»Solidarität, Kreativität und ein wenig kriminelle Energie«

»Kommando Rhino« auf M1
Erstveröffentlicht: 
21.10.2009

21.01.2010 / Inland / Seite 8


»Solidarität, Kreativität und ein wenig kriminelle Energie«

 

Polizeiliche Repression gefährdet den Fortbestand der größten Freiburger Wagenburg. Ein Gespräch mit dem Schattenparker Hainer Ruby

 

Interview: Björn Kietzmann

 

Hainer Ruby lebt zusammen mit rund 50 weiteren Menschen auf dem Freiburger Wagenplatz »Schattenparker«

Freiburg gilt als Wagenplatz-Hochburg. Der größte selbstverwaltete Wagenplatz, »Schattenparker«, erkämpfte 2006 sogar einen Fünfjahresvertrag – das Projekt ist aber nun akut gefährdet. Warum?
Die Behörden untergraben ihre bisherige Befriedungsstrategie linker Projekte, indem sie die Vorstandsmitglieder unseres Trägervereins mit Anzeigen überziehen. Mit eben diesem Vorgehen wurde bereits das autonome Zentrum KTS kriminalisiert. Solche Schikanen führen dazu, daß der Fortbestand der legalen Verträge und Vereine gefährdet ist.

Wie kam es zu den Anzeigen?

 

Linke Demonstrationen werden in Freiburg generell nicht angemeldet – aus Protest gegen die zunehmende Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Nach einer kreativen Demonstration gegen die Kriminalisierung von Wagenplätzen im Juni 2009 hatte die Polizei aber Ermittlungen wegen einer nicht angemeldeten Demonstration eingeleitet. In diesem Januar mündete das in Strafbefehle gegen die Vorstandsmitglieder.

Sie treten für eine selbstbestimmte Politik ein – haben aber einen Vorstand. Ist das nicht ein Widerspruch?


Im Laufe der 90er Jahre wurde es in ganz Deutschland schwieriger, autonome Strukturen zu erhalten. Es ist ein politischer Deal, den Behörden in Form legaler Vereine entgegen zu kommen, um Nutzungsverträge abschließen zu können. Dieses Modell setzt allerdings voraus, daß niemand stellvertretend für das Kollektiv büßen muß.

Welche Alternative bleibt, wenn Vereine auf diese Weise kriminalisiert werden?


Die Kriminalisierung erzwingt ein offensiveres Auftreten. Das seit Mai besetzte Freiburger M1-Gelände, auf dem seit dem Sommer das Wagenkollektiv »Kommando Rhino« lebt, ist ein Beispiel dafür – dort gibt es keine legale Struktur. Die Nutzung des öffentlichen Raums wurde gegen den Willen der Stadtverwaltung durchgesetzt.

Aber das »Kommando Rhino« ist akut räumungsbedroht ...

 

Dennoch ist eine Besetzung, die ein Dreivierteljahr anhält, ein Erfolg. Selbst wenn geräumt werden sollte – das neue Wagenkollektiv würde weiter existieren. Eine Stadt, die eigene Befriedungsstrategien sabotiert, muß sich auf weitere Besetzungen und Proteste einstellen und endlich zur Einsicht kommen, daß politische Lösungen für linke Freiräume nötig sind.

Freiburg gilt als grünes und alternatives Städtchen. Außenstehende würden vermuten, daß die Verhandlungen zwischen linken Kollektiven und einem grünen Oberbürgermeister eher unkompliziert ablaufen …


Der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon dominiert gemeinsam mit dem CDU-Hardliner Otto Neideck die Stadtverwaltung, die sich gern hinter der erzkonservativen Landesregierung versteckt. Unter Federführung des Polizeipräsidenten Heiner Amann hat die Repression gegenüber Linken in den vergangenen fünf Jahren jedenfalls massiv zugenommen. Es gab Hausdurchsuchungen, anarchistische Festivals und Demonstrationen wurden unterbunden. Außerdem gab es brutale Übergriffe der Polizei auf sogenannte Randgruppen und die Vertreibung alternativer Lebensformen aus dem Bereich der Innenstadt.

Was wollen Sie dieser Law-and-Order-Politik entgegensetzen?

 

Solidarität, Kreativität und ein wenig kriminelle Energie!

Wie wird das konkret aussehen?

 

Diese Frage muß jeder für sich selbst beantworten. Für den 30. Januar wird erst einmal zu einer »Winterzauber-Parade« aufgerufen. Weitere Demonstrationen, Aktionen und Proteste sind in Planung. Wir werden uns der schwarz-grünen Repression nicht beugen und weiterhin für selbstbestimmte Lebensformen eintreten.