Mustafa Yeneroglu kritisiert Haltung der zuständigen Behörden im NSU-Prozess

Erstveröffentlicht: 
10.12.2015

Präsident des Menschenrechtsaussschusses des Türkischen Parlaments und AK-Partei Abgeordnete Mustafa Yenerolglu bewertet NSU-Prozess. Mustafa Yeneroglu: Die Opfer des NSU-Prozesses dürfen nicht weiter gedemütigt werden.

 

Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses in der Türkischen Großen Nationalversammlung und AK-Partei Istanbul-Abgeordneter, Mustafa Yeneroglu hat im Zusammenhang mit der Aussage der Hauptangeklagten im NSU-Prozess, Beate Zschäpe vom 9. Dezember 2015 eine Erklärung veröffentlicht: „Die Öffentlichkeit und das Gericht dürfen der Hauptangeklagten Zschäpe nicht weiter ein Podium für ihre eigene Theatervorstellung bieten. Die Opfer und Hinterbliebenen der NSU-Morde haben bereits genug gelitten. Um den Schmerz der Familienangehörigen der Opfer zu lindern, muss alles Erforderliche unternommen werden. Der beste Weg ist die Aufklärung der Morde“ sagte Yeneroglu und setzte seine Worte wie folgt fort: “Wir verfolgen weiterhin aus nächster Nähe die Folgen der NSU-Morde. Leider konnte im Laufe des Prozesses nichts anderes als Enttäuschung erzielt werden. Die Aussagen der Hauptangeklagten Beate Zschäpe im NSU Prozess vor dem Oberlandesgericht in München sind eine Fortsetzung dieser Enttäuschung.
Zschäpe macht sich mit ihren Aussagen Lustig über die Opfer und deren Familienangehörigen. Dies ist nichts anderes als eine Unverschämtheit. Die Aussage ist Teil eines strategischen Zuges, um die Hauptangeklagte zu entlasten. Auch die Verlesung der Aussage durch die Anwälte ist ein Teil dieses Zuges.
Die Hauptangeklagte hat es bevorzugt, die Fragen des Gerichts schriftlich zu beantworten und hat es nicht für Nötig gehalten, die Fragen der Vertreter der Opfer zu beantworten.
Dies ist ein Beweis dafür, dass sie ihre Taten nicht bereut und ein Zeichen dafür, dass ihre Entschuldigung nichts weiter als eine Maskerade ist.
Die Aussage von Zschäpe leistet keinen winzigen Beitrag zur Aufklärung der NSU-Morde. Zwar sind die Morde gestanden worden, doch wurden Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos für die Morde verantwortlich gemacht, die nicht mehr am Leben sind und daher nicht bestraft werden können.“
Da die Erklärungen der Hauptangeklagten keine Hoffnung in der Öffentlichkeit auf eine Aufklärung des NSU-Prozesses bringen, hat sich eine große Enttäuschung breit gemacht. Der Glaube auf die Erleuchtung der finsteren Punkte des Prozesses ist somit ad acta gelegt worden. Hauptverantwortlicher für diese tiefe Enttäuschung ist die Bundesstaatsanwaltschaft, die bislang bei der breiten Aufklärung der NSU kein großes Engagement zu Tage brachte, sondern vielmehr die Täter und Helfer im engeren Kreis suchte. Für die große Enttäuschung sind in erster Linie die Sicherheitskräfte verantwortlich. Die aufeinanderfolgenden Skandale haben längst die Grenze der Akzeptanz ausgedehnt.
Gleichzeitig haben die Empfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse und deren Umsetzung zu großer Enttäuschung geführt. Mit großer Sorge betrachten wir, dass trotz der unzähligen Mängel in den Sicherheitsmechanismen fast gar keine Lehren aus NSU gezogen wurden.
Die NSU stellt für die in Deutschland lebenden türkischen Menschen einen Wendepunkt dar. Abgesehen von den NSU-Morden, denen acht Türken zum Opfer fielen, haben der Rechtsstaat und die Sicherheitsbehörden an Vertrauen eingebüßt. Natürlich kam zu der Unsicherheitsatmosphäre, deren Reparatur als unmöglich erscheint, im selben Ausmaß eine Enttäuschung hinzu. Die einzige Hoffnung, wenn auch nur zum Teil, sind die Untersuchungsausschüsse. Mit diesem bisherigen Fiasko ist die Verantwortung auf den Schultern der Untersuchungsausschüsse noch weiter gestiegen.