Statement zum Rote Hilfe Schwerpunkt "Siegerjustiz" in der Zeitung Nr.4 2016

The Socialist Fraternal Kiss between Leonid Brezhnev and Erich Honecker 1979

In folgendem Text wollen wir uns mit der letzten Ausgabe der Roten Hilfe(RH) Zeitung 2016 beschäftigen. Wir möchten beleuchten wie in der Ausgabe Nr.4 2016 autoritäres Gedankengut publiziert wurde und welche Gefahren eine strömungsübergreifende Antirepressionsgruppe mit sich bringt.


In der Zeitschrift der RH Nr. 4 Jahr 2016 wird unter der Überschrift "Siegesjustiz - Verfolgung und Delegetimierung eines sozialistischen Versuches seit 1990" ein verharmlosender und rechtfertigender Blick auf die Deutsche Demokratische Republik (DDR) geworfen. Es ist uns unerträglich und unverständlich das eine Organisation, die sich selbst als Antirepressionsgruppe versteht, in ihrer Zeitschrift Menschen, die Teil des Represionsapparates eines totalitären Staates waren, eine Plattform gibt, ihre Ideologie zu verbreiten und ihr Handeln innerhalb der Repressionsorgane zurechtfertigen. Gleichzeitig kommt in der Ausgabe der Zeitschrift keine durch die staatlichen Represionen betroffene Person zu Wort. Der Schwerpunkt kann somit in keinsterweise als Antirepressionsarbeit eingeordnet werden. Im Gegenteil es handlet sich hierbei um die Legetimation und Umdeutung eines ausgesprochen gut funktionierenden Represionsapparates.

Alle Lebensbereiche der Menschen in der DDR waren von Staatsidologie durchdrungen. Menschen, die nicht der Staatsdoktrin folgten, wurden benachteiligt und unterlagen Repression. Es bestanden Foltergefängnissen des Geheimdienstes "Ministerium für Staatssicherheit" (MfS). Militarismus war ein grundlegender Bestandteil des Alltags in der DDR. All diese Aspekte können in der entsprechenden Fachliteratur nachgelesen werde und liefern ausreichende Argumente den Mythos eines antifaschistischen, friedlichen und anti-militaristischen Staates auszuräumen. Bei der Wahl der Literatur sollte jedoch auf die Herkunft der Autor_innen geachtetwerden, um nicht, wie im Schwerpunkt der RH-Zeitung, die Selbstrechtfertigung der Staatsorgane zu konsumieren.
So schreiben etwa die ehemaligen Oberste des Auslands Nachrichtendienstder DDR "Hauptverwaltung Aufklärung" (HVA) Klaus Eichner und Karl Rehbaum. Karl Rehbaum war unter anderem der Führungsoffizierdes DDR Spiones Reiner Rupp. Gemeinsam veröffentlichen diese ein Buch über Spionage innerhalb der Bundeswehr und der Nato. Weiter ist der Autor Wolfgang Schmidt zu nennen, Vorstand des ISOR e.V. (Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR). Der Verdacht, dass hier Autor_innen des autoritär-kommunistischen Spektrums die Reichweite der Roten Hilfe nutzen, um ihre eigenen Interessen zu vertreten, liegt entsprechend nahe. Mehr noch zeigt sich, dass jene die innerhalb des Staatsapparates der DDR von diesem profitierten und nun Nachteile durch den Zusammenbruch der DDR spüren, ihre eigen Interessen und die ihrer Mitstreiter_innen vertreten. Dieses Gefühl wird durch die praktisch nicht vorhandene Kritik am Represionsapparat der DDR noch bestätigt.

Als Legitimation dieser Lobbyarbeit für höhere Renten für ehemalige Staatsbedienstete in Militär- und Repressionsorganen dient der Mythos vom antifaschistischen Staat und seinen antifaschistischen Held_innen. Natürlich steht ausser Frage, dass die Menschen in den Konzentrationslagern der Nazis gelitten haben und als aktive Antifaschist_innen großem Leid während des Nationalsozialismus ausgesetzt waren. Allerdings können diese Erlebnise nicht als Legitimation dienen für das Handeln von staatlichen Funktionär_innen innerhalb des DDR-Regimes. Die Gründung der DDR und der Sozialismus, den Millionen von Menschen versucht haben aufzubauen (Quelle: RH-Zeitung, Seite 25), war von Anfang an ein authoritäres von der Sowjetunion angeordnetes Projekt. Nur die Sozialist_innen, die die stalinistischen Säuberungen im Moskauer Exil überlebten, wie etwa Wilhelm Pieck, ehemalige KPD Kader, die die Stalinisierung der Partei mitgetragen haben und Menschen die nach 1945 glaubhaft ihre Loyalität zum System beweisen konnten, wurden Teil der neuenkommunistischen Elite. Es gab also kein selbstgewähltes gesellschaftliches Projekt, sondern ein von der Sowjetunion vorgeschriebenes System. Dieses brachte auch den Mythos des antifaschistischen Widerstandes zurück. Dieser wurde erst von Stalin 1939 verraten, durch die Koalition mit dem nationalsozialistischen Deutschland und als Wort, Schrift und Tat innerhalb der Sowjetunion und der KPD ausserhalb der Sowjetunion verboten, zu gunsten des Kampfes gegen das Imperialistische Frankreich und Großbritanien. Wurde dann 1941 wieder heraufbeschworen um alle Kräfte zur Verteidigung der Sowjetunion zu bündeln und nach 1945 als Gründungsmythos auf die DDR projiziert. Eine Lüge also in mehrfacher Hinsicht. Erich Honnecker ist also nicht per se ein guter Mensch weil er im Nationalsozialismus Widerstand geleistet hatte, nein er war der Generalsekretär des Zentralkomitees (ZK) der SED, er hatte eine Machtfülle, die ihn unter anderem verantwortlich macht für all die Repression innerhalb der DDR.

Die DDR kann als selbst definierter Rechtsstaat angesehen werden.  Wie nahezu alle Staaten es von sich behaupten, betrachtet sich auch die DDR als Staat mit "gerechter" Rechtsprechung und Organen, die diese Rechtsprechung durchsetzen. Staaten werden sich immer als rechtsstaatlich definieren und die im Staat handelnden Repressionsorgane werden immer versuchen, eine in der Rechtsprechung des Staates verankerte Legitimation ihres Handelns zu finden. Allengemein ist jedoch, dass der Repressionsapparat des Rechtsstaates gegen die Menschen vorgeht, die das Rechtsverständnis des Staates nicht teilen und ihrem eigenen Rechtsverständnis entsprechend handeln. Dies betrifft historisch betrachtet immer auch ausserparlamentarische Opposition und Anarchist_innen. Aus diesem Blickwinkel muss jeder Staat betrachtet und kritisiert werden. Dabei darf die vom Staat nach aussen kommunizierte, so wie die im inneren vorherrschende Ideologie kein Argument gegen eine kritische Betrachtung des gesellschaftlichen Systems sein. Die alleinige Selbstdefinition eines Staates als antifaschistisch, kommunistisch, demokratisch u.s.w darf unter keinen Umständen genutzt werden, um eine kritiklose Akzeptanz der Herrschaftskonstrukte und Institutionen innerhalb des Staates zu rechtfertigen. Außerdem darf nicht jegliche Kritik an kommunistischen Gesellschaften als konservativer Antikommunismus, wie ihn rechte und kapitalistische Strömungenvertreten, abgetan und ignoriert werden. Sich der Kritik zu entziehen, wäre der erste Schritt zur Rechtfertigung jeglichen als kommunistisch gestempelten staatlichen Handelns, sei es noch sograusam. Eine Kritik am Kommunismus ist also besonders aus anarchistischer Perspektive notwendig um nicht im Staat bestehenden Rechtfertigunsmustern nachzulaufen.

Doch wie findet eine derartige gefährliche Glorifizierung eines totalitären Staatsaparates Platz in der Zeitschrift einer Antirepressionsorganisation. Die Begründung hierfür ist wohl das strömungsübergreifende Konzept der RH. Dieses führt zu einer bemerkenswerten Offenheit für autoritäre kommunistische Personen und entsprechend deren Denkmuster und Argumentatiosstrategien. Besonders sei an dieser Stelle das Redaktionskollektiv der RH kritisiert, welches derartigen Geschichtsrevisionismus verhindern muss. Erschreckend das ganz im Gegenteil verschiedene Artikel auch durch das Redationskollektiv der RH geschrieben wurden. Auf der anderen Seite wenig verwunderlich das autoritäre Kommunist_innen innerhalb der Strukturen der RH solche Positionen besetzen.

Natürlich ist die finanzielle und juristische Unterstützung von durch Repression betroffenen Aktivist_innen ein wichtiges und starkes Mittel im Kampf gegen staatliche Repressionorgane. Jedoch müssen wir uns die Frage stellen wo für uns die Grenzen der Unterstützung einer_s Aktivist_in sind, welches Denken und Handeln wir nicht mehr vertreten können. Sollte die Offenheit gegenüber autoritärkommunistischer Gedanken bestehen bleiben, können Alternativstrukturen einen Ausweg aus dem ideologischen Dilemma der RH darstellen. Das unterstützen autoritärer Gedanken betrachten wir jedoch in jeder Form als falsch, nicht zu rechtfertigen und gegebenenfalls auch als direkten Angriff auf ausserparlamentarische linke und anarchistische Aktivist_innen.

ABC Dresden, 03.02.2017

https://abcdd.org

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Erich Honnecker - Mitglied des Roten Frontkämpferbundes (RFB) der Roten Hilfe Deutschlands (RH) und später der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO)

Ja, da habt ihr schon recht. Da möchte man wirklich wissen, was in die GenossInnen gefahren ist. Nun gut, vielleicht war es ja wirklich so, dass DDR-Spione aauch schon mal einen Atomkrieg verhindert haben, indem sie nervösen Generälen zusichern konnten, dass ein NATO-Manöver wirklich nur ein Manover war und keine Angriffsvorbereitung.

 

Aber dass Friedensbewegte, Umweltgruppen, Punks, eine staatsunabhängige Antifa, Leute, die in Berlin (Hauptstadt der DDR) gegen das IWF-Treffen im benachbarten Westberlin aktiv werden wollten, dass mindestens all Diese als GenossInnen zu gelten haben und vom DDR-Staatsapparat auf das Übelste Malträtiert worden sind, dass können die Roten HelferInnen doch unmöglich vergessen haben. Das ist... schwer fassbare Entsolidrisierung. Das hätte ich wirklich gerne erläutert.

Es gibt von der Roten Hilfe Dresen auch ein Statement zur letzten Ausgabe der RH Zeitschrift: https://rotehilfedresden.noblogs.org/post/2017/01/12/ausfuehrliches-stat...

Ich fand die besagte Ausgabe mehr als gelungen. Endlich mal Hintergrundinformationen jenseits der bürgerlichen Geschichtsschreibung. Und wenn ich "totalitärer Staat" höre von Anarchisten aus Sachsen, dann ist mir alles klar. :) Könnt euch ja mal mit Hr. Jesse unterhalten. Der wird das auch so sehen und euch vllt. noch bisschen Argumentationshilfe geben.

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Du kannst gerne auch von Anarch@s aus Berlin hören, dass die DDR ein totalitäres System war. Kacke und ein Feind der Freiheit war sie noch dazu. Ist hier und heute nicht anders, streitet niemand ab. Aber war es halt damals schon auf beiden Seiten. Heute ist halt nur noch eine Seite übrig. Aber die schaffen wir auch noch. :)

Ich halte die Kritik an Nr. 4 für gelungen. Wo soll hier Antikommunismus sein? Liebe Kommentaristen, erklärt Eure Meinungen bitte in ganzen Sätzen und nicht mit Diffamierungen! Die Lehre aus dem Scheitern der DDR kann doch nur sein, dass autoritäre Konzepte nun endlich verabschiedet gehören. Die DDR war alles andere als ein Rechtsstaat, sondern ein Willkürstaat, der politisch Andersdenkende diskriminiert, weggesperrt und pathologisiert hat. Die eigenen Prinzipien (siehe Verfassung) galten nichts und standen unter dem Vorbehalt der SED-Machterhaltung. Jene, die ihre Positionen ausgenutzt haben, sind alles andere als glaubwürdig. Im konkreten Fall hilft nur die Aufarbeitung. Deshalb ist es notwendig, dass das nächste Heft die Opfer der SED-Diktatur und die Machtstrukturen der DDR in den Blick nimmt. Sonst wird die RH-Redaktion unglaubwürdig. Oder sollen im nächsten Heft die heutigen Verfassungsschutzmitarbeiter ihren Dienst und ihre Rechtfertigung hier schön schreiben?   

„Die Lehre aus dem Scheitern der DDR kann doch nur sein,“ das die Genossen in der DDR den Klassenkampf offensichtlich vernachlässigt haben. So konnte es den Konterrevolutionären schon sehr viel früher als 1989 gelingen, die Ansätze von Sozialismus, die durchaus vorhanden waren, wieder zu zerschlagen.

Das was 1989 in der politischen Führung der DDR noch agierte, strebte doch schon lange nicht mehr nach Sozialismus geschweige denn nach Kommunismus.

Statt den Fortschritt voranzutreiben und insbesondere den Arbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre Macht gegenüber der kapitalistischen Klasse auch auszuüben, hat man dieselbe bespitzelt und gedeckelt. Während die notwendige Unterdrückung von Faschisten und anderen Reaktionären doch eher vernachlässigt wurde.

Deinen sogenannten (kapitalistischen) Rechtsstaat kannst du dir in die Haare schmieren, das sieht gerade hier bei uns der letzte Trottel wieviel dieser für die unteren Schichten der Bevölkerung wert ist. Wer hat die Macht, ist die entscheidende Frage, und das waren weder damals in der untergehenden DDR, noch im heutigen vereinigten Deutschland, die arbeitenden Menschen.

Wie würdest du eigentlich auf vornehme antiautoritäre Weise mit faschistischen Mördern umgehen, ich tippe mal auf Einladung zum Strickkurs, zwecks Resozialisierung. Ich meine damit, beim Stand der heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse ist die Frage, wer unterdrückt wen, oder wie es glaube ich auch Dimitroff in Anlehnung an eine alte Weisheit ausdrückte, wollen wir Hammer oder Amboss sein, eine sehr berechtigte und entscheidende Frage.

Ich finde es gut und richtig, dass eine Debatte in diese Richtung mal geführt wird.

Das Problem ist, dass es in autonomen/antifaschistischen Zuammenhängen meist keine wirkliche historische Auseinandersetzung mit der DDR gibt.

Das mag an den Prioritäten liegen (im alltäglichen Kampf gibt es oft brennendere Themen), ist aber schade.

Es stimmt, dass die offizielle Geschichtsschreibung der BRD reine Siegerjustiz ist. Ein Narrativ über die DDR:

Unrechtsstaat. Allgegenwärtiger Stalinismus. Stasi. Thats it.

Als ein Mensch der beide Systeme erlebt hat (und mit Beiden in Konflikt geraten ist), kotzt mich die Darstellung der DDR in den BRD-Medien trotzdem an.

Die Linke sollte nicht so easy darauf hereinfallen.

Ja, die DDR war eine Diktatur und mit den Repressionsorganen war nicht zu Spaßen.

Dennoch machen es sich hier manche auch zu einfach die DDR komplett zu verteufeln.

Man hat 1945 versucht aus der totalen Katastrophe heraus eine neue Gesellschaft aufzubauen.

Das Land war zerstört, eine Generation ausgelöscht vom Krieg, Reparationen waren zu zahlen und ein großer Teil der linken Genossen war im KZ ermordet worden.

Dazu eine Bevölkerung die 12 Jahre lang unter den Nazis gelebt hatte und entsprechend geprägt war.

Von Anfang an hat eine eklige Mischung aus Altnazis und Antikommunisten (gesponsert und unterstützt vom Westen) durch Sabotage, Propaganda und Spionage versucht den jungen sozialistischen Staat platt zu machen.

Und diesen Bedingungen ist die autoritäre Entwicklung in der DDR eben auch zu betrachten.

Wer das ausklammert, schließt sich der bürgerlichen Geschichtsschreibung an und betreibt Geschichtsrevisionismus.

Jedenfalls stand die DDR (so wie auch Kuba) auch weltweit für einen ganz anderen Gesellschaftsversuch.

Auf der Seite der weltweiten Befreiungsbewegungen. Ohne diese scheiß imperialistische Kriegspolitik.

Fragt mal die Menschen in Südafrika, Angola, Algerien oder Südamerika, wer ihnen gegen Apartheid und Kolonialismus geholfen hat.

Die erinnern sich genau. ;)

Die DDR war nicht das kommunistische Paradies aber eben auch nicht der böse Unrechtsstaat, als dass ZDF und RTL sie euch verkaufen wollen.

siehe oben.

die ihr da anstoßen wollt und ich hoffe ehrlich gesagt, es gelingt euch nicht! Mir geht es nicht um eure Kritik an der Darstellung der DDR. Da kann man diskutieren und ja, sollte man auch. Wenn ich euch richtig verstehe, geht es euch aber eben darum, wie strömungsübergreifend die RH sein darf und soll. Die Debatte fände ich fatal. Auch ich bin manchmal nicht glücklich darüber, wer und was da konkret unterstützt wird aber verdammt, das ist das Konezept und das ist auch gut und richtig so! Die Alternative besteht in Sektierertum und jeder kann dann anfangen zu fordern, dass dies und jenes aus dem und dem Grund nicht unterstützt werden soll. Das wäre super schädlich und auch ihr solltet euch genau überlegen, ob ihr das wollt!

Sie implizieren ja einen Vorschlag, wie es hätte besser gemacht werden können: Auch einen Genossen zu Wort kommen lassen, der unter der Verfolgung in der DDR gelitten hat. Der Vorwurf ist also weniger die Strömungsübergreifung, sondern die Einseitigkeit.

Erklärung des Bundesvorstandes und des Redaktionskollektivs zur letzten Ausgabe der Rote Hilfe Zeitung


Die letzte Rote Hilfe Zeitung (RHZ 4/16) mit dem Titel „Siegerjustiz - Verfolgung und Delegitimierung eines sozialistischen Versuchs seit 1990" hat ein geteiltes Echo in der Leser*innen- und Mitgliedschaft ausgelöst.

 

Den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. (RH) sowie die Redaktion der RHZ erreichten eine Reihe von Zuschriften und persönlichen Rückmeldungen, die von harscher Kritik und Distanzierungsaufforderungen bis hin zu großer Zustimmung und Lob für die Auswahl des Schwerpunktes und dessen inhaltlicher Bearbeitung reichten.

 

Aus diesen Gründen, insbesondere aber auch, um über die uns mitgeteilte Kritik zu sprechen, wurde das Thema intensiv auf der letzten Sitzung des Bundesvorstandes im Dezember 2016 diskutiert.
Da wir auch explizit aufgefordert wurden, zu der RHZ 4/16 Stellung zu nehmen, möchten wir das an dieser Stelle tun.


Diese Stellungnahme wird sicherlich nicht alle zufriedenstellen, sie stellt aber aus unserer Sicht dar, dass die Meinungen zu der Thematik auch in unserem Gremium alles andere als homogen sind. In einer Bandbreite von großer Ablehnung bis starker Zustimmung mit allen Zwischentönen spiegelt sie jedoch recht authentisch das strömungsübergreifende linke Spektrum wider, aus dem wir als RH uns auch insgesamt zusammensetzen.Eine Einigung oder ein Vorschlag darüber, wie die RH die Deutsche Demokratische Republik (DDR) als gesamtes politisches Projekt insgesamt bewerten sollte, ist von uns als Bundesvorstand bewusst nicht in Erwägung gezogen worden.
Davon abgesehen, dass wir als Gesamtorganisation darüber aller Wahrscheinlichkeit nach keine Einigung erzielen könnten, ist es ebenfalls die Meinung des Bundesvorstandes, dass es als strömungsübergreifende linke Solidaritäts- und Schutzorganisation nicht unsere Aufgabe ist, allgemeinpolitische Aussagen zu treffen.

 

Zustimmend zur RHZ-Ausgabe äußerten sich zahlreiche Genoss*innen, die unter der „Siegerjustiz“ gelitten haben, sei es durch den Verlust der Rente, Gefängnisstrafen oder andere Repressalien der BRD-Justiz. Sie waren froh darüber und empfanden es als solidarisches Zeichen, dass die RHZ-Redaktion ihnen und anderen mit dieser Schwerpunktsetzung ein Forum geboten hat, während viele andere Organisationen das Thema ausklammern.

Kern der an uns herangetragenen Kritik war hingegen die in der RHZ nicht erwähnte Verfolgung und Repression gegen linke Oppositionelle zur Zeit der DDR. Ebenso für Ablehnung sorgte in Teilen die (unkommentierte) Auswahl der Autor*innen, von denen zumindest einige als aktive Akteur*innen der ehemaligen Staatsorgane der DDR wahrgenommen werden bzw. tatsächlich auch Funktionen innerhalb der Repressionsapparate innehatten.

Es könne als Legitimierung der stattgefundenen staatlichen Repression gelesen werden, wenn die RH zur Solidarität mit Menschen aufruft, die aufgrund ihrer Funktionen in Staat und Partei nun ihrerseits verfolgt wurden, so der Vorwurf.

 

Hierzu stellen wir fest, dass es im Bundesvorstand keinen Konsens zu den Kritikpunkten gibt, sie finden, wie bereits oben erwähnt, sowohl Zustimmung als auch Ablehnung innerhalb des Bundesvorstands.

 

Der Bundesvorstand wird sich daher weder in einer Stellungnahme von der RHZ 4/16 distanzieren, noch ist er glücklich damit, dass diese Ausgabe solch negative Assoziationen in Teilen unserer Leser*innen- und Mitgliedschaft ausgelöst hat.

Die Anzahl der verschiedenen Rückmeldungen war für uns nicht absehbar.

Als der kommende Schwerpunkt in der vorherigen RHZ durch die Redaktion angekündigt wurde, hatte es keine Anfragen gegeben, wie der Schwerpunkt in der Ausgabe wohl inhaltlich gefüllt werden würde.

 

Auch ist das Thema „Siegerjustiz“ nach dem Ende der DDR alles andere als neu. Immer wieder erschienen in den 1990er Jahren in der RHZ Artikel über die vielschichtige Kriminalisierung von DDR-Bürger*innen durch die BRD-Justiz. Ebenso wurde über die Annäherung der RH zu den von Repression Betroffenen diskutiert.

Die Bundesdelegiertenversammlung im Jahre 1996 kam nach einer durchaus kontroversen Debatte zu dem Schluss, dass Prozesse gegen Funktionär*innen oftmals zu Tribunalen würden, in denen die gesamte Linke diskreditiert werden solle.Wörtlich heißt es dort:

 

„Verfahren gegen FunktionsträgerInnen der ehemaligen DDR"
Nach der so genannten Wiedervereinigung betreibt der deutsche Staat eine gezielte Kampagne mit dem Ziel, sozialistische und kommunistische Ideen und Politik endgültig zu diskreditieren. Zu diesem Zwecke werden unter anderem strafrechtliche Verfahren gegen FunktionsträgerInnen der ehemaligen DDR benutzt. Verfahren gegen höhere ParteifunktionärInnen, aber auch gegen
Grenzschutzbeamte, Angehörige der ehemaligen Staatssicherheit bis hin zu ehemaligen Angehörigen von Bildungseinrichtungen werden somit oftmals zu Tribunalen, bei denen eine Generalabrechnung mit der gesamten Linken inszeniert werden soll.
Soweit solche Verfahren zur allgemeinen Agitation gegen linke Ideen benutzt werden oder darauf angelegt sind, Betroffene heute an ihrer fortschrittlichen politischen Tätigkeit zu hindern, trägt die Rote Hilfe zur Unterstützung dieser Menschen bei.“
(Beschlossen von der Bundesdelegiertenversammlung im Juni 1996/Veröffentlicht im Mitgliederrundbrief 3/1996 und 4/1996)


Auch in diesem Beschluss ist ein Verständnis von Solidarität formuliert, dass wir als RH stets aufbringen und nach außen tragen. Nämlich, dass wir zum einen bei allen politischen Differenzen immer dann aktive Unterstützung für Gefangene und Kriminalisierte organisieren, wenn sie aufgrund ihres linken Selbstverständnisses angegriffen werden; und dass wir zum anderen
unabhängig von der konkreten ideologischen Ausrichtung immer dafür streiten, dass Genoss*innen sich politisch betätigen können.

 

Damit sollte im Übrigen sicher nicht gemeint sein, dass es keine Kritik auch an der politischen
Praxis des Repressionsapparates der DDR geben kann oder sollte.
Vielmehr geht es darum, was im Vordergrund steht, wenn Genoss*innen aufgrund ihrer politischen
Identität und ihrer Aktivitäten von der BRD-Justiz kriminalisiert werden. Dies sollte aus unserer Sicht für alle linke Bewegungen und unsere Solidaritätsarbeit gelten.

 

Das Redaktionskollektiv der RHZ hat den Versuch unternommen, maßgebliche Elemente der Siegerjustiz nach dem Ende der DDR zusammenzufassen, zu kritisieren und in einen politischen Kontext zu stellen. Hierbei sollten auch und vor allem Betroffene zu Wort kommen, während Repression innerhalb der DDR-Gesellschaft nicht zum Themenschwerpunkt gehörte.

In diesem Zusammenhang ist nur in einem Artikel am Rande das staatliche Vorgehen gegen die linke Opposition der frühen DDR erwähnt worden, während auf die Repression gegen Linke in der späteren Zeit, insbesondere den 1980er Jahren, nicht eingegangen wurde.
Dass zahlreiche Leser*innen und Mitglieder der Ansicht sind, dass das Thema „Siegerjustiz“ nicht losgelöst von den Ereignissen vor 1990 betrachtet werden kann oder sie sogar die Schwerpunktsetzung als solche kritisieren, ist ein Widerspruch, der leider nicht ohne Weiteres aufzulösen ist.

Inwieweit das Vorhaben mit der RHZ 4/2016 also erfolgreich war, hängt sicher von der Perspektive der einzelnen Genoss*innen und ihrer politischen Erfahrung und Sozialisation ab.


Dennoch wäre es aus unserer Sicht falsch, dieses Kapitel linker Geschichte aufgrund vorhandener Kontroversen auszublenden. Wir ziehen die kontroverse Debatte, wie auch in anderen Fällen, vor und wünschen uns daher eine solidarisch geführte, sachliche Debatte innerhalb der gesamten Linken zur DDR.
Wir halten eine Analyse der Erfolge und Verfehlungen der DDR (und anderer linker Bewegungen der Vergangenheit) für sinnvoll, um darauf basierend Rückschlüsse für die Zukunft ziehen zu können.

Denn, dass die DDR mit ihren politischen Erfolgen wie schwerwiegenden Fehlern und schließlich ihrem Unterliegen in jeder Hinsicht ein Teil linker Geschichte ist, dürfte wohl kaum jemand bestreiten.

Die Rote Hilfe ist eine strömungsübergreifende Solidaritätsorganisation, was zwingend auch unterschiedlichste Auffassungen und Bewertungen zur Geschichte der Linken unter einem Dach vereint.


Wir als RH bringen dennoch das Kunststück fertig, dass wir Linke mit sehr unterschiedlichen politischen und ideologischen Hintergründen, Organisationsformen und Traditionslinien unter den Grundsätzen der RH zusammenbringen und uns gemeinsam und solidarisch gegen staatliche Repression politisch zur Wehr setzen. Dass das nicht immer konfliktfrei vonstatten geht, liegt in der Natur der Sache. Umso erfreulicher, dass dies meist gut und solidarisch funktioniert, denn gerade das macht die RH in ihrer alltäglichen politischen Arbeit aus.

 

Der Bundesvorstand und das Redaktionskollektiv der RHZ im Januar 2017

 

https://www.rote-hilfe.de/presse/768-in-jeder-hinsicht-ein-teil-linker-g...

Es gab mal einen sehr lesenswerten Beitrag im ak:

 

https://www.akweb.de/ak_s/ak564/13.htm

Kampfterrain Geschichte Meistererzählungen über die DDR taugen nicht zum Erkenntnisgewinn

Kommt in politischen und zeitgeschichtlichen Debatten die Rede auf die DDR, so dominieren retrospektive Großdeutungen (Meistererzählungen). Sie zielen weniger auf historischen Erkenntnisgewinn als vielmehr auf die Legitimation aktueller politischer Positionen. Während etwa dem Forschungsverbund SED-Diktatur, Teilen der Stiftung Aufarbeitung und dem Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig daran gelegen ist, die Geschichte der DDR ausschließlich als Diktaturgeschichte zu erzählen, greifen manche Linke nur zu gern jene Narrative und Bilder auf, die die DDR von sich selbst entwarf. Für eine linke Kritik der DDR taugen die historischen Meistererzählungen nicht.

In stets großen historischen Schuhen schritten die Propagandaclaqueure der SED daher, wo es um die geschichtsphilosophische Einordnung der DDR ging. Umstandslos erklärte sich die DDR zur legitimen Alleinerbin aller "fortschrittlichen und humanistischen Traditionen des deutschen Volkes", die die Geschichte der Arbeiterbewegung ebenso einschloss wie den antifaschistischen Widerstand in der NS-Zeit oder Ideale der Aufklärung.

Mehr noch: Alles Sehnen und Streben der fortschrittlichsten Geister Deutschlands aller historischen Epochen habe im "ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden" seine endgültige Erfüllung gefunden und die DDR allein die richtigen Lehren aus der deutschen Geschichte gezogen. Die Hybris der geschichtsteleologischen Selbstlegitimation der DDR kannte keine Grenzen.

Antifaschismus: In besonders hohem moralischen Ton wurde über die NS-Zeit gesprochen. Mit der Einführung der sozialistischen Ordnung seien die Ursachen des Faschismus mit "Stumpf und Stiel" beseitigt, NS-TäterInnen bestraft und aus allen öffentlichen Ämtern entfernt worden.

Die Realität nahm sich banaler aus. Ohne Zweifel hatten sich viele besonders belastete NationalsozialistInnen aus Sorge vor dem Verfolgungsdruck der sowjetischen Besatzungsmacht und später der DDR-Behörden nach Westen abgesetzt.

Die DDR als Ort linker kleinbürgerlicher Traditionen

In der DDR verblieben jedoch genug NS-TäterInnen und -MitläuferInnen. Ihnen machte die SED mitunter großzügige Integrationsangebote, vor allem dann, wenn sie Berufsgruppen angehörten, an denen in der frühen DDR Mangel herrschte: bei ÄrztInnen und NaturwissenschaftlerInnen. Selbst die SED nahm nach 1955 immer mehr NS-MitläuferInnen auf. Beim "Komitee der antifaschistischen Widerstandskämpfer" häuften sich deshalb die besorgten Nachfragen.

Die Verfolgung von NS-TäterInnen gehorchte weniger den hehren moralischen Ansprüchen des DDR-Antifaschismus als vielmehr den tagespolitischen Erfordernissen des Kalten Krieges. Erschien es ideologisch opportun, einen NS-Täter vor Gericht zu stellen, geschah es auch, um die westdeutsche Republik vorzuführen. Andere wurden mit ihrer Vergangenheit erpresst und so für eine Zusammenarbeit mit der Stasi gewonnen. Eine Strafverfolgung unterblieb in einem solchen Fall.

Kulturpolitik: Dass und wie es die DDR verstand, die kleinbürgerlichen und autoritären Traditionen der deutschen Linken zu bündeln, zeigte sich nirgendwo deutlicher als in der Kulturpolitik. Sie hielt Verbote, Zensur und verzögerte Genehmigungen für jene Bücher, Filme und Musikproduktionen bereit, die nicht den jeweils wechselnden ideologischen Vorgaben der Kulturbürokratie der DDR entsprachen. Sie sorgte dafür, dass kontroverse kulturpolitische Debatten eingehegt, entschärft, tabuisiert oder zeitverzögert wurden.

Das betraf vor allem Bücher und Theaterstücke, die das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft widersprüchlicher darstellten, als es im Schema des sozialistischen Realismus vorgesehen war. Sie verschwanden auf Jahre in den Schubladen der Verlage, erschienen, wenn ihre Aktualität erloschen war, oder eben gleich im Westen.

In der Kulturpolitik folgten auf Phasen dogmatischer Enge Perioden relativer Liberalisierung. So verbanden sich mit dem Machtantritt Erich Honeckers 1971 Hoffnungen auf eine weitergehende kulturelle Öffnung, die jedoch mit den Restriktionen infolge der Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 zerstoben.

Rolle der Arbeiterklasse: Schwer tat sich die DDR-Kulturpolitik mit der westlichen Jugendkultur. Deren Soundtrack zum emanzipatorischen Aufbruch Ende der 1960er Jahre denunzierte sie als dekadent. Nachdem sich die Kulturbürokratie notgedrungen mit Beatmusik und Jeans arrangiert hatte, verlagerte sich der Schauplatz des ideologischen Kampfes um die Jugend zum mit allen Mitteln der Repression geführten Kampf gegen unangepasste Punks und gegen Öko- und FriedensaktivistInnen, die als politisch unzuverlässig oder feindlich gesinnt galten.

Die Rolle der Arbeiterklasse in der DDR-Gesellschaft war in linken Analysen besonders strittig. Während die ApologetInnen der DDR im Westen auf die in der DDR verwirklichten weitgehenden sozialen Rechte im betrieblichen Kontext verwiesen, hoben andere die Rolle der allgegenwärtigen Parteibürokratie hervor, in deren Händen sich die Macht konzentrierte.

Infolge des Aufstandes vom 17. Juni 1953 schlossen Parteibürokratie und Arbeiterklasse einen unausgesprochenen Kompromiss. Die Partei verzichtete auf eine Forcierung der Arbeitsproduktivität und sicherte im Gegenzug ein bescheidenes ökonomisches Auskommen.

In diesem Rahmen kam der kollektive Eigensinn der ArbeiterInnen durchaus zum Tragen. Der Arbeitskräftemangel und die in den 1970er Jahren zutage getretene Ineffektivität der DDR-Wirtschaft bewirkte, dass das soziale Selbstbewusstsein in den Betrieben stieg, die ArbeiterInnen relativ sanktionsfrei die betrieblichen Freiräume nutzen konnten. Damit erkaufte sich die Partei die politische Entmündigung jener sozialen Gruppe, in deren Namen sie die Macht ausübte.

Sozial- und Gesundheitspolitik: Bis heute steht die Sozial- und Gesundheitspolitik der DDR in einem weit über linke Kreise hinausgehenden guten Ruf. In der Tat war die Gesundheitsversorgung in der DDR im Vergleich zu den anderen realsozialistischen Staaten mustergültig und effizient. Erinnert sei nur an Modelle wie Poliklinken oder Gemeindeschwestern.

Die Arbeiterklasse: Macht im Staat, aber nichts zu sagen

Nüchtern betrachtet zielte die kostenintensive Gesundheitsversorgung der DDR auf die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Produktivität der arbeitenden Bevölkerung. Dies bedeutete im Umkehrschluss die strukturelle Vernachlässigung sozialer Gruppen wie RentnerInnen oder behinderter Menschen. In ihre Versorgung wurde weit weniger investiert als etwa in die Gesundheit der StahlarbeiterInnen in Eisenhüttenstadt.

Westliche Restriktionen, aber auch die Kostenintensität gesundheitspolitischer Maßnahmen und der allgegenwärtige Mangel an Material führten dazu, dass das DDR-Gesundheitswesen zusehends den Anschluss an den medizinischen Fortschritt verlor und zum Ende der DDR durch die verstärkte Ausreise von ÄrztInnen in den Westen ausblutete. Insbesondere die Betreuung von behinderten Menschen überließ die DDR nur zu gern kirchlichen Einrichtungen, die eine Versorgung ihrer PatientInnen mithilfe westlicher kirchlicher Hilfswerke sicherstellen konnten.

Wirtschaftspolitik: Mit der in der Honecker-Ära verkündeten "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" ging der Ausbau sozialer Leistungen wie Babyjahr, Ehekredit und die bevorzugte Vergabe von Wohnungen an junge Ehepaare einher. Doch die Kosten all dieser sozialpolitischen Maßnahmen waren ab Beginn der 1980er Jahre nicht mehr gedeckt und gingen zulasten anderer ökonomischer Bereiche.

Auch nach Vermittlung von Milliardenkrediten an die DDR ausgerechnet durch Franz Josef Strauß unterblieben wichtige Investitionen in die Infrastruktur des Landes. Straßen, Schienennetz und technische Infrastruktur der Betriebe, noch immer gezeichnet von den Folgen der sowjetischen Demontagepolitik, verfielen.

Das einseitig auf Neubauten ausgerichtete Wohnungsbauprogramm ließ die Innenstädte von Halberstadt, Erfurt und Greifswald verrotten und zerfallen. Noch in den 1980er Jahren wurden historische Stadtviertel dem Abriss preisgegeben.

Die Vorsorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln war im Gegensatz zu anderen Ostblockstaaten ab Ende der 1960er Jahre stabil. Allein, die Konsumansprüche der DDR-Bevölkerung orientierten sich durch die allabendliche Republikflucht via Westfernsehen an jenen der Bundesrepublik. Hier konnte die DDR aus vielerlei Gründen nicht mithalten. Anfang und Mitte der 1980er Jahre nahmen die Versorgungskrisen wieder zu. Im Winter 1986/87 kam es zu Stromsperrungen, die Armee musste zur Aufrechterhaltung der Produktion in die Betriebe geschickt werden.

Katastrophal war die ökologische Situation in den industriellen Zentren. Die rücksichtslose und ineffektive Ausbeutung der zur Verstromung dienenden Braunkohleressourcen der DDR hinterließen Mondlandschaften, ohne dass es Renaturierungskonzepte gegeben hätte. Das ökologische Gleichgewicht im Umfeld von Großkombinaten wie Bitterfeld, Leuna oder Schwedt war gekippt, die Luft so dreckig wie nirgendwo in Westeuropa.

Frauenemanzipation: Widersprüchlich entwickelte sich der Prozess der Emanzipation von Frauen in der DDR. Da sie als Arbeitskräfte gebraucht wurden, förderte der Staat ihre ökonomische Eigenständigkeit. Scheidungen waren in der DDR ohne große finanzielle Folgen möglich. Die 1972 eingeführte Fristenregelung sicherte den Frauen ein Recht auf Abtreibung. Die Versorgung mit Kindergarten- und Hortplätzen war nahezu hundert Prozent. Doch Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen waren selten.

Die bürgerlich-patriarchale Arbeitsteilung zwischen Produktions- und Reproduktionssphäre wurde in der DDR durch die Organisation der Wirtschaft und Gesellschaft nicht angetastet. Wesentliche Emanzipationsschritte wurden auf administrativem Wege von oben eingeführt. Ihre gesellschaftliche Reichweite hing jedoch von den sozialen Verhältnissen ab. Eine breite, plurale Frauenbewegung konnte in der geschlossenen Gesellschaft DDR nur in Nischen entstehen. Früher als in der Bundesrepublik wurde in der DDR Homosexualität entkriminalisiert. Doch eine Selbstorganisation und öffentliche Artikulation von Lesben und Schwulen war unerwünscht.

Staatssicherheit: Nur langsam weicht in Wissenschaft und Öffentlichkeit der Eindruck, in der DDR seien letztlich alle gesellschaftlichen Prozesse durch die Stasi gesteuert gewesen. Dieses seit zwanzig Jahren variantenreich illustrierte Bild der DDR ist ein später Sieg der DDR-Schlapphüte. Verfolgten sie doch das Ziel, alle sozialen Bereich zu durchdringen und unter Kontrolle zu behalten. Dies bedeutete jedoch nicht, dass dies in der Realität auch zutraf.

Zwar stieg die Zahl der "inoffiziellen Mitarbeiter" ab Beginn der 1980er Jahre noch einmal an. Doch anders als in den 1950er Jahren, als die Repressionsmaschinerie des Ministeriums für Staatssicherheit faktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit lief, waren den Repressionen gegen tatsächliche oder vermeidliche OpponentInnen der DDR durch die Präsenz westlicher KorrespondentInnen und dem Interesse der DDR, es sich mit den westlichen PartnerInnen nicht zu verscherzen, Grenzen gesetzt. Das schloss harte Urteile gegen Republikflüchtlinge und die strategische soziale Isolation Oppositioneller durch die Stasi nicht aus, verringerte aber ihre Reichweite.

In dem Maße, in dem der DDR-Herrschaftsapparat ab Ende der 1980er Jahre in Agonie verfiel, blieb der Stasi nicht mehr übrig, als die Aktivitäten der von ihr als staatsfeindlich eingeschätzten Gruppen zu registrieren. Obwohl sie alle Oppositionsgruppen unterwandert und mit einem Netz aus Spitzeln durchsetzt hatte, gelang es der Stasi nicht, sie zu zerschlagen. So konzentrierte man sich darauf, die Aktionsfähigkeit der Gruppen zu sabotieren.

Keine Kontrolle und keine kritische Öffentlichkeit

Was den Charakter des MfS von dem heutiger Inlandsgeheimdienste unterscheidet, ist die Tatsache, dass es in der DDR keine kritische Öffentlichkeit und keinerlei Kontrollinstanz gab, die die Eingriffe des Geheimdienstes begrenzte. Zudem fehlte es an rechtsstaatlichen und strafprozessualen Instrumentarien, mit deren Hilfe sich Betroffene politischer Strafverfolgung wehren konnten. Ebenso wenig gab es eine Verwaltungsgerichtsbarkeit, die eine Überprüfung behördlichen Handelns ermöglicht hätte.

Um die Mehrdimensionalität der DDR-Gesellschaft zu erfassen, müssen die externen Faktoren des Kalten Krieges und seiner Phasen ebenso berücksichtigt werden wie jene zahlreichen verpassten Gelegenheiten, das System zu demokratisieren. Die DDR bündelte aufgrund ihres Entstehungskontextes in sich die autoritären, kleinbürgerlichen und repressiven Traditionen des kommunistischen Flügels der Arbeiterbewegung und die des Stalinismus. Sie war ein berechtigter Aufbruchsversuch aus Krieg und Faschismus, der an selbst verschuldeten Fehlern, Verbrechen und Versäumnissen zerbrach. Ihr allein aufgrund ihrer Existenz als Gegenpol zum kapitalistischen Westen einen emanzipatorischen Charakter zuzuschreiben, geht fehl und behindert eine offene Debatte um die Zukunft nicht-kapitalistischer gesellschaftlicher Alternativen.

es reicht aus, diesem Typen einen Stadtplan aus dem Bezirk x,y,z und den Städten a, b und c zu reichen und einfach mal die Namen der Straßen zu lesen, um dessen weltfremden Thesen zum Thema Antifaschismus zu zerfetzen. Ick man eine lustige Geschichte an meiner alten Schule erinnern: ich hatte in der Klasse zwei Zwillige, dessen Eltern Zeugen Jehovas waren, und die, weil man denen erzählt hat, dass Hakenkreuz wäre das Sonnensymbol das munter in ihre Hefte malten: als das entdeckt wurde, gab es Zirkus vom Feinsten der härtesten Art - sprich die Staatsmacht hat alles eingeschaftet, was möglich war, um einen möglichen faschistischen Hintergrund ausleuchten. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, was möglich ist, wenn es politsch gewollt ist.

 

Das nächste, wo dieser Wissenschaftler - von dem der Artikel stammt -, der scheinbar nur in seinem Elfenbeinturm an der HU rumgehangen hat: hat der Typ sich nicht einmal mit jenen Vertretern bei der Arbeiterklasse beschäftigt, wie sie überall in allen großen Kombinaten in Chefpositionen normal waren? Als jemand, der selbst aus der Arbeiterklasse stammt, und das Klima, dass rauhe Umfeld der Kombinate kennt, staunt man Bauklötzer über den Schwachsinn, den der Artikel behauptet.

Ich hatte mal das Vergnügen, zwei so Stasis AD anlässlich einer Buchvorstellung im Ruhrgebiet zu erleben. Und selbst nach 30 Jahren sind diese Vögel einfach immer noch nichts anderes als BULLEN im übelsten Sinne der Überlieferung. Eigentlich bin ich schon auf Demos von BRD-Bullen zusammengefaltet worden, die weniger Boshaftigkeit, Selbstgerechtigkeit und Unreflektiertheit ausstrahlen as diese beiden...BULLEN. Satsi-Bullen kriegen zu wenig Rente? Sollte ich einen von dene beim Flaschensammeln ntreffen, ich klaue vor seiner Nase jede Flasche und schlag sie in Scherben. Aber irgendwie glaub ich, andere Leute kriegen weniger Rente als Stasi-Bullen. Aber ich erkundige mich bei FlaschensammlerInnen

Das glorifierzieren des "antifaschistischen" Staates ist doch nur Schein. Vielmehr war es so, dass sich dort wieder Neonazibanden gebildet hatten, deren Existenz geleugnet wurde (Bsp: Überfall auf die Zionskirche)

 

Die Realtität für alle, die sich nicht dem Drecksstaat angepasst haben war in der BRD bestimmt nicht allzu schön,aber in der DDR doch wesentlich schlechter. Ein authoritärer Staat bleibt ein authoritärer Staat und jede Revolution ist an dem Punkt auch schon wieder vorbei.

Die Dokumentation "Ostpunk - too much future" als empfehlung:
https://www.youtube.com/watch?v=9o8bT2nGmc0

I'm really fascinated by the fact that people who are protecting Stasi (sic!) members are not ashamed of that - they prefer to point that with proud of their great concept of Strömungsübergreifung. This concept allows people with opposite positions somehow sit next to each and think that they have more in common than with other political movements.

I don't know from which moon are you coming, but on this planet authoritarian communists were responsible for repressions against social revolutionary and anarchist movement, as well as wiping any traces of anti-authoritarian thoughts.

I believe no anarchist or antiauthoritarian Marxist that respects himself/herself should be around this organization. Let the bastards who believe that anarchist can work together with maoist/stalinists/leninists or any other authoritarian bullshit stay on their own. There should be no bloody place on earth where supporters of Stasi officers might be considered as doing something good.

Thank you RH for your statement. Please can somebody translate it into english, so the rest of the world can take "achievements" of the german left scene as example how far stupidity can go.