Ministerin Manuela Schwesig will die umstrittene Klausel ihrer Vorgängerin Schröder abschaffen, Unionspolitiker sehen darin vor dem Hintergrund des Geschehens in Hamburg das falsche Signal. Von Peter Nowak.
Mittlerweile gibt es die erste öffentlich ausgetragene Kontroverse zwischen SPD und Union. Ausgelöst wurde sie durch ein Interview, das die kürzlich ernannte sozialdemokratische Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig dem Spiegel gegeben hat.
In dem Interview standen der Kitaausbau und das umstrittene Betreuungsgeld im Vordergrund. Danach folgten einige Fragen zur Extremismusklausel, die zivilgesellschaftliche Gruppen unterschreiben mussten, die sich gegen Rechts engagierten und dabei auch mit öffentlichen Geldern gefördert wurden. Die Klausel sorgte in den letzten Monaten für heftige Kritik von vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen.
Mehrere dieser Organisationen verzichteten medienwirksam auf den Preis, weil sie die Extremismusklausel nicht anerkennen wollten. Besonders in der Kritik stand, dass die Gruppen auch verpflichtet werden sollten, ihre Bündnispartner zur Verfassungstreue anzuhalten. Ein Link zu einer der Gruppen, die bei Konservativen Zweifel erweckte, ob sie mit beiden Beinen auf der fdGO stehen, konnte dann schon zum Stop der Finanzierung führen.
"Ich werde die Extremismusklausel abschaffen"
Die neue Ministerin ließ in dem Spiegel-Interview nun keinen Zweifel, dass sie andere Akzente setzen wollte.
SPIEGEL: Ein ganz anderes Thema: Kristina Schröder haben Sie
kritisiert, weil sie von Organisationen verlangte, sich zur "freiheitlichen
Grundordnung" zu bekennen. Bleibt die Extremismusklausel?
Manuela
Schwesig: Nein, ich werde die Extremismusklausel abschaffen. Viele
Organisationen empfinden das als Angriff gegen ihren Einsatz für ziviles
Engagement.
SPIEGEL: Damit distanzieren Sie sich von der Politik ihrer
Amtsvorgängerin.
Manuela Schwesig: Ich werde das Thema Demokratie und
Toleranz zu einem Hauptthema meiner Amtszeit machen. Dafür sollten wir diese
Organisationen fördern und sie nicht unter Generalverdacht stellen und ihnen
misstrauen.
Unionspolitiker: falsches Signal
Die Kritik daran kam vom Innenminister vom christdemokratischen Innenminister von Mecklenburg Vorpommern Lorenz Caffier. Er bezeichnete die Ankündigung Schwesigs, die Extremismusklausel als "falsches Signal".
Er verband diese Kritik mit einer Verurteilung der militanten Auseinandersetzungen, nachdem die Polizei am vergangenen Samstag eine Demonstration auflöste, zu der außerparlamentarische Linke nach Hamburg aufgerufen hatten. Es ging um den Erhalt des räumungsbedrohten linken Zentrums Rote Flora und um die Unterstützung von Flüchtlingen, die in Hamburg für ihre Aufenthaltsgenehmigung kämpfen.
Zunächst sah es so aus, als wiederholte sich das Szenario von der Blockupy-Demonstration in Frankfurt/Mai Anfang Juni. Die Polizei kesselte eine genehmigte Großdemonstration, zu der Tausende aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland kamen, erst ein und wollte sie dann auflösen. In Frankfurt blieben die Demonstranten strikt gewaltfrei, obwohl sie teilweise über mehrere Stunden im Kessel verharren mussten. In Hamburg jedoch gab es militante Gegenwehr, was zu heftigen Auseinandersetzungen in mehreren Hamburger Stadtteilen führte.
Prompt wird in Pressemitteilungen von Unionspolitikern vor "linken Gewalttäter" gewarnt. Der Vorweihnachtszeit geschuldete Engpässe bringen es mit sich, dass der Deutschlandfunk den Hamburger Publizisten Thomas Ebermann zu der Demonstration befragte, der sich in seinem Urteil wohltuend abhebt von den Berufsempörten aller Parteien und auch daran erinnert, dass die bei uns so hochgelobten Demokratiebewegungen in Osteuropa und Asien längst nicht immer friedlich sind.
"Wenn Sie jetzt einfach denken, Sie müssten berichten aus der Ukraine, oder aus Thailand - das russische Staatsfernsehen hat eine schlechte Meinung von denen, die da demonstrieren, das deutsche eher eine gute. Also zeigt das russische brennende Barrikaden am Rande und das deutsche zeigt Wladimir Klitschko."