Demo gegen Sparpläne in Berlin: Sprengsatz sorgt für Zündstoff

Absperrung nach dem Knall: Polizisten am Samstag in Berlin. Foto: dpa
Erstveröffentlicht: 
14.06.2010

Nach der Sprengstoffattacke auf der Demonstration in Berlin hat die Polizei noch keine heiße Spur. Das CDU-Innenministerium warnt vor einer Zunahme linker Gewalt.

 

VON P. PLARRE UND M. KAUL

 

Nach wie vor ist unklar, aus welchem Material die Sprengladung bestand, die am Wochenende zwei Berliner Polizisten bei einer Demonstration an den Beinen verletzt hat. Die Auswertung sei noch nicht abgeschlossen, sagte Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch am Montag. Unklar ist auch, wie der Sprengsatz gezündet wurde und wer die Täter sind. Einigkeit bestehe nur darin, dass es sich nicht um einen normalen Feuerwerkskörper handelte, sagte Glietsch. Die Detonation sei zu heftig gewesen.

Der Sprengsatz war bei der Demonstration "Wir zahlen nicht für Eure Krise" explodiert, an der rund 20.000 Leute teilnahmen. Die Ladung detonierte in unmittelbarer Nähe einer Einsatzhundertschaft, als der rund 450 Teilnehmer zählende schwarze Block gerade vorbeizog. Die Stimmung zu diesem Zeitpunkt wird sowohl von Teilnehmern als auch von der Polizei als aufgeheizt beschrieben.
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Zwei der insgesamt 12 verletzten Beamten mussten im Krankenhaus operiert werden. Ihnen wurden Splitter aus den Beinen entfernt, die bis zu sechs Zentimeter ins Fleisch gedrungen waren. Glietsch vermutet, dass es sich dabei um Verpackungsmaterial des Sprengsatzes gehandelt habe. Die Polizisten sollen am Dienstag aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Die Polizei hatte noch am Samstag drei Tatverdächtige im Alter von 21, 21 und 33 Jahren festgenommen. Sie wurden in derselben Nacht wieder freigelassen. Zivilbeamte hatten sich den Männern an die Fersen geheftet, weil sie sich unmittelbar nach der Detonation des Sprengsatzes "anders verhielten" als die übrigen Demonstranten, so Glietsch. Bei einer Durchsuchung ihrer Wohnungen seien "große Mengen pyrotechnisches Material" sichergestellt worden. Dieses sei aber noch nicht endgültig ausgewertet. Da es keine Augenzeugen gibt, bestehe kein dringender Tatverdacht, der den Erlass eines Haftbefehls rechtfertige.

Denkbar ist, dass der Sprengsatz von Ferne gezündet worden ist. Allerdings müssten dann Überreste einer technischen Zündvorrichtung gefunden worden sein. Davon teilte die Polizei nichts mit.

Unabhängig davon, wer die Detonation nun ausgelöst hat und wie sie ausgelöst wurde, stößt die Aktion auch in der linken Szene auf Ablehnung. In der linksautonomen Szene heißt es, für diese Demonstration und zu diesem Zeitpunkt sei die Aktion "sicher nicht das richtige Mittel gewesen".

Die autonome Szene hat allen Grund zur Vorsicht. Denn die schwarz-gelbe Bundesregierung rückt in ihrer Extremismusbekämpfung die Bekämpfung linker Gewalt besonders in den Mittelpunkt. Zuletzt hatte die Innenministerkonferenz Ende Mai beschlossen, Gewalt gegen Polizisten schärfer zu bestrafen.

"Mit den Angriffen militanter Demonstranten setzt sich die Zunahme von Gewalttätigkeiten der linken Szene fort", sagte ein Sprecher von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag. Bei den Tätern sinke die Hemmschwelle, es würden schwerste Verletzungen der Polizeibeamten in Kauf genommen. "Darauf muss reagiert werden." Alle im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien verurteilten den Anschlag.