Deutsche Söldner nach Somalia

Erstveröffentlicht: 
23.05.2010

Deutsche Söldner für Bürgerkrieg in Somalia

Der selbst verschuldete "Sündenfall"

 

Die vereinbarte Entsendung deutscher Söldner in den somalischen Bürgerkrieg sei ein "Sündenfall", heißt es im Bundestag. Doch es ist fraglich, ob die Mitarbeiter der Firma "Asgaard" bei Münster überhaupt gegen Gesetze verstoßen. Deutschland hat es seit Jahren versäumt, Regeln für private Militärdienstleister aufzustellen.

 

Die vertraglich vereinbarte Entsendung von mehr als 100 ehemaligen Bundeswehrsoldaten in den somalischen Bürgerkrieg sorgt im Bundestag für Empörung. Die deutsche Firma "Asgaard German Security Group" ist von dem selbst ausgerufenen "Präsidenten der Republik Somalia", Galadid Abdinur Ahmad Darma, beauftragt, Sicherheitskräfte auszubilden und zu unterstützen. Im Interview hatte Darman auch von gemeinsamen Kampfeinsätzen in Somalia gesprochen. NDR Info und tagesschau.de hatten über die Vereinbarung berichtet.

 

"Sündenfall"

 

Der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Paul Schäfer, sprach gegenüber NDR Info und tagesschau.de von einem "Sündenfall". Es drohe, dass eine deutsche Firma, gestützt auf ehemalige Bundeswehrsoldaten, den Konflikt in einem Bürgerkriegsland verschärfe. "Der Vorgang ist deshalb auch besorgniserregend, weil das eine Form von Neben-Außenpolitik ist, die sich der parlamentarischen Kontrolle entzieht."

Der FDP-Außenpolitiker Rainer Stinner unterstrich, Darman sei nicht der anerkannte Präsident Somalias. Sollte er tatsächlich den jetzt diskutierten Vertrag mit Asgaard geschlossen haben, "dann verstößt das eindeutig gegen Sanktionen, die vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet wurden". Dieses erweiterte Militärgüter-Embargo beinhalte, dass weder Waffen noch Ausbildung nach Somalia geliefert werden dürften – ausgenommen sei die internationale Friedenstruppe AMISON. Wenn Asgaard gegen dieses Embargo verstoße, "dann muss die Firma zur Verantwortung gezogen werden".

 

Grüne: Politik muss handeln

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, warf die Frage auf, ob und wie man der Firma Asgaard Einhalt gebieten könne. "Wir haben in den vergangenen Jahren zu wenig in Politik und Gesetzgebung gemacht, um die privaten Sicherheitsfirmen zu regulieren." Jetzt müsse gehandelt werden.


Somalia:


Seit dem Sturz einer Militärdiktatur im Jahr 1991 herrscht in Somalia Bürgerkrieg. Das Land am Horn von Afrika gilt seitdem als typisches Beispiel eines gescheiterten Staats. Weite Landesteile sind unter der Herrschaft unterschiedlicher Kriegsherren und deren häufig islamistischen Milizen. Die derzeitige Übergangsregierung ist nur noch im Amt, weil sie internationale Unterstützung erhält.
 

Rechtliche Konsequenzen umstritten

 

In der Tat ist bei Strafrechtlern umstritten, ob Ex-Bundeswehrsoldaten eine Straftat begehen, wenn eine private Militärfirma - wie etwa Asgaard - sie für einen Einsatz in einem Krisengebiet - beispielsweise Somalia - anwirbt. Zwar bedroht der Paragraph 109 h des Strafgesetzbuches das „Anwerben für einen fremden Wehrdienst“ mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Fraglich ist, ob "Präsident Darman" eine "ausländische Macht" darstellt, der "zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung" anwerben kann. Zudem ist zwar die Rekrutierung unter Strafe gestellt, nicht jedoch der eigentliche Dienst.

 

Oftmals werden internationale Strafbestände auch durch bloße Wortspiele umgangen. So nennen sich Söldnerfirmen heute meist "private Militärdienstleister" oder "Sicherheitsunternehmen". Die Firmen bieten nach eigenem Verständnis Dienst- oder Beratungsleistungen, keinen Kriegsdienst an. Söldner werden dabei zum "Sicherheitsberater" oder "contractor" (Vertragsnehmer) - das weckt keine negativen Assoziationen zu "Söldner".

Sowohl die jetzige schwarz-gelbe wie auch die vorherige schwarz-rote Bundesregierung haben es bislang versäumt, dass 2008 auch von Deutschland verabschiedete Dokument von Montreaux in nationale Gesetze umzuwandeln. Die am Genfer See auf Initiative der Schweiz und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zustande gekommene Absichtserklärung legt Regeln für private Militärfirmen fest. Dazu gehören auch die Ausbildung in Kriegsvölkerrecht oder klare, verbindliche Einsatzregeln für Söldner. Gerade solche sogenannten "Rules of Engagement" sind bei den Missionen regulärer Streitkräfte unverzichtbarer Bestandteil ihres Mandates.

Sprecher: Darman sucht internationale Unterstützung

Unterdessen meldete sich nach der ersten Berichterstattung durch NDR Info und tagesschau.de ein Sprecher Darmans und sagte, dass ein Einsatz von Asgaard-Mitarbeitern erst angedacht sei, wenn die internationale Gemeinschaft die Präsidentschaft Darmans anerkannt habe. Aus diesem Grunde führe Darman derzeit viele Gespräche in unterschiedlichen Ländern. In welchen Ländern oder mit welchen Institutionen gesprochen werde, sagte der Sprecher nicht.

 

Zitat:

 

"Die Welt - eingeschlossen die Europäische Union - realisiert inzwischen, dass sie darüber nachdenken muss, ob sie weiterhin die so genannte Übergangsregierung unterstützt, die außerhalb des Landes gebildet wurde, während meine Regierung innerhalb des Landes gewählt wurde und vom Volk verteidigt wurde (...) Und deshalb hoffe ich, dass die Internationale Gemeinschaft Somalia den Somalis gibt. Es uns gibt. Und dann werden wir schon aufräumen."
Quelle: Galadid Abdinur Ahmad Darman,

 

Auf Anfrage hatte das Auswärtige Amt mitgeteilt, das Ministerium habe im Einzelnen keine Kenntnis von Aktivitäten Darmans. Partner der Bundesregierung sei die somalische Übergangsregierung. Darman, dessen Berater sowie Asgaard-Geschäftsführer Thomas Kaltegärtner hatten in zahlreichen Gesprächen mit NDR Info und tagesschau.de immer wieder betont, dass Darman der einzig legitime Präsident Somalias sei. Auch widerspricht die Entsendung eines ersten Asgaard-Teams der Behauptung des Darman-Sprechers, dass nichts unternommen werden solle, bevor Darman von der internationalen Gemeinschaft anerkannt sei.

Stand: 23.05.2010 00:16 Uhr