"Notfalls auch mit Gewalt" Ex-Nazi warnt vor rechtsextremistischen Anschlägen

Erstveröffentlicht: 
06.11.2015

Droht in Deutschland eine Welle rechtsextremer Anschläge? Der frühere Kasseler Nazi-Musiker Oliver Podjaski rechnet mit neuen Attentaten. Dabei nutzten Neonazis gezielt die Flüchtlingskrise aus, um Stimmung zu machen, sagte der Aussteiger im Interview mit hr-iNFO.

 

Das Attentat auf die Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker in Köln war für viele Menschen ein Schock. Ein 44-Jähriger mit rechtsextremistischem Hintergrund verletzte die Politikerin vor gut zwei Wochen mit einem Messer lebensgefährlich am Hals. Für den Nazi-Aussteiger Oliver Podjaski kam diese Tat nicht aus heiterem Himmel: "Überrascht hat mich das nicht“, sagte er in einem Interview, das am Freitagabend auf hr-iNFO ausgestrahlt wird. Eine Zusammenfassung läuft am Sonntag um 18 Uhr im TV-Magazin "defacto" im hr-fernsehen.

 

Im Gegenteil - Podjaski rechnet mit weiteren Angriffen dieser Art oder auch Anschlägen auf Asylbewerberheime: "Das ist das, worauf Rechtsextreme hoffen - auf eine Eskalierung der Situation." Das werde schon immer von rechtsextremer Seite gewünscht und forciert.

 

"Radikale wollen Stimmung nach Pegida weiter anfachen"

 

Seiner Ansicht nach nutzen Rechtsextremisten die Flüchtlingskrise in Deutschland gezielt aus und versuchen, die Stimmung, die unter anderem durch Pegida entstanden sei, noch weiter anzufachen. Beispielsweise würden auf Facebook bewusst Falschmeldungen und Lügen verbreitet. In der rechtsextremistischen Szene herrsche die Haltung vor, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei zu handeln, ist sich Podjaski sicher. Der ehemalige Sänger der Kasseler Nazirockband Hauptkampflinie beschreibt das Denken der Rechtsextremen so: "Wenn wir jetzt nicht handeln, dann ist alles zu spät. Wir müssen jetzt das Volk auf die Straße bringen, wir müssen jetzt was unternehmen. Notfalls auch mit Gewalt oder illegalen Mitteln - das sind die Gedankengänge, die diese Menschen haben."

 

Begegnungen mit Flüchtlingen als Präventionsmaßnahme

 

Gerade in der rechten Musikszene rechne er damit, dass das Flüchtlingsthema gezielt aufgegriffen werde, um mit rassistischen Texten neuen Hass zu schüren: "Ich habe die rechte Musik nicht mehr im Auge, aber so wurde es immer gemacht, und so wird es auch heute sein. Rechtsrock hat die Botschaft, aufzuwiegeln und Wut zu schaffen."

 

Als Maßnahme gegen den Rechtsextremismus müsse man bei den Menschen ansetzen, die an der Schwelle zur rechten Szene stehen und drohen abzurutschen. Ein Zusammenbringen dieser Menschen mit Flüchtlingen könne helfen, Vorurteile abzubauen, hofft Podjaski: "Vielleicht nur in geringem Maße, aber man muss irgendwo anfangen. Diese Menschen haben eine Schutzmauer um sich aufgebaut, wo Argumente dran abprallen sollen."