V-Mann-Affäre - Neonazi veröffentlicht interne Ermittlungsakten

Erstveröffentlicht: 
17.05.2016

Es geht um die V-Mann-Affäre. Wie ist Karl-Heinz Hoffmann an die Dokumente gekommen?

 

München/Nürnberg - Der fränkische Rechtsextremist Karl-Heinz Hoffmann ist offensichtlich in den Besitz brisanter Ermittlungsakten gelangt, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Er veröffentlichte einige Seiten davon aber im Internet – und hat jetzt massiven Ärger mit der Staatsanwaltschaft.

 

Der Sprecher der Bamberger Staatsanwaltschaft bestätigt auf AZ-Anfrage, dass das Anwesen Hoffmanns in Ermreuth in Oberfranken im vergangenen Monat von seiner Behörde durchsucht wurde. Den Grund dafür will er mit Hinweis auf „die laufenden Ermittlungen“ nicht nennen. Wie brisant der Vorgang tatsächlich ist, erschließt sich aber aus dem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 31. März, den Karl-Heinz Hoffmann ebenfalls ins Netz gestellt hat. Ziel der Fahnder waren demnach die Dokumente (Aktenzeichen 300 Js 12538/14), die Hoffmann veröffentlicht hatte – und die damit zusammenhängende Frage, wo er sie überhaupt her hatte. 

 

In den Akten geht es um sechs Beamte des Landeskriminalamtes


Sie sind Teil von internen Ermittlungsakten der Nürnberger Staatsanwaltschaft gegen sechs Beamte des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA), die in die sogenannte V-Mann-Affäre verwickelt sind. Ein Teil der Affäre wird zur Zeit vom Landgericht in Würzburg aufgearbeitet. Dort muss sich in einem Berufungsprozess Mario F. verantworten, ein mehrfach vorbestrafter Ganove, der für das LKA als V-Mann arbeitete und die Rockergang „Bandidos“ in Regensburg auskundschaftete. Mit knapp zehn Gramm Amphetamin war er in der Oberpfalz von einer Polizeistreife erwischt worden.

 

Bereits im ersten Prozess vor drei Jahren hatte er für Wirbel gesorgt. Die Drogendealerei und andere kriminelle Aktionen, so seine Aussage, seien mit Duldung, mit Wissen, im Auftrag und teilweise mit Beteiligung von LKA-Beamten über die Bühne gegangen. Die Beamten bestritten das vehement und stellten den V-Mann als Lügner hin. So sah es auch das Gericht und verurteilte Mario F. zu einer mehrjährigen Haftstrafe.

 

Ein wesentlicher Grund dafür, dass die sich elementar widersprechenden Angaben des V-Manns und der LKA-Beamten im Prozess nicht ausgeräumt werden konnten, lag an einer Anweisung von Innenstaatssekretär Gerhard Eck, wonach Akten des Landeskriminalamts über den V-Mann nicht in der Verhandlung verwendet werden durften.

 

Wenig später, in Zusammenhang mit einer Petition, die der V-Mann nach seiner Verurteilung im Landtag eingereicht hatte, wies Eck die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme in scharfer Form zurück. Inzwischen steht fest, dass die Ehefrau des V-Mann-Führers eine enge Parteifreundin Ecks ist und er auch den Beamten persönlich kennt. 

 

Hoffmann nennt die Veröffentlichung seine „moralische Pflicht“


Für die Staatsanwaltschaft Nürnberg reichten die Aussagen und Unterlagen des V-Manns aus, um gegen insgesamt sechs LKA-Beamte Ermittlungen einzuleiten. Sie werden beschuldigt, an kriminellen Machenschaften des V-Manns beteiligt gewesen zu sein und sie mit Falschaussagen und Aktenmanipulationen vertuscht zu haben. Das geht aus einem Zwischenbericht hervor, der von der Kripo Nürnberg für die Staatsanwaltschaft angefertigt wurde.

 

Diesen internen Bericht, zumindest Teile davon, hat Karl-Heinz Hoffmann in die Hände bekommen. Obwohl alle wesentlichen Inhalte des Berichts längst bekannt und in vielen Medien veröffentlicht wurden, hielt er für nötig, einige Originalseiten im Internet zu veröffentlichen. Es sei seine „moralische Pflicht“, schwadroniert er, „Informationen über die Machenschaften krimineller Seilschaften im bayerischen Landeskriminalamt“ ins Netz zu stellen.

 

Das Bayerische Landeskriminalamt zählt in Hoffmanns Gedankenwelt zu den herausstechenden Feindbildern, wie unzähligen Beiträgen von ihm auf seiner Internetseite zu entnehmen ist. Der Rechtsextremist macht das LKA dafür mitverantwortlich, dass er bis zum heutigen Tag mit dem Oktoberfest-Attentat (1980) in Verbindung gebracht wird, obwohl die Ermittlungen gegen ihn zwei Jahre nach dem schwersten Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik eingestellt worden seien. 

 

Hoffmann nennt auch den Namen eines hochrangigen LKA-Beamten


Im Besitz des geheimen Ermittlungsberichts lässt sich Hoffmann eine Vorlage nicht entgehen. Auf einer Seite, die er sich für die Veröffentlichung im Netz ausgesucht hat, wird der Name eines hochrangigen LKA-Beamten genannt, gegen den die Staatsanwaltschaft Nürnberg in der V-Mann-Affäre ermittelt. Unter anderem wird er beschuldigt, in dem Verfahren gegen Mario F. falsche Angaben gemacht zu haben, bestätigte die Sprecherin der Behörde, Anita Traud.

 

Wie Hoffmann in einem Kommentar schreibt, ist dieser LKA-Beamte inzwischen Leiter der Ermittlungsgruppe, die im Auftrag des Generalbundesanwaltes die Hintergründe des Oktoberfestattentats noch einmal neu untersucht. Die Vorwürfe und das Strafverfahren stören die Bundesanwaltschaft nicht. Behördensprecherin Frauke Köhler erklärte auf Anfrage: „Wir haben keinen Anlass, an seiner Arbeitsweise zu zweifeln.“