[BRG/MD] Aufruf zur Prozessbegleitung und Solidarität!

Aufruf antifaschismus bleibt legitim und notwendig!

Am 04. März 2014 findet vor dem Amtsgericht Magdeburg die Hauptverhandlung gegen einen Antifaschisten aus Burg statt, der am 14. Januar 2012 während der antifaschistischen Aktionen gegen einen Nazigroßaufmarsch in Magdeburg festgenommen wurde. Nur durch ein riesiges Aufgebot von mehr als 2.000 Polizisten, Räumpanzern, Wasserwerfern und einer komplett eingezäunten Route war es den Nazis möglich, den geschichtsrevisionistischen Aufmarsch durchzuführen.

 

Dennoch gelang es durch das entschlossene Auftreten mehrerer hundert Antifaschist_innen den Naziaufmarsch massiv zu stören. Dies hatte zur Folge, dass die Polizei mit brutaler Gewalt gegen die Antifaschist_innen vorging, wobei es zu einer Vielzahl von Verletzten und mehreren Festnahmen kam. Der notwendige antifaschistische Widerstand wurde somit an dem Tag kriminalisiert und einzelne sind auch im Nachhinein von diesen Kriminalisierungsversuchen betroffen, die das Ziel haben, Menschen einzuschüchtern, die sich den Nazis entgegenstellen. Was hier von der Staatsanwaltschaft als kriminell dargestellt wird, ist notwendiger antifaschistischer Widerstand, den es tagtäglich zu führen und zu verteidigen gilt. Der Prozess ist nicht als ein Angriff auf den Betroffenen zu verstehen, sondern als ein Angriff auf uns alle, die gegen die menschenverachtende Ideologie der Nazis kämpfen, die allein in Sachsen-Anhalt zu mehreren Morden geführt hat.

Wir rufen deshalb dazu auf, am Dienstag, den 04. März 2014, den Prozess zu begleiten und sich solidarisch mit dem Betroffenen zu zeigen und ihn zu unterstützen!

Prozessbegleitung | Di, 04. März 2014 | 9 Uhr | Amtsgericht | Magdeburg

 

Aufruf zur Prozessbegleitung und Solidarität mit dem angeklagten Antifaschisten aus Burg:

Am Dienstag, den 04. März 2014 findet vor dem Amtsgericht Magdeburg die Hauptverhandlung gegen einen Antifaschisten aus Burg statt, dem vorgeworfen wird, sich am 14. Januar 2012 an den antifaschistischen Aktionen gegen einen Aufmarsch von mehr als 1.000 Nazis beteiligt zu haben. Schon in den letzten Monaten kam es zu mehreren Verhandlungen gegen Menschen aus Burg, die am 14. Januar 2012 in Magdeburg festgenommen und später zu Bewährungs- und Haftstrafen verurteilt wurden. Im aktuellen Fall sieht es nicht viel besser aus, da sich die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft auf die abgesprochenen Aussagen der als Zeugen eingesetzten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) aus Leipzig aufbaut. Zudem zeigen die bereits geführten Verhandlungen, dass die Justiz gewillt ist, eine höchstmögliche Strafe für die Betroffenen zu erzielen. Wir wollen an dieser Stelle nicht darüber spekulieren, was die Betroffenen in Magdeburg gemacht haben sollen oder nicht, denn für uns steht fest: Antifaschismus ist legitim und notwendig - nicht kriminell!

Naziaufmärsche gehören verhindert, auch in Magdeburg!

Seit mehreren Jahren findet Anfang Januar in Magdeburg ein Naziaufmarsch statt, der den Nazis die erste Gelegenheit im neuen Jahr bietet, sich zu treffen und ihre Ideologie zu propagieren. Thematisch beziehen sich diese Aufmärsche auf die Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg und leugnen dabei die deutsche Kriegsschuld, setzen alliierte Angriffe mit Nazi-Verbrechen gleich und stellen die faschistischen Täter_innen als Opfer dar. Im Gegensatz zu Dresden oder Cottbus, wo ein ähnlicher Aufmarsch jährlich stattfindet, gelang es in Magdeburg bisher nicht diesen zu verhindern.

So war es, nachdem das besetzte Haus "Ulrike" im Sommer 2002 geräumt wurde und wenig später mit Hilfe des §129a gegen die lokalen antifaschistischen & linken Strukturen vorgegangen wurde, über Jahre nicht möglich erfolgreiche Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch zu organisieren. Später sorgten Differenzen zwischen verschiedenen Menschen und Gruppen, sowie das Verhalten einiger zivilgesellschaftlicher Akteure dafür, dass ein antifaschistischer Widerstand geschwächt und in "gute" und "böse" Antifaschist_innen unterschieden wurde. Letzteres hat bis heute zur Folge, dass es der Polizei leicht gemacht wird, gezielt gegen autonome Antifaschist_innen vorzugehen.

Im Jahr 2012 gelang es durch eine bundesweite Mobilisierung durch das Bündnis "Entschlossen-Handeln" und "Blockieren MD" zumindest seit Jahren wieder mehrere hundert Antifaschist_innen gegen den Naziaufmarsch zu mobilisieren was zu Folge hatte, dass die Polizei die komplette Naziroute einzäunte und über 2.000 Polizisten mit brutaler Gewalt gegen alle Menschen vorging, die sich den Nazis in den Weg stellten. Mit Festnahmen, der Belagerung und anschließenden Durchsuchung eines linken Zentrums in der Stadt, wurde versucht den notwendigen antifaschistischen Widerstand zu kriminalisieren.

Auch in den darauffolgenden Jahren, bei stetig wachsendem Protest gegen diesen Aufmarsch, unternahm die Polizei alles erdenklich mögliche, um den Nazis einen Marsch durch Magdeburg zu gewährleisten. So setzte die Polizei vor wenigen Wochen mehrere hundert Nazis in Sonderzüge und fuhr diese damit über mehrere Stunden durch die Stadt, bis ein Ort gefunden wurde an dem der Aufmarsch stattfinden konnte. Antifaschist_innen hingegen wurden erneut von der Polizei verfolgt, angegriffen, verletzt und festgenommen.

Der Naziaufmarsch in Magdeburg ist also nicht nur einer der letzten, regelmäßig stattfindenden Aufmärsche in Deutschland, sondern seit 2012 auch Ursache für eine verstärkte staatliche Repression gegen Antifaschist_innen in der Region.

Antifaschistischer Widerstand ist notwendig, nicht kriminell!

Wie notwendig ein antifaschistischer Widerstand gerade in Sachsen-Anhalt ist, zeigt nicht nur der Naziaufmarsch in Magdeburg, sondern allein schon die Morde, Übergriffe und Anschläge der Faschisten auf Menschen und Strukturen, die nicht in deren menschenverachtende Ideologie passen.

Torsten Lamprecht, Frank Böttcher, Farid Boukhit und Rick Langenstein wurden in Magdeburg ermordet, weil sie Punks waren, eine andere Hautfarbe hatten oder sich negativ gegenüber ihren späteren Mördern äußerten. Alberto Adriano wurde Nachts in Dessau von drei Faschisten zusammengeschlagen, beraubt und anschließend getötet. Martin Görges wurde Opfer eines brutalen Überfalls von fünf Nazis in Burg, weil er als "asozial" galt.

So erschreckend diese Morde auch sind, stellen sie nur Höhepunkte einer schon fast alltäglichen Gewalt von Nazis und Rassist_innen in Sachsen-Anhalt dar. Allein im Jahr 2013 kam es zu einer ganzen Reihe von Übergriffen und Anschläge auf Antifaschist_innen in Burg. Dabei griffen Nazis aus den verschiedensten Regionen von Sachsen-Anhalt gezielt u.a. deren Gebäude und Fahrzeuge an. Im Anschluss an einer antifaschistischen Demonstration in der Stadt wurde sogar ein 18-jähriger Nazigegner kurzzeitig von Nazis entführt und erst später in einem Waldstück wieder freigelassen.

Angriffe auf Migrant_innen und Flüchtlinge in Vockerode, Halle oder Magdeburg finden regelmäßig statt. Aus rassistischen Motiven wurde in Bernburg ein Mensch von neun Nazis angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Ein 17-jähriger wurde erst vor wenigen Wochen aufgrund seiner Hautfarbe in Burg mit einem Messer angegriffen. In Gardelegen gab es einen Brandanschlag auf eine geplante Unterkunft für Flüchtlinge, die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch unbewohnt war. Wenig später tauchte im Internet eine Seite mit rassistischen Inhalten gegen diese Flüchtlingsunterkunft auf. Die dortige Hetze hatte zur Folge, dass daraufhin mehrere Nazis vor das Gebäude zogen und die dortigen Flüchtlinge bedrohten.

Mit Festnahmen, Gerichtsverfahren, Haftstrafen, willkürlichen Personenkontrollen, Observationen, Hausdurchsuchungen und Anquatschversuchen geht dabei die Polizei nicht gegen die Nazis und Rassist_innen vor, sondern gegen Antifaschist_innen, die sich dieser Gewalt zur Wehr setzen. Davon betroffen sind zum Großteil Menschen und Strukturen in Burg und Magdeburg. Durch diese Maßnahmen, die das Ziel haben antifaschistische und fortschrittliche Strukturen zu kriminalisieren und, wenn möglich, zu zerschlagen ermöglicht der Staat erst, dass die Nazibanden und Rassist_innen ungestört durch die Straßen ziehen und ihre Angriffe durchführen können.

Getroffen hat es einige, gemeint sind wir alle!

Der Terror der Nazis und die Kriminalisierung durch die staatlichen Repressionsorgane sind nicht als ein Angriff auf die einzelnen Betroffenen, sondern als ein Angriff auf uns alle zu begreifen. Mit dem bevorstehende Prozess gegen einen Antifaschisten aus Burg sollte deshalb auch so umgegangen werden, dass deutlich wird, dass dieser und die damit verbundene Repression nur dazu dient, antifaschistischen Widerstand zu kriminalisieren und linke Politik auf eine rein strafrechtliche Ebene zu ziehen und damit zu entpolitisieren. In den Vordergrund muss gerückt werden, dass der Betroffene zum Ziel staatlicher Repression wurde, weil er ohne staatliche Genehmigung sich einem Aufmarsch von Faschisten in den Weg stellte und so deren menschenverachtende Ideologie nicht unbeantwortet ließ. Es muss deutlich gemacht werden, dass ein antifaschistischer Kampf, und zwar nicht erst seit den Pogromen der 90er oder dem aufdecken des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU), nicht gemeinsam mit dem Staat geführt werden kann, sondern dieser ein Teil des Problems darstellt und Verhältnisse hervorbringt in denen Menschen ausgebeutet, unterdrückt, eingesperrt und abgeschoben werden.

Darüber hinaus gilt es sich zum einen solidarisch mit dem Betroffenen zu zeigen, ihm zur Seite zu stehen und finanziell zu unterstützen. Zum anderen müssen Strukturen gestärkt werden, die solchen Angriffen von Polizei und Justiz standhalten und zurückschlagen können. Durch eine linke Theorie und Praxis, welche es kontinuierlich zu führen gilt, heißt es Widerstand gegen ein System zu organisieren was für die derzeitigen Verhältnisse verantwortlich ist. Solang es nicht gelingt, eine starke antifaschistische & fortschrittliche Bewegung aufzubauen, werden wir immer mit staatlicher Repression konfrontiert sein.

Obwohl ein enormer Aufwand betrieben wird um die wenigen antifaschistischen Strukturen in der Region handlungsunfähig zu machen, zeigten die letzten Monate, dass Polizei und Justiz in ihrem Vorgehen bisher nicht erfolgreich waren. Repressionsschläge wie die Hausdurchsuchungen oder Haftstrafen einzelner sorgten zwar für eine kurzzeitige Schwächung, doch war es dennoch möglich weiterhin gegen den Naziterror effektiv vorzugehen und mit Kundgebungen und anderen Aktivitäten auf die Repression aufmerksam zu machen. Eine antifaschistische Demonstration bei der die Veranstalter- und Teilnehmer_innen von der Polizei kriminalisiert wurden, wurde mit einer unangemeldeten Demo, an der mehrere hundert Antifaschist_innen teilnahmen, beantwortet.

Bauen wir darauf auf und lassen den erneuten Versuch antifaschistischen Widerstand zu kriminalisieren ins Leere laufen. Nutzen wir den bevorstehenden Prozess um auf die derzeitige Situation in Sachsen-Anhalt aufmerksam zu machen und machen deutlich, dass wir uns nicht einschüchtern lassen und weiterhin unseren Kampf für eine klassenlose und herrschaftsfreie Gesellschaft fortführen werden!

Kommt am Dienstag, den 04. März 2014 zum Amtsgericht (Breiter Weg 203-206) in Magdeburg zur antifaschistischen Prozessbegleitung - zeigt Solidarität!


Damit auch in dem aktuellen Fall eine Öffentlichkeitsarbeit stattfinden und u.a. die Verteidigung des Betroffenen finanziert werden kann, sind wir auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Magdeburg
IBAN: DE12430609674007238315
BIC: GENODEM1GLS
GLS Gemeinschaftsbank
Verwendungszweck: Solidarität Burg

Weitere Informationen unter www.antifa-burg.de.vu