Leipzigs OBM Jung nach Gewaltdrohung: „Müssen deutlicher Kante zeigen“

Erstveröffentlicht: 
20.10.2015

Oberbürgermeister Burkhard Jung lässt sich nicht von den Gewaltdrohungen einschüchtern. Am Dienstag kündigte er in einem Fernsehinterview an, noch deutlicher gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorgehen zu wollen.

 

Leipzig. Nach den Drohungen gegen seine Person hat Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) am Dienstagmorgen im ARD-Morgenmagazin alle Bürger dazu aufgefordert, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einzutreten. Zudem kündigte er an, auch trotz der verbalen Angriffe durch Rechtsextremisten nicht von seiner Politik der Integration abweichen zu wollen. „Ich ändere nichts. Ich denke, wir müssen noch deutlicher und klarer Kante zeigen, dass wir ein solches Land nicht wollen, das diese Hetze beinhaltet. Das ist ein Angriff auf diesen Staat, auf diese freiheitliche Gesellschaft, es ist Abschottungspolitik, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus – und der gehört angeprangert“, sagte Jung.

 

Bei seinem Wirken gegen die Hetze der Rechtsradikalen und Asylgegner setzt Jung auch auf Unterstützung von möglichst vielen Bürgern. „Ich hoffe, dass ganz viele mitmachen und sich noch deutlicher artikulieren – an der Werkbank genauso wie an der Universität, in der Politik, in der Wirtschaft, von der Kreativszene bis zur Produktion. Dort wo wir stehen, wo wir vor Ort sind, müssen wir Farbe bekennen“, erklärte der Leipziger OBM.

 

Auf Baucontainern vor dem ehemaligen Interpelz-Gebäude in der Leipziger Innenstadt hatten Unbekannte einen Galgen gesprüht. Rings herum standen die Worte „OB Jung wir kriegen Dich“. Zudem wurde in braunen Lettern „No Asyl“ am Gebäude hinterlassen. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen.

Jung stand schon Anfang des Jahres für mehrere Wochen unter Polizeischutz, nachdem er massiven verbalen Bedrohungen auf Demonstrationen und in sozialen Netzwerken ausgesetzt war. In der vergangenen Woche gab es wieder drei Morddrohungen in sozialen Netzwerken gegen ihn.

 

"Es geht nicht spurlos an einem vorbei, wenn man immer wieder Hasstiraden abbekommt", räumte der 57-Jährige gegenüber der LVZ ein. "Auf der anderen Seite bestärkt es mich darin, noch klarer und noch deutlicher Haltung zu zeigen." Jeder müsse an seinem Platz, egal ob an der Werkbank, am Verkaufstisch, in der Politik oder in der Wirtschaft Farbe bekennen. "Wir brauchen einen Aufstand der Anständigen. Unser Land ist ein freies Land", sagt Jung, "ein Land, in dem Menschen willkommen sind, wo die Menschenwürde nicht mit Füßen getreten wird."

 

Seit 2006 ist er Leipzigs Oberbürgermeister. "Es war neun Jahre lang kein Problem, ohne Angst durch meine Stadt zu laufen", sagt er. Das habe sich dem Aufkommen von Legida, dem aggressiven Ableger der Dresdner Pegida-Bewegung geändert. Auf den Kundgebungen der Rechtspopulisten wird gegen ihn gehetzt, wer wird als Volksverräter beschimpft. Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, schlage hemmungsloser Hass entgegen, Asylbewerberheime brennen.

 

Jung:  "Das ist eine Pogromstimmung, die mich erinnert an die Zeit Anfang des Dritten Reiches.  Was früher der Einzelne vielleicht noch am Stammtisch vor sich hin gebrummelt hat, wird jetzt salonfähig und entlädt sich völlig ungehemmt in sozialen Netzwerken, in Mails oder einer Brandschrift in einem aggressiven Ton, in einer rassistischen Grundhaltung, dass einem dabei Himmelangst werden kann."

 

Er sei jedoch überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen jedoch nicht so denke. "Die  Mehrheit will dieses Land menschenwürdig gestalten." Trotzdem steht Jung jetzt wieder unter partiellem Polizeischutz.