Lautstarke Proteste und Beleidigungen haben am Montag die offiziellen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden überschattet. Am Neumarkt, am Theaterplatz und am Kongresszentrum wurden Politiker und geladene Gäste von mehreren Hundert wütenden Menschen „empfangen“.
Dresden. Lautstarke Proteste und Beleidigungen haben am Montag die offiziellen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen einheit in Dresden überschattet. Am Neumarkt, am Theaterplatz und am Kongresszentrum wurden Politiker und geladene Gäste von mmehreren Hundert wütenden Menschen „empfangen“.
Am härtesten erwischte es dabei wohl Sachsens Vize-Minsterpräsidenten Martin Dulig (SPD). Der Wirtschaftsminister hatte sich nicht per Shuttlebus vor die Tür bringen lassen, sondern kam zu Fuß mit seiner Frau. Doch wohl weil ihn die Hamburger Polizisten nicht erkannten, musste sich Dulig den Weg durch die Menge Bahnen. Die Ehefrau des Politikers war in diesen Minuten den Tränen nahe. Erst nach diesem unwürdigen Schauspiel wurde der Eingang für Gäste ein paar Meter weg verlegt. „Um Zugang der Ehrengäste zu den Protokollveranstaltungen am Neumarkt zu gewährleisten, mussten Personen zurückgedrängt werden“, teilte die Polizei via Twitter mit. Ein Teil der Störer hatte bereits am Sonntag Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) verbal attackiert. Hilbert hatte zum islamischen Neujahrsfest ins Rathaus geladen.
Doch nicht nur Dulig, jeder Gast der offiziellen Feierlichkeiten wurde mit unverholenem Hass begrüßt. „Volksverräter“, „Haut ab“ oder „Abschieben“ brüllte die Menge, in der auch Lutz Bachmann, zahlreiche AfD- und NPD-Vertreter und diverse andere bekannte Gesichter der rechten Szene wie Ester Seitz und Stephane Simon zu finden waren. Zudem wurde lautstark mit Trillerpfeifen Lärm gemacht.
Die Polizei ließ die Versammlung zu, auch wenn im Festbereich eigentlich keine Kundgebungen erlaubt sind. Auch am Theaterplatz und am Kongresszentrum wiederholte sich das Schauspiel, über das sich die Staatsregierung per Twitter beschämt äußerte.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hatte die Gäste zunächst vor dem Verkehrsmuseum empfangen, wo sie sich in das Goldene Buch der Stadt eintrugen. Anschließend ging es weiter zum Ökumenischen Gottesdienst in die Frauenkirche.
Die Bundeskanzlerin forderte am Rande der Veranstaltung Respekt und Dialogbereitschaft. 26 Jahre nach der Wiedervereinigung sei der Tag der Einheit für die allermeisten Deutschen nach wie vor ein Tag der Freude und Dankbarkeit, sagte die CDU-Chefin am Montag vor dem zentralen Festakt in Dresden. Es gebe aber auch neue Probleme. „Und ich persönlich wünsche mir, dass wir diese Probleme gemeinsam, in gegenseitigem Respekt, in der Akzeptanz sehr unterschiedlicher politischer Meinungen lösen und dass wir auch gute Lösungen finden.“
Minsterpräsident Stanislaw Tillich rief in seiner Ansprache dazu auf, mit Worten gewisse Grenzen nicht zu überschreiten. „Beschämt erleben wir, dass Worte die Lunte legen können für Hass und Gewalt“, sagte er. „Das ist menschenverachtend und zutiefst unpatriotisch.“
Die Festrede hielt Bundestagspräsident Norbert Lammert, der von den Deutschen vor allem mehr Selbstbewusstsein, Optimismus und Zufriedenheit mit dem Erreichten verlangte. „Das Paradies auf Erden ist hier nicht. Aber viele Menschen, die es verzweifelt suchen, vermuten es nirgendwo häufiger als in Deutschland“, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf die hunderttausenden Flüchtlinge im Land.
Lammert monierte, dass die Deutschen das Bild ihres eigenen Landes viel zu negativ zeichneten. „Wir können und dürfen durchaus etwas mehr Selbstbewusstsein und Optimismus zeigen“, sagte er. Deutschland könne sich „durchaus eine kleine Dosis Zufriedenheit“ erlauben, wenn nicht sogar ein Glücksgefühl. Das heutige Deutschland sei sicher nicht perfekt, aber in besserer Verfassung als je zuvor.
Mit rund 2600 Beamten sichert die Polizei die gesamten Veranstaltungen zu den Feierlichkeiten ab. Am Nachmittag zog Pegida dann mit knapp 5000 Teilnehmern am Rande des Festgeländes durch die Stadt. Einige Hundert demonstrierten dagegen. Am Blauen Wunder liefen die asylfeindliche Initiative „Wellenlänge“ und anschließend Fortress Europe um Tatjana Festerling auf. Anschließend zog eine Gruppe von rund 50 Neonazis noch zu Fuß zurück in die Innenstadt.
Insgesamt haben von Samstag bis Montag rund 450.000 Menschen das Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit gefeiert, deutlich weniger als erwartet. „Es war dennoch alles gut“, sagte Regierungssprecher Christian Hoose am Montag. Ursprünglich hatte die Staatskanzlei mit etwa 750 000 Besuchern gerechnet. Hoose zufolge hat möglicherweise das etwas verregnete Wetter sowie die Berichterstattung zur angespannten Sicherheitslage in der Stadt die Menschen abgehalten, nach Dresden zu kommen. Die Stimmung sei aber dennoch gut gewesen. „Es war eine würdige Feier.“ Die Organisation habe nahezu perfekt geklappt.