34 Tage pro Jahr krank - Sachsens Gefängniswärter völlig überlastet

Von Andreas Debski
dresden. Immer weniger sächsische Justizvollzugsbeamte halten der hohen Arbeitsbelastung stand - mit gravierenden Auswirkungen auf die Zustände in den Gefängnissen. Wie das Justizministerium auf LVZ-Anfrage mitteilte, fällt in den zehn Haftanstalten des Freistaates jeder Beamte durchschnittlich 34 Tage pro Jahr wegen Krankheit aus. Damit liegen die JVA-Bediensteten sogar noch über den hohen Ausfallzeiten der Polizei (32 Tage). Zum Vergleich: Der sachsenweite Durchschnitt aller Arbeitnehmer beträgt laut Barmer GEK 17 Tage. Der Sächsische Beamtenbund spricht von dramatischen Zuständen und fordert, den Personalabbau endlich zu stoppen. 

 

Negativer Spitzenreiter ist die JVA Chemnitz: Hier ist jeder Beamte fast 52 Tage pro Jahr krank; die Wärter in Zwickau (45 Tage), Dresden (43) und Regis-Breitingen (41) sind kaum weniger gestresst. Daneben haben die aktuell 1822 Beamten 62400 Überstunden (Stand: November 2014) angehäuft. Wie schwerwiegend das Problem ist, gesteht selbst das Justizministerium ein: In den Krankheitsausfällen "manifestiert sich eine hohe Arbeitsbelastung", heißt es auf LVZ-Anfrage. Und weiter: "Auch eine unausgewogene Altersstruktur sowie eine zunehmend geringere Personalausstattung führen zu einer stärkeren individuellen Belastung."

Schon jetzt sind vier von zehn Beamten älter als 51 Jahre. Bis 2020 werden mindestens 196 Wärter in Rente gehen - bei maximal 156 Neueinstellungen. Außerdem werden die Streichungen der letzten Jahre fortgesetzt. Obwohl die Planstellen seit 2009 bereits um 170 reduziert wurden, sollen bis Ende 2016 weitere 55 Arbeitsplätze abgebaut werden. 
Das Justizministerium räumt diese Schieflage ein. "Die Personalgewinnung gestaltet sich im Justizvollzug angesichts fordernder Arbeitsbedingungen und der Konkurrenz zu anderen staatlichen Aufgabenbereichen zunehmend schwierig." Ein deutliches Personaldefizit besteht insbesondere in den JVA Dresden, Zeithain, Waldheim und Leipzig, in Bautzen ist die Lücke aufgrund einer Kapazitätserweiterung absehbar. Deshalb wird versucht, Beamte aus anderen JVA abzuwerben - bislang mit mäßigem Erfolg.
Welche Konsequenzen die Unterbesetzung hat, macht Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) klar: "Eine erfolgreiche Resozialisierungsarbeit kann dauerhaft nur gelingen, wenn die Tätigkeit im Vollzugsdienst für Bedienstete attraktiv gestaltet bleibt. Ein moderner Strafvollzug erfordert insoweit gute Arbeitsbedingungen mit auch langfristig personell sowie sachlich angemessen ausgestatteten Haftplätzen." 
Schon jetzt muss in der JVA Dresden der Aufschluss - also jene Zeit, in der sich die Gefangenen auf ihren Stationen frei bewegen können - reduziert werden. Weitere Gefängnisse planen ähnliche Einschnitte. Hintergrund ist, dass laut neuem Sächsischen Strafvollzugsgesetz mehr Wert auf die individuellen Probleme der Gefangenen gelegt werden soll - allerdings fehlen dafür die Mitarbeiter an anderer Stelle.