Umstrittene Punkband tritt auf

Erstveröffentlicht: 
16.08.2013
Unbekannte machen Front gegen Feine Sahne Fischfilet beim Ackerfestival. Band ist im Visier des Verfassungsschutzes

 

Kummerfeld. Die Vorbereitungen für das Ackerfestival 2013 am 20. und 21. September laufen auf Hochtouren. Doch gerade jetzt sorgt eine ominöse E-Mail für Ärger. In dem Schreiben, das an die Sponsoren des Festivals geschickt wurde und das dem Abendblatt vorliegt, wird der Auftritt der Punkband Feine Sahne Fischfilet auf dem Ackerfestival 2013 angeprangert. Hintergrund: Die Band wurde im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern von 2011 und 2012 als linksextrem eingestuft. Das katapultierte die sechsköpfige Gruppe aus Rostock und Greifswald Ende 2012 allerdings in sämtliche Feuilletons und auf die großen Bühnen der Bundesrepublik. Dieser Eintrag ist auch zentraler Gegenstand des Schreibens. Der Ackerfestivalverein reagierte auf die E-Mail mit einem klaren Statement: Das Festival lehne es ausdrücklich ab, zum "Spielball rechter Hetze" zu werden.

 

Die Band Feine Sahne Fischfilet (FSF) wurde im Verfassungsschutzbericht 2011 unter der Rubrik Linksextremismus geführt. Darin heißt es: "Die aus fünf bis sechs Personen bestehende Band versteht sich als politischer Zusammenschluss." Die Gruppe vertrete eine explizit anti-staatliche Haltung und wolle die staatliche Struktur auflösen. Außerdem habe die Band auf ihrem Blog eine Bauanleitung für einen Molotowcocktail veröffentlicht. Hierbei handelte es sich tatsächlich um das satirisch zu "Club-Molli" verfremdete Logo des Erfrischungsgetränks Club-Mate. Alle sechs Musiker von FSF sind bekennende Mitglieder der Antifa, rufen regelmäßig zu Demonstration auf und blockieren Nazi-Aufmärsche. Sie selbst sehen sich als "Antifaschisten, die Mucke machen" und von "Bratwurstessen gegen Rechts nicht viel halten".

 

Für FSF wurden die Medienberichte zur perfekten Werbung für ihr Ende 2012 erschienenes Album "Scheitern & Verstehen". Das Hamburger Label Audiolith nahm FSF unter Vertrag, und bereits nach zwei Wochen musste "Scheitern & Verstehen" nachgepresst werden. Als Dankeschön für die "kostenlose Promotion" überreichten Band und Label sogar persönlich einen Präsentkorb an den Verfassungsschutz (VS) Mecklenburg-Vorpommern.

 

Beim Ackerfestival-Verein wurde man durch den Medienrummel um die Band und den VS auf Feine Sahne Fischfilet aufmerksam. "Wir hatten die Jungs vorher schon gehört, die sind ja in Norddeutschland schon bekannter gewesen", sagt Patrick Lublow, Sprecher des Ackerfestivals und Mitglied des Booking-Teams. "Außerdem arbeiten wir mit Audiolith schon länger zusammen, haben immer wieder Bands von denen auf dem Festival", sagt Lublow. In diesem Jahr sind mit FSF, Findus und Egotronic gleich drei Audiolith-Kapellen im Ackerfestival-Programm zu finden. Die Einstellung, aber vor allem die Musik von FSF habe das Ackerfestival-Team überzeugt, sagt er.

 

Die E-Mail, in der Festival und Band angegriffen werden, stammt vermutlich aus der rechten Szene. Absender, Tonalität und der Verweis auf eine rechtspopulistische Website legen diesen Verdacht nahe. So wird den Empfängern in der E-Mail vorgeworfen, sich zu "Handlangern von linksextremen Hassbands" beziehungsweise von "Rotfaschisten" zu machen, indem sie das Ackerfestival unterstützten. Es ist nicht das erste Mal, dass FSF auch die negativen Seiten der Erwähnung im Verfassungsschutzgesetz zu spüren bekommt. "Ganz aktuell ist das Thema in Riesa", sagt Sänger Jan Gorkow. "Dort hat die NPD in einer Pressemitteilung unter Berufung auf den Verfassungsschutzbericht gegen uns Stimmung gemacht, und die Stadt hat uns das Konzert auf der Jugendbühne untersagt."

 

Wenngleich FSF dankbar war für die kostenlose Werbung durch den Verfassungsschutz, so äußert sie doch harte Kritik. "Es bleibt ein Skandal, dass eine staatliche Behörde, die nachweislich Nazistrukturen aufbaute und radikalisierte, einfach antifaschistische Initiativen kriminalisiert", sagt Gorkow. Dennoch habe die Gruppe überwiegend gute Erfahrungen gemacht, auch mit Veranstaltern, die bereits vor dem Kontakt mit der Band um den Bericht wussten.

 

Auch die Ackerfestival-Macher wussten vom Verfassungsschutzbericht und entschieden sich dennoch, die Punkkapelle zu buchen. "Der musikalische Aspekt hat für uns den Ausschlag gegeben", sagt Lublow. Man habe sich nicht positionieren wollen. "Wir sind ein Musikfestival, das Spaß machen soll", sagt er. "Wir beziehen keine Stellung zu politischen Themen. Das ist nicht unser Bereich." Die Ablehnung von Faschismus, Sexismus und Homophobie halte man für selbstverständlich. "Punkrock gehört bei uns dazu."

 

Der Auftritt von FSF auf dem Ackerfestival werde auf jeden Fall stattfinden. Man habe sich differenziert mit der Band auseinandergesetzt. "Feine Sahne Fischfilet ist unserer Einschätzung nach eine Band mit Meinung, aber keineswegs gefährlich." Man freue sich auf das Festival und den Auftritt der Band. Das gilt auch für FSF: "Wir sind gespannt. Jedes Festival ist etwas Besonderes. Wir freuen uns auf unsere Labelfreunde Egotronic und Findus. Und den Auftritt von KMPFSPRT wollen wir auch nicht verpassen."