Tokio muss die Olympiade 2020 absagen

Swimarm

Eine Übersetzung der Stellungnahme der "People Against the Olympics", Tokyo

Heute wurden unsere Befürchtungen Realität. Am 8. September 2013 um 5 Uhr früh wählte das Internationale Olympische Komitee (IOC) Tokio zur Austragungsstätte der Olympischen Spiele 2020.  

 

1. Inmitten globaler Besorgnis über die Kontaminierung von Fukushima Daiichi

 

Im letzten Monat erlebten wir, wie die Tokio 2020 Kampagne an Fahrt zulegte, angeschoben vom Tokio 2020 Bewerbungs-Komitee, dem japanischen Olympischen Komitee (JOC), Tokios Stadtregierung, der japanischen Regierung sowie den diversen Konzernen, die sich darum scharen. Sie haben einen Riesenberg Steuergelder ausgegeben. Zur gleichen Zeit wurde in diesem Monat über das Ausmaß des strahlenden Lecks in Fukushima Daiichi ausführlich in den Medien berichtet, was weltweit Besorgnis über das in den Ozean fließende kontaminierte Wasser auslöste. Statt die Verursacher der nuklearen Katastrophe zur Verantwortung zu ziehen, TEPCO etwa, vertagte die japanische Regierung eine Diskussion im Parlament über die milliardenschwere Unterstützung der Fukushima Daiichi Anlage, um negative Folgen für die Olympia-Bewerbung Tokios zu vermeiden. Nach den ökologischen Auswirkungen des radioaktivenn Lecks für Tokio befragt, antwortete der Vorsitzende des JOC, Tsunekazu Takada, auf der Pressekonferenz des Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am 4. September in Buenos Aires: "Keine einzige Person in Tokio wurde von dieser Angelegenheit in Mitleidenschaft gezogen. Tokio und Fukushima liegen fast 250 Kilometer voneinander entfernt. Wir sind recht weit weg von Fukushima." Darüber hinaus sagte Premierminister Shinzo Abe dem IOC in seiner Präsentation: "In Fukushima, das versichere ich Ihnen, ist die Lage unter Kontrolle. Es hat in Tokio zu keiner Zeit Schaden angerichtet und wird das auch weiterhin nicht tun." Solche Aussagen zeugen einzig und allein von ihrem Tokio-Zentrismus - solange die Situation in Tokio in Ordnung ist, kann die Gefahr in Fukushima und der benachbarten Region ignoriert werden. Wir können uns vorstellen, dass diese offiziellen Stellungnahmen Tokios die von der Katastrophe 2011 Betroffenen ernsthaft in Verzweiflung stürzt. Es ist sonnenklar: die Olympischen Spiele in Tokio werden nicht "helfen, das betroffene Gebiet wieder auf die Beine zu bringen"; das ist nur eine Fantasie, die lediglich an der Oberfläche dessen kratzt, was weiter dort vor sich geht. Tokio muss in seiner Funktion als Regierung für das nukleare Desaster Verantwortung übernehmen. Erinnern wir uns, dass das AKW Fukushima Daiichi gebaut wurde, um Tokio mit elektrischer Energie zu versorgen. Vergessen wir ferner nicht, dass Fukushima Daiichi zu keiner Zeit dazu diente, die lokalen Gemeinden in Fukushima mit Elektrizität zu versorgen. Tokio hat die nukleare Katastrophe verbrochen, von daher muss Tokio die Hauptverantwortung dafür tragen, was in Fukushima passiert ist. Obendrein hält die Stadtregierung Tokios weiter das größte Aktienpaket von TEPCO. Tokio muss der Verantwortung für das Desaster ins Auge sehen, statt Unsummen für die Olympiade auszugeben. Dazu gehört auch, aufrichtig zu sein. Sehen wir uns folgende Zeile in der Kampagnenbroschüre des Komitees an:"In der Präfektur von Tokio befindet sich keine einzige Atomanlage im Besitz von TEPCO." Diese Rhetorik gibt keinerlei Aufschluss über die tatsächliche Rolle Tokios. Wir sind wirklich empört, der Wahl des IOC zusehen zu müssen, während die Mega-City Tokio niemals ihre Verantwortung für die nukleare Katastrophe eingeräumt hat

 

2. Noch immer gehen die Kriege weiter

 

Zu dieser Stunde stehen wir vor einer möglichen Aggression der USA gegen Syrien, wo die Wirren des Bürgerkrieges sich weiter ausbreiten. Obwohl die Olympiade gemäß ihrem Motto "Spiele des Friedens" sein wollen, fahren ihre treibenden Kräfte fort, als würden sie nicht wahrnehmen, dass in verschiedenen Teilen der Welt weiter Kriege toben und aktuell noch mehr Unheil zu erwarten steht. Wir glauben, dass es vollkommen betrügerisch von der internationalen Gemeinschaft ist, mit der olympischen Operation fortzufahren, während sie die Anstrengungen zur Vermeidung des Krieges vernachlässigt.

 

3. Die Repression hat bereits begonnen

 

Wir haben unsere Bedenken über Räumungen und Repressalien gegen die Armen, ausgelöst durch die Umstrukturierung der Stadt für die Olympiade, bereits deutlich gemacht. Um genau zu sein haben wir nachdrücklich betont, dass im Falle von Tokio der Schaden durch Umstrukturierung nicht erst im Zuge der Olympiade zu befürchten, sondern bereits in vollem Gange ist. Tatsächlich wurden die BewohnerInnen des in öffentlicher Hand befindlichen Kasumigaoka Apartment-Komplexes bereits geräumt, um den geplanten Abriss der Gebäude in die Wege zu leiten. Während des für die Beurteilung maßgeblichen IOC-Besuchs im März 2013 ließ die Regierung von Tokio Obdachlose aus verschiedenen Gebieten der Stadt vertreiben, Leute wurden gewaltsam aus dem öffentlichen Raum entfernt. Wir denken, dass das IOC für die repressive Linie Tokios mitverantwortlich ist. Zwangsräumungen von AnwohnerInnen werden sich künftig noch schneller häufen. Das IOC muss von seinen Plänen für Tokio 2020 sofort zurücktreten und aufhören, die Gewalt zu verbreiten, die die Olympischen Spiele mit sich bringen.

 

4. Es wird Widerstand geben!

 

Wie dem auch sei - unglücklicherweise sind die Würfel gefallen, wir sehen das Ergebnis heute vor uns. Jedes menschliche Wesen würde den Funkenflug zu vermeiden suchen, den ein Sturz ins Feuer auslöst. Weisen wir das Tokio 2020 Bewerbungs-Komitee, das JOC, die Stadtregierung Tokios, die japanische Regierung und die Mitglieder des IOC darauf hin, dass sie von heute an mit dem Widerstand all derjenigen rechnen müssen, die unter den Auswirkungen der Olympiade in Tokio zu leiden haben. An die Komitees: Ihr werdet es wahrhaft bereuen, Tokio am 7. September 2013 für die Olympiade 2020 ausgewählt zu haben. In anderen Worten wird man sich an eure Entscheidung als eine verdorbene Geschichte erinnern. So ihr noch ein wenig Gewissen übrig habt, solltet ihr diesen Plan augenblicklich aufgeben. Dem Tokio 2020 Bewerbungs-Komitee, dem JOC, der Stadtregierung von Tokio, der japanischen Regierung und den Mitgliedern des IOC sei hiermit gesagt, dass wir sie für ihre Beteiligung an dieser unüberlegten Kampagne der Gewalt aus tiefstem Herzen verachten und verurteilen.

 

 

8. September 2013

People Against the Olympics

 

(a.k.a. HanGorin No Kai)

 

http://www.jfissures.org
http://hangorin.tumblr.com/post/60616239853/tokyo-must-abandon-the-2020-...