„Alltagsrassismus“: Deutsches Schulsystem benachteiligt Kinder nicht-deutscher Herkunft

Stop Racism

Eltern von drei Schülern türkischer und arabischer Herkunft wollten ein Berliner Gymnasium für den schulischen Misserfolg ihrer Kinder verantwortlich machen. Sie klagten vor Gericht, dass ihre Kinder aufgrund des hohen Ausländeranteils in der Klasse in ihren Chancen benachteiligt hätten. Das Gericht wies die Klage ab – doch „Integrationsforscher“ bestätigen sie.

 

Zwei türkische und ein arabischer Schüler scheiterten im Probejahr am Berliner Leonardo-da-Vinci-Gymnasium in Neukölln. Ihre Leistungen wurden in sechs bzw. neun Fächern mit mangelhaft bewertet. Die Eltern versuchten daraufhin im vergangenen September beim Berliner Verwaltungsgericht die Anerkennung einzuklagen, dass das Nichtbestehen des Probejahres rechtswidrig gewesen sei. Die Rechtswidrigkeit bestünde ihrer Auffassung nach im hohen Anteil von Schülern „nichtdeutscher Herkunftssprache“.

 

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts wies die Klage ab: Durch den hohen Anteil von Migrantenkindern sei keine diskriminierende Situation entstanden. Die Verpflichtung des Schulgesetzes, deutsche Schüler und Schüler nichtdeutscher Herkunft gemeinsam zu unterrichten, schreibe keine gleichmäßige Verteilung von Schülern mit fremden Wurzeln auf die Klassen vor, so das Gericht (mehr hier).

 

Nun geben Integrationsforscher den Eltern in der Sache recht: Das Leonardo-da-Vinci-Gymnasium habe die Kinder in einer Klasse mit viel zu hohem Migranten-Anteil untergebracht. Dies habe den Schulerfolg beeinträchtigt. „In der Klasse meiner Mandanten waren 63 Prozent Schüler sogenannter nicht deutscher Herkunftssprache. In zwei Parallelklassen waren es nur 13 beziehungsweis 29 Prozent“, zitiert die Welt den Rechtsvertreter der klagenden Familien, Carsten Ilius.

 

„Die Klasse wurde als Türkenklasse stigmatisiert“

Nach Illius Meinung drücke der hohe Ausländeranteil eine Diskriminierung von Ausländern aus. „Die Klasse wurde als Türkenklasse stigmatisiert“, so Ilius. Auf Anfrage der Deutsch Türkischen Nachrichten bestätigte Ilius, die Vokabel „Türkenklasse“ sei in der Schülerschaft kursiert. Die Verwendung durch den Lehrkörper wollte Ilius nicht bestätigen.

 

Tatsächlich verfolgte die Schule bei der Zusammensetzung der Klasse keine ethnische Segregierung. Der hohe Ausländeranteil ergab sich durch die Wahl bestimmter Unterrichtsfächer: Da türkische und arabische Kinder anderen Religionsunterricht besuchen und sich in den allerseltensten Fällen für Latein als zweite Fremdsprache entscheiden, entstehe eine natürliche Segregierung. Diese ist auf die freie Entscheidung der Schüler zurückzuführen. Hinzu kommt, dass die Schule die Wünsche ihrer Schüler berücksichtigte, in den neuen Klassen mit Kameraden der Grundschulzeit zusammenbleiben zu können.

 

Für Integrationsforscher sind diese Umstände Grund genug, die Form „eines latent vorhandenen Alltagsrassismus“ an deutschen Schulen zu beklagen. Juliane Karakayali, Soziologie-Professorin an der Evangelischen Hochschule Berlin, sieht die „negativen Einstellungen“ der Lehrkräfte als Ursache für den „geringen Bildungserfolg“ der Migrantenkinder. Dies fasst sie als „eine Folge einer spezifischen, institutionellen Bildungsdiskriminierung“ zusammen.

 

Schlechtere Noten bei gleicher Leistung

„Gibt es Konflikte, so werden diese kulturalisiert, auch wenn die Ursachen meistens im Schulalltag oder der Interaktion zwischen Lehrern und Schülern zu finden sind“, so die Soziologin. Sie wirft den Lehrern vor, Kinder mit Migrationshintergrund weniger zu fördern und bei gleicher Leistung schlechtere Noten zu geben.

 

Für Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky ist der Fall die „irrste Klage des Jahres“. Den Klassenkameraden die Schuld in die Schuhe zu schieben, sei „eigenwillig“, zitiert N24 Buschkowsky mit den Worten, es gebe in Neukölln viele Migrantenkinder, die Abitur machen würden, auch mit Einser-Abschlüssen.

Auch Hildegard Bentele, Bildungsexpertin der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, sieht die Schuld nicht bei Schule und Lehrern: „Jeder dieser Schüler hatte die Möglichkeit, die Schule frei zu wählen, wenn er eine Benachteiligung durch Zusammensetzung der Klassen befürchtet“, zitiert dieSüddeutsche Zeitung. Das Problem wurzele ihrer Meinung darin, dass den Schulen eine Auswahl nach Leistung verboten sei und deshalb viele minderqualifizierte Schüler annehmen müsse.

 

Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, sieht hingegen die Schuld bei der Schule. Es sei ein Skandal, die Schulen müssten für eine bessere Durchmischung sorgen, so Mutlu gegenüber RBB.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Liest man den Artikel in Ruhe durch, ahnt mensch, daß die Erklärung "Alltagsrassismus" nicht ausreichend ist für die beschriebene Situation. Nicht-deutsche Eltern klagen gegen einen zu hohen Anteil nicht-deutscher (Mit)schüler*innen in der Klasse - wie soll mensch das verstehen?

Die Eltern der Kinder beschweren sich nach dem Motto: "Es wurden alle Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache in eine Klasse gesteckt und diese dann weniger motiviert unterrichtet." --> Vorwurf: rassistische Motive

 

Die Schulleitung sagt dazu soviel wie: "Können wir ja nix dafür. Wenn ein Großteil der Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache eine gewisse Fächerkombination wählt, ergibt sich eben dies Konstellation." --> Aussage: kein Rassismus, sondern zwingende organisatorische Gründe

 

Dieses Phänomen (dass Schulklassen oder Kurse eine gewisses Ungleichgewicht aufweisen, welches bei oberflächlicher Betrachtung auf eine Selektion nach äußeren Merkmalen aussieht) tritt auch an anderer Stelle häufig auf. Dies weiß jedeR der/die schon einmal Maschinenbau studiert hat und sich nur unter Männer wiederfindet oder wer sich in der Schule zwischen Hauswirtschaft und Technik für ersteres entscheidet und auf einmal fast ausschließlich mit Mädchen in der Klasse ist.

 

Solche Phänomen stellen meiner Meinung nach keine Selektion nach äußeren Merkmalen dar, sondern sich lediglich ein Indikator auf die unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Einflüsse auf verschieden Personengruppen.

 

Die Fragen lauten nun:

 - Ist diese Situation wirklich nachteilig?

 - Wenn ja, wie kann ihr am besten begnet werden, um hierbei Abhilfe zu schaffen?

 

Meine Persönlichen (spontanen) Antworten lauten:

 

 - Kann unter umständen nachteilig für eine Klasse sein. Zum Beispiel wenn einE FrauenhasserIn ein (fast) Mädchenklasse oder einE MännerhasserIn eine (fast) Jungsklasse unterrichtet. Oder wenn der Verdacht naheliegt (wie im aktuellen Beispiel) dass die Lehrmotivation auf Grund von rassistischer Motivation nachlässt, wenn der Anteil der Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache im vergleich zu anderen Klassen überproportional hoch ist.

 

 - Kein Plan wie da eine gute Alternative aussehen soll. Man kann ja niemandem vorschreiben welchen Kurs er/sie belegen soll.

 

 

PS: Was auf jeden Fall geprüft werden soll, ist ob die jeweiligen LehrerInnen die verschieden Klassen aufgrund rassistischer Motivation unterschiedlich behandelt haben (oder noch tun).

 - Ist diese Situation wirklich nachteilig?

Die klagenden Eltern, die Integrationsforscher und andere im Texte genannte sagen und belegen dies.

 

 - Kein Plan wie da eine gute Alternative aussehen soll. Man kann ja niemandem vorschreiben welchen Kurs er/sie belegen soll.

Eine Frage wäre, inwieweit Klassenzuteilung von der Wahl des Sprachunterricht und Religionsunterrichts abhängig sein müssen. Im Artikel wird die Vorgehensweise der Schule als "natürliche Segregierung" gedeutet. Es scheint an der bisherigen unflexiblen Struktur und Organisation des Kurssystems zu liegen, dass die Klassenzusammensetzung für die Schüler_innen so nachteilig ausfällt. Eine Alternative würde demnach eine Änderung dieser Struktur bedeuten.

Ich habe als Schüler neun Jahre Latein gelernt. Es hat mir im Sprachverständnis auch anderer Sprachen (auch Deutsch) sehr geholfen, ja sogar bei der Syntax der Programmiersprachen. Auch das Kulturverständnis (griechisch-römische Kultur) des Abendlandes, was die Linken ja hassen. Aber die Linksparteien haben den Lateinunterricht fast völlig abgeschafft, um mehr Abiturienten zu generieren. Die können heute kaum mehr richtig Deutsch.

Daher wäre es sehr zu begrüßen, wenn Schüler aus anderen Kulturen Latein lernen würden. Sie sind selbst schuld, wenn sie nicht in Klassen mit Lateinunterricht gehen wollen. Das hat nichts zu tun mit Rassismus, denn Latein ist eine Grundsprache für alle Länder und Rassen. Nicht weil Einwanderer dumm wären, wollen sie nicht Latein lernen, sondern weil sie das Lernen vereinfachen wollen. Latein bedeutet Arbeit und Fleiß. Per aspera ad astra! Und man lernt das Lernen. Im Abitur war meine beste Zensur in Latein!

Viele von Euch werden den Kopf schütteln, aber die Lateinkultur hat mir im Studium und Leben sehr geholfen, von wegen eine tote Sprache! Sie lebt, besonders in romanischen Sprachen und auch Englisch (z.B. a.m. und p.m.), auch in den meisten Fachausdrücken und Fremdwörtern.

Hoffentlich lernen mehr Leute Latein!

Ich weiß garnicht, wo ich bei dir anfangen soll.Da liegt ja einiges im Argen.

Vielleicht damit: Ich finde es auch schön, wenn Menschen andere Sprachen lernen. Egal, bb das Latein, Englisch, Französisch, Russisch, Griechisch, Hebräisch, Madarin oder sonst was ist.

Wie du auf die Idee kommst "die Linksparteien" hätten Latein abgeschafft oder "die Linken" würden die Kultur des Abendlandes hassen weiß ich nicht. Auf Grund der Generalität der Aussage und ihrer nicht vorhandenen Überprüfbarkeit, würde ich aber davon ausgehen, dass du einige ziemlich plumpe und falsche Vorurteile gegenüber "Linken" hast. Vielleicht solltest du dich mal fragen ob die Medien und Personen von denen du solche Einstellungen hast wirklich so objektiv und unvoreingenommen sind, wie du dir das vorstellst.

Auch hast du scheinbar überhaupt nicht verstanden, was der Artikel und die Kommentare vor dir gesagt haben. Da haben auch deine Lateinkenntnisse offenabr beim Sprachverstehen nicht geholfen. Es geht um institutionelle Strukturen, die es zulassen, dass "Türkenklassen" entstehen (Stichwort starres Kurssystem) und um die Frage, ob Lehrer weniger motiviert unterrichten und weniger Wert auf die Entwicklung der Kinder legen, wenn diese einen Migrationshintergrund haben. Gerade letzteres kann man immer wieder beobachten und es lässt sich sogar statistisch nachweisen. Um das vielleicht mal an einem anderen Beispiel zu verdeutlichen: Bei gleicher Schulleistung werden Kindern mit Migrationshintergrund in der Grundschule deutlich seltener Empfehlungen fürs Gymnasium ausgesprochen als Bio-Deutschen Kinden.

Es wird nirgends behauptet, die Lehrer oder die Schule wäre offen rassistisch und würde das vorankommen von Migranten-Kids bhindern wollen. Es geht aber um einen latenten Rassismus der bei vielen Menschen (und eben auch bei Lehrern) zu finden ist und um Strukturen, die einen solchen Rassismus befördern und/oder nciht in der Lage sind ihm entgegenzuwirken.

Viel Spaß beim weiteren Latein-Praktizieren....

Ja, Migrantenkinder werden von Schule benachteiligt! Aber nicht wegen latent rassistischen Lehrern! Ich bin selber Lehrer und habe das Problem, empfehlungen aussprechen zu müssen. Und das zu früh, wie ich finde. Es ist leider so, dass ich in meine Empfehlungen auch miteinbeziehe, aus welchem Elternhaus das Kind kommt, welche Unterstützung es zu Hause bekommt und so weiter. Programme wie "Bildung und teilhabe" und meiner Meinung nach Gesamtschulen, können diese Unterschiede teilweise auffangen. Aber es fehlt dort immer noch an Strukturen und finanziellen Mitteln. Kein Lehrer schickt ein Kind, welches es auf dem Gymnasium eigentlich schaffen würde, gerne auf die Realschule. Im Sinne des Kindes, um Misserfolg aufgrund mangelnder Unterstützung zu verhindern, raten sie aber gelegentlich dazu. Und das ist nicht latent rassistisch von Seiten der Lehrer, es ist die Folge eines Bildungssystems, welches nur noch existiert, weil es Unterschiede nicht auffängt sondern verstärkt. Es sind nicht die Lehrer! Die sind zum größten teil genauso unzufrieden mit dieser situation. Die von dir angesprochenen Studien gibt es, die Schlussfolgerung ist aber nicht die richtige. Solange wir an einem stark selektiven Schulsystem festhalten, werden schwache kinder unter den Tisch fallen. Und das sind unter anderem eben die Kinder mit Migrationshintergrund.Das darf aber nicht auf die Lehrer abgewälzt werden!!! Sorry für die Rechtschreibung.... Tabletgeschreibsel...

Natürlich ist es auch die Struktur und nicht bloß der Rassismus bei Lehrer_innen. Dein Einwand ist völlig berechtigt.

Ein Problem ist sicherlich, wie du schreibst, die viel zu frühe Aufteilung der Kindern nach der 4ten Klasse. Ein Anderes sicherlich auch mangelnde Strukturen, um schwächere Kinder aufzufangen.

Das Problem sind daher sicherlich nicht nur die Lehrer_innen und latenter Rassismus. Ich würde aber trotzdem sagen, dass das Problem AUCH die Lehrer_innen und latenter Rassismus sind.

Was du beschreibst ist eher eine Schicht-/Klassenspezifische Selektion als eine rassistische. Die Vorstellung, Kinder mit Migrationshintergrund wären grundsätzliuch dümmer, fauler und undisziplinierter als deutsche existiert aber durchaus in den Köpfen von vielen und beeinflusst bei einigen Lehrer_innen mit Sicherhei die Empfehlung. Das ist eben die krux mit solchen Empfehlungen. Einerseits ermöglichen sie es flexibel die Situation des Kindes zu berücksichtigen und ermöglichen damit eine bessere Einschätzung, andererseits werden damit aber auch dem Einfluss solcher latent vorhandenen Stereotype Tür und Tor geöffnet.

Darüber hinaus werden diese Klassenspezifischen Unterschiede auch gerne als Rationalisierungen für rassistische Vorurteile benutzt.

Das hat nichts zu tun mit Rassismus, denn Latein ist eine Grundsprache für alle Länder und Rassen.

Allein die Behauptung, es gäbe "Rassen" entspringt rassistischer Denke. "Rassen" sind Konstrukte, erfunden von weißen Rasseideologen zur Rechtfertigung der Unterdrückung von People of Color.

 

Auch das Kulturverständnis (griechisch-römische Kultur) des Abendlandes ...

... das ohne das sogenannte Morgenland nicht denkbar ist. Zunächst, weil viel Wissen über das "Morgenland" wieder in das "Abendland" zurückkehrte und Rückbezüge in der Aufklärung ermöglichte. Und weiter ist Kultur (zumeist) grundsätzlich nicht isoliert, sondern unter stetigem Einfluss anderer Kulturen.

 

Nicht weil Einwanderer dumm wären, wollen sie nicht Latein lernen, sondern weil sie das Lernen vereinfachen wollen. Latein bedeutet Arbeit und Fleiß.

Demnach wären Einwanderer_innen nicht fleißig und wollen nicht/wenig arbeiten?

Die Überschrift stimmt. Lehrern alltagsrassismus zu unterstellen halte ich aber für völlig daneben... Das Bildungssystem sind nicht die Lehrer, sie müssen nur das beste aus den gegebenen Rahmenbedingungen machen. Und das tun sie! 

Lehrern alltagsrassismus zu unterstellen halte ich aber für völlig daneben...

Nun, in der deutschen Gesellschaft ist Rassismus in vielerlei Hinsicht vorherrschend. Dieser ist u. a. institutionell. Warum aber soll Rassismus bei Lehrer_innen, die ja auch Teil der Gesellschaft sind, nicht vorhanden sein?

 

Dann hast Du statt dem folgenden Vorwurf eine andere Erklärung/Feststellung?

Sie wirft den Lehrern vor, Kinder mit Migrationshintergrund weniger zu fördern und bei gleicher Leistung schlechtere Noten zu geben.

Ich sage nicht, dass Lehrer_innen vom Rassismusvorwurf freigesprochen werden dürfen, genauso halte ich es aber für daneben, ihn vorschnell zu attestieren. Nach meiner Beobachtung, sind Lehrer_innen über den institutionellen Rassismus oftmals genauso verärgert, erschüttert, was auch immer und bekämpfen ihn nach ihren Möglichkeiten. Das sind aber nur subjektive Beobachtungen, das gebe ich zu, habe in meinem Umfeld aber viele Menschen, die in dem Schulbereich tätig sind und greife diese beobachtungen daher nicht nur irgendwie aus der Luft.

 

Zu dem Vorwurf habe ich leider keine andere Erklärung. Aber auch das ist eben nur ein Vorwurf, der unbeding ernst genommen und untersucht werden muss - solange aber eben auch nur ein subjektiver Vorwurf ist.

Unser Bildungssystem und auch unsere Lehrer_innen benachteiligen Kinder aus einem sozial schwachen Elternhaus und Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund. Das ist definitiv belegt durch PISA und Co. Der Grund dafür, dass Lehrer_innen dies schon fast tun MÜSSEN, liegt aber eben im System. Ein Kind aus einer sozial schwachen Familie, welches zu Hause nicht gefördert werden kann, wird es schwerer haben eine Gymnasialempfehlung zu bekommen, da die Grundschullehrer_innen wissen, dass an den weiterführenden Schulen  (und vor allem an den Gymnasien) die Förderung, die an der Grundschule noch geleistet werden konnte, später nicht mehr gewährleistet wird.

Ohne Frage ist das schlimm aber es sind eben nicht (nur) die Lehrer_innen, die diesen Umstand zu verantworten haben.

Ich weiß, dass ich mich hier gerade etwas im Kreis drehe, ich möchte nur darauf hinweisen, dass eine Pauschalisierung nach dem Motto "Lehrer_innen sind oft rassistisch" in die falsche Richtung zielen, da die Kritisierten mit der Situation oft genug genauso unzufrieden sind und ein Interesse an der Veränderung dieser Verhältnisse haben.

Wir scheinen unterschiedliche Annahmen bzw. Einschätzungen (oder bloß unterschiedlich akzentuiert?) zur Verbreitung von Rassismus in der Gesellschaft zu haben, vielleicht auch ein unterschiedliches Verständnis von Rassismus. Sicherlich mag es viele Lehrer_innen geben, denen dieses System selbst missfällt. Mir scheint jedoch, Du vergisst den Extremismus der Mitte der Gesellschaft - Rassismus und Sozialchauvinismus Sarrazin'scher (Ab)art, der auch von Lehrer_innen vertreten wird. Desweiteren muss ich hierbei an die Forschungen "Deutsche Zustände" von Wilhelm Heitmeyer denken, in denen er auf das in der "Krise" verstärkt verrohende Bürger_innentum (wozu auch Lehrer_innen zu zählen sind) hinweist.

Mh, ich würde meinen, Du drehst die Deutungen als Pauschalisierung um. Ich habe den Eindruck, Deine Ausführungen sind pauschalisierend. Du kritisiertest Unterstellungen als "völlig daneben" und schreibst, dass DIE Lehrer_innen das Beste aus den Rahmenbedingungen machten, wohingegen ich (differenzierend) darauf hinweise, dass (weiße) Lehrer_innen Teil der Gesellschaft sind und so auch von Rassismus (positiv) betroffen sind ... Anyway, wir könnten uns darauf einigen, dass Du Schönfärberei und ich Schwarzmalerei betreibe. ;)

In der Klasse meiner Mandanten waren 63 Prozent Schüler sogenannter nicht deutscher Herkunftssprache.

 

Gehören Kinder von Migranten auch in diese Gruppe? Falls ja dann sollte dieser Anteil doch dem der Bevölkerung Neukölns entsprechen?

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Bezirk_Neuk%C3%B6lln#Bev.C3.B6lkerung

 

Die Frage ist eher wieso an diesem Gymnasium nicht jede Klasse so aussieht?!?

Klassenkollaboration ist Rassismus. Wer "den seinen" Oberen gehorcht, diskriminiert "die anderen". Da ist es egal, ob die "Lehrkraft" nen deutschen Namen hat oder nicht, Befehl ist Befehl. Es ist also eine Frage der Hierarchie, die ist nicht einfach schwarz/weiß. Die herrschende Klasse ist ebenso in der Minderheit wie die vermeintliche Vielzahl der beherrschten "Communities".

Als ich aufs Gymnasium ging, einer Kaderschmiede der Finanzaristokratie in einem sehr reichen Ort bei Frankfurt, hatte ich alle möglichen Nationalitäten in der Klasse. Klar, wir waren "die Ausländerklasse" und ich bin auch rausgeflogen, aber genauso geflogen sind die Dorfdeutschen, die Kinder aus Nichtakademikerfamilien. Freiwillige Feuerwehr und Fußballverein zuerst, schien die Devise der jazzbegeisterten Lehrer_innen zu sein, die damit prahlten, dass vor der 10. Klasse "die meisten von uns aussortiert sein würden".
Es ist unterstützenswert, wenn Minderheiten ihren eigenen Aufstiegskampf führen, besonders, wenn das den deutschen Eliten auf den (Geld)sack geht, aber das Ziel sollte nicht sein, das Gymnasium "bunter" zu machen, sondern es ganz abzuschaffen, zusammen mit allen Fossilien des Kaiserreichs.

Lauter grosse Sprueche das Schulsystem als solches und Schule im allgemeinen wuerde Segregierung, Differenzierung und Erfolg oder misserfolg im spaeteren Leben vorwegnehmen.

Was kommt denn alternativ, alle lernen oder lernen eben nicht was sie wollen via Google, Wikipedia und ohne Lehrplan?

genau so etwas fuehrt dazu das heute Jugendliche glauben die Erde waere 2014 Jahre alt, Dinosaurier und Menschen waeren zeitgleich auf der Erde entstanden und die Sonne waere kein Stern, sondern eine Sonne.

Ich persoenlich habe hoechsten Respekt vor Lehrern und dem schwierigen Spagat zum Beispiel Kinder zu foerdern, bei denen die Eltern der Meinung sind die Realschule reicht, unabhaengig von den Faehigkeiten der Kinder,

Von daher ist die Klage der Eltern aus meiner persoenlichen Sicht unbegruendet und geht an der Ursache vorbei.

Nicht nur Schulen, Lehrplaene und Lehrer muessen zueinander passen, die Kinder und besonders deren Eltern muessen auch willig und faehig zu Integration und Foerderung sein.

Was kommt denn alternativ, alle lernen oder lernen eben nicht was sie wollen via Google, Wikipedia und ohne Lehrplan? genau so etwas fuehrt dazu das heute Jugendliche glauben die Erde waere 2014 Jahre alt, Dinosaurier und Menschen waeren zeitgleich auf der Erde entstanden ...

Via Wikipedia würden sie das sicher nicht lernen - eher anhand christlich-fundamentalistischen Homeschoolings.

 

Nicht nur Schulen, Lehrplaene und Lehrer muessen zueinander passen, die Kinder und besonders deren Eltern muessen auch willig und faehig zu Integration und Foerderung sein.

Wo siehst Du denn die Integrationsunwilligen? Im Artikel wird über Eltern berichtet, die sprachförderliche Lernbedingungen für ihre Kinder einklagen.

Allein der (allgemeine) Sprachgebrauch von "Migrant_in", "Migrationshintergrund" lässt Rassismus erkennen. Denn hierunter werden nicht etwa (weiße) Dän_innen oder (weiße) US-Amerikaner_innen verstanden sondern People of Color wie hier Türk_innen.

Sind denn die Kinder tatsächlich hinzugezogen oder doch in Deutschland geboren und somit Deutsche nicht Ausländer_innen?

Bitte? Scheinbar stellst du dir nur "People of colour" unter "...mit Migrationshintergrund" vor. Deutsche mit Migrationshintergrund können doch als solche benannt werden um, offenbar existente Probleme, besser zu erkennen und zu beheben! Wenn wir hier nur davon reden würden, dass ein Deutscher trotz seiner Sprachprobleme nicht ausreichend gefördert wird, wüssten wir nicht, ob es sich um Lispeln, Stottern oder schriftsprachliche Probleme handelt. Lesen wir aber, dass es sich um Sprachprobleme von Kindern mit Migrationshintergrund handelt, können wir daraus schlussfolgern, dass es eventuell daher kommt, dass das Kind keine Muttersprache wirklich gut beherrscht und dadurch auch im Erlernen einer Zweitsprache Probleme hat und eine entsprechende DaZ-Förderung benötigt. Die Schüler_innen müssen doch da gefördert werden, wo sie stehen und dafür müssen (Migrations-)hintergründe eben benannt werden. Ein Kind mit türkischem Migrationshintergrund wird beispielsweise eher Probleme mit den deutschen Artikeln haben. Das zu benennen ist wichtig! Durch Leugnen bekämpft du jedenfalls keinen Rassismus.

Unter dem Begriff People of Color sind von Rassismus negativ betroffene Menschen zusammengefasst. Es ist also ein recht weitgefasster Begriff. Sowohl Schwarze als auch kulturalistisch Unterdrückte verwenden diesen Begriff. Das wird durchaus kontrovers diskutiert. Er ist dennoch weit verbreitet.

Ich gebe Dir an sich recht darin, auf genaue Begriffe zu setzen, damit verstanden wird, was gemeint ist und nicht gar etwas verschleiert wird. In obigem Artikel JEDOCH wird die pauschalierende Gleichung türkisch; arabisch=ausländisch aufgemacht:

Nach Illius Meinung drücke der hohe Ausländeranteil eine Diskriminierung von Ausländern aus. ... Der hohe Ausländeranteil ergab sich durch die Wahl bestimmter Unterrichtsfächer: Da türkische und arabische Kinder anderen Religionsunterricht besuchen und sich ...

Somit leugne ich keinesfalls die (wahrscheinliche) Erschwernis, die Menschen mit türkischer Muttersprache gegenüber Menschen mit dänischer Muttersprache aufgrund der sprachlichen Unterschiedes haben - also Turksprache gegenüber germanischer Sprache. Ich leugne auch keinesfalls Rassismus, sondern weise GERADE auf den ausgrenzenden, rassistischen Effekt hin, Menschen mit türkischer Muttersprache generell als Türk_innen, Migrant_innen, Ausländer_innen zu bezeichnen. Meine Annahme ist, dass allgemein vorherrschender Sprachgebrauch (insbesondere in den Mainstream-Medien) bei weißen Deutschen die Vorstellung fördert, dass gewisse in Deutschland lebende Menschen keine Deutschen sein könnten und nicht "dazugehörten".

Was bisher noch nicht so erwähnt wird, ist die Betroffenheit von doppelter Diskriminierung: Rassismus UND Klassismus. Menschen werden nicht nur rassistisch diskriminiert sondern auch anhand der Schichtzuschreibung und damit auch mehrheitlichen Bildungsauprägungen. Kinder mit Arbeiter_innenhintergrund werden ebenfalls im Bildungssystem benachteiligt. Bspw. schaffen sie es im geringeren Anteil auf die Universität. Die im Artikel erwähnten benachteiligenden "Bildungsempfehlungen" treffen auch Arbeiter_innenkinder und so auch Kinder deren türkische Arbeiter_innen (mit deutschem Pass) sind. So u.a. werden Gesellschaftsteile strukturell diskriminiert. Bei manchen Menschen entsteht dann der Eindruck, Ausländer_innen seien dumm o.ä. - selbstgeschaffener Rassismus.