Friedliche Versammlung auf dem Ölberg

Erstveröffentlicht: 
14.09.2014

Rund 40 Personen haben am Samstagnachmittag (13. September 2014) auf dem Schusterplatz friedlich gegen den Polizeieinsatz am Abend zuvor in der Marienstraße demonstriert. Sie warfen den Einsatzkräften übertrieben hartes Vorgehen bei der Räumung vor. Zugleich untermauerten sie ihre Absicht, die leer stehende Immobilie in ein „Centro Sociale“ umzuwandeln. Die Demonstranten zogen bis zur Fußgängerzone. Nach gut einer Stunde löste sich die Versammlung auf.

 

Dazu die Stellungnahme der Autonomen Szene im Wortlaut:


"Wir verurteilen den Versuch der Polizei die Aktivist*Innen zu kriminalisieren, um damit von den überaus wichtigen Inhalten der Aktion abzulenken: Der Verfall der Wuppertaler Nordstadt! Die Getthoisierung unserer Viertel! Der zunehmende Leerstand durch Immobilienblasen und Gentrifizierung bei gleichzeitg steigenden Zahlen von Obdachlosigkeit und Armut!


Am 12.09.2014 gegen kurz nach 20 Uhr wurde das Haus in der Marienstraße 41 erneut besetzt. Die Polizei sammelte ihre Kräfte zunächst an der Hochstraße, Ecke Marienstraße und rüstete die Beamt*Innen zuerst aus, Helme, Knüppel, Pfefferspray.


Um ca 20:40 Uhr erschien dann der militaristisch wirkende Polizeiapparat vor dem besetzten Haus und zog bereits im Anrücken das Pfefferspray. Es folgte eine kurze Ansage, dass die Unterstützer*Innen der Besetzung sich von dem Haus zu entfernen haben, einige Sekunden später wurden Knüppel gezückt, Pfefferspray gesprüht und die Beamt*Innen gingen auf die völlig friedlichen, hinter Transparenten stehenden Unterstützer*Innen los. (Youtube-Video).


Diese hatten dem gewalttätigen Angriff der Polizei nichts entgegen zu setzen und innerhalb von Sekunden zerstreute sich die Menge vor der Marienstraße 41. Die Unterstützer*Innen wurden von Polizist*Innen und Zivis teilweise durch die halbe Stadt gejagt.


Die Aussagen der Polizei aus dem WDR-Beitrag sind ähnlich wie die aus der Pressemitteilung der Ordnungshüter ziemlich widersprüchlich. (Video)


„Die Polizei behauptet in ihrer Presseerklärung “dass eine Gruppe von etwa 20 Personen des linksautonomen Spektrums erneut gewaltsam in ein leerstehendes Mehrfamilienhaus an der Marienstraße eingedrungen sei. Bei Eintreffen der Beamten versuchten die Personen mit einem Hammer die Eingangstür einzuschlagen. Aufgrund des Polizeiaufgebotes ließen sie von der weiteren Tatausführung ab. Drei Personen, die sich bereits im Objekt befanden, flüchteten über ein Vordach an der Gebäuderückseite.” Die hier zitierten Schilderungen der Geschehnisse sind aber nur in der Phantasie der Wuppertaler Polizei passiert. Die Polizei widerspricht sich auch in dem von uns zitierten Teil ihrer Pressemitteilung. Sie behauptet das bei Eintreffen der Beamten Personen versuchten die Eingangstür einzuschlagen, um danach zu behaupten dass 3 Personen schon im Haus waren. Wie bitte? Die Besetzer*Innen waren drin bevor die Tür aufgebrochen wurde? Die Polizei versucht hier Aktivist*Innen zu kriminalisieren, die gegen den zunehmenden Leerstand und die Ghettoisierung der Wuppertaler Nordstadt kämpfen.“

(Quelle)

 

Wie uns Zeug*Innen berichteten, wurden einige der Gegenstände, die die Polizei im WDR-Beitrag aufzählt, erst viel später und in anderen Gegenden von Wuppertal beschlagnahmt. Damit stellt sich die Frage, ob diese Gegenstände jemals in der Nähe der Marienstraße 41 waren. Etliche Anwohner*Innen und Freund*Innen können hingegen bestätigen, dass von den Unterstützer*Innen der Besetzung vor dem Haus zu keinem Zeitpunkt irgendeine Gefahr für die Polizei ausging. Die Ordnungsmacht hingegen wirkte den ganzen Abend bis in die Nacht hinein aggressiv gegen jede*n, die/der sich auf dem Ölberg befand. Um kurz nach 00:00 Uhr befanden sich nur noch wenige Menschen auf dem Otto-Böhne-Platz. Da entschied die Polizei für den Einsatz noch späte Rache zu nehmen und jagte mit einigen Mannschaftswagen voller Riot Cops die letzten Menschen, die sie auf dem Ölberg finden konnte. Personalkontrollen, Misshandlungen und 1 Festnahme sind die Ergebnisse dieser Jagd, soweit uns bekannt ist.


Von den Unterstützer*Innen der Besetzung & Anwohner*Innen des Ölbergs sind während des gefährlichen Einsatzes der Polizei etliche Menschen durch Knüppel, Schläge, Misshandlungen und Pfefferspray verletzt worden. Die Polizei selbst hingegen erwähnt nicht eine*n verletzte*n Beamt*In. Und das obwohl von den Aktivist*Innen laut Polizei eine solche Aggression ausging und so viele gefährliche Gegenstände beschlagnahmt wurden?


Obwohl die Gewalt der Polizei bei der zweiten Räumung der Marienstraße 41 noch extremer war, als am 30.08.2014 agierten die Menschen auf dem Ölberg noch besonnener und friedlicher. Weder wurden Müllcontainer angezündet, noch Anwohner*Innen in ihren Autos daran gehindert durch die Straßen zu fahren. Es gab absolut keine gewalttätigen Handlungen seitens der Unterstützer*Innen und Anwohner*Innen.


Auch bei der zweiten Räumung der Marienstraße 41 stellt sich erneut die Frage auf welcher Rechtsgrundlage die Polizei geräumt hat. Der insolvente Besitzer, eine Firma in London, wird wohl kaum an einem Freitag Abend innerhalb von einer halben Stunde einen Räumungstitel gestellt haben. Die Polizei hat erneut wie ein Staat im Staat reagiert und den Einsatz ohne rechtliche Grundlage durchgezogen. Wer macht also in Wuppertal die Gesetze, nach denen sich die Polizei zu richten hat? Die Polizei selbst? Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der beiden Einsätze rund um die Marienstraße 41 auf politischer Ebene!


Wie auch schon am 30.08.2014 solidarisierten sich zahlreiche Anwohner*Innen und Freund*Innen mit uns, wofür wir uns noch einmal ausdrücklich bedanken möchten. Von vielen Menschen hörten wir an diesem Abend deutlichen Unmut über das Verhalten der Polizei, aber auch viel Unterstützung für ein Centro Sociale auf dem Ölberg. Wir glauben daher, dass der Kampf gegen Leerstand, Getthoisierung und Gentrifizierung in der Wuppertaler Nordstadt gerade erst angefangen hat. Wir lieben unser Viertel und wollen gemeinsam dafür kämpfen, dass wir es selbst gestalten können. WE LOVE NORDSTADT