Rechtsextreme verüben zwei Drittel der Delikte, doch die
Gewalt von Links hat stark zugenommen
Von unserem Korrespondenten Armin Käfer
BERLIN. Die Zahl politisch motivierter Straftaten ist im vergangenen Jahr auf einen neuen Höchststand gestiegen. Einschlägige Gewaltdelikte nahmen sogar um mehr als 20 Prozent zu. Diesen Trend meldete am Dienstag das Bundesinnenministerium in Berlin.
Vor allem die sich häufenden Übergriffe
auf Polizisten erfüllen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit
Sorge. Er sprach sich dafür aus, den Schutz der Polizeikräfte zu
verbessern. Dies hatten Union und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart.
Die Details einer entsprechenden Reform des Strafrechts sind allerdings
noch immer umstritten. "Ich bedaure sehr, dass wir uns mit der FDP nicht
auf eine Mindeststrafe verständigen können," sagte der CDU-Politiker
Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses.
Das Innenministerium registrierte im vergangenen Jahr
knapp 34 000 Straftaten politischer Extremisten. Das sind 6,7 Prozent
mehr als im Jahr zuvor — und die meisten Fälle, seit 2001 mit der
Statistik begonnen worden ist. Markant ist vor allem der Anstieg von
Delikten bekennender Linker (plus 39 Prozent). Allerdings werden weitaus
mehr Straftaten von Rechtsextremen begangen. Ihnen werden zwei Drittel
der Fälle zugeschrieben. Bei rechter Gewalt wurde ein deutlicher
Rückgang verzeichnet. Erstmals wurden mehr Linke als Rechtsradikale
wegen Körperverletzungen aktenkundig. Insgesamt ging es dabei um 1800
Fälle. Bei der Hälfte dieser Fälle richtete sich die Gewalt gegen die
Polizei.
Die Union dringt auf härtere
Strafen bei Übergriffen gegen Polizisten. Sie erwägt, den besonderen
gesetzlichen Schutz, der bisher nur für Vollstreckungsbeamte gilt, auch
auf Feuerwehrleute, Rettungskräfte, eventuell auf Busfahrer auszudehnen.
Der CDU-Innenexperte Binninger, Abgeordneter aus Sindelfingen, plädiert
dafür, "den Blick nicht zu eng auf die Strafandrohung zu richten" .
Bisher konnte sich die Koalition nicht
auf eine Neuregelung des Strafparagraphen 113 verständigen. Auch
Polizeigewerkschaften befürworten eine Novelle. Bis zur Sommerpause will
die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorlegen, heißt es aus
Koalitionskreisen. Bisher droht bei Widerstand gegen Polizeibeamte eine
Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Jahren, in schweren Fällen sechs
Monate bis fünf Jahre Haft.
Die Union
fordert Freiheitsstrafen in jedem Fall. Gewalt gegen Polizeibeamte werde
sonst als Bagatelldelikt erachtet, warnt der Christdemokrat Wolfgang
Bosbach. Die FDP-Bundestagsfraktion will den Linksextremismus verstärkt
bekämpfen. Die Linksfraktion warnte hingegen davor, linke und rechte
Gewalt in einen Topf zu werfen. Das NPD-Verbot müsse wieder auf die
Tagesordnung. "Die Art, wie Innenminister de Maizière die Statistik
führt, baut ganz und gar auf dem falschen Extremismus-Ansatz auf, der
Nazis und Linke gleichsetzt" , meint die Abgeordnete Ulla Jelpke.