MUC: NSU-Unterstützer auf Nazisommerfest

Festlich geschmückt? Der Eingang zum Garten. Foto: Tim Karlson

Am letzten Samstag (20.07.2013) fand im Nazizentrum in München-Obermenzing ein Sommerfest Münchener und bayrischer Neonazis statt. Neben ehemaligen Mitgliedern der rechtsterroristischen Wiesegruppe, wie Karl-Heinz Statzberger und des Freien Netz Süd, Matthias Bauerfeind, Tony Gentsch und Norman Kempken nahm auch der NSU-Unterstützer und Angeklagte im NSU-Pozess André Eminger teil. Eingeladen hatten die Bewohner des als WG getarnten Nazizentrums Vanessa Becker, Franz Sedlbauer und Daniel Thönessen. Im Folgenden dokumentieren wir die Berichte des AIDA-Archivs und des Bündnis gegen Naziterror und Rassismus.

 

AIDA: München. Bisher versuchten diejenigen Neonazis des "Freien Netz Süd" (FNS), die in Obermenzing ein Einfamilienhaus mit großem Gartengrundstück angemietet haben, die Immobilie als reines Wohnhaus darzustellen und rechte Treffen dort möglichst geheim zu halten.

 

Nach den Polizeirazzien gegen das FNS ist dies nun anders: Die neonazistischen Mieter Vanessa Becker, Daniel Thönnessen und Franz Sedlbauer laden mit einem von ihnen namentlich unterzeichneten Brief die Anwohner_innen der umliegenden Straßen zu einem "Sommerfest" mit Spanferkel und "Kinderschminken" am Samstagnachmittag ab 14.00 Uhr ein. Die Einladung enthält keinen Hinweis auf den rechten Hintergrund.

 

Ein vermeintlich harmloses "Grillfest" ist ein niedrigschwelliges Angebot der Szene, das Nachbar_innen und Interessent_innen ansprechen soll. Gleichzeitig passt es - trotz des ansonsten so offensiven und ultraradikalen Auftretens des FNS - zum Drang der Neonazis nach Spießigkeit und Bürgerlichkeit. Im hinter dem Haus gelegenen Gartengrundstück haben die Neonazis ein Zelt und einen Pavillon sowie ein Planschbecken und einen Spanferkelgrill aufgebaut.

In der hohen Hecke am Haus steckt ein eingefallenes Transparent "Das Braune Haus ist heute ganz bunt" - eine Anspielung auf das im Nationalsozialismus am Königsplatz gelegene "Braune Haus".Das Fest entpuppt sich schnell als bayernweite Szeneveranstaltung. Mit Planen und Handtüchern versuchen die Organisator_innen und Teilnehmenden, den Platz so abzuschirmen, dass er von den am Grundstück entlangführenden Straßen möglichst wenig einsehbar ist. Schon vor 14.00 Uhr sitzen hinten im Garten überregional angereiste Neonazis auf Bierbänken zusammen, unter anderem der derzeit im Münchner NSU-Prozess angeklagte André E. (Zwickau) mit dem als Rechtsterroristen verurteilten Karl-Heinz Statzberger (Markt Schwaben).

 

Dass die FNS-Führungskader Norman Kempken (Nürnberg), Tony Gentsch (Regnitzlosau-Oberprex) und Matthias Bauerfeind (Karlstadt) zu Besuch kommen, unterstreicht: es handelt sich um ein Sommerfest des "Freien Netz Süd" und die Obermenzinger Immobilie ist mittlerweile ein wichtiger Teil der bayerischen  Neonazi-Infrastruktur.

 

Unter den schließlich gut 50 anwesenden Neonazis sind unter anderem der bekannte schwäbische Aktivist Stefan Friedmann (Bad Wörishofen), FNS-Kundgebungsredner Martin Bissinger (Laueringen), Steffen Willy Reiche von der "Bruderschaft" bzw. "Jagdstaffel DST" sowie Carsten S. (Hof). Die Gäste werden zumeist von Vanessa Becker, Daniel Thönessen oder von Karl-Heinz Statzberger begrüßt und eingelassen. Statzberger trägt ein T-Shirt "28 Jahre Ariogermanische Kampfgemeinschaft" der Berliner Nazitruppe "Die Vandalen". Mehrfach begrüßen sich die Neonazis untereinander mit "Heitler", dem Versuch, das strafbare "Heil Hitler" zu umgehen.

 

Neonazis aus den Kreisen der "Freien Kräfte Berchtesgadener Land", "Kameradschaft München" und "Bürgerinitiative Ausländerstopp München" (BIA) hängen in der Einfahrt des Hauses herum und beobachten Medienvertrteter_innen und die Proteste des "München ist bunt"-Bündnisses. Der bekannte Anti-Antifa-Aktivist Lorenz Maierhofer, der schon mehrfach Journalist_innen bedrängt hat, springt über das Gartentor und versucht auf eine Fotoreporterin einer Münchner Lokalzeitung loszugehen, anschließend flüchtet er wieder zurück auf das Grundstück.

 

Am Abend ist auch der als Rechtsterrorist verurteilte Neonazi Martin Wiese (Reichersdorf) in Obermenzing. Ein auf dem Onlineportal Endstation Rechts Bayern veröffentlichtes Video zeigt ihn zusammen mit Franz Sedlbauer auf der Straße vor dem Anwesen. Als ein Kamerateam vorbeifährt, versucht Wiese, gegen das Auto zu treten.

 

BÜNDNIS GEGEN NAZITERROR UND RASSISMUS (link: http://nsuprozess.info/2013/07/25/angeklagter-im-nsu-prozess-nimmt-an-so... )

 

Angeklagter im NSU-Prozess nimmt an Sommerfest in Obermenzinger Nazizentrum teil

Pressemitteilung, 25.07.2013

 

“Das Nazizentrum in Obermenzing muss sofort geschlossen werden!“ / „Die Verbindungen des NSU zur Münchener Naziszene müssen restlos aufgeklärt werden!”


Wie das Münchner a.i.d.a-Archiv nun berichtet (siehe: Rechte Aktivitäten, 20. Juli 2013) hat der mutmaßliche NSU-Unterstützer André Eminger am vergangenen Samstag, den 20.07.2013, an einem Sommerfest bayerischer Neonazis im Nazizentrum in München-Obermenzing teilgenommen. André Eminger ist derzeit Angeklagter im Münchner NSU-Prozess. Ihm wird u.a. Beihilfe zum Mord, Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Ebenfalls anwesend waren die ehemaligen Mitglieder der terroristischen Wiese-Gruppe, Martin Wiese und Karl-Heinz Statzberger, sowie hochrangige Kader der Freien Netz Süd (FNS), u.a. Norman Kempken, Matthias Bauerfeind und Tony Gentsch.


Es bestehen schon seit längerer Zeit enge Verbindungen zwischen André Eminger, dessen ebenfalls in der Neonaziszene aktiven Bruder Maik Eminger und Führungskadern der Münchner Naziszene. Bereits am ersten Prozesstag versuchte Maik Eminger sich gemeinsam mit Karl-Heinz Statzberger Zutritt zum Prozess zu verschaffen. Zudem waren die beiden Eminger-Brüder während der Verhandlungstage im NSU-Prozess im Obermenzinger Nazizentrum zu Gast.


In der Carl-Hanser-Straße 42 in München-Obermenzing besteht seit einigen Monaten ein als Wohngemeinschaft getarntes Neonazizentrum von überregionaler Bedeutung. Das von den Nazis selbst „Braunes Haus“ genannte Projekt dient der lokalen Szene als Stützpunkt und ist fest in die Strukturen des „Freien Netz Süd“ eingebunden. Zu den Mietern gehört Vanessa Becker, die für die NPD-Tarnliste „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) bei den Kommunalwahlen kandidieren will. Vor knapp zwei Wochen wurde das Gebäude im Rahmen bayernweit stattfindender Razzien gegen das Freie Netz Süd von der Polizei durchsucht.


Die Frage nach einer direkten Unterstützung der Morde des NSU durch Münchner Neonazis drängt sich auf und muss restlos geklärt werden. Die enge und offenbar freundschaftliche Verbindung zwischen dem Angeklagten im NSU-Prozess, André Eminger, und Münchner Neonazis, darunter ehemalige Mitglieder der terroristischen Wiese-Gruppe und hochrangige Kader des Freien Netz Süd, ist eindeutig. Weit über den Prozess hinaus muss endlich die gesamte Dimension der Nazi-Netzwerke, die den NSU unterstützten, aufgedeckt werden“, fordert Thomas Spree, Pressesprecher des ‘Bündnis gegen Naziterror und Rassismus’ und fährt fort:


Die Tatsache, dass Rechtsterroristen im Obermenzinger Nazizentrum gern gesehene Gäste sind, zeigt klar die menschenverachtende Gesinnung seiner Bewohner. Dass dort angesichts zweier Morde des NSU in München und dem laufenden Prozess auch noch ein rechtes Sommerfest gewalttätiger Neonazis stattfindet, ist unerträglich. Das Nazizentrum in der Carl-Hanser-Straße muss sofort geschlossen werden!