Rote Flora: "Wir werden wohl in die Kampfphase eintreten"

Investor Klausmartin Kretschmer
Erstveröffentlicht: 
11.10.2013

Vollversammlung der Aktivisten des besetzten Kulturzentrums im Hamburger Schanzenviertel: Sie bewerten Investoren-Pläne zum Umbau der Roten Flora als Kampfansage. Und drohen unverhohlen.

 

Von Axel Tiedemann

 

Die kürzlich bekannt gewordenen Investoren-Pläne zum Umbau der besetzten Roten Flora wird von den Aktivisten des besetzten Kulturzentrums offenbar als direkter Angriff auf ihr Projekt gewertet. Am späten Donnerstagabend kamen die Unterstützer und Nutzer des alten Theatergebäudes in der Schanze zu einer Vollversammlung zusammen, um das weitere Vorgehen zu beraten.

"Wir werden jetzt wohl in die Kampfphase eintreten", sagte ein Sprecher der Flora-Pressegruppe im Vorfeld. Man betrachte die Pläne von Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer und seinem Immobilienberater Gert Baer als Versuch zu einer "neoliberalen Umgestaltung und Privatisierung" der Roten Flora. "Wir werten das vor allem als persönlichen Angriff von Herrn Baer", sagte der Sprecher.

Man werde daher an "vielen Stellen und vielfältig die Diskussion" mit ihm suchen, so an seinen Baustellen und Büros. Eine Drohung? Näher wollte der Flora-Sprecher darauf nicht eingehen. "Investoren werden sich die Finger daran verbrennen", sagte er auf Nachfrage.

Ausbau des besetzten Hauses geplant

Als weitere Aktion kündigte der Sprecher an, dass das Fest zum 24-jährigen Bestehen des Zentrums um den 1. November herum nun weit größer ausfallen werden als ursprünglich geplant. Hochkarätige Bands würden kommen. Ob auch Demonstrationen auf der Straße geplant seien, ließ der Sprecher offen, deutete sie aber an: "Die Kapazität im Inneren der Flora" würde sicher nicht ausreichen.

Zudem plane die Rote Flora nun einen weiteren Ausbau des überwiegend von linksautonomen Gruppen besetzten Hauses. "Uns wird es in der heutigen Form auch in zehn Jahren dort noch geben", so der Flora-Sprecher.

Ende vergangenen Woche hatte der in Hamburg und auch international agierende Immobilienkaufmann Baer die Pläne für die Rote Flora vorgestellt und einen Bauvorbescheid beim zuständigen Bezirksamt Altona eingereicht. Danach soll die oberen Stockwerke des 1888 gebauten Theatergebäudes rekonstruiert und in einen teilweise bis zu sechsgeschossigen Neubau integriert werden.

Investor plant Büros und Restaurants

In dem neuen Komplex sollen den Plänen zufolge eine Kita einziehen, sowie Proberäume, Büros und Restaurants. Kern ist ein großer Veranstaltungs- und Konzertsaal mit bis zu 2500 Plätzen. Projektname: "Flora Veranstaltungs- und Stadtteilkulturzentrum" Den Rotfloristen sollen günstige Räume angeboten werden - was von den Nutzern der Roten Flora als "absurd" bezeichnet wurde.

Die Plänen stießen aber auch in der Bezirkspolitik aus allen Fraktionen von Altona auf massive Ablehnung, Konsens ist vielmehr, dass die Rote Flora in ihrer heutigen Nutzung erhalten bleiben sollte. Der Bezirk will dazu einen Bebauungsplan aufstellen, der den heutigen Zustand der Roten Flora quasi einfriert. Ein Umbau wäre dann nicht erlaubt, eine Nutzung nur als Stadtteilkulturzentrum in seiner heutigen Form möglich.

Baer hatte bereits angekündigt, dass man gegen diesen Plan klagen werden, weil er den Eigentümer "kalt enteignet". Kretschmer hatte das seit 1989 besetzte Gebäude 2001 von dem damaligen rot-grünen Senat für 370.000 Mark gekauft. Die Stadt konnte so Forderungen nach Räumungen und mögliche Straßenkrawalle verhindern. Gut zehn Jahren später verhandelte man über einen Rückkauf, Angebote von 1,3 Millionen Euro lehnte Kretschmer aber als zu gering ab.

"Kretschmer hat sich verspekuliert"

Mit dem neuen Bebauungsplan hätte er nun zwar sogar ein Anspruch auf Übernahme durch die Stadt, weil sein Eigentum nun als Gemeinbedarfsfläche ausgewiesen werden soll. Doch nach Einschätzung von Bezirkspolitikern liegt der Verkehrswert der Immobilien jetzt nur noch bei etwa 800.000 Euro und mehr müsse die Stadt nicht zahlen. "Der Mann hat sich verspekuliert", sagt dann auch der Vorsitzende des Altonaer Planungsausschusses, Mark Classen (SPD).

Die jetzt vorgestellten Pläne werte er als Versuch, den Preis wieder hoch zu treiben, indem man mit solchen Plänen die Furcht vor einem Wiederaufflammen der Krawalle heraufbeschwöre. Ein Argument, das Kretschmer-Berater Baer abwies. Man sei an einem Rückkauf gar nicht mehr interessiert, würde ein gutes Angebot aber nicht unbedingt ablehnen, sagt er.

Unterdessen macht der Bezirk Altona mit dem neuen Bebauungsplan "Sternschanze 7" offenbar Tempo, um den Kretschmer-Plänen den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Am 16. Oktober steht der Entwurf bereits auf der Tagesordnung des Planungsausschusses, voraussichtlich am 24. Oktober kann er in der Bezirksversammlung beschlossen werden. Anschließend folgt die übliche Rechtsprüfung durch die Stadtentwicklungsbehörde, voraussichtlich noch in diesem Jahr, so die Einschätzung von SPD-Politiker Classen, werde der Plan dann rechtsgültig. Vorbescheidsanträge könnten bis dahin zurückgestellt werden. "Da kann nix mehr passieren", so Classen.