Anwältin von Ralf Wohlleben war im Jenaer NPD-Vorstand aktiv

Erstveröffentlicht: 
15.12.2011

Ralf Wohlleben, Ex-NPD-Kreisvorsitzender von Jena, hat derzeit sicher Gründe, zu den gegen ihn von der Bundesanwaltschaft erhobenen Vorwürfen auf Unterstützung der Jenaer Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund zu schweigen. Vor allem aber folgt er dem Ratschlag seiner Anwältin. Jena. Die ließ am Mittwoch verlauten, dass bisher "sehr eingeschränkt" Akteneinsicht gewährt werde, und solange dies der Fall sei, habe man Herrn Wohlleben angeraten zu schweigen. Erst nach der Gewährung der vollständigen Akteneinsicht werde entschieden, ob er weiter vom Schweigerecht Gebrauch macht oder sich zu den Vorwürfen äußern möchte.

 

Die Verteidigerin, Rechtsanwältin Nicole Schneiders, hatte aber nicht nur dies mitzuteilen. Sie sah sich auch veranlasst, "Spekulationen" zu ihrer Person "vorzubeugen". So sei es zutreffend, was in der vergangenen Woche das Online-Magazin "Kontext. Wochenzeitung" öffentlich machte. Sie sei in der Tat während ihres Studiums in Jena 2001/2002 Mitglied der NPD im Kreisverband Jena gewesen, "kurzzeitig", betont sie. Als Begründung gibt sie an, damals wie heute der Ansicht gewesen zu sein, "dass eine wehrhafte Demokratie keine Parteiverbote benötigt". Nach Einstellung des damaligen NPD-Parteiverbotsverfahrens habe sie ihren Austritt erklärt und sei seitdem parteilos. Zur Fortsetzung ihres Studiums wechselte die angehende Juristin von Jena nach Mannheim. Bereits 2001 veröffentlichte Recherchen des "Infoladens" - einer Einrichtung Jenaer Antifaschisten - in der Zeitschrift "Future" zufolge war Nicole Schneiders, die damals noch ihren Geburtsnamen Nicole Schäfer führte, nicht nur einfaches Mitglied bei den "Nationalen". Sie fungierte zumindest als Mitglied des Vorstandes im Kreisverband, nach Informationen von "Kontext" als Stellvertreterin von Ralf Wohlleben.

 

Und als Jura-Studentin soll sie Rechtsschulungen in der "Szene" durchgeführt haben. Weitere Details über "Nicole" gingen aus der internen Kommunikation des rechtsextremen Aktionsbündnisses Rhein-Neckar hervor, so "Kontext". Die war 2006 von Computer-Aktivisten geknackt und, 1000 Seiten umfassend, veröffentlicht worden. Doch das Beziehungsgeflecht der Rastatter Kanzlei, in der Nicole Schneiders tätig ist, zu einem rechten Klientel erschöpft sich nicht in dem Mandat für Wohlleben. Wie Generalbundesanwalt Harald Range jetzt erklärte, seien die rekonstruierten Bekennervideos der Jenaer NSU-"Zelle" mit Musik der rechtsextremen Band "Noie Werte" unterlegt. Die aus dem Raum Stuttgart stammende Band war bereits in den 80er Jahren gegründet worden. Ende 2010 löste sich die wohl älteste rechtsradikale Band auf. Sänger der für gewaltverherrlichende und verfassungsfeindliche Texte bekannten Band sei nach Darstellung des Südwestrundfunks Steffen Hammer gewesen. Der wiederum gehöre als Rechtsanwalt derselben Kanzlei wie Nicole Scheiders an. Schneiders sieht sich indes als ein "unabhängiges Organ der Rechtspflege". "Zum Zwecke einer effektiven Chancen- und Waffengleichheit" sei es notwendig, "dass dem Bürger Rechtskundige zur Verfügung stehen", die die ihnen anvertrauten Interessen unabhängig von staatlicher Einflussnahme wahrnehmen, ließ sie wissen.

 

Frank Döbert / 15.12.11 / OTZ
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Extremismus - Neonazi-Terroristen untermalen Bekennervideos mit Stücken der Reutlinger Rechtsrockband

Begleitmusik von »Noie Werte«

 

KARLSRUHE/REUTLINGEN. Die Zwickauer Neonazi-Terroristen haben zur Untermalung der Bilder auf ihrem Bekennervideo auf Musik einer rechtsextremistischen Band zurückgegriffen, deren Gründer der Reutlinger Rechtsanwalt Steffen Hammer ist. Auf dem Film, der auf der rekonstruierten Festplatte der Terroristen gefunden wurde, sind Lieder seiner Gruppe »Noie Werte« zu hören, teilte der für Terror zuständige Bundesanwalt Rainer Griesbaum gestern in Karlsruhe mit.

Die Gruppe wurde bereits Ende der 1980er-Jahre in Reutlingen gegründet und zählt zu den ältesten rechtsradikalen Bands. Ihre Texte gelten als gewaltverherrlichend und verfassungsfeindlich. Steffen Hammer arbeitet für die Kanzlei H3, die Büros in Stuttgart und Rastatt unterhält. Ferner betreibt Hammer eine eigene Kanzlei in Reutlingen-Gönningen.

Bei »H 3« in Stuttgart ist auch die ehemalige NPD-Funktionärin Nicole Schneiders beschäftigt, die die Verteidigung ihres früheren NPD-Kameraden Ralf Wohlleben übernommen hat. Schneiders hat in Jena studiert und war dort Stellvertreterin von Wohlleben, der damals NPD-Kreisvorsitzender war. Damit könnte sich eine Verbindung von der Zwickauer Terrorzelle nach Baden-Württemberg ergeben.

Unterdessen wurde bekannt, dass zwei mutmaßliche Mitglieder und ein mutmaßlicher Helfer der Zwickauer Terrorzelle »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) in den 1990er-Jahren an einer Demonstration im rheinland-pfälzischen Worms teilgenommen haben. Am 17. August 1996 seien bei dem unangemeldeten »Rudolf-Heß-Gedenkmarsch« Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Ralf Wohlleben mitgelaufen, teilte das Landes-Innenministerium in Mainz mit. Bei der Veranstaltung kamen Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet zusammen. Auch der heutige Bundesvorsitzende der NPD, Holger Apfel, war bei der nicht genehmigten Veranstaltung zugegen. (co/dapd)

 

http://gea.de/nachrichten/politik/begleitmusik+von++noie+werte.2341736.htm

Rechtsterrorismus Autor: Hannelore Crolly| 14.12.2011
Terrorzelle NSU wollte weitere Morde begehen

Die Bundesanwaltschaft untersucht die Bekennerfilme des Zwickauer Trios. Schon jetzt ist klar: Die Täter kündigten in den Videos weitere Taten an.

Wer den Namen „Nationalsozialistischer Untergrund - NSU“ für die Zwickauer Terrorzelle erfunden hat, ist noch unklar. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft weiß mittlerweile aber zumindest sicher, dass er schon seit mindestens zehneinhalb Jahren existiert. Denn die Terrorfahnder haben auf einer Festplatte zwei jüngere Versionen des Bekennervideos rekonstruiert, mit dem sich das Trio aus Sachsen mit den Morden an ausländischen Ladenbesitzern brüstet.

An der ersten Fassung sei zum letzten Mal am 9. März 2001 gearbeitet worden, die zweite habe irgendjemand siebeneinhalb Monate später zuletzt angeklickt, sagte der stellvertretende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum. Beide Filme enthielten das Label „NSU“ und hätten einen deutlich aggressiveren Charakter als die bisher bekannte DVD, beschrieb Griesbaum bei der der Jahreskonferenz der Karlsruher Bundesanwaltschaft die Funde.

 

Insgesamt 560 Hinweise aus der Bevölkerung

Die Fahnder hoffen, aus den insgesamt 270 Gigabyte Daten auf der Festplatte weitere Informationen über mögliche Netzwerke, Helfershelfer oder Tatplanungen der Zelle zu ziehen. Außerdem sichtet die Bundesanwaltschaft derzeit insgesamt 560 Hinweise aus der Bevölkerung.

Die Mordfilme sind Griesbaum zufolge mit brutaler, harter Musik der ehemaligen Nazi-Band „Noie Werte“ unterlegt, die Ende der achtziger Jahre nahe Stuttgart gegründet wurde und sich angeblich 2010 aufgelöst hat. Dem Südwestrundfunk zufolge soll der Rechtsanwalt Steffen Hammer die Gruppe angeführt haben.

Hammer soll heute für dieselbe Kanzlei arbeiten, in der auch die ehemalige NPD-Funktionärin Nicole Schneiders beschäftigt ist. Sie verteidigt ihren früheren NPD-Kameraden Ralf Wohlleben, der als einer der fünf in Untersuchungshaft sitzenden Beschuldigten gilt.

 

"Aggressivere und propagandistisch effektivere" Bekennervideos

Zu hören im Video sind „Noie-Werte“-Titel wie „Kraft für Deutschland“ und „Am Puls der Zeit“ aus dem Jahr 2000, wo es unter anderem heißt: „Wir sind am Puls der Zeit, der Widerstand ist bereit!“ Beide rund acht Minuten langen Produktionen seien „deutlich aggressiver und propagandistisch effektiver“ als die bisherige Variante mit ihrem „pervers-verniedlichenden Paulchen-Panther-Motiv“, sagte Griesbaum.

Zu sehen sind 14 dunkelbraune Felder, von denen fünf einer Gewalttat zugeordnet sind, vier Morden und einem Sprengstoffanschlag in Köln. Nach jeder Sequenz wird – verbunden mit einem sich wiederholenden Satz – der Name eines der Opfer genannt, beispielsweise des Nürnberger Blumenhändlers, der im September 2000 erschossen wurde.

„Enver Simsek ist nun klar, wie ernst uns der Erhalt der deutschen Nation ist“, heißt es. Oder: „Habil Kilic ist nun klar…“ In der ersten Vorgängerversion folgt dann die Texttafel: „und Euch jetzt auch“.

Terrorfahnder Griesbaum ist auch sicher, dass die Videos weitere Taten ankündigen – zum einen durch die neun „unverbrauchten“ Felder, zum anderen durch einen sich wiederholenden Schriftzug: „Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage.“

Dieser Spruch wurde durch die Zeichentrickfigur des rosaroten Panthers berühmt. In der Bekenner-DVD, die Beate Zschäpe schließlich vor ihrer Inhaftierung an diverse Institutionen und Medien verschickte, ist Paulchen Panther dann das zentrale Motiv. Erstmals sei das Panther-Bild 2006 aufgetaucht, so Griesbaum.

Die Videos machten klar, dass die Gruppe von Beginn an aus einer rassistischen, menschenverachtenden Gesinnung heraus gehandelt habe, sagte der Terrorfahnder. Unklar ist allerdings, warum die Heilbronner Polizistin erschossen wurde.

 

Als "Repräsentantin der wehrhaften Demokratie" erschossen

Als naheliegendes Motiv erscheint den Bundesanwälten bisher, dass die Beamtin und ihr schwer verletzter Kollege „als Repräsentanten der wehrhaften Demokratie für die Verteidigung der Grundwerte eingestanden haben“. Die Polizistin Michele Kiesewetter wurde im April 2007 vermutlich von den NSU-Terroristen erschossen.

 

Die Bundesanwaltschaft warnt aber davor, wegen der jetzt erst bekannt gewordenen Bedrohung von Rechts des islamistischen Terrorismus aus dem Blick zu verlieren. Es könne keine Entwarnung gegeben werden, Deutschland bleibe ein „Gefahrenraum“, in dem Anschläge geplant würden.

Die Sondereinsatztruppe GSG 9 hatte jüngst zwei weitere mutmaßliche Islamisten festgenommen. Die „Düsseldorfer Zelle“ sei damit aber noch nicht ausgehoben, sagte Griesbaum. „Den Islamisten geht es um die Sache, Personen zählen nicht.“

In Bochum war der 27-jährige Halil S. festgenommen worden, der als Mitglied der Düsseldorfer Al-Qaida-Zelle Terroranschläge geplant haben soll. Ein Anschlag stand aber offenbar nicht direkt bevor. Drei weitere mutmaßliche Mitglieder der Düsseldorfer Zelle waren Ende April in Haft gekommen.

 

http://www.welt.de/politik/deutschland/article13766935/Terrorzelle-NSU-w...