Verfassungshüter: Auch auf Friedhöfen können Demos von Grundrechten geschützt sein / Aktion gegen »Gedenkzirkus« war »Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung«
Karlsruhe. Eine Antifa-Protestaktion auf einem Dresdner Friedhof gegen eine öffentliche Erinnerungsveranstaltung für die Opfer des Alliierten-Bombenangriffs auf Dresden im Zweiten Weltkrieg ist rechtens gewesen. Sich auf öffentlich zugänglichen Versammlungen provokativ zu gesellschaftlich bedeutsamen Themen äußern zu dürfen, sei Teil der Versammlungsfreiheit, wie das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschied. (Az. 1 BvR 980/13) Das Gericht hob damit die Verurteilung eines Demonstranten zu 150 Euro Bußgeld wegen »Belästigung der Allgemeinheit« auf.
Der Kläger hatte auf der Gedenkveranstaltung im Februar 2012 auf dem Dresdner Heidefriedfhof gemeinsam mit anderen ein Transparent entrollt, auf dem unter anderem zu lesen war: »Es gibt nichts zu trauern - nur zu verhindern.(...) Den Deutschen Gedenkzirkus beenden. Antifaschistische Aktion.« Karlsruhe billigte nun diesen Protest. Er habe den Zweck gehabt, gegen das Gedenken Stellung zu nehmen. Dabei handelte es sich laut Gericht um einen »Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung«, da der Gedenkzug den Veranstaltern zufolge auch »ein Zeichen für die Überwindung von Krieg, Rassismus und Gewalt setzen« sollte.
Die Demonstranten hätten somit den Friedhof an diesem Tag zu einer zulässigen Auseinandersetzung mit gesellschaftlich bedeutsamen Themen genutzt, der Protest sei ein erlaubter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung gewesen, urteilten die Verfassungsrichter. Der Friedhof sei während des Gedenkens nicht nur für privat Trauernde geöffnet gewesen, sondern auch für den »kommunikativen Verkehr«. Der Kläger könne sich auf den Schutz der Versammlungsfreiheit berufen. Agenturen/nd