis eine eigene Internetseite erstellen. Diese soll nicht nur Anlaufpunkt für künftige Mitstreiter werden, sondern auch aktuell über rechte Umtriebe in Sachsen-Anhalt informieren. »Wir wollen zudem andere Initiativen unterstützen, Aufklärungsveranstaltungen organisieren und zu verschiedenen Aktionen in Sachsen-Anhalt mobilisieren«, heißt es. Das nächste Mal trifft sich die Gruppe am 10. Juni in der Magdeburger BUND-Geschäftsstelle.

facebook.com/magdeburg.blockt