Was sie wollen, von beiden Seiten, ist, dass wir in Angst leben

Übersetzung aus dem Französischen

 

Was sie wollen, von beiden Seiten, ist, dass wir in Angst leben

Körper, die verstreut auf den Terrassen von mehreren Cafés herumliegen, bedeckt mit Decken, mit Laken. Und dann das Grauen vom Gemetzel, das in diesem Theatersaal stattgefunden hat. Unmöglich, sich vorzustellen, was die Zuschauer von diesem Konzert erlebt haben. Es scheint surrealistisch. Leute, die ein Konzert schauen kamen und die um sich herum die Leute wie Fliegen einen nach dem anderen hinfallen sahen, die sich unter toten Körpern verstecken mussten, um zu überleben, inmitten des Blutes und des menschlichen Fleisches kriechen mussten, um zu entkommen, um die eigene Haut zu retten.

Unmöglich, mit diesem Tatbestand klarzukommen. Dass es Fanatiker gibt, Gottesnarren, die im Namen von ihrer Religion, ohne Unterscheidung, eine Kugel unter die Haut von allen lebenden Leuten setzen, die das Unglück haben, ihren Weg zu kreuzen. Übertrainierte Kamikazes, welchen selbsternannte religiöse Führer versprochen haben, dass sie ins Paradies kommen werden, wenn sie in ihrem mörderischen Wahn so viele Leute wie möglich mitnehmen. Und der einzige Zweck von all dem ist es, Terror aufzuerlegen. Die beklemmende Angst von jenen Eltern, die auf Nachrichten von ihren Jünglingen warteten, welche diesen Freitagabend ausgingen, um mit ihren Freunden ein Glas zu trinken. Die Beklemmung von allen Nahestehenden, die Stunden für Stunden damit verbracht haben, von Spital zu Spital zu gehen, um zu wissen, ob die Person, die sie suchen, tot oder nur verletzt ist. Diejenigen den Geschmack des Blutes riechen lassen, die in einer befriedeten Gesellschaft leben, weit entfernt von den Kämpfen, welche die Armee von einer Nation führt, die sie nicht gewählt haben. Eine Bevölkerung bestrafen, weil ein Staat sich entschieden hat, einen Krieg zu führen, Personen verantwortlich zu machen, die in diesen Entscheidungen nicht ihr Wort zu sagen hatten. Sich an einem Staat rächen, auf die feigste und einfachste Weise, indem man nicht die Betreffenden heimsucht, sondern Eier aufschlägt, bloss um eine Kräftedemonstration abzugeben, und ein blutiges Omelett anzurichten.

Man fühlt sich betroffen. Betroffen durch diese Art von unterschiedslosen Massakern, die in jedem Individuum nur zu verlierende Leben sehen, Körper, in die es Kugeln zu versetzen gilt, schlicht aufgrund dessen, sich im falschen Moment am falschen Ort befunden zu haben, das Unglück gehabt zu haben, den Gewehrlauf von einem dieser Gottesnarren gekreuzt zu haben, welche genauso wie der Staat unsere Feinde sind, und was auch immer die Ideologie von diesen Fanatikern ist. Diese Gottesnarren, die heute im Namen ihres religiösen Fanatismus in Syrien, im Irak, in Tunesien, im Niger, in Ägypten, im Libanon, und in Paris... Massaker begehen. Aber wir wissen, dass, unter anderen Ideologien, andere anderswo auf der Welt Taten verübt haben und weiter verüben, die bloss darauf abzielen, im Namen von der Freiheit feindlichen Ideen wahllos abzuknallen. Und wir sprechen hier von der ganzheitlichen, totalen und unteilbaren Freiheit. Jene, gegen jede Autorität zu blasphemieren und alle Mächte zu zerstören, ob sie nun in den heiligen Büchern oder an den Frontispizen der Staaten sitzen. Und nicht jene, die der Staat wie eine Marotte bewegt, während er uns, er ebenfalls, durch den Terror regiert.

Man weiss nicht mehr, wo einem der Kopf steht. Einerseits gibt es diesen Schrecken, der uns als schlichtes Individuum ergreift, das sich per Zufall hätte dort befinden können, das seine Nahestehenden hätte verlieren können, und das sich auf egoistische Weise erleichtert fühlt, dass dies nicht geschehen ist, aber das sich sagt, dass es nicht vorbei ist, und dass man dieses Mal „Glück“ gehabt hat. Und andererseits gibt es die Antwort des Staates, welche uns alle direkt betrifft. Der Ausnahmezustand, den der Präsident bereits um 3 Monate verlängern will. Die Macht des Staates über unsere Leben und unsere Aktivitäten hat sich verzehnfacht. Die Möglichkeit, Ausgangssperren zu verhängen, bestimmten Personen gewisse Zonen zu verbieten, jeden öffentlichen oder Publikum empfangenden Ort schliessen zu lassen, jede Versammlung (die „Unordnung provozieren würde“) zu verbieten, Hausdurchsuchungen bei Tage wie bei Nacht durchzuführen, direkt die Kontrolle der Presse, des Radios und des Fernsehens zu übernehmen, und die Drohung, die über all denjenigen schwebt, die eine S-Kartei haben, welche ebenso sehr den religiösen Fanatikern wie den Revolutionären und vielen anderen zugewiesen wurde, wie, um sie in ein und denselben Korb zu werfen. Und dann gibt es das Aufgebot von Soldaten und Bullen in den Strassen, immer mehr, welche das Bedürfnis verspüren werden, uns eine Demonstration von der zusätzlichen Macht zu geben, die ihnen der Staat verliehen hat; die Schliessung der Grenzen. Und die berühmte „nationale Einheit“. Diejenige der zwei Weltkriege, im Namen von welcher Tausende von Armen ins Gemetzel geschickt wurden; diejenige des Algerienkrieges, worin Folter und Massaker Banalitäten wurden. Die nationale Einheit, die Feindin von den Revolutionären, von jenen, die sich dem Staat entledigen, und ihn nicht sich in einem solchen Kontext opportun stärken sehen wollen. Diejenige, die dafür sorgt, dass sich Mengen andächtig an diesen Todesorten versammeln kommen, während sie, eingehüllt in französische Fahnen, und „Vive la France, vive la République“ schreiend, die Marseillaise anstimmen. Die von Freiheit sprechen, als ob wir vor dieser Tragödie frei gewesen wären. Was gewissermassen darauf hinausläuft, den Ausnahmezustand zu akzeptieren, sich zu sagen, dass es diese Gottesnarren sind, die uns unsere Freiheit genommen haben, und so den Staat vollständig reinwaschen, ihm Entschuldigungen finden. Dieselbe nationale Einheit, welche den Zugriff des Staates auf unsere Leben akzeptieren lässt, ist auch diejenige, welche die religiösen Verantwortlichen sich versammeln lässt, während es doch sie sind, ganz egal welcher Art, welche den Fanatismus nähren, auch wenn sie sich moderat nennen.

Was sie wollen, von beiden Seiten, ist, dass wir in Angst leben, und dass wir aufhören, lebendig zu sein, dass wir unsere Gewohnheiten ändern, dass wir resignieren und einsichtig zuhause bleiben, keine Kritiken erheben. Aber wir werden diesen Terror nicht akzeptieren, den sie uns aufzwingen. Diese Totenstille, die sie herrschen lassen möchten. Und wir werden niemals die Alternativen akzeptieren, welche uns die Staaten bieten, die selbst zu jedem Terror fähig sind, den man von ihnen kennt, oft unter dem der „anti-terroristischen“ Flagge.
So fügen wir zum Salz von unseren Tränen den Pfeffer von unserer Wut, zu leben, und von unserm Verlangen nach Revolte.
Sie werden aus uns keine Resignierten machen können.

Lasst uns lebendig und revoltierend sein, gegen alle Mächte! Weder Religionen, noch Nationalismus!

[per Mail erhalten und publiziert von Non Fides]

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"Was sie wollen, von beiden Seiten, ist, dass wir in Angst leben, und dass wir aufhören, lebendig zu sein, dass wir unsere Gewohnheiten ändern, dass wir resignieren und einsichtig zuhause bleiben, keine Kritiken erheben."

 

Die einen feuern in Cafés, bomben bei Fußballspielen und massakrieren Rockfans, die anderen schicken Soldaten und Polizisten auf die Straße, um genau das zu verhindern. Und die Absicht dahinter ist jeweils die gleiche und dementsprechend ist das auch irgendwie ähnlich schlimm. Großartige Analyse das.

was schlägst Du vor? Sich ergeben? Deren Forderungen erfüllen? Bin gespannt auf die Antwort

sich nicht von diesem Marktschreier einreden lassen, Manuel Valls und DAESH wären eine gleichrangige Bedrohung für durchaus liebgewonnene "Gewohnheiten".

verhindern also ganz gezielt Gewalt ?

 

Was machen denn die ganzen geschickten Soldaten ? Rockfans & Fussballer beschützen ?

 

Für (vielleicht gar historisch materialistische) Analysen gibts mit Sicherheit grössere Köpfe als meinen, aber Soldaten und Polizisten zum Schutze auf seiner Seite zu wissen, dürfte nicht allzuvielen Gesellschaftsmitgliedern welcher Zivilisation auch immer vergönnt sein.

Klar kann ich hier eine gewisse Freiheit geniessen, während die Bundeswehr mein Geburtsland am Hindukush verteidigt ... aber sind das nicht gar die grösseren Terroristen ?

"Wir" heulen auf, weil plötzlich hundert Menschen sterben mussten. Im Irak, Syrien,Afghanistan etc. ist das an der Tagesordnung. Statt der "Schuldenuhr" sollte es mal eine geben, die abgeworfene Bomben zählt. Glaub kaum, dass da irgendjemand unter den TopTen ist, bei denen die Dinger auch wirklich und "humanitär-interventionistisch" landen.

"Was machen denn die ganzen geschickten Soldaten ? Rockfans & Fussballer beschützen ?"

 

Wer hat denn die DAESH-Killer daran gehindert, ihr Massaker zu Ende zu führen? Bitte-Bitte-Machen, Sitzblockaden, plötzlicher Stimmungswandel? Du vielleicht?

 

Man muss die Zwecke, für die der bürgerliche Staat sein Gewaltmonopol sonst noch so ins Werk setzt, durchaus nicht durchgängig sympathisch finden, um zu schätzen, dass es hier Zustände verhindert, zu denen vielen "Linken" offenbar nichts besseres einfällt, als sie zu verharmlosen, auszublenden, wegzurelativieren.

(von mir auch "falls") des bürgerlichen Staates Gewaltmonopol seine Freiheiten auch ausserhalb der gezogenen Grenzen auslebt ? Niemand in Afghanistan oder sonstwo hätte einen Brass auf deutsche Maler, Erfinder, Künster usw.

Aber ich kann mir ganz gut vorstellen, dass das neudeutsche Gewaltmonopol, endlich wieder global agierend und auch schiessend, nicht unbedingt zur Völkerverständigung beiträgt. Sollte ich mich jetzt auch schon den ganzen Nazirassisten anschliessen, die mich vorm "einwandernden Sozialstaatsschmarotzer" beschützen ?

 

Bin abgeschweift ... beschützt des bürgerlichen Staates Gewaltmonopol eher mich oder sich ?

die Gazetten suchen doch alle Jahre nach Unwörtern. "Gewaltmonopol" müsste eigentlich eines der unwörtigsten Dinger der Neuzeit sein. Die Junker, Grafen und Könige haben wir hinter uns gelassen, heute wird eben gewählt statt gehuldigt. Aber "Gewaltmonopol" ist schon ein starkes Ding. Sprachlich wie auch sonstwie .... Imperialismus herunterverzuckert auf Gewaltmonopol . Einer muss sich ja mal kümmern ...

noch Fragen?

du meinst: bitte keine innere sicherheit, weil anderswo ist ja auch krieg? seltsame logik.

 ob der Kommentar meinem Posting galt.

 

Ja, ganz gerne innere Sicherheit, aber bitte ohne Aggression nach aussen. Dann klappts auch mit'm Nachbarn. Sozusagen, vermutlich und auch sonstwie. Krieg ist immer Scheisse, irgendwer verliert.  Meist  (immer ?) geht es aber um handfeste ökonomische Interessen als um Moral, Frieden auf Erden und ähnlich "belanglose" Dinge. Pulverdampf als Antriebsmotor ... wer vverpulvert als letzter ?