NSU-Sonderausschuss: Plaudertaschen droht der Rauswurf

Erstveröffentlicht: 
26.07.2017

Linke will über geheime Sitzungen zu NSU-Aktivitäten informieren. Eine Gratwanderung

 

Säbelrasseln oder Sommerloch-Theater? Die Vorsitzende des NSU-Sonderausschusses im Landtag ist noch unschlüssig, wie sie den Vorstoß der Linken für mehr Transparenz und Offenheit bei der Aufklärung der NSU-Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern einordnen soll. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht , was damit bezweckt werden soll“, fragt sich Susann Wipperman (SPD).

Zeitgleich zum Start der Plädoyers im Prozess gegen das einzig überlebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe am Münchner Oberlandesgericht hatte die Linke gestern andere Mitglieder des Unterausschusses in Schwerin mit der Ankündigung überrascht, trotz geheimer Sitzungen des Landtags-Gremiums die Öffentlichkeit über dessen Arbeit auf dem Laufenden zu halten. Dazu wurde eine spezielle Internetseite freigeschaltet, die über die Homepage der Linksfraktion erreichbar ist.


„Im Rahmen der geltenden Richtlinien“ würden dort regelmäßig Berichte zu den Ausschuss-Sitzungen veröffentlicht, erklärte der Linken-Innenexperte Peter Ritter dazu. Die Aufarbeitung des NSU-Terrors, dem 2004 in Rostock auch Mehmet Turgut zum Opfer gefallen war, sei nicht allein von parlamentarischem Interesse. „Opfer und deren Angehörige, aber auch Vertreter gesellschaftlicher Gruppen fordern zu recht, dass der NSU-Komplex öffentlich und nachvollziehbar aufgearbeitet wird“, sagte Ritter weiter.


Die Forderung der Linken wird auch von der Migrantenorganisation Migranet-MV begrüßt. „Durch die nicht-öffentliche Sitzungsweise des Ausschusses wird jedoch die Öffentlichkeit und damit auch wir als potentielle Opfer des rassistischen Terrors erneut von der Aufarbeitung ausgeschlossen“, hatte die Organisation bereits im Juni in einer Stellungnahme kritisiert. Ausschuss-Drucksachen sollten veröffentlicht werden, hieß es dazu weiter.


Das NSU-Gremium im Landtag unterliegt allerdings einer hohen Geheimhaltungsstufe. „Es müssen Persönlichkeitsrechte gewahrt werden“, erklärt Wippermann. Die Mitglieder des Gremiums erhalten zudem Zugriff auf sensible Informationen aus Sicherheitskreisen. „Die müssen im Ausschuss bleiben“, warnt die Ausschussvorsitzende. Wer gegen die Geheimhaltungsvorschriften verstoße, mache sich strafbar und könnte aus dem Ausschuss fliegen.


Einem erfahrenen Parlamentarier wie Peter Ritter dürften die Spielregeln des Gremiums vertraut sein. Die bisher veröffentlichten Informationen scheinen sich auch im Rahmen des Erlaubten zu bewegen. Neben der Tagesordnung, die auch auf den Internetseiten des Landtages abrufbar ist, präsentiert die Linke noch detaillierte Abrisse der bisherigen Sitzungen des NSU-Unterausschusses. „Alte Kamellen. Das meiste ist längst von den Medien veröffentlicht worden“, sagt Wippermann.


Doch der Ausschuss hat auch noch nicht richtig Fahrt aufgenommen. Der Generalbundesanwalt sperrt sich bislang, die NSU-Ermittlungsakten herauszugeben. Auch das Oberlandesgericht in München erkennt die Befugnisse des Ausschusses nicht an. Parlamentspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) soll vermitteln. Ist sie erfolgreich, dürfte es spannend werden.