GBW will verkaufen: Mieter in München in Angst

Wohnen auf der Südseite: Dieses Projekt hat die GBW gerade begonnen – in 14 Monaten soll es fertig sein
Erstveröffentlicht: 
24.05.2012

Die GBW-Immobilien könnten an einen privaten Investor gehen. Schuld ist das Landesbank-Desaster. Am Freitag demonstrieren die Mieter am Odeonsplatz.

 

München - Es geht um die Zukunft von 80.000 Menschen: Am Freitag um 11 Uhr demonstrieren besorgte Mieter vor dem Finanzministerium am Odeonsplatz gegen einen Verkauf der GBW-Wohnungen an „Heuschrecken“. Mit dabei: SPD-Spitzenkandidat Christian Ude und Freie Wähler-Chef Huber Aiwanger. Nicht da: Finanzminister Markus Söder. (CSU). Er schiebt Termine vor: „Ich bin auch nicht eingeladen.“

Die GBW ist eine Tochter der Bayerischen Landesbank. Weil letztere mit Staatsmilliarden gerettet wurde, verlangt die EU den Verkauf der Wohnungsfirma – vermutlich in einem offenen Bieterverfahren. So wie in Baden-Württemberg. Dort musste die angeschlagene Landesbank 21.000 Wohnungen verscherbeln – das Augsburger Unternehmen Patricia bekam für 1,4 Milliarden den Zuschlag, die Stadt Stuttgart ging leer aus. Patrizia hat auch Interesse an den GBW-Wohnungen. Bisher hatte Söder nur mit den Kommunen verhandelt. Der Wert der 33.000 Wohnungen wurde dabei auf rund eine Milliarde Euro geschätzt. Jetzt haben 10.000 Münchner Mieter Angst vor dem privaten Investor. Genau der richtige Stoff für den Wahlkampf.

Zehn Sozial-Gebote sollen Mieter schützen – das will Finanzminister Söder (CSU)

Für die CSU ist der Verkauf der GBW Wohnungen eine ganz heikle Sache. Da mahnt ausgerechnet Markus Söder, die Politik außen vor zu halten und „seriös“ zu verhandeln. Münchens OB Christian Ude und Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger wirft er vor, einen „Mieteraufstand zu befeuern“ und „auf dem Rücken der Mieter“ Wahlkampf zu treiben. Das macht der CSU offensichtlich richtige Angst.

Gleich zwei ihrer Minister luden gestern nacheinander zur Pressekonferenz, um die Mieter zu beruhigen und ihnen vor der Demo den Wind aus den Segeln zu nehmen. Erst Finanzminister Markus Söder, gleich im Anschluss danach Kultusminister Ludwig Spaenle, der Chef der Münchner CSU ist.

Einen Tag vor der Protestdemonstration sicherte der Finanzminister den Mietern eine „Sozialcharta plus“ mit „zehn Geboten“ zu. Luxussanierung, Umwandlung in Eigentumswohnungen und Eigenbedarfskündigung sollen für die nächsten fünf bis zehn Jahre ausgeschlossen werden. Das allerdings ist beim Eigenbedarf auch schon gesetzlich so vorgeschrieben.

Mieterhöhungen will Söder beschränken, Vertragsstrafen verhängen, falls der Käufer nicht spurt und für Über-60-Jährige und Schwerbehinderte einen besonderen Kündigungsschutz einführen. Auch die Mitarbeiter der GBW sollen abgesichert werden. „Damit werden alle Forderungen von Ude erfüllt“, sagt er. Und verspricht: „Die Mieter müssen sich keine Sorgen machen. Mieterschutz geht vor Maximierung des Gewinns.“ Egal wer kaufe, müsse auch die sozialen Pflichten übernehmen.

Dem Münchner Mieterverein reicht das nicht. Er verlangt individuelle Schutzklauseln in jedem der 33.000 Mietverträge. „Nur das bringt Sicherheit“, so Sprecherin Anja Franz. Finanzminister Söder lehnt das ab: „Das ist rechtlich nicht möglich.“

Furcht vor dem Immobilienhai
Der Freistaat oder die Stadt sollen kaufen – das sind die Forderungen der SPD

„Ude soll aufhören, den Mietern Angst zu machen“, poltert Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle und kommt seinem Ministerkollegen Söder zu Hilfe. Und der Münchner Oberbürgermeister schießt prompt zurück: „Der Freistaat hat doch diese Katastrophe ausgelöst, und jetzt sollen die Kommunen das Desaster abwenden.“

Ude hat schon vor zwei Jahren als einer der ersten vor dem drohenden Dilemma gewarnt. Er ging erst davon aus, dass die Kommunen eine Art Vorkaufsrecht bekommen. Wenn es jetzt eine „diskriminierungsfreie Ausschreibung“ gibt, bei dem das höchste Gebot gilt, dann hätten die Städte keine Chance. „Natürlich kann ein Immobilienhai mehr bieten, als jemand, der soziale Standards garantiert.“ Der Freistaat habe den Schlamassel eingebrockt, jetzt dürfe er die „Mieter nicht fallen lassen“.

Ude fordert: Der Freistaat soll die 33.000 Wohnungen selbst kaufen: Über die Landesstiftung oder die Stadibau. „Wenn Schwarz-Gelb das nicht wünscht, sollte man den Mietern Rechte in den Einzelverträgen schaffen.“ Das heißt: In jeden Mietvertrag sollten die Sozialklauseln wie Schutz vor Kündigung oder Luxussanierung hereingeschrieben werden. Das senkt den Kaufpreis.
Erst wenn der Freistaat diese beiden Varianten ablehne, käme die „Münchner Lösung“ ins Spiel: Die betroffenen Kommunen kaufen gemeinsam die GBW. Ude: „Das geht aber nur, wenn dafür ausschließlich eine sozial gestaltete Lösung in Frage kommt“ und die Städte nicht mit Spekulanten konkurrieren müssten.

Ude attackiert Söder: Seine Forderung, die Kommunen sollten jetzt kaufen, „ist der Versuch, sich finanziell aus der Verantwortung zu stehlen durch die Plünderung öffentlicher Kassen.“ Er sei bereit, mit anderen Kommunen auf sozialer Basis zu kaufen.