HB: Musikschau der Nationen – abblasen!

Spiel mir das Lied vom Tod

Die Musikschau der Nationen wird in diesem Jahr schon zum 50.Mal in Bremen gefeiert. Vom 24. bis zum 26.Januar 2014 findet, organisiert vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK), “Europas größtes Blasmusik-Festival” in der ÖVB-Arena statt. Mit starker Unterstützung der Bundeswehr kommen hier Militärkapellen aus aller Welt zusammen.

 

Der VDK behauptet damit zur „Völkerverständigung“ beizutragen. Wie das aussieht können wir ja sehen: Stereotype sollen “uns“, den Deutschen, die fremden Kulturen näher bringen. Sämtliche erlöse der Musikschau gehen an den VDK und seine angebliche „Friedensarbeit“. Diese besteht darin international von jungen Menschen Kriegsgräber putzen zu lassen. Aber man kann es wohl kaum Friedensarbeit nennen, jene Orte zu pflegen, die doch gerade dazu da sind, Soldat_innen weiterhin als Wohltäter_innen, Held_innen und tragische Opfer darzustellen und nicht als Täter_innen und Verantwortliche, die sie sind. Dabei wird bei der Musikschau gar nicht erst thematisiert, dass die auftretenden Musiker*innen größtenteils Soldaten und Soldatinnen sind. Die Musikschau soll, neben Auftritten und Werbung an Schulen, Jobcentern und Kirchentagen, zu einem zivilen bürgernahen Image der Bundeswehr und anderer Armeen beitragen: Ziel ist es, sich positiv dargestellt in der Mitte der Gesellschaft zu verankern und damit Akzeptanz zu schaffen für bereits stattfindende und zukünftige “Interventionen” und Kriege. Durch eine steigende Präsenz im Inland und medienwirksame Auftritte wird über die eigentliche Funktion einer Armee hinweggetäuscht. Die Verknüpfung mit positiven Bildern, lässt Kriegsschauplätze und die Morde und Grausamkeiten des kriegerischen Alltags der „Armee im Einsatz“ in den Hintergrund geraten.

 

Sind wir im Krieg oder was?! Krieg als Fortführung der Politik mit anderen Mitteln

 

Seit Mitte der 90er Jahre wird die Bundeswehr zu einer international einzusetzenden Interventionsarmee umgebaut. Mit dem Wegfall der Wehrpflicht im vorletzten Jahr und der endgültigen Hinwendung zu einer reinen Berufsarmee wurde dieser Umbau nun fast vollendet. Damit ging auch eine Neuausrichtung der Funktion und der Aufgaben einher. Weltweit bleibt es dabei, dass die Bundeswehr, wie schon in den letzten Jahren, dazu genutzt wird deutsche oder, als Teil der NATO, westliche Interessen durchzusetzen. Damit geht einher, dass gesellschaftliche Strukturen in den Einsatzgebieten nach neokolonialer Maßgabe aufgebaut werden. Den Menschen vor Ort wird dabei nicht zugestanden selbst entscheiden zu können. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die ungleiche Verteilung von Gütern und Machtressourcen, die der Kapitalismus eben mit sich bringt, weltweit aufrechterhalten und westliche Privilegien gesichert werden.

 

Bundeswehr im Innern: Ziviles Militär oder militärische Zivilgesellschaft?

 

Im Inland wird daran gearbeitet die Bundeswehr in der öffentlichen Wahrnehmung als zivil und gemeinnützig darzustellen, während die Zivilgesellschaft im Gegenzug immer weiter militarisiert wird. Sprachlich sind die Begriffe `zivil` und `militärisch` zwar Gegensätze und damit unvereinbar, dennoch treiben Sicherheitspolitiker*innen die Annäherung und Vermischung dieser Bereiche immer weiter voran. Nach außen hin wird die Verstärkung von “Zivil-Militärischer-Zusammenarbeit” (ZMZ) vor allem durch Werbekampagnen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen und Kooperationen der Bundeswehr sichtbar. Außerdem müssen seit der Umwandlung in eine „Freiwilligenarmee“ Jahr für Jahr tausende Nachwuchssoldat*innen rekrutiert werden. Um das Dasein in der Bundeswehr schmackhaft zu machen, tingeln die „Karriereberater*innen“ daher durch Schulen und Jobmessen und zeichnen ein möglichst attraktives Bild, so etwa im Herbst 2013 am Kippenberg-Gymnasium. Wieder geht es um eine schönfärberische Imagepflege. Zivilgesellschaftliche Institutionen werden auf der anderen Seite immer durchdringender militärisch ausgerichtet und eingebunden. Seit einigen Jahren gibt es entsprechend in jedem Landkreis sogenannte Verbindungskommandos. Diese bestehen aus Reservist*innen, die nach Möglichkeit ranghohe Positionen in zivilen Bereichen wie der Kommunikation, Logistik, Energiewirtschaft, dem Finanzwesen, usw. inne haben. Zudem sitzen die Verbindungsoffiziere in den vormals zivilen Katastrophenschutzgremien. Die Bundeswehr beeinflusst so Planungen zur Gefahrenabwehr im Inneren zu ihren Gunsten, erstellt kontinuierlich Lagebilder der innerdeutschen Verhältnisse. Polizeiliche Aufgaben werden vermehrt dem Militär übergeben, die militärische “Lösung” sozialer Konflikte, sprich Aufstandsbekämpfung, vorbereitet.

 

Die Produktion von Wahrnehmung – die Legitimation von Krieg.

 

Im Kern der innerdeutschen Auseinandersetzung mit der Bundeswehr steht das Anliegen positiv besetzte Berührungspunkte herzustellen. Bilder von Soldaten, die Brunnen bauen und Mädchen in die Schule begleiten, werden genutzt, um eine Identifikation mit der “eigenen” Armee möglich zu machen. Gleichzeitig sind die Medien voll von “bärtigen Islamisten”, “unterdrückten kopftuchtragenden Frauen”, “somalischen Piraten” und “schwarzen Kindersoldaten”. Diese einseitige Darstellung des “Anderen” konstruiert Feindbilder, von denen sich klar abgegrenzt wird, während die eigene Nation, Kultur, Staatsform oder was auch immer als überlegen und fortschrittlich betrachtet wird. Diese Form der Meinungsmache spielt der Bundeswehr in die Hände, um “vermeintliche Hilfeleistungen” und “humanitäre Interventionen” zu legitimieren. Die Musikschau ist als ein Element dieser Meinungsmache zu verstehen, ohne die Krieg nicht möglich wäre.

 

Marschieren – der letzte Schliff der Disziplinierung

 

Die Musikschau geht sogar noch über die ansonsten gängige Imagepflege hinaus. Marschmusik wohnt eine Form der Macht inne, die auf die Körper zielt. Marschieren dient der Disziplinierung der Körper, sie formiert, dressiert, manipuliert. „Schritt für Schritt hat man die Haltungen zurechtgerichtet, bis ein kalkulierter Zwang jeden Körperteil durchzieht und bemeistert, den gesamten Körper zusammenhält und verfügbar macht und sich insgeheim bis in die Automatik der Gewohnheiten druchsetzt.“ (Michel Foucault, Überwachen und Strafen, S. 173) Und so ist jeder Schritt im vorgegebenen Takt ein Schritt zur Unterwerfung. Mit passender Marschmusik wird bei der Musikschau der Nationen die Unterwerfung und Eingliederung des Individuums in eine militärische Formation unkritisch abgefeiert. Bremen – Rüstungsstandort number one Viele der internationalen Militärs, die im Januar zur Musikschau kommen, werden Bremen bereits kennen: als Rüstungsstandort. Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es eine vergleichbare Dichte der Rüstungsproduktion. Die hier ansässigen Unternehmen, die teilweise schon für zwei Weltkriege Waffen lieferten, beschaffen den Kriegstreibenden der Welt so ziemlich alles, was sie brauchen: Satelliten und Drohnen für die Aufklärung, Elektronik für Marine und Heer, Schiffe, Flugzeuge, Ausrüstung… Firmen wie Rheinmetall, OHB, Atlas-Elektronik, EADS oder die Lürssen-Werft sind als „Global Players“ ganz groß im Geschäft. Und trotz Zivilklausel wird eng mit den Forschungseinrichtungen der Hochschulen zusammengearbeitet. Ob also in Sachen Rüstungsproduktion, -logistik oder -forschung: Bremen ist mordsmäßig produktiv. Soldat*innen bleiben Mörder*innen! Bundeswehr aus dem Takt bringen!

 

Die Musikschau als Kriegstreiberei angreifen!

 

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Kommt also zu den Aktionen gegen die Musikschau: Flöten, Tröten, Töten! – Gib Krieg eine Chance!

Jubeldemo: Samstag 25.01.2014 | 11:00 Uhr | Marktplatz Anti-Kriegscafé vor der ÖVB Arena (Stadthalle):

Samstag/25.01.2014/13:00/bis15:00Uhr

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