Einvernehmlich trennen sich Anwältin Anja Sturm und ihre Berliner Kanzlei. Der Grund ist ihr Mandat als Verteidigerin im NSU-Prozess.
HAMBURG taz | Anja Sturm, Anwältin von Beate Zschäpe, ist ihre bisherige Stelle los. Am Montag erklärte die Kanzlei Weimann & Meyer in Berlin, das Arbeitsverhältnis mit Sturm „einvernehmlich“ aufgelöst zu haben. Der angenommene Grund: Sturm vertritt im NSU-Verfahren die Hauptangeklagte Zschäpe. Ab dem 1. August wird die Anwältin in der Kölner Kanzlei von Wolfgang Heer mitarbeiten. Heer bildet, gemeinsam mit Wolfgang Stahl und Sturm, das Verteidigertrio von Zschäpe.
Über die Trennung sei sie „sehr enttäuscht“, sagte Sturm unlängst. Die Rechtsanwältin war erst seit eineinhalb Jahren als Beraterin in der Berliner Kanzlei tätig. Doch Axel Weimann, einer der Gründer der Kanzlei betont gegenüber der taz, dass die Anwältin „eigenverantwortlich und selbstständig“ in der Kanzlei arbeitete. „Sie unterlag daher keinen Weisungen in Bezug auf die von ihr eigenverantwortlich geführte Mandate“, sagt er.
Noch am Wochenende berichteten andere Medien, dass Weimann gesagt hätte, sich immer wieder beruflich wie privat wegen des Mandates rechtfertigen zu müssen, das er selbst „niemals angenommen hätte“. Nun betont er, dass in der Kanzlei die „Kollegin“ wegen der Übernahme des Mandates nicht „kritisiert geschweige denn angefeindet“ worden wäre. Er hebt auch hervor, dass dem Wechsel keine Kündigung vorausging, da sie eben „keine Arbeitnehmerin der Kanzlei“ war.
Zur Verteidigung von Zschäpe war Sturm, die 1970 in Ithaca in den USA geboren wurde, über Heer gekommen. Vor Prozessbeginn war Heer der alleinige Anwalt des vermuteten NSU-Mitgliedes, das sich wegen der Mittäterschaft an zehn Morden und zwei Bombenanschlägen verantworten muss. Zschäpe wünschte sich aber auch eine Frau als Ansprechpartnerin. Heer gewann im August 2012 Sturm und Stahl für die Aufgabe.
Die Anwältin von Zschäpe hat, anders als Nicole Schneider, die Verteidigerin des Mitbeschuldigten Ralf Wohlleben, keine Kontakte in die rechtsextreme Szene. Sie hat vielmehr mehrfach betont, „keine Sympathisantin rechtsradikalen oder rassistischen Gedankengutes“ zu sein. Auf der Webseite ihrer baldigen Exkanzlei erklärt sie ihre Gründe, das NSU-Mandat zu übernehmen: „Angesichts der Dimension und der Bedeutung dieses komplexen Verfahrens“ betrachte sie „die Verteidigung als besondere Herausforderung“, so Sturm.
Die Anwältin erklärt weiter, sie sehe ihre „Aufgabe nicht nur darin, zur Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens für die Wahrung der Verfahrensrechte ihrer Mandantin einzutreten, sondern sich auch jedem Versuch einer Politisierung des Verfahrens von welcher Seite auch immer entgegenzustellen“. In Berlin überzeugte das anscheinend nicht. Sturm soll dort erfolglos eine neue Kanzlei gesucht haben.