Türkei/Istanbul: Polizei blockiert Demonstrationszug an der Boğaziçi Universität

Graffiti in Istanbul

Heute Abend hat die türkische Polizei eine Demonstration an der Boğaziçi Universität in Istanbul verhindert. Die Studierenden wollten vom Süd- zum Nordcampus laufen und ihre Solidarität mit der Bevölkerung in den kurdischen Gebieten ausdrücken, die bereits wochenlang unter Ausgangssperren leiden muss. Die, teilweise vermummten, Polizeieinheiten in Riotausrüstung stellten vor den Haupteingang. Doch damit nicht genug, es wurde auch noch ein Wasserwerfer auf die Protestierenden gerichtet.

 

Das hat es schon länger nicht mehr gegeben: Eine Gruppe von mehr als 50 Menschen, die den kleinen Weg von etwas mehr als 500 Metern vom Süd- zum Nordcampus laufen wollte, wurde gegen 20:00 von einer schwer bewaffneten Polizeieinheit aufgehalten. Zusätzlich waren jede Menge Zivilpolizisten vor dem Tor, die die Situation genau beobachtete. Ein Gefangenenbus wartete auch schon, sollten die Protestierenden das Campusgelände verlassen. Die türkische Polizei scheint nervös, was Solidaritätsbekundungen für die Menschen in den Kurdengebieten anbelangt. Andere Demonstrationen gegen die Regierung wurden in den letzten Wochen nicht aufgehalten.

 

Die Demonstration richtete sich vor allen gegen die Politik der AKP und die Ausgangssperren die fortwährend in den kurdischen Gebieten verhängt werden. Zudem warfen viele Demonstrierende der AKP vor gemeinsame Sache mit dem Islamischen Staat zu machen und diesen zu unterstützen. Zuletzt waren viele Menschen aus Cizre und Silopi geflohen, weil ein Massaker durch das Militär erwartet wird. Der türkische Staat ließ 3000 Lehrer abziehen, von denen jedoch einige aus Protest blieben. Seit drei Tagen gibt es jetzt dort eine unbefristete Ausgangssperre. Insgesamt flohen aus Nordkurdistan bereits mehr als 200 000 Menschen. Es ist die größte inländische Flüchtlingsbewegung in der Türkei seit vielen Jahren. 

 

In Diyarbakir stürmten türkische Soldaten Teile des Stadtviertels Sur. Dort besteht seit 13 Tagen eine Ausgangssperre, bei der die Menschen die Häuser nicht verlassen dürfen. Bei einem Protest gegen die Ausgangssperre wurden zwei Jugendliche im Alter von 19 und 21 Jahren getötet. Der Ministerpräsident Davutoglu sagte Cizre und Silopi sollen in befreite Zonen verwandelt werden und bereinigt werden. Laut der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) gab es seit dem 16. August und dem 12. Dezember 52 unbegrenzte Ausgangssperren, seit den letzten sechs Monaten insgesamt 163. Mehr als 140 Zivilist*innen wurden dabei von den türksichen Sicherheitskräften getötet. 

 

Bilder und Kurzvideos auf: www.sendika.org 

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

"Die türkische Armee hat am Donnerstag bekanntgegeben, dass in den Städten Cizre und Silopi über 20 Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) getötet worden seien. Die Nachrichtenagentur Anadolu nennt die Zahl 25. Kurdische Quellen sprechen dagegen von getöteten Zivilisten und von Angriffen der Armee auf die Bevölkerung. Zuverlässige Berichterstattung ist seit langem nicht mehr möglich."

 

http://www.neues-deutschland.de/artikel/995248.kurdische-staedte-erneut-...