Zur Situation in Sachsen nach Freital, Dresden, Heidenau

Liebe Antirassist_innen, liebe Antifaschist_innen,
vielen Dank für Eure Unterstützung in den letzten Tagen. Es ist großartig, dass einige auch sehr weite Wege auf sich genommen haben um mit den lokalen Strukturen und den Geflüchteten in der Region Solidarität zu zeigen. Natürlich benötigen wir und freuen wir uns auch in Zukunft über Eure Unterstützung. Wir möchten eine Einschätzung zur Situation und unseren Optionen geben: 

 

Zur spontanen Anreise nach Heidenau:
Es ist im Moment nicht sinnvoll, in kleinen Gruppen ohne vorherige Absprachen nach Heidenau zu fahren. Es ist gefährlich, die Situation ist oft nicht abschätzbar. Wir können derzeit nicht täglich vor Ort sein oder spontan dazu kommen, wenn Leute sich vor dem Praktikergelände aufhalten und dann bedroht werden. Einen dauerhaften "Wachschutz" können wir nicht stemmen, die Ressourcen haben wir nicht. 
Weiterhin wichtig bleibt es, die Infokanäle zu checken und in Kontakt mit den lokalen Strukturen zu bleiben und auf kurzfristige Mobilisierungen zu reagieren. 
Im Fall Heidenau war die Eskalation für Freitag zumindest in Ansätzen absehbar. In den Situationen, in denen "es knallt", sind wir auch weiterhin von überregionaler Unterstützung abhängig. Die lokale Szene ist einfach zu klein, um den derzeitigen Herausforderungen allein zu begegnen. Aus den Erfahrungen mit Freital hatte sich die Position ergeben, dass "Dauerkundgebungen" Nazis und Rassist_innen auch anlocken und daher nicht zwangsläufig sinnvoll sind. Zumal diese auch sehr kräfteraubend sind. Die Auseinandersetzungen um die Bremer Straße ("ZeltstaDD") in Dresden haben gezeigt, dass die Nazis ihren Fokus auch situationsbedingt auf Antifas verlagern, hier wurde teilweise gezielt darauf gewartet Linke während der Abreise angreifen zu können. Das Zelt-Camp geriet dadurch zeitweise in den Hintergrund.
Heidenau hat nun gezeigt, dass eine ausbleibende Antifa-Mobilisierung nicht zwangsläufig zur Entspannung der jeweiligen Situation vor Ort führt. Im Gegenteil waren die Ausschreitungen die heftigsten, die wir in den letzten Monaten in der Region erlebt haben. 
Darüber hinaus wirft das Verhalten der Polizei einige Fragen auf. Fakt ist, dass die Bullen zwei Nächte lang die Situation nicht in den Griff bekommen haben. Hier muss das "Warum?" diskutiert werden. Die Blockade der anreisenden Refugees wurde von den Nazis angekündigt. Zahlreiche Fälle aus den Wochen zuvor haben das aktuelle Gewalt-Niveau der Nazis unter Beweis gestellt. Wieso waren nur so wenige Beamt_innen eingesetzt? Wieso haben diese ein derart defensives Konzept gefahren? Wieso hat es noch zwei weitere Tage gedauert bis Wasserwerfer etc. vor Ort waren? Natürlich können wir hier nur spekulieren, die Annahme, dass der Krawall politisch kalkuliert war, liegt aber nahe. Schon Anfang der 90er wurden ähnliche Bilder und Zustände auf den Straßen zur faktischen Abschaffung des Asylrechts in Deutschland genutzt. Zur Zeit soll das Asylrecht wieder einmal weiter eingeschränkt werden, hierzu braucht es Argumentationsgrundlagen und die rassistischen Mobilisierungen sind eine davon. Darüber hinaus gilt es wohl für die sächsische Landesregierung Forderungen abzuwehren, wie sie z.B. vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kretzschmar kommen, Flüchtlinge vor allem in den Osten zu schicken. Die Polizeiführung nutzt die Situation für ihre Interessen, die die Funktionäre ihrer Gewerkschaften nicht müde werden zu wiederholen; Aufstockung des Personals, bessere und mehr Ausrüstung, etc. Wir können uns also nicht darauf verlassen, dass die Bullen die Unterkünfte schützen. 
Daraus ergibt sich also die Notwendigkeit, nicht nur wegen des Supports und des Willkommen-Heißens von Geflüchteten, sondern auch zum Schutz der Unterkünfte und ihrer Bewohner_innen immer dann zu mobilisieren wenn die #VermutlichRechten ihre Proteste ankündigen. Hier wird in Zukunft aber noch genauer darauf geachtet werden müssen, was wir tatsächlich für Kapazitäten an welchen Orten haben. Angriffe von Nazis hatten in der Vergangenheit unter Anderem auch deswegen Erfolg, weil Leute die jeweilige Gefahr nicht ernst genommen, oder sich selbst überschätzt haben. Mit nur einem Auto nachts in Freital bleiben zu wollen oder in Kleingruppen von Kundgebungen auf der Bremer Straße nach Hause zu gehen, ist gefährlich. Anmeldungen mit nur wenigen Menschen sollten von vornherein nicht vorgenommen werden, Veranstaltungen müssen beendet werden, wenn der Großteil nach Hause will: Wir halten es für unverantwortlich, ungeschützte Kundgebungen anzumelden, und dann durch moralischen Druck Menschen zu zwingen, sich ebenfalls in solche Gefahr zu begeben, indem Unterstützung herbeigerufen wird, oder Menschen bepöbelt werden, die sich für eine sichere Abreise in großer Gruppe entschieden haben. Wir raten dringend dazu, die Angebote zur gemeinsamen An- und Abreise zu/von Aktionen wahr zu nehmen und selbstverständlich sollten diese nicht allein, sondern in Bezugsgruppen besucht werden.
Wir bemühen uns Informationen und Einschätzungen von vor Ort regelmäßig transparent zu machen. Genauso wünschen wir uns dass versucht wird zuerst Informationen und Einschätzungen von Leuten vor Ort einzuholen bevor direkt an Orte wie Freital, Heidenau und so weiter gefahren wird. Dies soll nicht als Bevormundung verstanden werden; letztlich entscheiden, was sinnvoll ist, müssen alle für sich selbst. Es geht eher um einen verbesserten Informationsfluss und eine bessere gemeinsame politische Arbeit.
Ihr könnt mit uns Kontakt aufnehmen und wir versuchen so schnell wie uns möglich zu antworten.

antifavernetzungdd@systemli.org

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hier ein kleiner bericht mit ein paar bildern aus heidenau: facebook.com/leftreportberlin/posts/363723447136165

 

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