Nürnberg: Bündnis "Fluchtursachen bekämpfen" gegründet.

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Im Dezember 2016 hat sich in Nürnberg ein Bündnis mehrerer linker Gruppierungen gegründet mit dem Ziel,das weltweit herrschende System der Profitwirtschaft als Fluchtursache zu benennen. Das Bündnis will in Nürnberg und weit darüber hinaus dem aktuellen Diskurs eine gemeinsame Stärke von Links, gemeinsam und solidarisch mit den Flüchtlingen, entgegensetzen. 

 

Die Welt brennt, über 60 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht – so viele wie nie zuvor. Menschen fliehen, um Krieg, Terror, Armut, Hunger zu entgehen oder um halbwegs gesicherte Einkünfte durch den Verkauf ihrer Lohnarbeit zu erreichen. Weiter fliehen viele Menschen wegen politischer und ethnischer Verfolgung, Unterdrückung aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung oder vor ökologischen Katastrophen, welche das Leben in ihren Herkunftsregionen unmöglich machen.

 

Nur wenige der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, gelangen nach Europa. Hier finden sich Geflohene konfrontiert mit immer perfideren Abschottungsmaßnahmen, äußerst restriktiven Asylgesetzgebungen, mit krakeelenden PolitikerInnen und einem mobilisierten rassistischen Mob. Sie finden nebenher eine staatlich gesetzte „Willkommenskultur“, die sie nach Kriterien der Verwertbarkeit sortiert. Dem Staat gilt die Migration als Krise und Problem, nicht das Schicksal der Fliehenden. Auch die staatlichen „Lösungen“ beinhalten normalerweise, dass die Flüchtlinge zum Problem erklärt werden. Mit ihren Maßnahmen zur Fluchtverhinderung, massiver Abschreckung, der Schaffung von Internierungslagern und dem Ausbau der Festumg Europa führt die EU einen weiteren Krieg gegen die Armen.

 

Obwohl vorhergesagt worden war, dass im Jahr 2015 eine große Zahl an Menschen nach Deutschland fliehen würden, wurde staatlicherseits nicht angemessen für die Unterbringung und Versorgung von Hilfesuchendengesorgt. Zahllose Privatpersonen federten die Not der Ankommenden unddie fehlende Versorgung durch ihr Engagement etwas ab. Allerdings wurde dieses Engagement dann als Erfolg des „gesellschaftlichen Miteinanders“ gefeiert, während die notwendige Versorgung von neu Ankommenden ins Private delegiert wurde und die Behörden sich aus der Verantwortung stahlen.

Selbstverständlich gibt es in der mittlerweile stark gespaltenenen Gesellschaft auch echte Anteilnahme, Hilfsbereitschaft und solidarisches Verständnis. Diese gilt es zu ergänzen durch die Benennung der tatsächlichen Ursachen von Flucht und Vertreibung. Menschen, welche auf der Flucht sind oder verhungern, ermordet oder versklavt werden, auf der Flucht ertrinken oder von Bomben und Geschossen zerfetzt werden – diese Menschen fallen nicht einem blind wirkenden Schicksal zum Opfer, sondern sie sterben und leiden aufgrund von Herrschaftsverhältnissen – unter anderem für staatliche Interessen und unternehmerische Profite.

 

Den Fluchtursachen und -gründen gemein ist, dass sie letztlich zurückzuführen sind auf Ausbeutung und Unterdrückung, auf das weltweite Wirken eines mörderischen Wirtschaftssystems, in dem es primär um Konkurrenz und Profite geht. Einem Wirtschaftssystem, in dem Rassismus oder Patriarchat bei Bedarf noch als nützliche Werkzeuge Einsatz finden, während Menschen nur als KonsumentInnen und ProduzentInnen eine Rolle spielen, als politische Verfügungsmasse, Kanonenfutter oder als „Unbrauchbare“ und Hindernis.

Bei der Neuverteilung der Welt werden Widersprüche zwischen den verschiedenen Fraktionen der mächtigsten Staaten der Welt ausgetragen. Um unliebsame Regierungen zu beseitigen werden Länder überfallen, Bürgerkriege angezettelt und ganze Regionen in Schutt und Asche gelegt. Das Leid der Bevölkerung spielt bei der militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Umgestaltung der Welt nach den Interessen der mächtigsten kapitalistischen Staaten keine Rolle. Ob faschistoide Regime und terroristische Organisationen von den imperialistischen Mächten aufgebaut und unterstützt, bewaffnet und finanziert werden oder ob sie als bekämpfenswert gelten, liegt allein am Nutzen oder Schaden, den sich die miteinander konkurrierenden Imperialisten – allen voran die Nato-Staaten – von ihnen versprechen.

 

Der Kapitalismus wird keinen Ausweg aus der Krise bieten. Deshalb ist neben direkter Hilfe für Menschen in Not, die für alle, die sich zur internationalen Solidarität bekennen, selbstverständlich ist, der Kampf gegen das imperialistische System unsere Aufgabe. Ohne den politischen Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung, als Ursache der derzeitigen Situation, sind alle anderen Maßnahmen sinnlos.

Um uns bei unserem politischen Wirken zum Thema „Flucht und Fluchtursachen“ gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam dem Internationalismus eine hörbare Stimme zu verleihen, arbeiten wir im Bündnis „Fluchtursachen bekämpfen“ zusammen. Solidarität heißt für uns, über praktische Unterstützung für Geflohene und gemeinsame politische Forderungen hinaus die Ursachen von Flucht, weltweitem Elend und Kriegen aufzuzeigen und die Verantwortlichen zu benennen. Das heißt gerade nicht „wir privilegierten MitteleuropäerInnen“ helfen „den armen Flüchtenden“, sondern wir vertreten solidarisch und gemeinsam unsere gemeinsamen Interessen. Wir werden die Zusammenhänge zwischen neokolonialen Verhältnissen und der lebensbedrohenden Not in Teilen der Welt benennen. Wir wollen die zur Rechenschaft ziehen, die Geschäfte machen mit Krieg, Hunger und Tod. Wir lassen uns keine „Alternativlosigkeit“ zu Ausbeutung und neokolonialen Strukturen einreden. Wir akzeptieren keine Unterteilung in „gute“ (politische) Flüchtlinge und „schlechte“ Flüchtlinge, die vor Armut fliehen.

 

Wir erteilen der Hetze gegen Flüchtlinge, der Abschottungspolitik und dem weltweiten Terror der Profitwirtschaft eine Absage!
Raus aus der Nato!
Kein Mensch ist illegal!

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Anno 2016 wird also eine Initiative mit dem ausdrücklichen Namen "Fluchtursachen bekämpfen" gegründet. Dann mal ins Material geschaut: Kapitalismus, Imperialismus...NATO...Imperialismus, Kapitalismus...der böse Westen...und ein bißchen Sexismus.

 

Ein Blick in den Maghreb und nach Syrien: Korrupte Eliten, mangelnder Sozialstaat, unzureichende Bildung und AnalphabetInnen-Quote, kaputte Wirtschaft, Verfolgung von LSBTTIQ, ethnische Konflikte, demographische Entwicklung, Kampf um Ressourcen wie Land, Wasser, Gas und Öl, TürkInnen vs. KurdInnen, alle vs. YezidInnen, Entführungen und Menschenhandel, Zerstörung von Kulturstätten, Einflüsse auch von Russland und China, der fast schon offene Krieg zwischen Iran und Saudi-Arabien, patriachale Gesellschaften, die Potentaten am arabischen Golf mit ihrer Sklavenhalter-Wirtschaft, der arabische Frühling, Clan-Kämpfe in Libyen, Filz in Ägypten, verfolgte religiöse Minderheiten in Nordirak und Syrien, das ganze Thema Religion (Aleviten, Schiiten, Sunniten, Wahhabiten, Islamofaschismus), indoktrinierter Antisemitismus, Israel vs. PalästinenserInnen, das Assad-Regime und seine Fassbomben...

 

Aber, nur nicht zu kompliziert machen, das Bild. "RAUS AUS DER NATO" ist doch viel einfacher, das hilft den Menschen vor Ort bestimmt!

-Fluchtursachen bekämpfen- -kein Mensch flieht freiwillig- ... etwas angestaubte Parolen einer nicht mehr zeitgemäßen Realolinken welche längst auch vom nationalen Klientel aufgegriffen wurden. Die Parolen suggerieren subtil, dass die Entscheidung seinen Wohnort auf Grund eines Besseren aufzugeben, immer unfreiwilliges Leid nach sich ziehen würde. So werden Migranten zu unfreiwilligen Opfern gemacht, bzw ihnen werden individuelle Beweggründe abgesprochen...

Warum müssen eigentlich die traditionsmarxistischen Gruppen aus Nürnberg immer alles unter dem Themenkomplex Klassenkampf und Imperialismus behandeln? Immer lese ich da nur Imperialismus hier, Ausbeutung da und soziale Spaltung dort.

Dadurch wird doch schlussendlich Rassismus und Sexismus zum Nebenwiderspruch gemacht und die von Rassismus Betroffenen werden zur politischen Manöviermasse für die eigene Klassenkampfrhetorik.

Und ganz ehrlich: Natürlich ist es scheiße, wenn Leute vor Krieg, Hunger und Unterdrückung fliehen müssen. Aber alleine Fluchtursachen bekämpfen ist halt auch nicht Sinn und Zweck linksradikaler Politik. Wenn man als radikale Linke in Europa was machen will, dann heißt es doch, die Festung Europa anzugreifen und gegen den Deutschen Mob mobil zu machen. Wer hier mit Fluchtursachen anfängt, um die es sich primär gehen solle, der spielt genau diesem Mob in die Hände und bestätigt sie in ihrer Argumentation, dass es sich um Leute handelt, die hier nicht hergehören, und sie lieber dort bleiben sollen wo sie sind.

Wäre man konsequent, würde Fluchtursachen bekämpfen wohl übrigens bedeuten, Internationale Brigarden gegen Daesh, Al-Nusra, Assad, etc. aufzustellen, die gerade die Zivilgesellschaft abschlachten. Oder das zumindest in den Fokus zu nehmen. Aber das passt ja nicht in die eigene Strategie, in der die Geflüchteten die politische Manöviermasse für die ML-Politik sind.

Immer wieder Nürnberg? Schon wahr. Aber zum Glück ist Nürnberg nicht die einzige Stadt, in der es noch eine klassenkämpferische Linke gibt. Wer den Blick nicht nur auf die Erscheinungen richtet, sondern nach Ursachen fragt, macht sich aber der Radikalität verdächtig. Zurecht! Die Wurzeln von Daesh und Co. liegen klar im Wirken der imperialistischen Mächte. Ein Blick in die Geschichte des 20. Jahrhunderts könnte die systematische Vernichtung der emanzipatorischen Kräfte als einen Grund für den Zustand der Welt im "islamischen  Gürtel" von Nordafrika bis Indonesien nahe legen. Sicher, die Dinge sind kompliziert. Angesichts komplexer Systeme das Konzept der Kausalität über Bord zu werfen ist aber nicht emanzipatorisch. Jedenfalls sicher nicht links. Zu den "internationalen Brigaden gegen Daesh und Assad"... lol. Ein Blick auf die Website des Nürnberger Bündnisses zeigt, dass seine Aktion gegen Sexismus und Rassismus von einer Organisation angestoßen wurde, die in Kurdistan praktisch tätig ist und leider durchaus Tote im Kampf gegen den IS zu beklagen hat. Einen Dank und solidarische Grüße nach Nürnberg. Ihr wisst, dass ihr nicht allein seid.

Es fällt auf, dass in manchen Kommentaren Bezug genommen wird auf die Begrifflichkeit  Imperialismus. Ich denke hier gilt es einen konstruktiven Diskus zu führen, da jene teilweise sehr emotionalen und abwertenden Kommentare,  runtergebrochen auf den Inhalt sowohl ergänzend als auch manchmal korrigierend aufgenommen werden sollten und umgekehrt auch als solche verstanden werden müssen. Und dass es nichts  desto trotz auch um eine strategische Diskussion geht (mit wem wann und wie). Dem Bündnis per se eine Vereinfachung vorzuwerfen, da es sich inhaltlich auf die Fluchtursachen bezieht, welche primär in einem weltweiten Wirtschaftssystem gesehen werden, ist schwierig.  Darin eine Diskussion über Haupt- und Nebenwiedersprüche zu entwickeln ist möglich, meiner Meinung nach aber momentan wo hunderte Flüchtlingsunterkünfte angezündet werden und die Welt sich stetig weiter in eine Apokalypse verwandelt, zeitlich etwas verfehlt. Fakt ist das sowohl Rassismus als auch Sexismus in deren vollen Umfang aufs schärfste abgelehnt und bekämpft werden.  Also  warum diese Abwertung und Endsolidarisierung  nur da man punktuell eine andere Herleitung bzw. theoretische Interpretation über die Ursprünge von beidseitig vollkommen abzulehnenden Dingen hat. Nach dem Motto: „Ich finde euch bescheuert und mache deshalb nicht mit bzw. entziehe euch meine aktive Teilnahme und Solidarität weil ihr zwar gegen Rassismus und Sexismus seid  nur einen Kampagnen Schwerpunkt diesmal auf eine andere zentrale Ursache gelegt habt, ohne die anderen auszugliedern oder zu vergessen.“

 

Klar geht es in der aufgeheizten Lage in der BRD schon auch darum das komplexe Gesamtgeschehen zu berücksichtigen.  Wichtig ist dass das weltweite Wirtschaftssystem gerade in Punkto Ökologie, Verarmung, Verelendung, Hunger, Durst, Tod durch heilbare Krankheiten, Krieg und Ausbeutung unweigerlich Zentral und ursächlich für die Flucht von vielen Menschen sind. Sicherlich gibt es auch immer und überall andere Ursächlichkeiten. Doch wir leben hier in einer Gegend,  in welcher der Industrielle Komplex und dessen militärische Kapazitäten eben dieses weltweite Wirtschaftssystem am Gang hält, es verbreitert, stabilisiert, opponierende Gedanken, Gruppen, Menschen unterdrückt und auch entscheidend für die Rechtsnormen sind die hier und überall so gesetzt werden. Den Vorwurf dass man die Flüchtlinge als manövrier Masse sieht ist lächerlich. Es gibt zahlreiche Eigeninitiativen diverser ehemalig geflüchteter Menschen welche sich der Kampagne angeschlossen haben. Dass können nämlich nicht nur weiße deutsche Linke. Weiter haben die nicht selten sogar auch eine eigene Meinung und identische Analysen bzw. Interessen.  Flucht Ursachen zu bekämpfen ist wichtig. Natürlich gilt es das gesellschaftliche Klima zu beeinflussen, Antifaschismus zu praktizieren und konsequent zu handeln. Das wird auch getan und ausgebaut. Mensch kann natürlich überall leben wo und wie er möchte. Jedoch dafür FLIEHEN müssen sollte niemand. Die Flucht ist was anderes wie die bewusste Entscheidung bzw. freiwillig und ohne Zwang sein Leben wo und wie zu gestalten wie Mensch es sich ebenso vorstellt.  Warum spielt man dabei den Rechten den Ball zu?? Nur weil man die Grausamkeiten benennt die stattfinden und die entsprechenden Ursachen erwähnt heißt dass doch in keiner Weise das „Mensch“ diese Menschen hier nicht haben will. Dass ist ziemlich niveaulos.  Jede Stadt bzw. Gruppe kann unter der Kampagne Ihre Schwerpunkte setzten und dafür arbeiten. Unwidersprochen ist es eben momentan durch den Rechtsrutsch und der Hetze absolut wesentlich eine gewisse Wirkungsmächtigkeit auf einen Grundkonsens zu stellen, der sich permanent entwickelt und verschiedene Ausprägungsgrade hat. Nichts ist idiotischer sich aus diesen Strömungen und Bewegungen durch klassische Linke Spaltungsrethorik  rauszuhalten. Nichts wird verstärkt und gestützt durch die Kampagne im herrschenden Kontext. Es wird versucht zu beeinflussen was zu beeinflussen geht. Eine Bewegung aufzubauen. Pluralität auch im Widerstand. Die Heilsleere gibt es nicht.  Und bitte verzichtet doch endlich mal auf diese abwertenden und hoch emotionalen Anklagen und Vorwürfe. Spannende Diskussionen sollten man immer und jeder Zeit führen. Jedoch sich persönlich so wichtig zu nehmen, dass man sich gar am Ende bei allem raushält ist scheiße. Bekommt euren Arsch hoch. Baut Combos auf und beteiligt euch mit eurer Combo wo und wie ihr möchtet. Solidarität ist war und bleibt eine Waffe. Gruß