Erklärung des RAA Sachsen e.V. zu den Ereignissen in Bautzen

Brandanschlag in Bautzen im Februar 2016

In der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag kam es in Bautzen zu Auseinandersetzungen auf dem Kornmarkt in Bautzen. Laut Polizei ging die Eskalation von geflüchteten Jugendlichen aus.

 

Die Situation auf dem Kornmarkt in Bautzen ist nicht neu. Seit Wochen sammeln sich dort immer wieder Neonazis und rechte Jugendliche. Jugendliche Geflüchtete, die sich ebenfalls auf der sogenannten „Platte“ aufhalten, werden angepöbelt und angefeindet. In den vergangenen Wochen und Monaten gab es immer wieder rassistische Angriffe in Bautzen: so nach dem EM Viertelfinale Deutschland-Italien Anfang Juli. Zunächst kam es auf dem Kornmarkt zu Attacken von ca. 50 Deutschen gegen einen Asylsuchenden. Nachdem die Polizei diesen zu seiner Unterkunft brachte, um weitere Ausschreitungen zu verhindern, zog eine Gruppe von 10 deutschen Männern vor die Wohnung eines weiteren Asylsuchenden, skandierten rechte Parolen und versuchten in das Haus einzudringen.

 

In Bautzen hat sich seit mindestens zwei Jahre eine rechte Szene erneut etabliert, die für Angriffe, Bedrohungen und Einschüchterungen gegenüber Nicht-Rechten, Flüchtlingsunterstützer_innen, Linken, Sorben und Asylsuchenden verantwortlich ist. Seit Jahren engagieren sich Menschen in Bautzen für eine offene und demokratische Stadt, doch immer wieder sind es solche Ereignisse, die dieses Engagement überschatten. 2014 wurden Veranstaltungen von sorbischen Jugendlichen wiederholt angegriffen, 2015 machten Neonazis am Rande ihrer Demonstrationen wiederholt Jagd auf Gegendemonstrant_innen. Seit 2016 häufen sich die Attacken gegen vor allem jugendliche Flüchtlinge, viele von ihnen minderjährig.

 

Erst am vergangenen Freitag eskalierte eine rechte Demonstration, die Teilnehmer jagten Gegendemonstranten in das soziokulturelle Zentrum Steinhaus und belagerten dieses, warfen Feuerwerkskörper und Gegenstände, während die Polizei eine Stürmung des Hauses verhinderte.

 

In dieser Gemengelage davon zu sprechen, dass am Mittwoch die Eskalation von den jungen Geflüchteten ausging, ignoriert die Umstände. Mag von da auch der erste Stein geworfen worden sein, so verkennt eine solche Behauptung, von wem die Gewalt ausgeht. Seit langem versuchen Neonazis in Bautzen den Ton anzugeben. Gruppen wie StreamBz machen im Internet keinen Hehl daraus, ihren Anspruch auf Bautzen gewaltsam durchsetzen zu wollen. Der Kornmarkt ist scheinbar zum symbolischen Ort dieses für die Naziszene typischen Hegemonieanspruchs geworden.

 

Augenzeugen berichten von einem organisierten und bedrohlichen Auftreten der Nazis auf dem Kornmarkt am Mittwoch und von einem zweifelhaften Vorgehen der Polizei, die die zum Teil minderjährigen Geflüchteten mit Beschimpfungen des Platzes verweisen wollte. Dies und auch die nun ergriffenen Maßnahmen zeigen die einseitige Zielrichtung des Vorgehens in Bautzen. Als Unruhestifter werden die Geflüchteten gesehen, weil sie allein mit ihrer Präsenz bereits provozierten. Mit einem solchen Vorgehen bestärkt man die Angreifer in ihrem Handeln und macht die Betroffenen zu Tätern.

 

Dass allein Konsequenzen für die geflüchteten Jugendlichen verhängt werden mit Alkoholverbot, Ausgangssperre und Verlegung vermeintlicher „Rädelsführer“ ist das falsche Signal. Konsequenzen muss es vor allem für die Nazis in Bautzen geben. Andernfalls werden diese Gruppierungen weiter an Boden gewinnen und ihrem Ziel einer „national befreiten Zone“ einen Schritt näherkommen.