Mehr politische Straftaten

Erstveröffentlicht: 
24.03.2010

Rechtsextreme verüben zwei Drittel der Delikte, doch die Gewalt von Links hat stark zugenommen

Von unserem Korrespondenten Armin Käfer


BERLIN. Die Zahl politisch motivierter Straftaten ist im vergangenen Jahr auf einen neuen Höchststand gestiegen. Einschlägige Gewaltdelikte nahmen sogar um mehr als 20 Prozent zu. Diesen Trend meldete am Dienstag das Bundesinnenministerium in Berlin.

Vor allem die sich häufenden Übergriffe auf Polizisten erfüllen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit Sorge. Er sprach sich dafür aus, den Schutz der Polizeikräfte zu verbessern. Dies hatten Union und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Details einer entsprechenden Reform des Strafrechts sind allerdings noch immer umstritten. "Ich bedaure sehr, dass wir uns mit der FDP nicht auf eine Mindeststrafe verständigen können," sagte der CDU-Politiker Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses.

Das Innenministerium registrierte im vergangenen Jahr knapp 34 000 Straftaten politischer Extremisten. Das sind 6,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor — und die meisten Fälle, seit 2001 mit der Statistik begonnen worden ist. Markant ist vor allem der Anstieg von Delikten bekennender Linker (plus 39 Prozent). Allerdings werden weitaus mehr Straftaten von Rechtsextremen begangen. Ihnen werden zwei Drittel der Fälle zugeschrieben. Bei rechter Gewalt wurde ein deutlicher Rückgang verzeichnet. Erstmals wurden mehr Linke als Rechtsradikale wegen Körperverletzungen aktenkundig. Insgesamt ging es dabei um 1800 Fälle. Bei der Hälfte dieser Fälle richtete sich die Gewalt gegen die Polizei.

Die Union dringt auf härtere Strafen bei Übergriffen gegen Polizisten. Sie erwägt, den besonderen gesetzlichen Schutz, der bisher nur für Vollstreckungsbeamte gilt, auch auf Feuerwehrleute, Rettungskräfte, eventuell auf Busfahrer auszudehnen. Der CDU-Innenexperte Binninger, Abgeordneter aus Sindelfingen, plädiert dafür, "den Blick nicht zu eng auf die Strafandrohung zu richten" .

Bisher konnte sich die Koalition nicht auf eine Neuregelung des Strafparagraphen 113 verständigen. Auch Polizeigewerkschaften befürworten eine Novelle. Bis zur Sommerpause will die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorlegen, heißt es aus Koalitionskreisen. Bisher droht bei Widerstand gegen Polizeibeamte eine Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Jahren, in schweren Fällen sechs Monate bis fünf Jahre Haft.

Die Union fordert Freiheitsstrafen in jedem Fall. Gewalt gegen Polizeibeamte werde sonst als Bagatelldelikt erachtet, warnt der Christdemokrat Wolfgang Bosbach. Die FDP-Bundestagsfraktion will den Linksextremismus verstärkt bekämpfen. Die Linksfraktion warnte hingegen davor, linke und rechte Gewalt in einen Topf zu werfen. Das NPD-Verbot müsse wieder auf die Tagesordnung. "Die Art, wie Innenminister de Maizière die Statistik führt, baut ganz und gar auf dem falschen Extremismus-Ansatz auf, der Nazis und Linke gleichsetzt" , meint die Abgeordnete Ulla Jelpke.