Umstrittener Rassimus-Workshop

Erstveröffentlicht: 
09.12.2016

In einer Uni-Veranstaltung will ein Mitglied der Jungen Alternative Aufrufe zur Gewalt gegen Polizisten vernommen haben. Die Goethe-Universität Frankfurt und der Kursleiter bestreiten das.

 

Von Danijel Majic

 

Jonas Batteigers Blick geht schräg an der Kamera vorbei. Mit klarer aber leicht zittriger Stimme beginnt der Student der Erziehungswissenschaften seinen Vortrag: „So, ich dachte mir, ich mache mal eine kurze Zusammenfassung von diesem Workshop, weil das ist echt der Knaller.“ Es geht um einen Rassismus-Workshop an der Goethe-Universität, erfährt der Zuschauer. Zwölf Minuten lang referiert Batteiger über das, was er in der Veranstaltung erlebt hat.

 

Und das hat es in sich: Beginnend mit einer seiner Meinung nach unzulässigen Ausweitung des Rassismusbegriffs durch den Topos „kultureller Rassismus“, über die Aufforderung die Polizei bei Personenkontrollen von Menschen dunkler Hautfarbe zu behindern. „Man müsste polizeiliche Kontrollen sprengen“, paraphrasiert er den Workshop-Leiter. Selbiger hätte schließlich auch noch Beschimpfungen gegen Polizisten von sich gegeben: „Fuck Cops“ und „Scheiß Polizei“. Die ganze Veranstaltung diene nur dazu „um ein linksgrünes ideologisiertes Meinungsspektrum in einer perversen Form zu verbreiten“.

 

Batteigers Ausführungen erinnern nicht von ungefähr an das Vokabular des Rechtspopulismus. Der Student gehört als Beisitzer dem Landesvorstand der Jungen Alternative in Hessen an – der Jugendorganisation der Alternative für Deutschland (AfD). Entstanden ist Batteigers Video bereits vor einem Monat doch erst seit Donnerstag ist es bei Youtube abrufbar. Am selben Tag veröffentlich auch die Frankfurter Ortsgruppe der Jungen Alternative eine Pressemitteilung mit dem Titel „Hochschul-Workshop ermuntert Studenten zu Gewalt gegen Polizeibeamte“. Der Ortsgruppen-Vorsitzende Dominic Class spricht darin von einem „ungeheuerlichen Vorfall: „Hier werden staatlich finanzierte Veranstaltungen von offenkundig radikalen ‚Experten‘ genutzt, um Bürger zu rechtswidrigen Handlungen aufzufordern.“

 

Die Veranstaltung, um die es geht, liegt allerdings schon einen Monat zurück. Am 10. November lädt das Gleichstellungsbüro zu einem Workshop mit dem Titel „Rassistisch? Ich doch nicht“ ein. Ein Angebot im Rahmen des Programms „Starker Staat im Studium“, das verschiedene Fortbildungsangebot zu Diversitäts-Themen umfasst: Inklusion beispielsweise oder wie eben am 10. November Rassismus. Einer der Kursleiter an diesem Tag ist Tahir Della von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland. Und der bestreitet die Vorwürfe der Jungen Alternative vehement: „Das ist großer Unsinn.“

 

Weder habe er Polizisten beschimpft, noch dazu aufgerufen Polizeikontrollen gewaltsam zu verhindern. Auch die ihm in den Mund gelegte Aussage, dass dunkelhäutige Menschen grundsätzlich nicht kontrolliert werden dürften, habe er nicht getätigt. Richtig sei, dass er und sein Co-Kursleiter sich klar gegen Kontrollen allein aufgrund der Hautfarbe ausgesprochen hätten – das sogenannte „Racial Profiling“. Außenstehende, die solche Situationen beobachteten, sollten verbal ihren Unmut kundtun. „Es ist wichtig und richtig kundzutun, wenn man mit etwas nicht einverstanden ist.“

 

Auch der Goethe-Universität sind die von der Jungen Alternative monierten Aussagen Dellas nicht bekannt. Eine Referentin des Gleichstellungsbüros, die an dem Workshop teilnahm, habe nichts dergleichen berichtet, erklärte Anja Wolde, Gleichstellungsbeauftragte der Uni auf Anfrage der FR. Dennoch habe man entschieden künftig nicht mehr mit dem Anbieter Glokal e.V., der den Workshop organisiert hatte, zusammenzuarbeiten.

 

„Das hat allerdings nichts mit den Vorwürfen der Jungen Alternative zu tun“, betont Wolde. Vielmehr habe man sich einerseits daran gestört, dass im Seminar zu zivilem Ungehorsam aufgerufen wurde. Außerdem seien weitere inhaltliche Vorstellungen des Gleichstellungsbüros nicht an die Kursleiter kommuniziert worden. Dies habe man Herrn Della auch unmittelbar nach dem Workshop mitgeteilt. Della selbst hingegen sagte der FR, dass er erst durch Nachfragen von Journalisten erfahren habe, dass die Universität nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten werde.

 

Della prüft derweil rechtliche Schritte gegen die Junge Alternative Frankfurt. Dort zeigt man sich unbeeindruckt. Man prüfe selbst, ob man rechtlich gegen Dellas Aussagen vorgehen können, erklärte Dominik Class. Jonas Batteiger bleibt derweil bei seiner Darstellung: „Ich stand direkt neben Herrn Della, der extrem aufgebracht war, da er wieder einmal sagte, dass jegliche polizeiliche Maßnahme an dunkelhäutigen Menschen Rassismus sei.“ Dass diese Äußerungen von anderen Teilnehmern nicht wahrgenommen wurden, sei möglicherweise auf Müdigkeit, mangelnde Konzentration oder bewusstes Ignorieren zurückzuführen. Die Junge Alternative fordert von der Universität, Referenten künftig kritischer zu prüfen.

 

Unter aufmerksamkeitsökonomischen Gesichtspunkten hat sich die Skandalisierung des Workshops für die Jung-AfDler bereits gelohnt. Batteigers Video und die dazugehörige Pressemitteilung machen in den sozialen Netzwerken bereits die Runde. Eine gute Werbung für die Hochschulgruppe der AfD, die in Frankfurt derzeit aufgebaut wird. Bei den nächsten Wahlen zum Studierendenparlament soll sie bereits antreten.