[Friedberg] Scheiben vor Querdenken Kongress 2015 eingeworfen

Rechte "Querdenker_innen" angreifen

Vom 31. Oktober bis 1. November fand in der Stadthalle in Friedberg der sogenannte "Querdenken Kongress" statt. Dieser Kongress fand zum zweiten Mal im Raum Mittelhessen statt und bietet eine Plattform für Verschwörungstheorien und rechtes Gedankengut.

 

In der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober wurden an der Stadthalle Friedberg mehrere Scheiben eingeworfen und an das Gebäude die Botschaft "RECHTE “QUERDENKER_INNEN” ANGREIFEN" gesprüht, auf dass diesem Kongress kein Raum mehr geboten wird!

Nähere Informationen gibt es in der Lotta:
http://www.lotta-magazin.de/ausgabe/online/verquert

Die lokale Presse berichtete:
http://www.wetterauer-zeitung.de/Home/Kreis/Staedte-und-Gemeinden/Friedb...

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Verquert: Der „Quer-Denken-Kongreß“ und sein Organisator

Im mittelhessischen Friedberg findet am 31. Oktober und 1. November der zweite „Quer-Denken-Kongreß“ statt. Initiator ist Michael Friedrich Vogt. Der politische Werdegang des aus Kassel stammenden Vogt begann in den 70er Jahren bei der Münchener „Burschenschaft Danubia“ und lässt sich seitdem konstant im rechten Spektrum weiterverfolgen. Seit 2013 betreibt er sein aktuelles Projekt „Quer-Denken.TV“.

In einem Spot kündigte Michael Vogt im Herbst 2013 sein neues Projekt an, mit „Quer-Denken.TV“ will er Menschen eine Plattform bieten, „deren Auffassungen sonst unterdrückt, verfälscht oder zensiert werden oder die erst gar nicht zu Wort kommen“. Des Weiteren kündigt er an, „über die Machenschaften der Herrschenden aufklären“ zu wollen und Lösungen zu präsentieren. Und resümiert: „Querdenken ist also eine Plattform für freie Geister“.

Bei einer virtuellen Plattform sollte es aber nicht bleiben. Im November 2014 fand der erste „Quer-Denken-Kongreß“ in Neu-Isenburg bei Frankfurt/Main statt. Vogt kündigt nicht weniger als „eine neue Ära von Kongressen“ an. Mehr als 700 Personen kamen, die Veranstaltung war damit ausverkauft. Das Programm wartete mit Verschwörungsfantasten und rechten Esoterikern (alles Männer) auf. Darunter Andreas Clauss, der in der inhaltlichen Nähe der Reichsbürgerbewegung zu verorten ist. Claus publizierte unter anderem im J.K.Fischer-Verlag aus Gelnhausen (Hessen), der diverse revisionistische und antisemitische Bücher im Angebote hat. Auch mit Andreas Popp, Peter Feist und Gerhard Wisnewski waren bekannte Referenten der Szene eingeladen und sprachen zu typischen Themen („Drahtzieher der Macht“, „Bündniswechsel jetzt – Frieden mit Russland“ und „Das Finanzsystem von morgen“).
Der zweite Kongress

In diesem Jahr soll der Querdenk-Kongress noch größer werden, bis zu 1.000 BesucherInnen werden erwartet. An zwei Tagen wird neben den über 20 ReferentInnen mit einem Musikprogramm - unter anderem mit Die Bandbreite - aufgewartet. Das Who-is-Who der verschwörungsideologischen Szene gibt sich dabei die Klinke in die Hand. Neben einigen Rednern, die bereits im vergangen Jahr an dem Kongress teilnahmen (Popp, Wisnewski) konnten weitere populäre ReferentInnen gewonnen werden. Darunter Nigel Farage (ehemaliger Vorsitzender der englischen UKIP) und der Rechtspopulist Udo Ulfkotte. Den Themenschwerpunkt Familie begleitet Eva Hermann. Die ehemalige Tagesschausprecherin ist bekannt für rückständige Geschlechterrollenbilder und Familienkonzepte. Des Weiteren werden die Kernthemen der Szene zur Sprache kommen: Klimalüge, Chemtrails, freie Energie. Auch Theorien über den 11. September 2001 dürfen genauso wenig fehlen, wie die Annahmen, dass es sich bei Deutschland weiterhin um ein besetztes Land oder wahlweise um eine GmbH handelt.

Obwohl sich im Spannungsfeld zwischen Montagsmahnwachen, AfD und verschiedenen obskuren Verschwörungsfantasien eine Nähe zu rassistischen, nationalistischen und antisemitischen Vorstellungen beobachten lässt, ist eine Anmietung von Veranstaltungsorten scheinbar kein größeres Problem. Ebenso lässt sich für den Kongress offen werben. Antifaschistische Gegenproteste rühren sich kaum oder sind in Beschreibung und Wortwahl inhaltlich überfordert, was sich in dem Versuch ausdrückt, solche Veranstaltungen im Umfeld von Stiefelnazis und NPD zur verorten. Dies ist nicht gänzlich falsch, bietet den Beteiligten aber eine Möglichkeit, sich problemlos und teilweise glaubhaft von den Vorwürfen distanzieren zu können. Denn letztendlich geht es ihnen nicht um die politische Agitation für eine bestimmte politische Partei oder Strömung, es geht um nicht weniger als „die Wahrheit“.
Initiator Vogt: Von der Burschenschaft…

Der 1953 geborene Michael Vogt wuchs in Kassel auf und blieb dort bis zu seinem Abitur 1972. Ab dem Wintersemester 1972 studierte er Germanistik, Politikwissenschaft und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. 1979 erlangte er den Doktortitel. Heute hat er gemeinsam mit seiner Frau Nicola Vogt, Autorin des Kopp-Verlags und beim rechtspopulistischen Querfront-Monatsmagazin „Compact“, Geschäfts- und Wohnort im rheinland-pfälzischen Elbingen.

Mit Beginn seines Studiums trat Vogt der Burschenschaft Danubia München bei, die im Dachverband der Deutschen Burschenschaft (DB) organisiert war und im „Handbuch Deutscher Rechtsextremismus“ als „rechtsextreme Kaderschmiede für den Hochschulbereich“ eingeschätzt wurde. 1973 wurde er in den Hochschulpolitischen Ausschuss (HpA) der DB gewählt und zu dessen Vorsitzendem bestimmt. Der HpA galt zu dieser Zeit als „Durchlauferhitzer“ für extrem rechtes Gedankengut. Dort saßen zur gleichen Zeit auch Personen wie Rolf Schlierer, später Bundesvorsitzender der Republikaner, oder auch Uwe Behrendt, welcher Kontakte zur Wehrsportgruppe Hoffmann unterhielt und 1980 den jüdischen Verleger Shlomo Levin und dessen Lebensgefährtin Frieda Poeschke erschoss.

1976 wurde er in den Hauptausschuss der DB gewählt und 1977 dessen Vorsitzender und Sprecher. In dieser Funktion forcierte er die Gründung des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS). Durch die Gründung des RFS sollte der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die Hochschulorganisation der CDU, mittels einer „gewissen Unterwanderung“ wieder auf den „rechten Weg“ gebracht werden. Eine exponierte Rolle bei der Gründung des RFS nahm die Kölner Burschenschaft Germania ein, der Vogt 1980 beitrat.
…über den Dokumentarfilmer

Anfang der 1980er Jahre produzierte Vogt die ersten Dokumentationen. 1983 erstellte er zusammen mit dem Chefredakteur Wolfgang Venohr für „Lübbe-TV“ die Sendungen „Warum die Deutschen Hitler wählten“ beziehungsweise „Warum die Deutschen Hitler folgten“. Im gleichen Jahr folgte ein weiterer zweiteiliger Film über alliierte Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg, den er mit Alfred de Zayas produzierte.

Es kamen weitere Filme für unterschiedliche Auftraggeber hinzu, neben Produktionen rund um die Thematik Ernährung und Wellness, auch immer wieder umstrittene Beiträge, in denen beispielsweise die „Wahrheit über ein sowjetisches Kriegsverbrechen“ thematisiert wurde.

2004 wurde auf „n-tv“ eine Dokumentation mit dem Titel „Geheimakte Hess“ ausgestrahlt. Vogt hatte diese zusammen mit Olaf Rose, der 2008 Mitglied des NPD-Bundesvorstandes werden sollte, erstellt. Die Dokumentation basiert zum Teil auf einem Buch des britischen Publizisten und Geschichtsrevisionisten Martin Allen. Der Film legt nahe, dass die Briten deswegen nicht auf das Friedensangebot von Hess eingegangen seien, weil sie das Deutsche Reich hätten vernichten wollen. Schließlich habe am wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland ab 1871 „die Hochfinanz, die damals in London saß, nicht mitverdient.“

Produziert wurde diese Dokumentation für POLAR Film- und Medien GmbH (siehe Lotta #26, S. 39), für die Vogt bereits diverse Dokumentationen produziert hatte. Darunter „Death by hanging – Tod durch den Strang“ über den Nürnberger Prozess 1946 und die deutsche Fassung der 9/11-Verschwörungsdokumentation „Loose Change“.
…zur Universität

Ab 1998 war Vogt als Honorarprofessor am Institut für Journalistik der Universität Leipzig im Bereich Public Relations tätig. 2007 wurde er dort entlassen. Hauptgründe waren zum einen die Dokumentation „Geheimakte Hess“. Zum anderen hatte Vogt im September 2007 an einem Treffen der extrem rechten Fraktion Identität, Tradition, Souveränität (ITS) im Europäischen Parlament in Straßburg teilgenommen, zu dem der FPÖ-Politiker Andreas Mölzer eingeladen hatte. Neben Vogt standen auf der Liste der rund 20 TeilnehmerInnen die Namen der NPD-Führungsriege sowie die von Politikern der Republikaner und der DVU.

Vogt versuchte sich noch aus der Affäre zu ziehen und leugnete, dort gewesen zu sein. Ungünstig für ihn, dass sich einige Teilnehmer an ihn erinnern konnten, wie etwa der stellvertretende Republikaner-Chef Johann Gärtner.
Neue Betätigungsfelder

Ein neues Betätigungsfeld eröffnete sich Vogt recht schnell. Bereits im Sommer 2007 war er als Gast bei „Secret-TV“ vom antisemitischen Verschwörungsideologen Jo Conrad interviewt worden. Nachdem Vogt an der Uni Leipzig gefeuert worden war, trat er als freier Mitarbeiter bei „Secret-TV“ von Jan van Helsing in Erscheinung. Bei seinen Gästen handelt es sich – wie nicht anders zu erwarten – um Akteure aus der verschwörungstheoretischen Szene. Gleich zu Anfang interviewte er Wolfram Baentsch und Andreas von Bülow. Beide bedienen sich Theorien und Erklärungsansätzen, bei denen in letzter Konsequenz die Geheimdienste der USA und Israels hinter allem stehen.

2012 veröffentlichte Vogt in den „Burschenschaftlichen Blättern“ (BB) das Manifest „Weg in die Freiheit: Deutschlands Aufbruch 2012“. Darin plädierte er für eine „revolutionäre Neuordnung“, die „Abschaffung des Parteienstaates“ sowie für die „Herstellung wirklicher Volksherrschaft“ und den Austritt aus der Nato und der Euro-Zone. Er beendete den Text mit dem Aufruf: „An der tatsächlichen Neuordnung Deutschlands zu arbeiten, wäre vornehmste Pflicht der Deutschen Burschenschaft.” Die Veröffentlichung schlug hohe Wellen und dürfte „so manchen konservativen Burschenschafter dem Herzinfarkt näher gebracht haben“ (siehe Lotta #50, S. 39).
Das Aufbruchprojekt

Doch Vogt wollte sich scheinbar nicht damit abfinden, dass sein Manifest bei seinen Bundesbrüdern nicht so einschlug wie gewünscht. Er nahm eine paar sprachliche Änderungen vor, passte es auf ein anderes Klientel an und veröffentlichte es noch im gleichen Jahr unter dem Titel „Der Weg in die Freiheit aus dem Zustand tiefster Erniedrigung“ auf der Internetseite des neu gegründeten Deutschlandprojekt: Aufbruch Gold-Rot-Schwarz. Diese Vereinigung, die er mit Jo Conrad initiierte, sollte der Versucht werden, all jene Gruppen zu sammeln, die Existenz, Souveränität und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland bestreiten. Als Veranstaltungsort für Konferenzen wurde Alsfeld im hessischen Vogelsberg, unweit von Vogts Heimat Kassel, gewählt.

Waren bei den ersten Konferenzen noch bis zu 400 Personen anwesend, dezimierte sich die TeilnehmerInnenzahl recht schnell. Zu Unstimmigkeiten führte, dass Conrad und Vogt suggerierten, dass es sich um ein basisdemokratisches Projekt handle. Bei den Kongressen wurden Beschlüsse und Programm jedoch lediglich abgenickt. Weiterhin wurde ihnen unterstellt, dass mehrere tausend Euro, die die Konferenzen eingebracht haben sollen, in die Taschen von Vogt und Conrad geflossen seien. Das Online-Diskussionsforum von Aufbruch Gold-Rot-Schwarz wurde daraufhin im November 2014 geschlossen, die Initiatoren zogen sich zurück. Die Aktivitäten wurden von den übriggebliebenen „Regionalgruppen“ auf Facebook weitergeführt.

Parallel trat Vogt regelmäßig als Moderator beim Projekt „Alpenparlament.TV“ des Schweizer Verschwörungstheoretiker Martin Frischknecht auf. Im November 2013 beendete Vogt seine Tätigkeit dort, um sich fortan seinem eigenen Projekt zu widmen. Ob sich „Quer-Denken.TV“ und die „Quer-Denken-Kongresse“ dauerhaft im verschwörungsideologischen Spektrum etablieren könne, wird sich zeigen müssen.

Scheiben an der Stadthalle eingeworfen

Friedberg (jw). Vorspiel zum Quer-Denken-Kongress: In der Nacht zum Dienstag haben Unbekannte 13 Glasscheiben der Friedberger Stadthalle mit Steinen eingeworfen. Teils entstanden große Löcher, teils Sprünge.

 

Artikel vom 27.10.2015 - 19.05 Uhr von Jürgen Wagner

 

Der Schaden in Höhe von 1000 Euro wurde am Dienstagmorgen bemerkt, die Stadt hat Handwerker bestellt, die Notverglasungen anbrachten. Die Tat dürfte mit dem Quer-Denken-Kongress in Zusammenhang stehen, die Täter darf man im linksradikalen Spektrum vermuten. Das Graffiti wurde in gendergerechter Sprache verfasst

Als »Aufruf zur Gewalt« wertet Erster Stadtrat Peter Ziebarth die Tat. Sie sei geplant gewesen: Die Steine stammten nicht vom Stadthallengelände. »Die Polizei schickt ab sofort stündlich Streifen vorbei, wir denken über einen zusätzlichen Wachdienst nach«, sagt Ziebarth.

Die Antifa-BI Friedberg hat sich von den Sachbeschädigungen distanziert. »Dieser Angriff trifft zuerst die Stadt Friedberg als Eigentümer und uns sowie unser breites Bündnis«, sagt Antifa-BI-Sprecher Andreas Balser. »Die Täter haben unserem Anliegen politisch massiv geschadet und der Stadt als unserem Kooperationspartner einen finanziellen Schaden zugefügt.« Gewalt und Sachbeschädigungen seien keine Mittel in einer politischen Auseinandersetzung, sie stellten »eine geistige Armutserklärung der Täter« da, sagt Balser. »Wir haben mit unserer Vortragsreihe bis jetzt 250 Menschen erreicht und konnten sie über die Risiken und Nebenwirkungen des Quer-Denken-Kongresses aufklären.«

richtig so! gute aktion auch wen gegen diese leute sollte mehr passieren als die scheiben einzuwerfen.

 

andreas balser halt dein scheiss maul.