Antifacamp Weimar / Buchenwald 2017 – FÜR DIE ERINNERUNG KÄMPFEN!

Antifacamp Weimar / Buchenwald 2017  – FÜR DIE ERINNERUNG KÄMPFEN!

2017 – 72 Jahre nach Ende der Nazidiktatur. Nur noch wenige jener Menschen sind am Leben, die das überlebt haben, was sich jeder Vorstellung entzieht. Unterdessen hat die Bundesrepublik das Gedenken an jene Verbrechen vollständig für sich instrumentalisiert. Die vermeintlichen Weltmeister in Gedenken und Betroffenheit haben, ganz ohne Schuldabwehr und „Schlussstrich durch Vergessen“, geschafft wovon die Nationalisten seit der militärischen Niederlage träumten: deutsche Überlegenheit – wirtschaftlich, moralisch, politisch. Deutschland ist wieder wer! Gleichzeitig startet eine völkisch-nationalistische Rechte zum Angriff auf die erkämpften Freiheiten, für die Salonfähigkeit faschistischer Ideen. Ihre “letzte evolutionäre Chance für unser Vaterland“ besteht im Erhalt der Ungleichwertigkeit der Menschen, die Segregation und letztlich Gewalt gegen alles „unreine, schwache und andere“ rechtfertigt.

 

Wie kann ein Gedenken aussehen, das nicht instrumentalisiert? Ein Gedenken, dass sich dem „Nie Wieder“ verschreibt, statt nur phrasenhaft zu wiederholen was/dass man daraus gelernt hat? Der Holocaust ist keine Parabel!

Wir werden uns diesen Fragen stellen, ZeitzeugInnen zuhören und durch verschiedene Arbeits- und Forschungseinsätze auf dem Gedenkstättengelände das Vergessen verhindern. Zudem wird es Workshops, Vorträge und Filme zum Thema geben. 

Die Gedenkstätte in Weimar-Buchenwald auf dem Gelände des nationalsozialistischen Konzentrationslagers zeugt von der nationalsozialistischen Vernichtungs- und Repressionsmaschinerie. Sie zeugt jedoch ebenfalls vom Widerstand der Inhaftierten gegen den Versuch ihrer Entmenschlichung, gegen das Schweigen und die Zustimmung der Mehrheit der deutschen Bevölkerung in den Jahren 1933-1945 – die nicht mit dem Sieg über das NS-Regime endete. Nach wie vor ist die Gedenkstätte in Weimar-Buchenwald für uns ein zentraler Bezugspunkt antifaschistischer Gedenk(stätten)politik.


Wir betrachten das Antifacamp Weimar-Buchenwald 2017 als einen selbstorganisierten und antiautoritären Neustart. Das Camp versteht sich als undogmatisch, strömungsübergreifend und als Teil der linksradikalen Bewegung. Wir legen Wert auf eine hierarchiearme, konstruktive Debatte um linksradikale Gedenkpolitik. Gleichzeitig beinhaltet ein antifaschistisches Selbstverständnis für uns eine deutliche Distanzierung von autoritären, staatstragenden und antisemitischen Konzepten.

 

Selbstverständnis

Uns, den Organisator*innen des Antifa Camps Weimar / Buchenwald 2017, ist es wichtig, ein grundlegendes Selbstverständnis zu verfassen, um für alle Beteiligten und Interessierten transparent zu machen, wie wir uns das Camp vorstellen. Dies beinhaltet die grundlegenden Prinzipien unseres gemeinsamen Miteinanders und Agierens.

 

Wir, die am Antifa Camp Weimar / Buchenwald 2017 beteiligten Antifaschist*innen, verfolgen das Ziel einer kritischen und reflektierten linksradikalen Gedenkpolitik. Natürlich muss der Begriff der “Gedenkpolitik” einer spezifischen Betrachtung unterzogen werden. Als bewusst undogmatischer Teil der linksradikalen Bewegung verfolgen wir keinen Alleinvertretungsanspruch auf die Deutung und Bewertung der Geschichte nationalsozialistischen Terrors sowie des Widerstands dagegen. Jedoch wollen wir eine offene Auseinandersetzung aus linker emanzipatorischer Perspektive zum Thema anstoßen. Buchenwald ist nicht nur eine Geschichte des nationalsozialistischen Terrors, der Repression, der Vernichtung und des Versuchs, den inhaftierten Menschen ihre Menschlichkeit abzuerkennen – dieser Ort besitzt auch eine Geschichte des Widerstands. Eines Widerstands für das Leben, für eine Gesellschaft, in der derartige Verbrechen nicht mehr möglich sind. Ein wichtiger Fokus besteht folglich auch darin, einer Instrumentalisierung des Gedenkens an die Opfer des Faschismus entgegenzutreten und das Überleben des faschistischen Geistes in unserer Gesellschaft kenntlich zu machen.

 

Wir werden uns mit der Frage auseinandersetzen: Was haben die Kämpfe der Vergangenheit mit uns zu tun? “Für die Erinnerung (zu) kämpfen” bedeutet in unserer Perspektive, einen Bezug zwischen der Geschichte antifaschistischer Bewegung, ihrer Kämpfe, Entwicklung, Niederlagen, der Repression wie des Widerstands auf unsere Gegenwart zu beziehen. Es gilt das “Nie Wieder!” der Überlebenden mit Leben zu füllen.

 

Die Campwoche soll Raum und Zeit schaffen, damit sich die Teilnehmenden selbstorganisiert mit der Entwicklung von Perspektiven zu Fragen wie „Was bedeutet dieses “Nie wieder!” für uns?“, “Was macht es mit unserer Praxis?” beschäftigen können. Dies schließt sowohl eine Reflexion auf einer theoretischen sowie praxisbezogenen Ebene ein, als auch eine persönliche Auseinandersetzung mit der Thematik. Da der gesamte Themenkomplex von nationalsozialistischer Diktatur, Vernichtung und Repression über antifaschistischen Widerstand bis hin zu Kontinuitäten in der heutigen Gesellschaft kaum in einer Woche abschließend erarbeitet werden kann, soll das Camp weiterhin eine Möglichkeit sein, sich mit Interessierten zu vernetzen, um eine längerfristige Auseinandersetzung anzustreben.

 

Das Camp soll solidarisch und soweit wie möglich hierarchiefrei arbeiten – sowohl in der Vorbereitung als auch in der konkreten Durchführung. Das bedeutet im Einzelnen: Der Kreis der Vorbereitenden ist jederzeit offen für Menschen, die sich einbringen möchten. Auch während der Campwoche kann sich jede*r gleichberechtigt überall beteiligen. Alle Entscheidungen werden von allen gemeinsam im Plenum getroffen.

 

Uns ist es wichtig, mit diesem Antifa Camp 2017 einen Neustart in der Reihe der bisher stattgefundenen Antifa Camps Weimar / Buchenwald zu markieren. “Neustart” bedeutet für uns, einigen Ballast aus der Vergangenheit abzuwerfen, dogmatische Orientierungen wie festgefahrene Hierarchien gezielt anzugehen, um eine Neuorientierung sowohl im Inhalt als auch der Arbeitsweise zu ermöglichen. Neustart heißt, einen offenen internen Reflexionsprozess stetig mitzudenken und sich der Kritik an bisherigen Antifa Camps konstruktiv zu stellen. Das Camp versteht sich als Teil der linksradikalen Bewegung und positioniert sich bewusst als strömungsübergreifend. Eine solidarische Debatte schließt für uns jedoch nicht aus, von vorn herein eine klare Position zu beziehen: Das Camp ist ebenso undogmatisch, wie es sich solidarisch mit emanzipatorischen Bewegungen erklärt und sich im gleichen Zug klar von autoritären und staatstragenden vermeintlich “linken” Konzepten abgrenzt. Zudem haben wir den Anspruch, jeglichen Diskriminierungsformen solidarisch entgegenzutreten. Uns ist dabei bewusst, dass wir nicht jede derzeitige innerlinke Debatte in ihrer Komplexität abbilden und einen differenzierten Standpunkt erfassen können, welcher gleichzeitg der Heterogenität unseres Camps gerecht werden kann. Dennoch werden wir Stellung beziehen, soweit dies uns möglich ist.

 

Aktuelle Infos unter:  https://afacampweimar.noblogs.org

oder Mail an:                afa-camp-webu@riseup.net

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"“Neustart” bedeutet für uns, einigen Ballast aus der Vergangenheit abzuwerfen, dogmatische Orientierungen wie festgefahrene Hierarchien gezielt anzugehen, um eine Neuorientierung sowohl im Inhalt als auch der Arbeitsweise zu ermöglichen."

 

Was war denn da los? Macht die Kritik doch mal konkret!