KeineDefma: Die nächste Runde...

Man gibt sich Mühe, uns zu begegnen. Das ehrt uns. Seit knapp über einer Woche haben wir mit unseren Diskussionsanstößen zur Definitionsmacht eine auch für uns erstaunlich vitale Debatte auf indymedia.linksunten und einigen anderen Portalen losgetreten. Nachdem zunächst die Stimmung massiv gegen die alteingesessenen Strukturen gekippt ist, ziehen sich langsam aber sicher wieder die "Defma"-Verteidiger zusammen und sorgen für Schadensbegrenzung. Das gelingt ganz gut, dann der erste Dampf ist raus und keiner hat mehr so recht Bock, zu widersprechen. Das geht uns genau so. Auch wenn es von außen nicht ersichtlich ist: Das gewissenhafte Verfassen dieser Interventionstexte ist viel Arbeit und frisst Energie. Aber wir sehen, dass die Leute unsere Einwände ernst nehmen und sich daran orientieren. Deswegen möchten wir sie nicht alleine lassen, auch wenn wir im Grunde genommen den Punkt erreicht sehen, an dem das Nötigste gesagt worden ist. Wir schicken gleich vorweg: Einiges von dem, was im Anschluss an unsere Texte geäußert wurde, ist polemisch, unhöflich, beleidigend und plump. Das ist ärgerlich, denn wir haben uns große Mühe gegeben, diese Debatte nicht "szene-typisch" zu führen: Wir sehen die Frage nach frauenfeindlicher und sexistischer Gewalt nicht als Sache von Lagerzugehörigkeit. Wir drängen darauf, sie nach ethischen und menschlichen Grundsätzen zu beantworten, anstatt primär nach politischen Kategorien. Wer auf eine vielschichtige Kritik an der Definitionsmacht antwortet: "Ja, aber - Definitionsmacht!", der äußert sich nicht argumentativ, sondern dogmatisch. Ganz recht: Unsere Texte richten sich an den Feminismus, gegen die Definitionsmacht und gegen autonome Selbstgewissheit - wer das nicht vertragen kann, dem können wir nichts mitteilen. Nichts ist schon deswegen gut, weil es "Freiraum" ist oder bisher immer so gemacht wurde. Wir möchten an dieser Stelle nicht auf jedes Für und Wider eingehen, dass in der letzten Zeit eingeworfen wurde. Wir werden einige in unseren Augen zentrale Argumente herausgreifen, die bislang noch nicht (ausreichend) behandelt wurden.

Die Definitionsmacht funktioniert nicht. Darin sind sich alle einig. Wir sagen: Sie funktioniert nicht, weil sie keiner einsieht, annimmt und umsetzen möchte - aus guten Gründen! Die Anderen sagen: Sie funktioniert nicht, weil sie keiner einsieht, annimmt und umsetzen möchte - ändert das gefälligst! Das ist entscheidend. Jedes mal, wenn die Leute für die Definitionsmacht streiten, gehen sie wie wir davon aus, dass sie anscheinend bislang nicht gut umsetzbar ist. Die Vertreter der Definitionsmacht behaupten zwar dann und wann, sie würden Fälle kennen, in denen alles gut gegangen wäre: Erst wurden sexuelle Grenzen überschritten (man muss sich vorstellen: das ist zumindest theoretisch für die Definitionsmacht Teil eines Idealverlaufs!). Dann hat man selbst oder die "Unterstützer_innen" den Täter konfrontiert und er ist stillschweigend von der Bildfläche verschwunden, oder was auch immer man von ihm verlangt hat. Danach hat keiner blöd gemunkelt und die vorab Betroffene konnte nach einiger Zeit der Verarbeitung wieder ihren gewohnten Geschäften nachgehen. Der einzige Grund, warum das nicht bekannt geworden ist, liegt darin, dass man es nicht bekannt gemacht hat, um die Betroffene nicht in eine prekäre Situation zu bringen. Wir denken, wir sprechen für die Mehrheit, wenn wir sagen: Das können wir uns kaum vorstellen. Zugegeben, das ist keine besonders gut streitbare Haltung zu einem Argument, das auf Vertrauensvorschuss beruht. Zum einen schränken aber die Leute selbst sehr schnell ein: In einem aktuellen Debattenbeitrag "aus Betroffenensicht" geht es eigentlich die ganze Zeit darum, dass die Verfasserin schlechte Erfahrungen gemacht hat. Selbst die aktuelle Diskussion wird in ihren Augen von den "falschen" Leuten getragen. Zum anderen sind auch wir selbst in den Zentren linker Politik lange zuhause. Wir haben persönlich ein paar Dutzend Fälle aus direkter Nähe und etwas Entfernung (wir beteuern: sogar als selbsterklärte "Betroffene") beobachtet, in denen die "Defma"-Prinzipien zur Anwendung kamen - als Grundlage von Rausschmissen, Hausverboten oder auch Szeneausschlüssen. In keinem dieser Fälle ging die Sache "sauber" über die Bühne. Irgendwer hat immer ganz bös' die Arschkarte gezogen: Meistens waren es fast alle Beteiligten. Auch das muss man uns nicht glauben - aber im Gegensatz zu den Beobachtungen der "Defma"-Verteidiger können einfach sehr, sehr viele Leute unsere Erfahrung aus ihrer eigenen bestätigen. Wir mutmaßen: Es sind mehr als diejenigen, die positive Bilanz ziehen. Womit wir wiederum bei der Frage der Funktionalität wären:"Nach meiner Beobachtung gibt es im Ernstfall kein Chaos, wenn Definitionsmacht gilt. Wirkliche Probleme gibt es hingegen, wenn ein Fall innerhalb von Gruppen thematisiert wird, in denen Defma nicht oder nur von einem Teil der Leute anerkannt wird. Spaltungen kann es nur dann geben, wenn ein Teil der Leute zu einem (meist nicht einmal einsichtigen) Vergewaltiger hält und nicht zur betroffenen Person." Das sagt die oben genannte Autorin, die auf die Debatte dankenswerterweise sehr nüchtern reagiert hat, auch wenn sie sich davon persönlich sehr stark betroffen fühlt. Wir stimmen der Ausführung zu: Wenn jeder auf der Welt die Definitionsmacht zur Grundlage machen würde, dann wäre sie bestimmt ein tolles Konzept. Das Problem ist: Genau so ist es ja nicht! Und dabei ist es bedauerlicherweise sogar egal, ob die Leute aus sexistischen, aus humanistischen Beweggründen oder aus Gleichgültigkeit nicht mitspielen. Und wenn man das obrige Zitat beim Wort nimmt, dann gibt es im Fall der Fälle gleich zwei unbekannte Variablen: Ist der Täter "einsichtig"? Und: Ist sein Umfeld "einsichtig"? Wir möchten noch ergänzen: Verhält sich die Unterstützergruppe "richtig"? Und der Rest der Szene? Und die Familie? Und die Freunde? Und zu guter Letzt: Verhält sich das "Opfer" von nun an dauerhaft entsprechend den Erwartungen der Anderen? An anderer Stelle betont auch die Verfasserin selbst: "Leider existiert auch in der linken Szene die Vorstellung, dass es ein "richtiges" Verhalten für Betroffene sexualisierter Gewalt gibt. Weicht eine Person von diesem vorgeschriebenen Weg ab, wird ihr häufig nicht mehr geglaubt. Dieses Bild entspricht im Wesentlichen dem, was auch die bürgerliche Gesellschaft von Vergewaltigungsopfern erwartet: (…) Wer sich daran nicht hält oder diesem Bild nicht entspricht, deren Glaubwürdigkeit wird angezweifelt." In jedem Fall das immer gleiche Spiel: Zig andere Menschen müssen sich adäquat verhalten, sonst kommt sie Sache beträchtlich ins Wanken. Wenn man zu diesem Zeitpunkt psychisch stark in die Sache verstrickt ist, dann kann das "Fehlverhalten" der Anderen leichte bis sehr schwere emotionale Beeinträchtigungen zur Folge haben.

Man kann uns erwidern: Ja, aber da kann man ja gleich seine Sachen packen und irgendwo sein individualistisches Süppchen kochen! Wir können doch nicht den Täterschützern und Sexisten das Feld überlassen! Wir antworten: Keinem ist damit geholfen, sich auf vermeintliche Rechtsansprüche zu berufen. Man kann ein Bonsai-Bäumchen ganz lange anschreien, dass es wachsen soll, aber das wird es nur tun, wenn man seine natürlichen Wachstumsbedingungen berücksichtigt. Ist es den Vertretern der Definitionsmacht noch nie aufgefallen? Die meisten ihrer Sympathisanten haben sie, wenn man sich mit ihrem Anliegen identifizieren kann: Die Antifa-Jungs finden's geil, wenn sie "Täterschützern" auf die Fresse hauen dürfen und dafür Anerkennung kriegen und die FLT*-Mädels finden's schön, wenn sie ein harmonisches und rücksichtsvolles Umfeld vorfinden und ein ernstzunehmendes politisches Feld beackern können. Auch wenn man es "antifeministisch", bürgerlich, opportunistisch finden mag: Aber die Menschen reagieren nach rund zwei, drei Jahrzehnten Erziehung und Sozialisation in kapitalistischer Umwelt gemäß sehr merkwürdigen und kontra-intuitiven Beweggründen. Man kann ihnen so oft, wie man mag, vor den Latz hauen, dass sie doof sind - Interesse entwickeln sie erst, wenn sie sich gemäß dieser Beweggründe angesprochen fühlen. Darüber kann man mit uns glücklicherweise gar nicht groß diskutieren, denn diesen Sachverhalt kann jedes Menschenkind bestätigen - ganz egal, wie man es bewertet. Und wir sehen es ähnlich wie einige Kommentatoren der kleinen "rape culture"-Debatte auf linksunten: Vergewaltigung genießt in der Mehrheitsgesellschaft, in Subkulturen, selbst in der organisierten Kriminalität einen ausgesprochen schlechten Ruf. Selbst in den düstersten Gefilden der Internet-Community wie dem Darknet oder weitgehend anonymen Kommentarleisten auf russischen Porno-Servern wird der Ton schnell schärfer, wenn sich Kinderschänder oder Überzeugungsvergewaltiger zu Wort melden. Es gibt Leute, die virtuelle Fallen für "Pädophile" stellen, um sie eigenständig zu misshandeln. Es gibt sicherlich mehr Psychopathen, als man denken und hoffen könnte - aber repräsentativ und mehrheitstauglich ist ihre Weltsicht nicht. Zugegeben: Die Mehrheit der Gesellschaft hat überzeichnete Vorstellungen davon, wie so eine prototypische Vergewaltigung aussieht. Aber wenn die "rape culture"-Theoretiker behaupten, sexuelle Gewalt wäre an der Tagesordnung, weil Brüderle nicht per Definitionsmacht aus dem politischen Amt gekickt wurde, dann ist das schon reichlich schief argumentiert. Wir wissen es aus eigener Erfahrung: Es tut gut, wenn man sich als letzte Instanz im Kampf gegen eine durchweg verdorbene Gesellschaft fühlen kann. Wir wissen aber auch: Meist muss man dafür ganz schön übertreiben. In der bundesdeutschen Gesellschaft gibt es sehr verschiedene Tendenzen: In manch einer Beziehung besteht eine außergewöhnlich konsensfähige Ablehnung von Sexismus. Wir alle sind ja schließlich Kinder unserer Eltern und haben ein Werteempfinden, dass uns augenscheinlich für die Kritik sexistischer Ungerechtigkeiten empfänglich macht. Wer sich per #Aufschrei äußert, hat damit in deutschen Großstädten keine öffentliche Ächtung zu erwarten - die Nachbarn ermahnen womöglich zur Mäßigung, aber kaum jemand wird sagen: Aufdringliches Antanzen von Frauen, die das nicht wollen, finde ich eigentlich ganz okay. Und immerhin hat letztlich eins der größten deutschen Nachrichtenmagazine den "Fall Brüderle" überhaupt erst öffentlich gemacht. Und die in diesem Fall "Betroffene" hatte die Floskel "dirndltauglich" selbst gegenüber einer anderen Frau verwendet. Darauf hingewiesen haben ausgerechnet "Bild" und "Focus". Das ist ein nicht auflösbarer Matsch aus potentiellen SexistInnen und eventuellen SexismusgegnerInnen. Kein Mensch kann da guten Gewissens sagen: Sieh nur hin, sie alle stellen die "Perspektive der Betroffenen" in Frage. Viel wahrscheinlicher: Es ist ein politischer und journalistischer Machtkampf, in dem es letztendlich nur um das stupide narzisstische Partikularinteresse geht, das der marktwirtschaftliche Mensch jeder einfühlsamen und vernünftigen Regung in sich vorziehen würde. Die Meinungen darüber, was in welchem Maße vertretbar ist, gehen also auseinander: Dass hierzulande in der kriegsfreien Zeit eine breit inszenierte Kultur zur Relativierung von sexueller Gewalt existiert - das halten wir jedenfalls für stark übertrieben. Es gibt eine Menge unübersehbarer Scheußlichkeiten. Aber man kann sie präziser kritisieren, wenn man sie im richtigen Kontext behandelt und - wiederum - an das Identitätsbewusstsein der Kritisierten appelliert. Dabei muss man manchmal den Kopf beisammen halten, wenn eigentlich der Bauch das Kommando übernehmen möchte: Aber das endet nach unserer Erfahrung häufiger, als einem lieb ist, in der altbekannten Rauswurfsituation mit den zehn Vermummten und den Quarzsandhandschuhen, von der wir mal gesprochen hatten. Es ist im Übrigen keine Übertreibung, wie vermutet wurde: Solche Szenen haben wir mehr als nur einmal unmittelbar beobachtet. Noch einmal: Die Situation wird nicht klarer dadurch, dass man sie schwarz malt. Die politische Kunst liegt darin, so weit es geht zu differenzieren und im richtigen Moment zu verallgemeinern. "rape culture" mag irgendwann einmal eine solche Verallgemeinerung zur rechten Zeit gewesen sein: Angewendet auf die politische Gegenwart der Bundesrepublik wird einem jeder Normalmensch mit gutem Recht den Vogel zeigen.

Die Leute sind verärgert, dass wir es so sehr mit der Bürgermoral halten. Ein Weblog mit Namen "streetsfightback" hat uns vorgehalten, wir würden normale Beziehungen für "vorbildlich" erklären, obwohl sie doch "meilenweit von emanzipatorischer Praxis entfernt" seien. Wir fragen: Ist "gesellschaftlich verbreitet" per se gleichbedeutend mit "verwerflich"? Die Frage ist doch: Warum ist etwas "emanzipatorisch" oder auch nicht? Wenn etwas allen beteiligten Menschen ein gutes Gefühl erzeugt und sie dabei halbwegs Authentizität ausstrahlen: Dann gehen wir, ehrlich gesagt, davon aus, dass diese Sache für sie eine ganz gute Angelegenheit ist. Die Leute haben häufig ein schlechtes Gewissen, dass der Sex nach der 50-Stunden-Woche nicht so atemberaubend ist wie in "How I met your mother" angepriesen - aber die Einvernehmlichkeit wird so gut wie nie angezweifelt. Wir haben uns ins Feldexperiment begeben: Die Nicht-Autonomen haben häufig Spaß am Sex. Sehr großen sogar. Sie versichern, dass sie auf ihrer vollen geistigen Höhe sind und eventuell auftretende Konflikte ganz gut untereinander und notfalls unter Einschaltung ihrer Freunde oder der Polizei regeln können. Natürlich kommt es bei ein paar Millionen Menschen zu reichlich Situationen, auf die das nicht mehr zutrifft. Und manche Dinge sind sogar struktureller Natur. Aber unter'm Strich scheinen sie "uns" damit ein ganzes Stück voraus zu sein. Ein Wort zu Polizei und Justiz: Man hat unsere Ausführungen teilweise dahingehend missverstanden, dass wir es mit dem Rechtsstaat halten. Das ist nicht der Fall. Wir kennen tausende Fälle, in denen Ungerechtigkeit, Gewalt, Bedrohung völlig ungesühnt bleiben, weil die Gesetzeshüter nichts zur Situation beitragen können, außer ihr hooliganähnliches Auftreten. Wenn einer dem anderen auf die Schnauze haut und es ist kein halbwegs glaubwürdiger Zeuge vor Ort, dann ist diese Sache meist im juristischen Sinne nie geschehen. Selbst schwerwiegende Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit, im Nachtleben beispielsweise, werden in der Regel nicht investigativ und konsequent verfolgt. Wie auch? Polizei und Gerichte sind Berufszweige und Berufe dienen nicht vorrangig dem äußeren Zweck sondern dem Überleben der Berufsbetreibenden. Und die Umsetzung rechtlicher Grundsätze bis in den Einzelfall hinein ist ein häufig total willkürlicher Vorgang. Das gilt selbstredend auch für den Bereich sexueller Konflikte. Trotzdem: Es geht um die tatsächliche Qualität eines bestimmten Verhaltens, nicht um unsere Zugehörigkeit zur autonomen Kaste. Wenn sich eine Vorgehensweise als praktikabel erweist, dann sollten wir darauf nicht aus Prinzipiengründen verzichten. Und die Bürger schlagen sich häufig gar nicht so schlecht. Womit wir zu einem wichtigen Punkt kommen: Verschiedentlich wurde geäußert, wir würden keine ausreichenden Gegenvorschläge machen. Wir waren es bislang gewohnt, dass man Verbesserungsvorschläge in der Szene eher umschifft: Im Einklang mit der "Kritischen Theorie" hat man ja immer so gerne gesagt, Kritik müsse nicht konstruktiv sein. Wir finden das in dieser pauschalen Form zwar auch etwas sehr einfach, aber es ist etwas dran: Sind wir dafür verantwortlich, ein Gesamtkonzept für sämtliche autonomen Strukturen zu entwickeln? Woher sollen wir wissen, was bei wem funktioniert? Wir sind eben nicht die Definitionsmacht, die alles kontextlos behandeln möchte. Wir haben es schon mal angedeutet: Die Verhinderung von psychischen und physischen Verletzungen spielt sich auf sehr individueller Ebene ab. Wie jemand den Mut entwickeln kann, sich zu wehren und wie jemand das Einfühlungsvermögen entwickelt, die Grenzen anderer Menschen so früh wie möglich zu erkennen: Das erfordert einen Blick ins eigene Leben! Wir haben für euch ein bisschen über Safewords und andere Techniken der BDSM-Community philosophiert. Vielleicht hilft das dem ein oder anderen. In der selben Szene werden zum Teil minutiöse Verträge darüber formuliert, was sein darf und was nicht. Wer das für sinnvoll hält: Gern geschehen. Vielleicht möchten auch einige Leute ihr "Zustimmungskonzept" beibehalten. Wenn man das vorher ausdrücklich und in voller Konsequenz verständlich macht, dann wird das womöglich manche Menschen auch befriedigen. Wir finden das nicht sexy und würden uns mittlerweile von Leuten mit solchen Gewohnheiten eher fern halten. Zu groß wäre unsere Sorge, dass man sich damit auf eine Verabredung einlässt, bei deren versehentlicher Verletzung man im öffentlichen Raum durch Flugblätter geoutet wird. Inakzeptabel finden wir es allerdings, wenn die linke Szene einfach behauptet, dieser Ansatz wäre umstandslos gültig: Er ist es nicht und wird es außerhalb klar abgesprochener Kreise auch niemals sein. Das kann man doof finden, aber es ändert sich nicht dadurch, dass man einfach so tut, als wäre es anders. Und wer andere Leute bezichtigt, nicht ausreichend die eigene - ihm unbekannte - psychische Vorgeschichte berücksichtigt zu haben, der wird damit in manch einer Antifa-RZB noch Erfolg haben, aber spätestens beim größtenteils unpolitischen Punk-Konzert wird das für große Verwirrung sorgen. Im Gegensatz zum "Schweigen heißt 'Nein'"-Konzept, kann man sich bei halbwegs klaren Vorvereinbarungen auf eben diese Vereinbarungen beziehen. Noch viel wichtiger: Wer sich selbst vom klaren "Nein" und notfalls zu körperlicher Gegenwehr begibt, der bringt das Geschehen ins Bewusstsein des Aufdringlichen. Auch wenn man sich wünschen würde, dass jeder Mensch doch sensible Antennen hätte: Es ist der wesentlich sicherere Weg, wenn man davon nicht ausgeht, bevor es zu spät ist. Noch etwas Wichtiges: Nach unseren Beobachtungen gibt es im Mainstream tatsächlich allerlei Grenzspielchen mit der Einvernehmlichkeit. Unter vielen Frauen und Männern ist es völlig normaler Bestandteil ihrer sexuellen Balz, mit Verweigerung und wiederholter Annäherung zu spielen: Das geht bis hinein in den Bereich sprachlich vermeintlich völlig eindeutiger Ablehnungen. Glaubwürdigen Aussagen zu Folge ist es für manche Frauen regelrecht enttäuschend, wenn sich ihre Verehrer davon abschrecken lassen. Auch wir halten das für völlig vertretbar. Wenn man auf solche Dinge allerdings massiv allergisch reagiert, dann sehen wir auch hier die wirksamste Methode darin, völlig unmissverständliche Ablehnungsgesten einzustudieren. Auch wenn wir es in unseren paradiesischen Vorstellungen gerne anders hätten: Die Vermeidung von Gewalt, gleich welcher Art, ist eine Aufgabe, der wir uns alle auch persönlich zu stellen haben, wenn wir nicht regelmäßig böse Überraschungen erleben wollen. Und das ist auch deswegen entscheidend, weil es den völlig überzogenen Begriff des "Täters" in ein anderes Licht rückt: Klare Artikulation macht aus einer fahrlässigen eine vorsätzliche Verletzung. Erst an dieser Stelle macht es überhaupt halbwegs Sinn, im moralischen Sinne von "Schuld" zu sprechen. Diesen Punkt bitten wir, in vollem Umfang zu bedenken, bevor man über "Täterarbeit" mit Männern philosophiert, die mehrfach gewalttätig vorgeschädigte Frauen durch ihr Verhalten "irgendwie" an vorher Erlebtes erinnern: Die ganze "Trigger"- und "Flashback"-Theorie vergisst nämlich meist, dass die Wahrnehmung psychisch geschädigter Menschen kaum kalkulierbar ist. Einem Depressiven kann der Anblick eines rumschimpfenden Obdachlosen eine halbjährige Krise bescheren, bei einem Vergewaltigungsopfer mag eine intime Berührung oder bloß eine bestimmte Physiognomie eines Menschen dasselbe herbeiführen. Entscheidend ist, dass man das menschliche Miteinander nur in gewissen Grenzen auf eine solche Sondersituation einstellen kann: Den Betroffenen ist allenfalls kurzfristig damit geholfen, wenn man ihnen eine halbwegs tragfähige psychische Eigenentwicklung abnehmen möchte.

Was ist nun, wenn es nicht geklappt hat? Man hat Konzepte zugrunde gelegt und ein stinkiger Typ hat sich einfach über die Vereinbarung hinweggesetzt? Nun, das ist ja der interessante Punkt: Klare Vereinbarungen im Vorhinein und deutliche Kommunikation währenddessen verringern, wie erwähnt, die Uneindeutigkeit danach. "Ich habe von Anfang an da gelegen und mich nicht bewegt." akzeptiert kaum jemand als Beschreibung einer Vergewaltigung. "Ich hab gesagt: 'Schluss jetzt! Ich mach keinen Spaß! Ich möchte DAS nicht!' und habe ihn weggedrückt." - damit kann zwischendrin und später eigentlich jeder was anfangen: Wer soll denn das auch nicht glauben? Im Gegensatz zu Kachelmann stehen wir doch meist nicht im Lichte der Öffentlichkeit und müssen uns jede Vorabendkrimi-inspirierte Rechtsauffassung zum eigenen Fall anhören. So etwas lässt sich mittlerweile viel glaubwürdiger vermitteln, wenn man gerade nicht auf die Definitionsmacht Bezug nimmt. Gerade bei "Defma" denken sich die Leute mittlerweile: "Ach, schon wieder sowas. Dann kann ja nicht so schlimm gewesen sein, sonst würde hier doch mal Klartext gesprochen." Mit Verlaub, es ist schwierig, darüber böse zu sein, wenn man bedenkt, was für Unsinn schon unter dem Label verkauft wurde. In diesem Sinne glauben wir zumindest, dass irgendwelche Pauschalempfehlungen völlig fehl am Platze sind. Wenn sich alles wieder etwas gelegt hat, dann finden sich wieder natürliche Umgangsweisen ein. Die Linke hat doch alle paar Jahrzehnte obskure Streits zwischen verschiedenen Weltanschauungen: Noch in der letzten Generation musste man sich entscheiden, ob man Knieschüsse für ein probates Mittel des antiimperialistischen Kampfes hält oder doch lieber auf Sitzblockaden setzt. Man hat sich auf ein semi-militantes Zwischending geeinigt und genau so läuft es bei fast allen angeblich alternativlosen Entscheidungssituationen: Irgendwann pendelt es sich ein bis zur nächsten Sinnkrise. Noch ein abschließendes Wort zur sozialen Komponente: Die Leute haben sich daran gestoßen, dass wir die Definitionsmacht für Zwietracht und Streit verantwortlich machen. Man könne ja wohl Frauen nicht Gemeinschaftsschädigung vorwerfen, wenn sie Vergewaltigung zum Thema machen. Das Argument ist trügerisch. Die Definitionsmacht erfordert im Gegensatz zu simplem menschlichen Vertrauen völlige Hingabe. Es gibt nur Für und Gegen. Darin liegt die eigentlich a-soziale Kraft von "Defma" und das ist tatsächlich ein großes Problem. Auch wenn das die Apologeten gerne hätten: Die Artikulation einer Vergewaltigung und die Nutzung von Definitionsmacht sind nicht identisch. Die Definitionsmacht hat "Zustimmungskonzept" im Vorhinein, Sanktionshoheit im Nachhinein und neuerdings auch Bestimmungsgewalt über jedwede Form von sexueller Gewalt überhaupt mit eingeschmuggelt. Dass da Konflikte entstehen, ist eigentlich nur naheliegend. Die Leute lieben die Eindeutigkeit eines "Don't tell women what to wear, tell men no to rape". Es ist aber bescheuert, sich darauf zu verlassen, dass die Zustände bereits so sind, wie man es will, nur weil man es gesagt hat. Es war lange Zeit üblich, dass Feministen sich gegenseitig Kampfsport und Behauptungstechnik beigebracht haben. Damit sind reichlich Frauen in die Situation gekommen, sich gegen eine unzureichende Außenwelt zur Wehr zu setzen. Ihr großer Vorteil: Das wurde ihnen selbst zugetraut. Kein Mensch sollte etwas dagegen einwenden, dass man das sexuelle Feingefühl der Leute zu verbessern versucht. Aber ob man eine Vergewaltigung in der Biographie hat, sollte man davon nicht abhängig machen.

http://keinedefma.blogsport.de

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Die Definitionsmacht funktioniert nicht. Darin sind sich alle einig.

 

Ich nicht.

(Und ich bin keine der von euch so gehassten Feministinnen und auch nciht in ner Unterstützungsgruppe. Ich bin n voll durchschnittlicher mittelfeministischer Typ der Defma als sinnvolles und funktionierendes Konzept mag)

was ist "voll durchschnittlicher mittelfeministischer typ"?

ich unterscheide mich in den meisten sachen wenig von anderen typen die ich kenne. deshalb durchschnittlich.

mittelfeministisch soll heißen dass ich so n bisschen was über feminismus weiß & danach handle, aber kein experte auf dem gebiet bin.

du bist zufrieden mit dem stand der auseinandersetzung um's thema "sexuelle gewalt" in der linken?

Ich mache seit über 8 Jahren linksradikale Politik und noch nie habe ich mich überfordert gefühlt! Was sollen diese unsachlichen Beschimpfungen? Hab ihr, die ihr solche Dinge schreibt, den obigen Text überhaupt gelesen? Ich habe noch nie etwas auf Indymedia bzw. Linksunten kommentiert,  weil ich es immer unseriös und unverbindlich fand. Aber ich kann  gerade nicht anders! Ich komme aus einer Familie,  in der mein "biologischer Vater" mehrere meiner Schwestern vergewaltigt hat. Ich habe jahrlang mit ansehen müssen, welche Kämpfe sie und meine Mutter austragen mussten. Vor der Verwandschaft, der Polizei, dem Gericht, den Freunden, späteren PartnerInnen und vielen mehr.Und wenn ich dann lese, was aus den Reihen der Defma-Menschen/Unterstützer*innen-Umfeld geschrieben/gesagt wird, dann finde ich es so schlimm, wie diese Menschen versuchen "den einen wahren" Weg zu diktieren. Nur damit sie sich qua Eigendefinition auf die moralische bessere Seite schlagen können. Die "Opfer" werden auf eine bestimmte Weise auch Opfer eurer aufgezwungen "Konfliktlösung"! Was denkt ihr eigentlich wer ihr seid? Alles zum Zwecke der achso korrekten politischen Identität. Ihr betreibt nur Selbstvergewisserung! 

Pfui, überlasst das Heilen der verletzten Menschenseele denen, die ihr Fach verstehen und jahrelang studiert/gelernt/geforscht haben. Ihr instrumentalisiert die Betroffen*innen zum selbstzweck. Furchtbare Hobby-pseudo-Therapeuten seid ihr... 

Verdammt, ist mir schlecht!

Den Eindruck, den dir dieser Artikel von der Defma vermittelt ist aber imo nicht richtig. In den meisten Fällen sind es Betroffene sexualisierter Gewalt, die sich hilfesuchend an Awareness-Gruppen wenden und dort Hilfe und Unterstützung bekommen. Da ist nichts mit Hirnwäsche und so.

 

Deine Beschreibung davon, wie schwer der Kampf auf dem bürgerlichen Rechtsweg ist, Vergewaltigungen zu verfolgen, belegt doch ganz gut die Rape Culture in der Gesellschaft, in der Betroffenen nicht geglaubt wird und was diese an gesellschaftlicher Reaktion erwartet.

Wurmt es dich da nicht, was die Verfasser hier behaupten:

 

"Sie versichern, dass sie auf ihrer vollen geistigen Höhe sind und eventuell auftretende Konflikte ganz gut untereinander und notfalls unter Einschaltung ihrer Freunde oder der Polizei regeln können. Natürlich kommt es bei ein paar Millionen Menschen zu reichlich Situationen, auf die das nicht mehr zutrifft."

 

Die Verfasser haben vom Stand der feministischen Debatte überhaupt keine Ahnung, sonst wüssten sie wie erschreckend hoch die Dunkelziffer von Nicht-Anzeigen, wie selten Aufklärung erfolgt und was Betroffene im Prozess an Demütigungen zu erwarten haben.

Aufschluss darüber gibt die Webseite http://ichhabnichtangezeigt.wordpress.com/ichhabnichtangezeigt/ in der Fälle und Gründe gesammelt werden, warum Betroffene den Schritt zur Polizei nicht gewagt haben. Die Überzeugung dass ihnen nicht geglaubt wird, war fast immer der Hauptgrund.

Ich meinte nicht die "Schwierigkeiten" auf dem Rechtswege (das ist nochmal was anderes), sondern die innerlichen, sehr individuellen Wege zur Verarbeitung solcher "Erlebnisse" und wie nachhaltig die Betroffenen verletzt werden.

Ich tue mich schwer damit eine klare Position zu finden (pro/contra Defma), auch auf einer persönlich-emotionalen und/oder auf einer politischen Ebene. Durch meine Erfahrungen bin ich da sehr "befangen".

 

Und eigentlich haben mich diese, mittlerweile gelöschten Kommentare ziemlich aufgeregt... Wie geschrieben, ich habe all die Jahre nie etwas bei Indy kommentiert ;-) Ausnahme #2 bestätigt die Regel...

Ach UND:

 

Klar, dass hier ist eine innerlinke Debatte. Alle Menschen die ich kennengelernt habe, haben sich (ob nun links oder nicht) in Rahmen von psychologischer Behandlungen oder gegenüber der Mutter anvertraut. Und nicht gegenüber linksradikalen Awareness-Strukturen.

 

Mag aber auch daran liegen aus welchem Umfeld der Täter kommt (Szene oder Familie/Bekannte) und wie Alt die Betroffenen waren/sind...

was die kommentare anbetrifft, ist hier in den letzten zwei tagen wirklich der umgangston ganz scheußlich geworden. hier finden sich ja nur noch agressive polemiken von allen seiten her. schade, dass das so abdriftet :(

Hier wiederholen sich aber auch gerade reichlich Doppelpostings, was darauf schließen lässt, dass die Urheber mit linksunten nicht so sehr vertraut sind. Und häufig liegen zwischen den Kommentaren keine paar Sekunden. Vieles macht den Eindruck, als würde da von irgendwelchen Deppen gezielt für schlechte Stimmung gesorgt werden. Lasst euch nicht verrückt machen, hier ist die letzte Woche schon viel Gutes ausgetauscht worden.

Wir haben einige der Kommentare zensiert, die offensichtlich von der gleichen Person stammen und mit denen unter Vortäuschung unterschiedlicher Personen Stimmung gemacht werden sollte.

"In einem aktuellen Debattenbeitrag "aus Betroffenensicht" geht es eigentlich die ganze Zeit darum, dass die Verfasserin schlechte Erfahrungen gemacht hat. Selbst die aktuelle Diskussion wird in ihren Augen von den "falschen" Leuten getragen."

 

Eure Anführungszeichen sprechen ihr ihre Position ab. Respektiert die Power und die super Argumente die die Verfasserin (im Gegensatz zu euch) gebracht hat.

Und es geht übrigens nicht "nur" um schlechte Erfahrungen sondern darum dass Leute anderer Leute Grenzen verletzen.

 

Bitte bringt gegenüber Betroffenen ein Mindesmaß an Respekt. Sonst wundert euch nicht wenn euch keine mehr ernst nimmt.

"aus betroffenensicht" ist teil des titels, der im letzten beitrag verwendet wurde: https://linksunten.indymedia.org/de/node/90756 und anführungsstriche kennzeichnen u.a. ein zitat.

"Falsche" Leute ist aber kein wörtliches Zitat aus dem Betroffenen-Artikel. daher sind die " " dort wohl als inhaltlichen Kommentar zu verstehen als als das Zeigen eines Zitates.

anführungszeichen haben zwei funktionen: entweder signalisieren sie ein zitat oder sie ironisieren - https://de.wikipedia.org/wiki/Anführungszeichen - und natürlich können sie im selben satz beide verschiedene funktionen erfüllen.

ich hab mich nie viel mit defma beschäftigt, da ich noch nie mit irgendwelchen übergriffen etc. in kontakt gekommen bin. ehrlich gesagt kann ich mir sowas auch nur schwer vorstellen wie menschen auf partys in "freiräumen" (das beispiel kommt ja immer wieder) andere menschen bedrängen oder noch schlimmeres tun. zumindest kann ich mir nicht vorstellen wie menschen sowas bewusst machen. missverständnisse können natürlich immer passieren. und bei drogenkonsum ist sowas erst recht möglich.

 

seit dieser ganzen debatte auf linksunten beschäftige ich mich mehr mit dem thema. früher dachte ich defma bedeutet einfach, dass jeder mensch selbst definiert was er/sie/es als übergiff empfindet. wenn defma dabei bleiben würde, fände ich das vollkommen okay und richtig.

 

aber anscheined gehört zu defma ja viel mehr. beispielsweise, dass vermeintliche täter ohne erklärung aus freiräumen rausgeschmissen werden sollen, wenn das opfer es so will. das finde ich total falsch. ich finde jeder täter soll auch erfahren warum er rausgeschmissen wird. nicht einfach nur "eine person sagt du hättest ihr was angetan also verpiss dich sonst schläge" (überspitzt ausgedrückt). wie soll ein täter sein verhalten reflektieren wenn er nicht erfährt was er getan haben soll? ich denke der täter muss dies so schnell wie möglich erfahren sonst wird er den rauswurf nicht verstehen und sich von den leuten (und wohl auch dem opfer) völlig distanzieren. so ist keine verarbeitung der geschehnisse möglich und gerade das sollte doch wohl unser ziel sein (neben dem ziel übergriffe unmöglich zu machen).

Die Skizze die die keinedefma-Leute von der Defma abgeben ist als aller letztes geeignet um sich davon ein realistisches Bild zu machen. Sie besteht aus Verdrehungen, Halbwahrheiten, Pauschalisierungen und Lügen.

Tatsächlich sagt die Defma eben nicht, dass Täter einfach aus Zusammenhängen geworfen werden, ohne dass ihnen ein grund genannt wird, sondern dass die Betroffene über den Umgang entscheidet. Wenn die Betroffene es für wichtig hält, und das ist in fast allen Fällen so, dass die Täter erfahren wie sie die Grenzen anderer verletzen, dann passiert das auch genau so. Außerdem schließt sich an Defma, wo Kapzitäten und die Bereitschaft besteht manchmal auch eine bewusste Täterarbeit an, in der versucht wird edm Täter zu helfen, die Grenzüberschreitung zu verstehen und sein zugrunde liegendes Verhalten zu verändern.

was wenn die betroffene sagt es sei etwas vorgefallen aber sie könne darüber nicht reden und der vermeintliche täter soll rausgeschmissen werden ohne zu erfahren was er getan haben soll?

soll die awareness-gruppe dann blind den anweisungen der betroffenen folge leisten?

 

klar müssen betroffene geschützt werden, aber nicht so!

dieses prinzip ist völlig offen für willkür und erinnert mich sehr stark an critical whiteness.

 

wenn ich das defma-prinzip falsch verstanden habe dann zeig mir bitte jemand mal ne gute (einfach formulierte) erklärung was defma genau sein soll.

Ja, dann passiert das auch so. Wenn Betroffene das tun dann haben sie fast immer auch sehr gute Gründe dafür. Über die Grenzverletzung zu sprechen und sie zu beschreiben kann manchmal unmöglich oder stark retraumatisierend sein. Wenn für einen Täterumgang im Sinne der Betroffenen eine Beschreibung des Vorfalls Voraussetzung ist, dann bedeutet das, dass solche Betroffene keine Hilfe erwarten können und sich im Regelfall selbst aus allen Kontexten zurückziehen müssen, in denen der Täter verkehrt. Das ist die Alternative.

 

Im AS.ISM-Reader 1 behandelt ein Text auf Seite 9 eingängiger die Hintergründe von Definitionsmacht und erklärt warum die Missbrauchsanfälligkeit, die ja tatsächlich besteht, in Kauf genommen werden muss: http://asbb.blogsport.de/images/as.ism_1.pdf

 

Die Diskussion läuft grundlegend schief, wenn Leute glauben, dass sie mit der Ablehnung der Definitionsmacht auf der richtigen Seite stehen, weil sie so ungerechte Falschanschuldigungen gegen Männer ausschließen können, denn ohne Definitionsmacht eröffnen sich im Gegensatz ein Vielfaches an Fällen in denen es Betroffenen von Grenzverletzungen unmöglich wird, Hilfe und Freiräume zu bekommen und in Konsequenz aus den politischen und sozialen Zusammenhängen vertrieben werden.

Eine pauschale Ablehnung der Definitionsmacht - ohne ein Konzept als Alternative zu finden, das Betroffene ähnlich empowert, bedeutet im Namen von Einzelfällen ungerechter Ausschlüsse von Männern, den Regelfall von Ausschlüssen von Betroffenen sexualisierter Gewalt in Kauf zu nehmen. Auch die Ablehnung von Defma ist eine Abwägung - die zugunsten des patriarchalen und sexistischen Normalzustands getroffen wird.

"Wenn für einen Täterumgang im Sinne der Betroffenen eine Beschreibung des Vorfalls Voraussetzung ist, dann bedeutet das, dass solche Betroffene keine Hilfe erwarten können und sich im Regelfall selbst aus allen Kontexten zurückziehen müssen, in denen der Täter verkehrt."

 

genau das verstehe ich nicht. wieso kann es keine alternative zu defma geben?

 

wieso können betroffene keine hilfe erwarten, wenn täter wissen müssen/sollten was ihnen vorgeworfen wird?

und wie soll denn eine aufarbeitung stattfinden wenn der täter nicht weiß, was er getan haben soll?

 

ich kann verstehen, dass betroffene sexueller gewalt direkt nach dem vorfall nicht darüber reden können. der erlebnisbericht einer betroffenen (auf linksunten) hat das ja gut dargestellt und ich bin auch dankbar für solche erlebnisberichte, da ich selbst nie sexuelle gewalt erlebt habe.

wenn die betroffene nicht darüber reden kann (bzw. irgendwie muss sie es ja da sie sich an awereness-gruppe oder so wenden muss), dann ist das okay für mich. nicht okay ist dann aber der umgang mit dem vermeintlichen täter. wenn jemand irgendwo rausgeschmissen wird ohne, dass er erfährt was er getan haben soll, dann ist das autoritäre scheiße. und was noch viel entscheidender ist, der vermeintliche täter wird in den meisten fällen zeimlich angepisst sein und nicht für die wichtige täterarbeit, also die aufarbeitung und die möglichkeit zur selbstreflexion, bereit sein.

 

was ich also feststelle ist, dass defma alles andere als perfekt ist und ich erkenne auch nicht die angebliche notwendigkeit dieser praxis und die angebliche alternativlosigkeit.

"wieso kann es keine alternative zu defma geben?"

 

Vielleicht gibt es die ja. Aber wie sollen die aussehen?

Fällt dir eine Alternative ein, die gewährleistet:

a) es gegebenenfalls den Betroffenen zu ersparen eine Retraumatisierung zu erleiden, weil sie den Vorfall im Detail erläutern müssen

b) die Schutzraumbedürfnisse der Betroffenen umsetzt - etwa das Bedürfnis dem Täter nicht mehr nahe zu komme

 

Bisher kenne ich dafür nur das Defma-Konzept, mit all seinen Schwächen.

...also, das ist doch so ein Quark... frag doch bitte mal wen, der/die sich auskennt mit Retraumatisierung, anstatt hier so Schauermärchen unter die Leute zu bringen. Das finde ich wirklich schlimm.

 

Wenn ein Mensch auf diese Art und Weise traumatisiert ist, dann sollte sowieso ein anderer Umgang als Plenum, Zentrum etc gefunden werden. Bitt versuche, die Menschen nicht mit deinem Broschüren-Wissen zu behandeln - bitte überlasse das Leuten, die sich auskennen und keine eigenen Interessen an der Hilfe haben.

 

Ich finde, dass das eine der fragwürdigen Geschichten an Defma ist, dass ständig bei allem so eine Dramatik herrsch, dass es um Leben und Tod geht. Meistens geht es doch ums ganz normale und auch völlig berechtigte vom-Macker-genervt-sein, oder? Das könnte dann doch auch so formuliert werden. Aber nein, das reicht nicht, unter rape culture läuft nichts.

 

Beispiel: mit freiem Oberkörper vor seinem Zelt herumstehen - o.k. das ist mackerig... finde ich auch nicht besonders toll. Aber wenn jetzt auf einmal zwei Frauen* anfangen zu schreien, dass sie gerade eine retraumatisierende Situation erleiden (erlebt auf einem Grenzcamp) und der Mann sofort ausgeschlossen werden soll vom Camp (er hatte die Ansage der Frauen aufgrund von Sprachproblemen nicht sofort umgesetzt), dann finde ich, dass das auch auf solche Infos wie von Dir jetzt zurückzuführen ist... und alle berufen sich darauf, dass sie nicht drüber sprechen können, weil sie zu verletzt und traumatisiert sind. (Ich finde auch, dass es etwas das Bild der Frau so um die Jahrhundertwende 18./19. Jahrhundert stärkt...aber jede, so wie sie mag...)

 

Das ist derselbe Unfug, wie Vergewaltigung mit sämtlichen anderen Übergriffen gleichzusetzen.

Genau, einfach alles kleinreden. Sollen nicht so ein Gewese machen, ist doch auch gar nicht so gemeint.

Die Definitionsmacht ist da für Vergewaltigungen, sexuelle Grenzverletzungen, sexualisierte Gewalt und sexistische Diffamierung. Wer Defma pauschal kritisiert, kritisiert sie auch, wenn sie in solchen Fällen Anwendung findet - ganz egal was du meinst, worum es "meistens geht".

 

Ansonsten lasse ich mich gerne von ausgebildeten Psycholog*innen über Traumata aufklären, aber nicht von anonymen Männern im Internet, die die Relevanz von Grenzüberschreitungen banalisieren.

Ich hab doch gar nichts banalisiert, hab nur gesagt: Wenn es immer um Leben und Tod und schwere Traumatisierung (schau mal nach unter Posttraumatische Belastungsstörung - da fallen als ursprüngliche Auslöser Vergewaltigung unter genau wie Gefangenschaft im Konzentrationslager, Folter, Krieg, Geiselnahme, Erleben von Naturkatastrophen.) geht, deswegen auch ein Mann ohne T-Shirt sofort zu einer Retraumatisierung führt, dann frage ich mich, ob ein Grenzcamp der richtige Ort ist.

Und ja - ich finde, da wird manchmal ganz schön dramatisiert. Nervendes Antanzen, schräge und nervende Sprüche, blödes Mackerverhalten - das alles ist anstrengend und da soll auch was gegen getan und gesagt werden - aber das ist doch weit von Vergewaltigung und Gefangenschaft im Konzentrationslager entfernt.

Und ich meine halt, wenn immer gleich Trauma und Retraumatisierung ins Feld geführt werden, na ja, ich will nicht sagen, dass ich das hysterisch finde, aber ein bisschen ists schon so.

Finde wirklich auch, dass eine Demo, ein Punkkonzert, eine Party mit besoffenen Menschen, ein Grenzcamp, eine Castorblockade im Grunde keine guten Orte sind für Menschen mit schweren Traumata, denen sofort eine Retraumatisierung droht... Da trägt jeder Mensch auch eine Verantwortung für sich selbst.

So schwer traumatisiert zu sein, dass frau bei dem Anblick eines Mannes ohne T-Shirt (wirklich, ist so passiert) zu Weinen und zu Schreien anfängt und hyperventiliert und dadurch fast in Ohnmacht fällt - da muss ihr doch mal vorher auch jemand sagen, dass so eine Veranstaltung nix für sie ist, oder? Können doch auch noch schlimmere Sachen drohen, als so ein Junge ohne T-Shirt.

ich glaube hier is was durcheinander gekommen.

Es ging im obigen Post nicht um Retraumatisierung früherer Erlebnisse,

die evtl. erlebt werden beim Anblick nackter Oberkörper, sondern darum,

dass wenn ein Mensch einem anderen Menschen Gewalt angetan hat, die so heftig war,

dass der Mensch dadurch traumatisiert ist,

dieser sich nicht dazu in der Lage fühlt mit dem Täter über die Tat zu sprechen,

dass dies zu einer Retraumatisierung führen kann.

Und das dann, wenn der Mensch für den Anspruch auf Schutz vor dem Täter

dazu gewzungen ist über die Tat zu sprechen,

bzw. mit dem Täter über die Tat zu sprechen und er es nicht kann,

er nur noch die Möglichkeit hat, selbst sich zurück zu ziehen, um sich vor dem Täter zu schützen.

Schritt 1: Definitionsmacht heißt: Ich bestimme, das ich ein Opfer bin. Ich bestimme, wer der Täter ist. Ich bestimme, was mit dem Täter passieren soll.

Darüber gibt es keine Diskussion und keine Verständigung. Wenn es darüber eine Diskussion gibt, dann ist es nicht mehr das Definitionsmacht-Konzept.

 

Schritt 2: Das führt dazu, dass auch, wenn ich jemand mit nacktem Oberkörper begegne und ich das als einen Übergriff empfinde, ich natürlich verlangen kann, dass dieser Täter dann von einem Grenzcamp ausgeschlossen wird.

 

Begründung: Sexualisierte Gewalt und rape culture sind allgegenwärtig. Rape culture setzt sich auch durch minimale Andeutungen körperlicher Gewalt durch, zum Beispiel das Zeigen eines freien Oberkörpers. Oder das Reden mit lauter Stimme. Oder die breitbeinige Macker-Sitz-Position.

Fettdruck in Kommentaren

freier oberkörper ist andeutung körperlicher gewalt?

niemand darf mehr schwimmen gehn !

 

mit lauter stimme reden ist andeutung körperlicher gewalt?

niemand darf mehr reden halten !

 

breitbeinig sitzen ist andeutung körperlicher gewalt?

ständig die beine zu verschränken kann ganz schön unangenehm für menschen mit penis und hoden sein...

ich denke, der überwiegend fettgedruckte beitrag war eine persiflage, um die konsequenzen zu verdeutlichen. ich bin mir fast sicher und ich hoffe es natürlich inständig.

Wenn ich mich bedroht fühle, definiere ich, wer der Täter ist und was mit ihm zu geschehen hat. Was sonst ist Definitionsmacht?

 

Und mit dem freien Oberkörper - das kommt eben auf den Zusammenhang an. Aber den definiere ich (oder andere) und nicht ihr.  Ein freier Oberkörper hat in linken Räumen nichts zu suchen. Ebenso wie mit dem lauten bedrohlichen Reden oder dem mackerhaften Sitzen. Das ihr das nicht nachvollziehen könnt, zeigt ziemlich klar, dass ihr das Konzept nicht verstanden habt und dass ihr eure Männermacht nicht aus der Hand geben wollt und könnt.

von bedrohlichen reden wurde nicht geschrieben. reden, also vor publikum und nicht im sitzkreis, müssen laut sein, weil sie sonst keiner versteht.

 

wie die sitzhaltung oder ein freier oberkörper eine andeutung von körperlicher gewalt sein können hast du natürlich nicht erklärt.

 

ich würde mich freuen wenn du versuchst das zu beantworten, denn ich verstehe es wirklich nicht.

Das können - je nach Situation - Machtdemonstrationen körperlicher Überlegenheit sein und zur Einschüchterung dienen. Breitbeiniges Sitzen ist da zum Beispiel ziemlich typisch: Eine Einnahme von Raum gekoppelt mit dem obzessivem Zeigen der Genitalien. Du verstehst das nicht, weil du ein Mann bist.

Auf der einen Seite geht es um Vergewaltigung, auf der anderen Seite um alle Verhaltensweisen, die als potentiell bedrohlich wahrgenommen werden.

Der Umgang mit der Situation ist aber derselbe und sogar die Beschreibung der Situation: Bei beiden gibt einen "Täter" und ein "Opfer" und einen "Übergriff".

Aber drüber sprechen geht eben nicht - beziehungsweise die Situation anders bewerten als das "Opfer".

Ich mache einen wirklich riesigen Unterschied zwischen Vergewaltigung und "potentiell bedrohlichen Verhaltensweisen der rape culture" wie als zu laut empfundenes Sprechen, Zeigen eines freien Oberkörpers etc.

Das Definitionsmacht-Konzept gibt diesen Unterschied nicht her.

Und an dieser Stelle werden für mich leider vielleicht dann auch die Konstatierungen der wirklich ernsten Übergriffe manchmal unglaubwürdig. Alles ist ein Brei und die Lösung zum Umgang mit dem (ich kann gar nicht genügend Anführungszeichen schreiben, begnüge mich mich doppelten) ""Täter"" heißt: "Sieh es ein oder verschwinde!"

An vielen Stellen würde ich eher ein Gespräch führen auch mit den Frauen, die sich bedroht fühlen zum Beispiel durch einen Mann, der sein T-Shirt ausgezogen hat. Und sie fragen, was daran für sie schlimm ist - und vielleicht auch ihre Sicht auf diese konkrete Situation in Frage stellen.

Im Moment mache ich das aber nicht, weil ich keine Lust habe, wenn ich befürchten muss, mich in einer vielleicht anschließenden Diskussion dann in irgendwelchen Gerüchten in der Rolle als "Täter-" (also Vergewaltiger-)-schützer wiederzufinden. Und dann den Gerüchten und der Aufklärung des "Vorfalls" hinterherzulaufen.

Und weil ich deshalb an Defma nicht glaube, wende ich mich von solchen Auseinandersetzungen auch dann ab, wenn vielleicht wirklcih was ernstes passiert ist. Das ist für mich die Defma-Konsequenz.

In diesem Beispiel mit dem dem Mann mit dem freien Oberkörper wäre ich eher mit ihm, dem ""Täter"" solidarisch.

sagt dazu: "Was einer Frau unangenehm ist oder sie in ihrem Freiraum einschränkt, kann nicht formal definiert werden. Die Grenze jeder Frau ist individuell und steht als solche nicht zur Debatte. Deshalb sind auch nie diejenigen Männer ein Opfer, die diese Grenze bewusst oder leichtsinnig überschreiten und dann mit Konsequenzen rechnen müssen." Es geht nicht nur um sexualisierte Gewalt, sondern um jegliches Verhalten, dass den Freiraum einer Frau beschränkt oder ihr unangenehm ist.

"Es geht nicht nur um sexualisierte Gewalt, sondern um jegliches Verhalten, dass den Freiraum einer Frau beschränkt oder ihr unangenehm ist"... also ein schwitziges t-shirt tragen zum beispiel? oder einen struppeligen bart? oder mit quietschiger stimme reden? oder einen dicken bauch umhertragen? oder dreadlocks? hab ich schon von vielen frauen gehört, dass ihnen diese eigenschaften resp. verhaltensweisen "unangenehm sind". definitionsmacht

Das ist in die Gewalt der definierenden Person gestellt - von der Umgebung ist Unterordnung unter diese Wahrnehmung gefordet. (Wird aber Solidarität genannt.)

ich schließe mich dem an und ergänze es um einen weiteren Aspekt:

 

Ich persönlich bin dafür, Tätern zu erklären, was passiert ist, wenn ich die Betroffene bin - aber das kann schwierig bis unmöglich sein. Und manchmal erfordert es vielleicht auch einfach ein paar Monate Abstand - in denen die Betroffene weder ständig retraumatisiert werden sollte noch sich völlig aus ihren politischen Strukturen zurückziehen muss, weil sie sonst ständig dem Täter über den Weg laufen würde. das wäre nämlich die Alternative.

 

Und in wirklich allen DefMa-Fällen, die ich kenne, wurde mindestens einmal oder sogar mehrmals versucht (durch Unterstützer_innengruppen oder durch die Betroffene selbst), dem Täter zu erklären, was das Problem an seinem Verhalten war.

 

Allerdings kann das auch wirklich furchtbar sein, wenn dann zum X-sten mal ein Mensch erklärt, er wüsste schon, dass sein Verhalten (Bsp: trotz "Nein!" weitermachen!) falsch gewesen sei, aber er wäre halt nicht bereit, sich das nächste Mal anders zu verhalten, da er dann ja bestimmte Dinge nicht bekäme!

Da tun sich teilweise echt Abgründe auf und ich kann jede Betroffene verstehen, die sich dem nicht gewachsen fühlt.

Insbesondere, wenn das nicht der erste solche Fall von diesem Täter ist (und vergesst bitte nicht, es kann durchaus sein, dass dieselbe Unterstützer_innengruppe vorher schon mal denselben Täter mit einem ähnlichen Vorwurf konfrontieren musste), oder wenn der Fall einfach klar ist (Bsp: sie hat  laut "Nein!" gesagt. das ist keine irgendwie konstruierbare Grauzone durch "Missverständnisse" und "gesellschaftliche Realitäten" usw...), dann stellt sich eben auch die Frage, inwiefern es überhaupt noch notwendig ist, dem Täter zu sagen, was er falsch gemacht hat. (alles schon so gehabt - leider)

 

 

 

Defma-Fälle, die ich kenne =
-ich war Betroffene oder

-ich war in der Unterstützer_innengruppe oder

-gute Freund_innen von mir waren in der Unterstützer_innengruppe und haben ihre Erfahrungen mit mir geteilt (mit Einwilligung der Betroffenen)

Eure Kampagne gegen die Definitionsmacht wird ihre Intention nicht erfüllen. Der Diskurs wird bald wieder runterkochen und nichts wird sich ändern. Leider und das muss man auch sagen, ist euer Text und die darauf folgende Debatte ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr die radikale Linke in Deutschland mit der herrschenden rape culture verwoben ist. Nur ein Zitat von euch, um zu zeigen, wie dramatisch ihr die Lage in Deutschland verharmlost: "Wer sich per #Aufschrei äußert, hat damit in deutschen Großstädten keine öffentliche Ächtung zu erwarten - die Nachbarn ermahnen womöglich zur Mäßigung, aber kaum jemand wird sagen: Aufdringliches Antanzen von Frauen, die das nicht wollen, finde ich eigentlich ganz okay." 1. Habt ihr denn auch mal den Inhalt der #Aufschrei-Tweets gelesen? Sie sind Zeugnis der herrschenden rape culture in Deutschland. Jene als Teil eines Arguments zur Leugnung eben dieser zu nutzen, ist nicht nur infam sondern offensichtlich auch selten dumm. 2. Habt ihr euch mal informiert, welche Kommentare die Initiatorinnen von #Aufschrei für ihr Engagement bekommen haben? Da waren eine ganze Menge Hasskommentare bis hin zu Vergewaltigungsdrohungen dabei. Zahlreiche Typen haben versucht den #Aufschrei zu trollen und somit bewiesen, dass #Aufschrei bitter nötig ist, wie eine Feministin in einem Tweet anmerkte. Von wegen, die Öffentlichkeit würde die Inhalte von #Aufschrei teilen. 3. Wenn es so wäre, dass Dinge wie "aufdringliches Antanzen" von Frauen gesellschaftlich geächtet würde - warum ist es dann verdammt nochmal allgegenwärtig? Gerade weil wir alle bürgerlich und patriarchal sozialisiert wurden, brauche wir die Definitionsmacht. Sie nutzt allen Genoss_innen, weil sie linke Werte in reale Praxis umsetzt: die Betroffenen von Unterdrückung als die handelnden Subjekte des Widerstands dagegen zu achten.

was hat denn überworgen? positive oder negative reaktionen? nicht so aus dem bauch heraus, sondern in echt? und wie hat die presse in der mehrheit reagiert? ablehnend? vor drei wochen hat die kampagne den online-grimme-preis erhalten: hat das jemand öffentlich angefochten? also, jemand, der nicht die kommentatoren von "politically incorrect" sind? das ist eo ein problem in der linken: man sieht immer nur, was man für scheiße hält und behauptet dann einfach, es wäre dominant. "gegenwärtig" ist aber nicht "dominant" und schon gar nicht "allgegenwärtig". und das ist einer der gründe, warum viele leute das nicht ernst nehmen, was man zu sagen hat: man kann nicht zwischen unterschiedlichen tendenzen unterscheiden. wer sagt denn, dass es nicht gleichzeitig eine breite unterstützung für frauenanliegen geben kann UND vergewaltigungsdrohungen auf twitter? letzteres ist ekelig, aber deswegen noch lange nicht allgemeingut. genau das gleiche gilt für das argument: "wenn es #aufschrei gibt, dann muss es doch wohl überall sexismus geben." was ist denn das für ein erkenntnisverfahren? dann gab's also vor #aufschrei keinen sexismus? und wenn's im nachbarland proteste gegen die homo-ehe gibt, ist das dann der beweis dafür, dass es "allgegenwärtig" nur noch pro-homosexuelle gesetzgebung gibt? leute, strengt euch halt mal an und argumentiert den VERSCHIEDENEN sphären gemäß und stürzt euch doch nicht wie die letzten medientreuen schafe auf jedes futterstück, dass man euch hinschmeißt. negativbereiche können überwiegen, aber das muss man BEGRÜNDEN, notfalls auch BEWEISEN. es braucht eine halbwegs gescheite unterscheidung zwischen induktivem und deduktivem verfahren, zwischen ursachen und wirkungen, sonst wird's einfach bloß populistisch.

das ist eo ein problem in der linken: man sieht immer nur, was man für scheiße hält und behauptet dann einfach, es wäre dominant.

Das ist ja witzig, den Satz beziehe ich jetzt einfach mal auf die Leute von "keinedefma" und schwups, schon ergibt sich ein völlig anderes Bild von dieser "Debatte".

die autoren sagen: sie vermuten auf seiten der mehrheit zu sein. sie sagen, es entspricht ohne ausnahme ihren eigenen erfahrungen und den erfahrungen ihres umfeldes. sie betonen, dass sich kaum jemand gegenteilig äußert und, dass die leute gleich immer einschränken, wenn sie sich gegenteilig äußern - wie im letzten großen debattenbeitrag auch. das kann man ja diskutieren, wenn man die zahlenverhältnisse anders einschätzt, aber es ist keineswegs so undifferenziert wie der obrige #aufschrei.

damit entziehst du den satz aus dem kontext.

 

der gesammte kommentar auf den du eingehst macht schon sinn.

es gibt sexistische scheiße. viel sogar. aber die mehrheit lehnt das offen ab.

Das ist in diesem Falle nämlich völlig egal da es sich um eine pauschale Aussage handelt, die auf die gesamte "Linke" angewendet wird.

Da hat der Kontext wenig bis gar keine Bedeutung da sich dieser Satz ja auf so ziemlich ALLE Problematiken anwenden lässt...und somit als schlichte Polemik respektive Meinungsmache und inhaltsleere "Argumentation" entpuppt.

 

Auf den Kommentar gehe ich gar nicht ein, nur auf diesen einen, verallgemeinernden Satz.

 

Im übrigend ist der Artikel von "keinedefma" in meinen Augen undifferenzierte Meinungsmache und plumper Populismus.

Eine sinnvolle Debatte um die Umsetzung emanzipatorischer und feministischer Theorien jedenfalls erschaffen die Artikel von "keinedefma" nicht da sie mit Beleidigungen, Verallgemeinerungen und Diffamierungen vollgepackt sind und schon ihre polarisierende Schreibweise darauf schließen lässt das es den Autor_innen(oder vielleicht auch nur Autoren) nur darum geht ein Komzept zu demontieren und die Unterstützer_innen dieses Konzeptes politisch lächerlich zu machen.

 

 

 

 

Fünf ist Rechtsaußen.

#

das beginnt, sich im kreis zu drehen hier...

Es würde mich interessieren wie du jetzt auf diese Aussage kommst.

Ich kritisiere(und zwar nicht erst seit diesem "Beitrag" von "keinedefma") die Ausdrucksweise der Autor_innen von "keinedefma" und ihre Art und Weise über Menschen zu urteilen die nicht ihrer Meinung sind, genau so wie die in jedem Artikel von "keinedefma" vorkommenden Verallgemeinerungen von Menschen in "der Linken", ihren sozialen Hintergründen und Beweggründen.

 

Auf so einer Basis wird keine sinnvolle Debatte über Theorie und Praxis der Definitionsmacht entstehen und ich für meinen Teil unterselle den Autor_innen von "keinedefma" dass sie auch gar nicht beabsichtigen eine Debatte zu führen, sondern einzig und allein versuchen das Konzept Definitionsmacht sowie die Unterstützer_innen dieses Konzepts zu diffamieren.

 

 

Fünf ist Rechtsaußen.

#

mach das mal konkreter. wo gehen die texte über das normale maß deskriptiver verallgemeinerung hinaus? vorallem insofern, dass es sich nicht an anderer stelle relativiert?

Hier zum Beispiel:https://linksunten.indymedia.org/de/node/90318

Das ist ein erhebendes Gefühl, besonders für die Antifas, Autonomen, Feministen, die jeder mit deutschsprachiger Szeneerfahrung kennt:

Sie lieben ihren Lifestyle mit einer Mischung aus Genuss und weltschmerzelnder Tragik.

Sie haben ihren hauptsächlichen sozialen Bezugsrahmen im lokalen AZ.

Sie entstammen meist der Mittelschicht und haben entsprechend gute Anbindung an die hiesigen Bildungsinstitutionen.

Sie sprechen fließendes Deutsch. Sie sind so gut wie nie Ausländer, eigentlich niemals "dunkelhäutig".

Eine erschreckend große Anzahl hat psychische Probleme.

Sie neigen zu starren politischen Dichotomien, weitgehend unbeweglichen weltanschaulichen Glaubenssystemen:

Sie halten ihre Unnachgiebigkeit für Radikalität, ihre Unverständlichkeit für Differenziertheit und ihre Aggressionsbereitschaft für Plausibilität.

Diese Leute sind häufig tonangebend in linken Zusammenhängen.

Ich rede von solchen diffamierenden Verallgemeinerungen, die da behaupten dass alle Menschen die sich für das Konzept Definitionsmacht aussprechen erstmal grundsätzlich psychisch labile, deutsche, einen Akademikerhintergrund habende und machtgeile weiße Mittelstandskinder sind die das ganze nur thematisieren um damit ihren "Lifestyle" am Leben zu halten.

 

Du kannst dir ja gern noch mal den ersten Absatz des zitierten Artikels durchlesen, was für ein Bild von den Unterstützer_innen gezeichnet wird und dir dann überlegen was damit eigentlich bezweckt werden soll...eine offene Debatte um Theorie und Praxis der Definitionsmacht wohl nicht.

 

 

 

Fünf ist Rechtsaußen.

#

da wird doch in einer tour eingeschränkt: hauptsächlich; meist; so gut wie nie; große anzahl; häufig. und spätestens da kann man ja wohl kaum sagen, dass es falsch ist: fast schon akademische sprachkenntnisse sind eine zugangsberechtigung oder zumindest massiv entscheidungseinschränkend in den meisten theoretischen diskussionen. und in so gut wie keinem AZ gibt's politisch gut integrierte nicht-deutsche. dogmatismus und therapeutenbesuche: ich wüsste nicht, wer da wesentlich widersprechen sollte. zwischen den pauschalisierungen "in den meisten AZs tummelt sich fast nur deutscher mittelstand." und "aufdringliches tanzen ist allgegenwärtig." besteht jedenfalls ein beträchtlicher unterschied in sachen treffgenauigkeit. und obiger text signalisiert wenigstens noch durch seine literarische form, dass er eher eindrücke versammelt als beispielsweise der ausgangskommentar hier.

Dass Definitionsmachtkonzepte nur von weißen Mittelstandskiddies mit Abi vertreten wird ist halt einfach Quatsch. Zum Beispiel(!) vertreten schon seit Jahrzehnten PoC, v.a. WoC, teilweise mit Migrationshintergrund, auch aus "bildungsfernen Schichten" die Definitionsmacht, u.a. mit den Critical Whitness - Konzepten.

#

wo steht denn "nur"? jedenfalls: fast zehn jahre linke szene am start, und so jemanden noch nicht einmal kennengelernt oder auch bloß gesehen. "eigentlich niemals 'dunkelhäutig'" scheint's mir wesentlich besser zu treffen.

...aber PoC vertritt glaube ich nicht das Definitionsrecht-Konzept, oder? Sie vertreten nur das Critical Whitness - Konzept. Und hm - PoC ist glaube ich auch ziemlich "Bildungsschicht". Mein Freund ist dort und er erzählte mir, dass es viel drum geht, wieso PoC zum Beispiel schlechtere Zugänge zu Berufen bekommen - das waren allerdings sämtlich Akademiker_innen-Berufe, um die es dort ging. Oder Schauspieler_in oder so. Alles relativ hochklassig. (Vielleicht auch nur ein Zufall? Aber ich glaube nicht.)  - oder sagen wir "normal" von der Perspektive der Mittelschichts-Subkultur-Linken aus.

Also vom Bildungsniveau auch eher sehr gebildet.

Die Kiddies aus den Hochhaussiedlungen am Rande der Stadt sind bei uns im Zentrum auf jeden Fall nicht - zu sexistisch und rassistisch (trotz migrantischem "Hintergrundes"). Und ich habe solche auch in anderen Zentren nie gesehen. (Es sei denn, von der Uni, studiert etc)

Texte zu Gender, Critical Whitness, Konstruktion/Dekonstruktion und vieles andere mehr: Ja, dafür brauchts einfach auch ne ziemlich solide Hintergrundsausbildung - sonst versteht die kein Mensch...

Und weil da ein bisschen eingeschränkt wird, ist es in Ordnung ein pauschalisierendes und diskreditierendes Bild von Personen zu zeichnen?

Und deine Kritik das zu wenig einfache Sprache verwendet wird fruchtet auf beiden Seiten dieser "Debatte", die Texte von "keinedefma" sind gespickt mit akademischen Begrifflichkeiten und komplexen Satzkonstruktionen sowie Formulierungen.

 

Und irgendwie finde ich es echt anstrenged darüber diskutieren zu müssen das so eine "Debatte" nicht funktionieren wird wenn den Menschen die einer anderen Meinung sind als die "keinedefma"-Leute die übelsten Klischees nachsagt.

Ich kenne einige PoC die sich mit der Thematik ziemlich stark auseinander setzen, die meisten Vorträge über Gender die ich besucht habe wurden von People of Colour gehalten und die fanden nebenbei bemerkt in alternativen Räumen statt.

 

 

 

Fünf ist Rechtsaußen.

#

na, was denn nu? erst sind die texte angeblich "verallgemeinernd" und wenn man nachzeichnet, dass sie nicht verallgemeinernd sind, dann sind sie trotz ausbleibernder verallgemeinerung plötzlich "pauschalisierend" (was kaum mehr als ein fremdwort für verallgemeinerung ist: http://de.wiktionary.org/wiki/pauschalisieren) und "diskreditierend" - dabei sollte es doch "diskreditierend" sein, WEIL verallgemeinert wurde. und weder die texte, noch ich sagen, dass diese beschreibung etwas per se kritikwürdiges seien. so wie ich das lese, legt dieser soziale hintergrund lediglich eine bestimmte haltung zu politischen fragen nahe, stellt eventuell auch bestimmte themen stärker in den fokus, als es in einem anderen milieu der fall wäre... so ganz eindeutig lässt sich das womöglich auch gar nicht sagen, aber die debatte funktioniert vor allem dann nicht, wenn man alle zwei absätze seine ausgangsthese ändert bzw. vorgibt, zu ändern. und das bezieht sich auch auf die frage: sind die definitionsmacht-versierten "PoC" tatsächlich in der bundesdeutschen szene so verbreitet, dass das urteil "eigentlich niemals" eine völlig unzulässige übergehung ist? ich würd sagen: 'nen paar einzelpersonen gegenüber ein paar zehntausend menschen find' ich jetzt nicht so richtig überzeugend. wenn sich da irgendwo noch eine minderheit versteckt hat, deren größe und einfluss man übersieht, lässt sich das ja ganz gut korrigieren. aber diskussionsfeindlich ist die gegenbehauptung bestimmt nicht.

trotz berechtiger kritik an der umsetzung des defma konzepts in vielen fällen und der hoffnung auf solidarische kritik und weiterentwicklung des theoretischen konzepts... dieser müll ist es nicht wert. don't feed the troll.

Die Texte der Autor*innen sind fundiert und werden ernsthaft diskutiert. Deshalb kann man sie nicht einfach so abtun.

Die geanze Debatte zeigt doch nur eins: Definitionsmacht ist ein sehr, sehr umstrittenes Konzept und kein Konsens in der autonomen Linken.

Wir müssen darüber schreiten. Unaufhörlich. Immer wieder. Niemand kann jetzt mehr sagen: Es gilt die Definitionsmacht.

Bedanken kann man sich dafür bei spinnerten Autonomen und Gruppen wie reclaim society aus Berlin. Sie haben die Debatte angestoßen. Und jetzt wird Definitionsmacht eben kritisiert - und das müssen wir eingestehen - mit Argumenten, die man nicht so einfach ausräumen kann.

Die seit einigen Wochen auch wieder in der Öffebtlichkeit sich abspielende Diskussion u die Defma in der autonomen Linken ist ohen Frage interessant und wahrscheinlich auch wichtig.

Doch es bleiben beim kritisch-aufgeschlossenen Beobachter auch erhebliche Sorgenfalten im altgewordenen Gesicht zurück.

Wenn die Defma das letzte große Projekt der autonomen Linken in Deutschlad ist, wenn die Defma als einziges Thema eine Diskussion solcher Reichweite in der autonomen Bewegung in Deutschland auslösen kann, muss sich dem an autonomer Utopie und autonomen sozialen Protest interessierten Menschen doch unweigerlich die große Frage stellen: Werden wir mit Defma einen sozialen Kampf führen können denn wir später als gesamtgesellschaftliche Emanzipation definieren werden? Wir sehen ein solches Potential bei der Defma nicht. Sie ist wichtig, sie ist vor allem für uner tägliches Zusammenleben wichtig, sie ist ohen Frage als Versatzstück auch im Rahmen eines größeren Emanzipationsprojektes wichtig - doch sie taugt nicht als hegemoniale Strategie, sie hat kein Potential die Semantik eines sozialen Kampfes zu sein.

 

Und ein zweiter Punkt wäre dann doch irgrndwie auch - wenn Defma gerade in autonomen Kreisen so unglaublich wichtig ist: Was war bitte über Jahre in der autonomen Bewegung los? Unsere langjährigen Erfahrungen in der europäischen BEwegung entspricht dies zwar nicht, aber der gegenwärtigen Diskussion nach scheinen sich in gerade in der autonomen Linken die sexualisierte Gewalt zu häufen.

Ich frage mich, warum es für viele Menschen so schwierig ist, die "individuelle Verortung persönlicher Grenzen" zu respektieren und damit "der betroffenen Person und niemand anderem die Hoheit darüber zu entscheiden, ob eine Grenzverletzung vorlag oder nicht". (aus dem pro-DefMa-Artikel hier auf linkunten)

DAs ist doch die Grundidee des DefMa-Konzepts?!

Die Kritik an diesem Konzept und die vielen antifeministischen Kommentare zeigen doch erst einmal nur, dass viele Menschen ein Problem mit DefMa haben. Dieses Konzept nicht so einfach anwendbar ist, besonders dann nicht, wenn die Protagonist_innen sich noch wenig mit pro-feministischen Ideen beschäftigt haben (meine Vermutung) und eher den patriachalen Grundkonsens inhaliert haben.

Mit meinen politischen Ideen ist die Definitionsmacht sehr gut vereinbar, auch wenn es für mich oft ungewohnt und auch sehr anstrengend sein kann.

Ich denke aber, dass die Art und Weise, wie dieses Konzept von Vielen umgesetzt wird mit der patriachalen Realität nicht in einklang zu bringen ist. Es wird oft zu dogmatisch formuliert, zu sehr anschuldigend und authoriär angewendet wird. Das wird der strukturellen Tragweite von sexistischer Normalität nicht gerecht und führt zu oft zu Abwehr und "Dichtmachen".

 

Ich bin davon überzeugt, dass irgendwann mehr Menschen die Idee von DefMa nachvollziehen und anwenden, aber dafür ist es vielleicht zu früh. Das Konzept ist seiner Zeit voraus.

Leider denke ich, "man muss die Leute da abholen, wo sie stehen", wenn man Genkweisen verändern möchte. Auch wenn mein Gegenüber sich seiner sexistischen Denkweise und Handlungen nicht bewußt ist, werde ich ihn trotzdem grundsätzlich wertschätzen, respektieren und versuchen individuell auf ihn einzugehen. Da hilft mir die Idee von Definitionsmacht, damit ich meine politischen Ideale nicht aus den Augen verliere, aber im Alltag bevorzuge ich ein niedigschwelligeres Konzept, dass Menschen nicht so ihre eigenen "Fehler" vor die Stirn klatscht.

 

Ich halte an DefMa fest, diskutier auch gerne darüber, schreibe aber keine_r vor, dies auch zu tun...

"Ich frage mich, warum es für viele Menschen so schwierig ist, die "individuelle Verortung persönlicher Grenzen" zu respektieren und damit "der betroffenen Person und niemand anderem die Hoheit darüber zu entscheiden, ob eine Grenzverletzung vorlag oder nicht". (aus dem pro-DefMa-Artikel hier auf linkunten)"

 

damit hat niemand ein problem. natürlich muss jeder mensch selber wissen was seine persönlichen grenzen sind. anders ist das gar nicht möglich.

 

aber es geht eben um die weiteren ideen der defma. ich hab das in dem kommentar "mein eindruck" angesprochen (hier in den kommentaren zu lesen)

-

da wird die DefMa leider nicht mitspielen, weil sie ALLEN vorschreiben möchte, was sie zu tun haben.

warum geht das manchen leuten so schwer runter? GLAUBWÜRDIGKEIT IST NICHT IDENTISCH MIT DEFINITIONSMACHT!

Diese Texte werden ja immer widerlicher und wirken nun endgültig wie der Kreuzzug einer bauchlinken Männerrechtsgruppe. Die nächste Mission

wird sich dann wohl gegen gegenderte Sprache wenden (wie sie ja in dem Text natürlich auch schon nicht genutzt wird) und dann ist bald wieder alles

super in der heilen Männerwelt. Zum Glück werden außerhalb des Internets diese Texte bestenfalls belächelt.

Ich kann nicht so recht den "Kreuzzugscharakter" erkennen und auch nicht, wieso es hier um die Rechte nur von "Männern" geht.

Es ist ein Erfahrungsaustausch, es werden Vorschläge und Ansichten hin- und her geschrieben, es wird versucht, sie zu reflektieren und Schlüsse daraus zu ziehen.

Wieso ist das für dich widerlich? Wieso findest du es gut, wenn eine Auseinandersetzung belächelt wird?

Wie kann Entwicklung und ein Umgehen mit Widersprüchen anders gehen?

Könntest deine Bewertung noch einmal nachvollziehbar machen für andere?

Ich habe jetzt den Eindruck verloren, dass es sich bei "keinedefma" tatsächlich um eine Gruppe handelt. Der jüngste Text entbehrt jedem roten Faden, die Argumente aus den Vortexten werden zum ipsten mal wiedergekaut, auf Kritik wird praktisch nicht eingegangen. Eine lesbare Formatierung gibt auch nicht. Fehlen eigentlich nur die obligatorischen Rechtschreibfehler. Da ist gar nix mehr "mit viel Arbeit und Energie" "gewissenhaft verfasst".

Das ganze klingt mittlerweile eher nach einer Einzelperson, die Indy mit ihrem tollen Gedankenmischmasch bespamt.

 

Was die vielen ekligen Kommentare angeht, ist mir mittlerweile auch vieles klar geworden: Das sind allerlei Linke die sich für voll feministisch halten, aber sich tatsächlich noch nie wirklich mit radikalem Feminismus beschäftigt haben. Das ist leicht daran zu erkennen, dass sie bei feministischen Basis-Begriffen wie Rape Culture völlig aus dem Häuschen sind. http://maedchenmannschaft.net/?s=Rape+Culture

Die fanden das immer schon irgendwie komisch mit der Definitionsmacht und denken sie können hier den großen Tabubruch mitbewältigen. Das verebbt wieder, denn im feministischen Diskurs haben die schon deshalb nichts zu sagen, weil sie den gar nicht kennen.

Die von dir angegebene Seite http://maedchenmannschaft.net wurde für den Grimme-Preis nominiert!

Das nehme ich jetzt einfach mal als Beleg dafür, wie sehr auch deine Forderungen schon in der Mainstream-Gesellschaft angekommen sind, oder? Insofern ist das doch alles kein Geheimwissen mehr, was hier diskutiert wird. Widerspricht das nicht einer Rape Culture? Wird doch alles sehr offen diskutiert und dagegen Stellung bezogen.

 

(Nein 10 ist linksaußen, jetzt hab ichs kapiert!)

Ja, toll, Karl Marx ist auch Weltkulturerbe. Wir leben trotzdem nicht im Kommunismus.

Und dein Argument in diese Debatte einzuordnen:

Ja, wir leben nicht im Kommunismus - aber ich muss auch keine Angst haben, im Knast zu landen, wenn ich einen Button mit Love Communism trage. Wäre noch vor vor einigen Jahrzehnten möglich gewesen.

Wenn du rape culture googelst, findest du Anne Will und andere Prominente, die sich damit beschäftigen - da kann ich nicht nachvollziehen, wenn behauptet wird, der Mainstream heiße Vergewaltigung gut. Alice Schwarzer schrieb in der Bild-Zeitung über den Kachelmann-Prozess.

Also: Mainstreamiger gehts nun wirklich nicht mehr.

Ich finde das ja auch gut und nicht schlecht, dass der Mainstream so läuft und sexualisierte Gewalt und Sexismus immer weiter zurückgedrängt werden. Da tut sich doch was, super! Es sind eben nicht mehr nur die FLT*-Gruppen, die sich damit allein auf weiter Flur beschäftigen. Ist doch gut.

Und wenn sich da was verändert hat, vielleicht müssen dann auch jahrzehntealte Szenewahrheiten mal wieder überprüft werden. Das tut diese Diskussion. Auch das finde ich gut.

...ist dein Vorwurf der, dass der Beitrag keine richtige Macht hat, es keine Große Gruppe ist, die hinter "keinedefma" steht, keine standing in der Szene, deshalb nicht ernstzunehmen?

 

Ich glaube auch nicht, dass das ein großer Tabubruch ist - es ist eine normale Diskussion, oder? Darf so etwas sein? Und was ist der feministische Diskurs? All das, was jede_r mindestens gelesen haben sollte, bevor er/sie Kommentare abgibt? All das, was jeder Mensch gelesen haben muss, bevor er verstehen kann, was du schreibst und denkst?

 

Und - ähm - wieso postest du hier, wenn das alles so überaus lächerlich und keine Diskussion, sondern lediglich ein wissendes Lächeln wert sind?

 

(Ja, die Formatierung der keinedefma-Beiträge könnte besser sein.)

nur mal eine sprachliche Anmerkung: ihr schreibt von "FLT*-Mädels"? ich mein, "Mädels"??!!

das T* in FLT* steht für trans*, das ist euch doch hoffentlich klar, oder? Und das schließt neben Trans*Frauen eben auch Trans*Männer ein. Und nicht-binäre Trans*personen.

Und Frauen* pauschal als "Mädels" zu bezeichnen, finde ich ziemlich herablassend. Bitte achtet etwas mehr auf eure Sprache und die Implikationen, die mit euren Begriffen verbunden sind.

das zeigt ganz gut, wie wenig ahnung die autoren von feminismus haben und wie ihr frauenbild aussieht.

Genau! Das zeigt, dass die Autor_innen auf jedenfall nicht diskussionswürdig sind! Sie kennen/benutzten ja nichtmal die szeneinterne Sprache. Bitte ausschließlich mit Menschen diskutieren, die die gleiche Sprache und genauso viel "Ahnung" vom Thema wie wir haben.

 

Könntest du bitte nachvollziehbar machen, wie das Frauenbild der "Autor_innen" aussieht? Mir zeigt sich das leider nicht "ganz gut", es würde mich aber interessieren.

"Mädels" oder "Mädchen" funktioniert als infantilisierender und damit abwertender Begriff für Frauen. Um das zu wissen, muss man nicht Butler gelesen haben -.-
Und ja, wer nichtmal weiß wofür FLT* steht, der soll keine Texte veröffentlichen, in denen er den Feminismus neu erklärt.

""Mädels" oder "Mädchen" funktioniert als infantilisierender und damit abwertender Begriff für Frauen" respektive als bezeichnung für junge menschen weiblichen geschlechts. wie steht's eigentlich mit dem "antifa-jungs"? ist das auch "infantilisierung"?

ur point being?

der punkt: man macht sich einfach lächerlich, wenn man in einem sprachlich hochkomplexen universum unterstellt, ein wort mit 600 jahren etymologischer geschichte und unzählbaren kontextabhängigen anwendungsformen hätte zwei - nur zwei einzige - normative funktionen: "infantilisierung" und "abwertung". selbst wenn butler solchen unsinn redet, ist es immer noch der größte sprachphilosophische scheiß auf der ganzen welt.

doch, sie benutzen eben szeneinterne sprache (FLT*), nur knüpfen sie eben eine Abwertung daran. das ist nicht "mangelnde linke Bildung", das ist (absichtliche?) abwertung.

Da ich gerade merke, dass mein Beitrag auch missverständlich sein könnte...

1. es ist nicht okay, FLT* mit weiblichen Personen ("Mädels") gleichzusetzen, da dies Trans*Männer und nicht-binäre Trans*personen ausschließt.

2. selbst wenn ihr euch nur auf Frauen* beziehen würdet und nicht auf FLT*, wäre es nicht okay, für diese Frauen den Begriff "Mädels" zu verwenden.

bin ich der einzige, der diese schriftweisen absolut verwirrend findet?

ich würd mich echt gerne mehr mit dem thema auseinandersetzen, aber ich kann viele texte überhaupt nich lesen. kann man das alles nich einfacher ausdrücken? das versteh doch kein normalsterblicher nicht-szene-linker.

 

und was soll der * hinter manchen wörtern?

FLT* = FrauenLesbenTrans*
(Lesben sind mit darin, weil es Personen gibt, die sich als lesbisch, aber nicht (mehr) als weiblich definieren. )

Trans* (Transgender)

 

das Sternchen an Trans* steht für: beliebige Zeichenfolge einsetzen, in Sinne von: es gibt ganz viele Geschlechter, und du kannst dir auch etwas nicht-binäres (jenseits von "männlich" oder "weiblich") vorstellen.

 

An Frauen* oder Männer* heißt es üblicherweise: Wir wissen, dass Geschlecht konstruiert ist, aber wir können hier diese Begriffe nur schwer umgehen, daher schreiben wir sie mit *

Manchmal heißt es auch Frauen* =cis-Frauen und Trans*-Frauen, aber das halte ich für problematisch. weil es ja heißen würde, dass "Frauen" ohne * nur cis-Frauen wären und das wäre ziemlich scheiße gegenüber Trans*frauen.

 

Ansonsten, generell kannst du mal hier schauen: http://asabm.blogsport.de/aktionen-gegen-abtreibungsgegner_innen/termino...

als Ergänzung, weil das die logische nächste Frage wäre: cis-Frauen= Pesonen, die bei ihrer Geburt als weiblich diagnostiziert wurden, daher weiblich sozialisiert wurden, und sich als weiblich definieren.

 

cis-Männer analog dazu.

danke für den versuch mir das zu erklären, aber deine antwort ist auch total verwirrend. der link erklärt manches, aber andere sachen wirken total weltfremd auf mich.

 

muss ich erst sozio-psycho-irgendwas-gender-studies gefressen haben bevor ich mitlesen kann? wie soll man so normale menschen erreichen?

was ist denn verwirrend? ich bin gerne bereit, das zu erklären, wenn es dir hilft

das mit dem * habe ich nicht verstanden.

 

ist trans gleichzusetzen mit intersexualität?

und wie ist das gemeint mit "wir wissen, dass geschlecht konstruiert ist"? geschlechterrollen sind wohl konstruiert, aber geschlechter? also jetz rein biologisch ist es doch klar, dass es männliche, weibliche und intersexuelle menschen gibt.

ich brauch grad noch etwas zeit mit der Antwort.

Cis  = nicht Trans*

...es wirkt zuerst vielleicht etwas weltfremd, es ist auch weltfremd - aber die welt soll ja auch geändert werden!

Mit Studium (gender-studies bieten sich an) werden dir die Texte leichter fallen.

Für den Anfang reicht aber schon ein wenig Judith Butler oder - früher - Simone de Beauvoir. Ich empfehle dir, die Klassikerinnen zu lesen. Sie sind auf jeden Fall sehr spannend  - und es noch etwas von "Aufbruch" zu spüren.

(Danach aber für die ganzen Schreibregeln *;Unterstrich, großes I, diverse Abkürzungen usw usf - die dienen der Dekonstruktion der Konstrukte "Geschlecht", die als Konstrukte aber wirkmächtig sind und deshalb gleichzeitig mit ihrer Dekonstruktion weiterhin sprachlich ausgewiesen werden. Außerdem lässt sich mit ihnen eine bestimmte Gruppenzugehörigkeit markieren. Aber das kommt später und ist für Fortgeschritten) :-)

 

Sechs ist Linksaußen?

weiter oben behauptet irgendwer noch, die ganze debatte habe so gaaaar nix damit zu tun, dass die mehrheit der deutschen linken weiße deutsche akademikerkinder (btw: ja, ich auch) sind, und schon kommt auch schon der ratschlag, doch bitte gender studies zu studieren. oder judith butler zu lesen, die selbst nach längerem studium der politikwissenschaft mit durchaus dem ein oder anderen seminar zu gender-themen kaum verständlich ist - es sei denn, die kernaussagen werden in irgendwelchen einführungstexten krass runtergebrochen.

 

ich kann mich mit leidenschaft über viele der dinge aufregen, die andere link(sradikal)e auch beschäftigen. über nazis, homo- oder transphobe übergriffe, über kapitalistische ausbeuterlogik, etc. pp. aber wenn wir - "die" (radikale) linke es nicht bald gebacken kriegen, den grund für unsere wut, unseren aktivismus, ja auch unsere eventuelle militanz so auszudrücken, dass auch menschen ohne meterweise gramsci, butler, foucault usw. usf. im regal sie verstehen, dann gibt es die ganze scheiße noch endlos. oder schlimmeres, weil sich die verlierer_innen des kapitalistischen systems, von denen es immer mehr gibt, irgendwann halt faschistischen heilsversprechern in die arme schmeißen.

 

zum abschluss vielleicht noch einen pragmatischen ausweg aus dem ganzen defma-zeugs: nach einem "übergriff"(1) hat der/haben die täter selbstverständlich die party/das hausprojekt/das camp erst mal zu verlassen, wenn sich betroffene das wünschen. aber danach muss der vorfall vernünftig aufgeklärt werden, und das heißt eben auch: beide seiten anhören. für den mutmaßlichen (2) täter transparent machen, worin der vorwurf besteht. eine abgestufte reaktion auf verschiedene arten von übergriffen finden - wenn ein mann sein t-shirt auszieht, selbst wenn er stur auf diesem "recht" beharrt, ist das eben nicht das gleiche, wie wenn er eine andere person begrapscht oder gar vergewaltigt. ich kenne in bald zwölf jahren linker szene keinen nach definitionsmacht behandelten fall, in dem das auch nur ansatzweise so gelaufen wäre.

 

(1) in anführungszeichen, da ich aus eigener erfahrung weiß, dass eine vergewaltigte person eine ganz andere vorstellung davon hat, was ein übergriff ist, als eine gender-studies-drittsemesterin, der mal auf der tanzfläche jemand an den hintern getatscht hat (was fraglos auch scheiße ist, aber sich im zweifel mit einem glas bier ins gesicht des grapschers lösen lässt).

(2) ich verwende bewusst dieses wort aus der bürgerlichen rechtsprechung. jemanden vorzuverurteilen ist sowas von krass antiemanzipatorisch, dagegen wirken selbst die JuSos wie vollwertige teile der autonomen szene.

mal klartext: wie viele gebürtige frauen gibt's in euren trans-politischen zusammenhängen und wie viele gebürtige männer? und wie ist da so der statistische schnitt? ob's einem passt oder nicht: antifa = männerdominiert - FLT* = frauendominiert - gesamtszene = etwas weniger, aber nach wie vor männerdominiert. das wird doch nicht besser, wenn man es nicht beim namen nennt. in 'ner feuerwehrstation vermutet man ja auch in erster linie feuerwehrleute, obwohl dort vielleicht noch ein hausmeister herumrennt und keiner schließt auf's "feuerwehrleutebild", weil man nicht "feuerwehrleute_meister" sagt.

ich bitte um Entfernung dieses Kommentars. Trans*personen sind keine "gebürtigen" wasauchimmer.

 

Du bist beleidigend und unsensibel.

Unsensibel reicht nicht aus, damit wir zensieren.

also hier:

antifa 80 prozent männer, 20 prozent frauen. keine * von denen ich weiß.

flt*: genau umgekehrt. und auch keine * von denen ich weiß.

 

und insgesamt: 60 prozent männer, 40 prozent frauen. keine *. (übrigens auch keine Migrant_innen)

 

Abiturquote: 85 Prozent. Die meisten studieren, haben studiert oder gehen aufs Gymnasium. Und dann gibts noch die obligatorischen "Abitur-Tischler" und "Abitur-Zimmerinnen", "Abitur-Landwirte", "Abitur-Gärtnerinnen" (die studieren hinterher oder haben vorher studiert).

 

Es ist ein mittelgroßes Zentrum und von den Leuten, die ich näher kenne, haben wirklich fast die Hälfte Therapieerfahrung einschließlich mir. Kann das angehen? Vielleicht habe ja alle die, die ich nicht kenne, keine  Therapieerfahrung.

 

Schon witzig - ist mir gerad erst klargeworden, wie viele das sind. Verrückter Haufen. Ich mag sowas ja. Vielleicht liegts auch tatsächlich an diesem Unglück, Mittelschicht zu sein...

 

Wie sieht es bei euch aus?

...vielleicht liegt dieser hohe Prozentsatz an Therapien auch an den Diskussionen, die wir führen.

Oder es ist so, dass "kritische Orte" oder "Freiräume" oder "Schutzräume" natürlich auch ein Anziehungspunkt ist für Menschen, die schon vorher verletzt waren.

Tatsächlich glaube ich das manchmal.

.

na, ist ja auch klar, dass viele von uns auch therapeutische hilfe brauchen. wir sind häufig sehr sensibel. wir haben schlechte erfahrungen, die nicht so schlimm sind wie im bürgerkriegsgebiet, aber viel schlimmer als es einem die gesellschaft hier als kind verspricht. das spielt ja auch bei diesen ganzen übergriffs-geschichten 'ne rolle: nach meiner erfahrung sind die meisten sachen um die's da geht ziemlich überschaubar, kaum was davon ist "gewalt" im eigentlichen sinn. aber wir haben halt von kindesbeinen an vermittelt bekommen: uns soll's nicht schlecht gehen. und in der szene haben wir uns dann gegenseitig versprochen: jetzt ist schluss mit der konkurrenz, jetzt ist schluss mit der feindschaft, mit dem druck, mit der angst und den vielen erniedrigungen. und plötzlich bemerkt man: scheiße, hier tun immer noch sachen weh. man kann nicht vernünftig auf sich achten und man kann nicht vernünftig auf andere leute achten. und irgendwann macht man sich gegenseitig vorwürfe, obwohl sich doch eh schon alle selbst die übelsten vorwürfe machen. man sieht ja, wie's in den diskussionen hier abgeht: kaum gegenseitiges einfühlungsvermögen, jeder beharrt auf seiner position, weil man glaubt, so könnte man die schmerzen erträglicher machen. wahrscheinlich ist die wahrheit frustrierender als man hofft: wahrscheinlich können weder defma noch irgendein anderes konzept uns wirklich schützen. ich hab das selbst aus allen perspektiven erlebt: als opfer, als täter, als täterschützer, als (in meinen augen) falschbeschuldigter, als unterstützer - es war in jeder position so derartig beschissen, weil man so unfähig ist, mit seinen mitmenschen so umzugehen, wie man's sich eigentlich wünscht. ich würd mir manchmal echt wünschen, diese ganze scheiße würd nicht so unendlich viel kaputt machen. als ich in jugendantifa-kreise kam, hab ich echt gedacht, das wäre die rettung. ich hatte so viel hoffnung. schuld waren die anderen und nicht man selbst und da waren hunderte leute, die das genau so sehen. ich hab das beim älterwerden richtig kaputt gehen sehen: plötzlich waren sich alle nur noch feindlich wegen irgendwelchen geschichten, die ich damals kaum verstanden habe. ich würde gern die kraft haben, sich gegenseitig mit dem verständnis zu begegnen, dass einem in der außenwelt ausgetrieben wird. whatever.

Dass fast die Hälfte Therapieerfahrungen hat deckt sich aber ganz gut mit dem nichtlinken Teil der Gesellschaft, mehr oder weniger krank sind hier doch alle (Stichwort "Burnout").

ei, was muss das für eine harte realität sein, in der die grössten probleme sind, ob jemand quatsch wie defma anerkennt oder ein sternchen hinter drei buchstaben setzt. böse kalte welt. ein glück können mir studierte oberschichtskids, die in drei jahren nicht mehr rebellion spielen und vom eigenheim die belächeln, die es nicht schaffen, aber erklären, wie ich mit menschen umzugehen habe. die haben darüber nämlich ganz viel gelesen. macht den albernen blödsinn alleine! you ain't from my streets.

yo. lass dir nix sagen. du bist kein "studiertes oberschichtskiddie" und hast wenig gelesen, du bist real ghetto. du kannst ohne schlechtes gewissen sexistisch und rassistisch rumstressen, schließlich gehts dir so schlecht, dass das alles andere aufwiegt. die proletarier sind schlie´lich revolutionäres subjekt und können nix falsch machen...

Wer immer noch glaubt, dass keine rape-culuture existiert:

 

Einfach mal auf twitter gehen und #Aufschrei eingeben - und dann mal die ersten 20 oder 100 Nachrichten überfliegen.

 

Eigentlich sollte ja die emanzipatorische Linke ein Gegenentwurf zur "Normal-Gesellschaft" sein, oder nicht?

...es bestreitet doch hier niemand, dass es gefühlt unendlich viele Arschlöcher auf der Welt gibt. Es bestreitet auch niemand, dass Sexismus ein Problem ist. Was bestritten wird, ist: Das Vergewaltigung "Mainstream" ist, gesellschaftlich akzeptiert, Vergewaltigung ein Normalverhalten ist, mit dem nur eine kleine Minorität Probleme hat.

Ich glaube, dass FLT*-Zusammenhänge sich selbst gern so begreifen oder auch so fühlen: Vollkommen isoliert und alleine kämpfend gegen den Riesen, der da rape culture heißt.

Vielleicht liegt auch dieser Selbstwahrnehmung ein Problem.

Sexismus ist ein großes Problem und Vergewaltigung ein Verbrechen. Aber ob wir in einer rape culture leben?

Ich möchte, weil es mir gerade in den Sinn gekommen ist und eine Verbindung naheliegt, hier ein paar Zeilen des Werkes Don Quichote einfügen. Denn auch ein weiteres Problem tauchte bereits in dieser Diskussion auf... das zum Verstehen aller Zusammenhäng nötige Lesen vieler schwieriger Text... Ich hoffe, ihr nehmt das nicht als Frechheit, sondern als Anregung.

Schließlich versenkte er sich so tief in seine Bücher, daß ihm die Nächte vom Zwielicht bis zum Zwielicht und die Tage von der Dämmerung bis zur Dämmerung über dem Lesen hingingen; und so, vom wenigen Schlafen und vom vielen Lesen, trocknete ihm das Hirn so aus, daß er zuletzt den Verstand verlor. Die Phantasie füllte sich ihm mit allem an, was er in den Büchern las, so mit Verzauberungen wie mit Kämpfen, Waffengängen, Herausforderungen, Wunden, süßem Gekose, Liebschaften, Seestürmen und unmöglichen Narreteien. Und so fest setzte es sich ihm in den Kopf, jener Wust hirnverrückter Erdichtungen, die er las, sei volle Wahrheit, daß es für ihn keine zweifellosere Geschichte auf Erden gab.

(Miguel de Cervantes Saavedra, Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha - Erstes Buch)

Der Auszug trifft es ziemlich gut!

Ich weiß gar nicht so recht was das Problem ist mit:

Die Phantasie füllte sich ihm mit allem an, was er in den Büchern las, so mit Verzauberungen wie mit Kämpfen, Waffengängen, Herausforderungen, Wunden, süßem Gekose, Liebschaften, Seestürmen und unmöglichen Narreteien.

 

Wahrscheinlich hätte er lieber für einen Hungerlohn arbeiten gehen sollen und immer fein gehorchen auf das was "die Obrigkeit" und "die Gesellschaft" als "normal" ansieht.

Das hat die Welt ja schon immer besser gemacht, sich einfach fügen und an "die Allgemeinheit" halten.

 

"Ich bin Don Quijote und ich bin hier um eure Welt zu retten!"

 

Große Ideen erfordern unorthodoxe Denkweisen.

Frag mal Kaiser Norton.

 

Aber das ganze hat ja eigentlich so gar nichts mit dem Thema zu tun, genau so wie Don Quijote.

 

 

Fünf ist Rechtsaußen.

Norton ist gut, Quichote nicht minder!

 

Beide mit dem Thema Definitionsmacht sehr viel zu tun, weil es um die Wahrnehmung und Bestimmung von Realität geht - und um die Verständigung darüber.

 

Genau das Gegenteil von sich fügen ist gefragt, sage "ich",

und kriege "Probleme" mit "dir". Warum?

"Deine" Konstruktion

von "Realität" und ihre Sicht

auf "mich".

das, was"du" denkst,

was "ich" "bin"

und wie "ich" zu "dir" stehe.

 

Ja, das kann manchmal ganz schön verrückt werden. Und das hat wiederum sehr viel mit Verletzung und Gewalt zu tun und ihren Folgen.

Dazu empfehle ich nach wie vor die Jungle World.

Dossier

Warum Definitionsmacht frauenverachtend und anti-feministisch ist.

Nach der anonymen Einsendung des Textes Definitionsmacht aus Betroffenensicht erreichte uns vor einigen Tagen ein zweiter Text, den wir auf Bitte des*der Autor*in nun hiermit ebenfalls anonym veröffentlichen.

http://cosmonautilus.blogsport.de/2013/07/23/stand-up-speak-up


[Triggerwarnung: Beschreibung von Vergew*******g]

 

Ich werde über persönliche Erfahrungen schreiben. Bitte versucht entsprechend ein Mindestmaß an persönlichem Respekt aufzubringen.

Dies ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich öffentlich als Betroffene einer Vergewaltigung und wiederholter sexualisierter Übergriffe in der linken Szene äußere. Bisher hatte ich Schiss davor, und die aktuelle Debatte auf linksunten.indymedia zeigt mir, dass das nicht zu Unrecht war.

Es geht in diesem Artikel nicht um eine „neutrale“ Sicht auf die Debatte oder die Definitionsmacht, ich gebe offen zu: Ich spreche aus der Position einer Betroffenen, ich bin nicht neutral und will auch nicht so tun. Doch: Auch die vielen Cis-Männer die sich hier ablehnend zu Definitionsmacht geäußert haben, sind keineswegs neutral. Doch viele tun so. Auch sie haben eigene Interessen und Ängste, die die Debatte beeinflussen. Neutralität ist eine Illusion!!!

 

Ich bin seit ich 15 bin in linksradikalen Gruppen aktiv. Ich war immer in kleineren Gruppen mit einem insgesamt guten Klima, ich war in unterschiedlichen Gruppen und Räumen unterwegs, also sagt mir nicht dass meine Erfahrungen eine krasse Ausnahme sind oder nichts wert.

 

Als ich 16 war hat mich ein Bekannter (der nicht mit der linken Szene in meiner damaligen Stadt verbunden war) vergewaltigt. Er zwang mich gegen meinen erklärten Willen (ich habe deutlich gesagt dass ich das nicht will) zu sexualisierten Sachen. Ich wusste sofort dass es eine Vergewaltigung war. Nach den deutschen Gesetzen war und ist es nicht sicher eine. Ich war danach völlig allein. Ich habe mich schrecklich gefühlt. Ich wusste nicht an wen ich mich wenden könnte. Ich bin in meine Schule gegangen, habe Kaffee getrunken, habe Kette geraucht und mir stundenlang nur gewünscht zu vergessen, mir gewünscht mich nicht mehr zu ekeln. Ich habe mir tagelang gewünscht, das Verlangen dauernd zu duschen ginge endlich weg.

 

Obwohl mir unmittelbar nach der Tat klar war, dass es eine Vergewaltigung war, habe ich mit niemandem geredet, denn ich wusste nicht mit wem. In meiner damaligen Politgruppe waren zwar alle voll für Emanzipation, aber konkret waren ihre Forderungen nach der „Frauenbefreiung“ weder glaubhaft noch realistisch für mich: Entweder sie fanden andere Themen „wichtiger“ oder sie äußerten sich relativierend zum Thema Sexismus und sexualisierte Übergriffe: „Aber ein Kind braucht doch seine Mutter“ , „Aber das ist doch natürlich“, „Die Befreiung der Frau erfolgt im Sozialismus“, etc. waren normale Aussagen zum Thema.

Zu Übergriffen hatte sich kein Mitglied der Politgruppe damals je geäußert, es war jedoch mehrmals vorgekommen dass sowas „nebenbei“ mal Thema wurde und meine Genoss_innen (die Frauen* waren in der Minderheit, wie in den meisten linken Gruppen) beteuerten, die Betroffenen übertreibe oder das sei alles nur ein Szenestreit.

 

Ich stand also völlig alleine da und habe es mehrere Jahre nicht gewagt auch nur einer Person aus der Gruppe zu erzählen dass ich vergewaltigt worden war. Und heute gratuliere ich mir dazu, denn ich bin sicher ich hätte damals Hohn und Spott statt Unterstützung geerntet.

Von Definitionsmacht erfuhr ich mit 18, als ich von einer Klein- in eine Großstadt zog. Dort erzählten mir Freundinnen, dass ihre Gruppen nach diesem Prinzip handelt, und mein erster Gedanke war: Freaks!

 

Ich konnte nicht verstehen, wie diese Gruppen das Risiko eine „Verurteilung“ Unschuldiger auf sich nehmen konnten, nur um „ein paar“ Betroffene in der Gruppe zu schützen.

 

Ich fand das Konzept wahnsinnig komisch, verstand nicht, warum die Konfliktparteien nicht einfach mal vernünftig reden konnten. Eine radikal_feministische Freundin erzählte mir in einem persönlichen Gespräch was ihre Gründe für die Anerkennung der Definitionsmacht waren.

Sie sprach über die Beweislast, die bei Prozessen vor BRD-Gerichten bei den „Opfern“ lag, über die Demütigung einen Übergriff vor Gericht schildern zu müssen und von der Empfehlung von Expert_innen sich bei einem gewaltsamen Übergriff nicht mehr zu wehren wenn es aussichtslos ist, weil mensch sich damit nur selbst gefährdet. Zugleich erklärte sie mir, dass ohne diese Gegenwehr (von der abgeraten wird) kaum Spuren einer Vergewaltigung existierten und eine Verurteilung des Täters unwahrscheinlich sei. Sie sprach auch über das Fühlen und Setzen der eigenen Grenzen und ich entdeckte in vielen Dingen die sie erzählte völlig neue Ansätze für mich: Ich war zwar schon 20 Jahre alt, doch dass es wichtig ist auf meine eigenen Grenzen zu achten hatte mir bisher niemand gesagt. Das ist Rape Culture: 20 werden ohne über die eigenen Grenzen nachzudenken

 

Ich fand es spannend, doch weit weg von mir und meinem Leben, unrealistisch und „zu radikal“.

 

Bis ich selbst einen körperlichen sexualisierten Übergriff von einem Macker einer anderen Gruppe erlebte. Auf einer Party alberte ich mit einem „Kumpel“ rum, wir rissen nach dem 1. Bier ein paar (ganz unverfängliche) Witze darüber, wie cool es ist Single zu sein. Plötzlich griff er mir an die Brüste und machte einen sexualisierten Spruch dazu. Er schien es einfach nur witzig zu finden, für mich war es mehr als krass: Er machte sich einen Spaß daraus meinen Körper nicht zu respektieren. Ich war inzwischen selbstbewusster und schrie ihn nach einem Schreckensmoment an. 5 Genoss_innen waren dabei. Eine unterstützte mich und verließ mit mir die Party. Der Täter feierte weiter. Unterstützung? Die gab mir eine von 5! Mit damals 21 Jahren hatte ich es das erste Mal geschafft meine eigenen Grenzen einzufordern. Erst war ich stolz auf mich, doch dann wurde mir immer bewusster dass ich von vielen Leuten plötzlich gemieden wurde. Von den 4 Anwesenden die sich in der akuten Situation nicht geäußert hatten entschuldigte sich eine Person später. 2 verteidigten das Anpacken durch den Bekannten von mir. Die Story sprach sich herum, und statt zu fragen was los war mieden mich plötzlich viele Leute. Mir wurde sehr misstraut, ein Strömungskampf unterstellt und schließlich veröffentlichten sogar Leute Positionen zu dem Übergriff, die mehrt als weit weg von meinem Problem damit waren.

Meine Erfahrung ist: Rape Culture, im Sinne von: öffentliche Durchsetzung und Akzeptanz einer Kultur die es normal findet über Frauenkörper zu verfügen, macht vor der linken Szene auf keinen Fall Halt!

 

Ich kenne dutzende Frauen* denen in der linken Szene, auch in großen und bekannten Gruppen, Ähnliches passiert ist.

 

Die Definitionsmacht als Gegenkonzept kann ermöglichen dass Frauen die Handlungsräume die ihnen zustehen überhaupt erst bekommen.

 

Ich finde besonders wichtig: Falschanschuldigungen sind äußerst unwahrscheinlich und selten. Seit ich vor 3 Jahren bemerkt habe wie gut mir Definitionsmacht tut, habe ich auch gemerkt, dass es mir trotz Definitionsmacht sehr schwer fiel Übergriffe zu benennen und ich auch echt gehasst wurde dafür sie anzusprechen.

 

Defma ist nicht perfekt, erfüllt aber einen zentralen Zweck:
Jetzt müssen nicht mehr die Betroffenen erklären, dass echt was passiert ist, sondern die Täter müssen Stellung nehmen. Es ist absurd anzunehmen, denn die Falschbechuldigungen zunehmen würden oder der Vergewaltigungsvorwurf als politisches Instrument verwendet werden könnte, denn das „Geständnis“ vergewaltigt worden zu sein ist noch immer nicht leicht. Ich danke der ersten Betroffenen die unter dem Titel „Definitionsmacht aus Betroffenensicht“ vieles erklärte.

 

Ich hätte ohne das Wissen dass meine Wahrnehmung zählt und respektiert wird nie geschafft, die Vergewaltigungen als solche zu benennen.

Vielen Dank für deine offene Schilderung... du hast sie sicher auch als Beispiel geschrieben, damit sich andere damit auseinandersetzen können. Deine Erfahrungen sind traurig und deshalb ist es schwierig damit umzugehen.

Aber ich glaube trotzdem, dass das Defma-Konzept ingesamt keine neuen Spielräume für Frauen eröffnet, herbeiführt oder verteidigt. Auch, wenn du aus deiner Perspektive diese Erfahrung gemacht hast. Im Grunde bestätigt das auch deine Erfahrung - denn es gibt das Definitionsmachtkonzept seit den 90-er Jahren - und wie es scheint, hat es nicht zu einer Veränderung oder Verbesserung für Frauen geführt.

Die Leute, die dir auf der Party nicht beigestanden haben und ihr Verhalten ist das Problem.... und das Definitionsmacht-Konzept führt meiner Erfahrung nicht zu einem offensiveren Umgang mit solchen beschissenen Situationen... sondern eher zu Gemisch aus defensivem und passiv-aggressiven (entschulidige) Polit-Zirkus.

Die letzten Wochen sind hunderte Kommentare hierzu geschrieben worden, die mich zusammen mit anderen Artikel dazu bewogen haben, jetzt andere Wege zu suchen.

Was ich mich immer frage: Wieso ist es für für viele andere Frauen oft so schwierig zu ihrer Wahrnehmung zu stehen und sie zu verteidigen?

Deine beiden Beispiele sind doch glasklar! Und ebenso ein Umgang damit!

Für mich ändert Defma da überhaupt nichts dran - sondern nur eine offensive Auseinandersetzung, die mit klaren Worten benennt, wo die Probleme liegen.

Das Defma-Konzept stärkt eher eine defensiv-schwache Position.

erst schreibst du, ihre Wahrnehmung zählt, und dann sprichst du ihr ab, dass sie beurteilen kann, ob ihr Defma geholfen hat?? ich kanns nicht fassen.

leute, jetzt packt's mal. man kann die betrachtung anderer menschen immer noch ergänzen, kritisieren, für falsch erachten, ohne, dass es eine verletzung ihrer geheiligten "wahrnehmung" ist. hier werden jetzt nicht sämtliche erkenntnisgrundlagen der neueren menschheitsgeschichte auf'n kopf gestellt, nur weil ihr mal "definitionsmacht" gesagt habt.

Der Mensch ist immer noch ein Gemein(schafts)wesen - und nicht etwas in sich selbst total isoliertes.

Na ja - ich kann doch ihre Wahrnehmung in Bezug auf die Vorfälle teilen und jeden Menschen darin bestärken, dass er seiner Wahrnehmung trauen sollte. Und mich gleichzeitig gegen Definitionsmacht aussprechen, weil es in Bezug auf das Konzept sehr viele unterschiedliche Wahrnehmungen gibt. Und die zählen eben auch.

Also: Wenn du nur sagst "Jede Wahrnehmung ist richtig und wichtig!" - damit kommst du nicht weiter. Du kommst um eine Auseinandersetzung nicht herum, weil es verschiedene Menschen und damit auch verschiedene Wahrnehmungen gibt.

Auch, wenn die Wahrnehmung eines Menschen immer zählt müssen sich nicht zwangsläufig alle anderen danach richten. Das machen sollten sie nur tun, wenn sie es richtig finden.

Wenn du bezweifelst, dass Menschen sich verstehen und verständigen können, wenn du bezweifelst, dass gemeinsame Postitionen entwickelt werden können - dann solltest du lieber keine Politik machen. Oder jedenfalls diese Politik nicht emanzipatorisch oder links nennen.

bei allem nötigen respekt: aber da läuft definitionsmacht ja anscheinend schon wieder nicht! das ist auch naheliegend, denn genau solche fälle machen die sache doch heikel: der typ hat zugegrapscht, blöde sache, unhöflich, gehört sich nicht, kann von vielen menschen als aufdringlich empfunden werden. finden 1 bis 2 von 5 leuten ziemlich doof und der rest halt nicht so wirklich dramatisch. ist's in meinen augen auch nicht, wird halt in den meisten mainstream-clubs durch die türsteher geregelt, wenn man alleine nicht mehr damit zurecht kommt und dann hat sich die sache gegessen. man nehme jetzt aber mal an: du bemächtigst dich jetzt qua definitionsmacht der entscheidungsgewalt darüber, ob der grapscher von jetzt an 1.) jeden ort zu verlassen hat, den du betrittst 2.) aus seinen sozialen/politischen zusammenhängen isoliert wird 3.) per rundschreiben für sein verhalten öffentlich geächtet wird. die definitionsmacht schließt bekanntermaßen nichts davon aus: und das soll man dann angemessen finden, nur weil es irgendwer so will? wo ist denn da noch die relation zwischen vergehen und konsequenz? sie ist halt völlig unberechenbar und davon distanzieren sich die leute verständlicherweise aus einfacher angst, selber probleme zu bekommen. was wäre nun gewesen, die berührung wäre zur hüfte gegangen? zum bauch? zum hals? zum gesicht? das sind alles potentielle übergriffe und selbst dieser "graubereich" mit der brustberührung hätte bei tausend anderen frauen nicht in einem cosmonautilus-artikel, sondern im bett geendet. die leute hassen es, wenn man fälle konkret diskutieren möchte: aber die wahrheit ist, dass man erfahrungen überhaupt nur im kontext anderer leuts erfahrungen reflektieren und bewerten kann. das ist auch gut so, denn so werden dinge verarbeitbar und man kann sie beeinflussen. und im vorliegenden fall würde in den unverbindlichen ratschlag geben: wenn der typ dich nervt, geh ihm aus'm weg, erzähl deinen freunden und freundinnen, dass er die finger manchmal nicht bei sich lassen kann und mach dir verdammt nochmal 'nen schönen abend, wenn du unterwegs bist - ist doch völlig absurd, sich von so nem typen dauerhaft die laune verderben zu lassen.

Das Angrapschen finde ich furchtbar und auch nach lockeren Sprüchen hin- und her total ätzend.

Ich frage mich, woher die Erfahrung des Kommentators (hier drüber) kommt, dass so eine Geschichte auch "einfach im Bett enden" kann. Also gibt es doch auch Frauen, die mit so etwas ganz anders umgehen. Es nicht nur akzeptieren, sondern da sogar "mitgehen". Wieso? Woher kommt das? Ich kanns mir überhaupt nicht toll vorstellen, wenn mich jemand ohne weiteres an die Brust fasst in einer Situation, die das gar nicht hergibt... Das ist eine Frage an die Frauen. Allerdings: Vielleicht lesen Frauen, die darauf stehen, kein Indymedia. Hm. Keine Ahnung, was meint ihr?

Und die nächste Frage wäre, wieso du auf der Party weggegangen bist. Du hast ihm deutlich gemacht, dass sein Verhalten überhaupt gar nicht geht. Und ich kann auch nachvollziehen, dass dann die Laune nicht mehr nach Party ist. Aber vielleicht (nicht unbedingt in deinem Fall) wärs auch gut, so etwas dann gleich an Ort und Stelle zu regeln. Für Grapscher ist es sicherlich auch ein Lerneffekt, dass Frauen da nicht drauf stehen und sich wehren. Und für eine selbst ist es auch ein gutes Gefühl, sich zur Wehr und durchsetzen zu können.

Denn das Verhalten des Typen war ganz und gar unakzeptabel - auch in einer normalen Disko wäre es nicht akzeptiert.

Dass Leute dich anfangen zu meiden, wenn du für dich oder andere eintrittst - das ist eine Erfahrung, mit der du nicht alleine da stehst. Allerdings ist es nicht nur schlecht, finde ich. Bestimmte Leute sollen mich auch meiden, weil ich mit ihnen nichts zu tun haben will.

Und bestimmte Orte und Partys und Menschen meide auch ich meinerseits - einfach, weil ich es dort anstrengend oder langweilig finde.

 

...ich nenne es Strafe. Zitat aus dem von dir verlinkten Text:

 

"Ein derart konsequenter Umgang würde Zeichen setzen, und zwar sowohl in Richtung der Betroffenen als auch in Richtung der (potentiellen) Täter. Wenn (potentielle) Täter damit rechnen müssen, die Konsequenzen ihrer Taten ein Leben lang zu tragen, wird das die Hemmschwelle hochsetzen und auf Dauer dazu beitragen, dass weniger Menschen zu Tätern werden."

 

Endlich mal spricht ein Text hier aus, wobei es bei Defma geht: Lebenslange "Konsequenzen".

Es geht nicht um die Betroffenen, sondern es geht um "Zeichen setzen".

Und weil es Definitionsmacht ist, macht  euch das bitte mal klar, gehts nicht nur um Vergewaltigung, sondern um jegliche "Übergriffe".

Ich freue mich sehr, dass diese Debatte so viele Facetten des Definitionsmacht-Konzeptes offengemacht hat. Es gehört abgeschafft zugunsten wirklicher Lösungen, statt diesem autoritären halbgaren Mist.

...aber nicht mehr mitmachen. Und statt dessen wirkliche Auseinandersetzungen einfordern.

Wieso nur habt ihr alle so Angst davor, dass auf einmal alle Frauen* in eurem Umfeld durchdrehen und euch für jedes falsche Augenzwinkern lebenslänglich aus dem AZ verbannen?

Übergriffe zu benennen ist wahnsinnig schwer und erfordert unglaublich viel Mut!

Darauf folgend auch noch Konsequenzen für den Täter zu fordern noch viel schwieriger!

 

Das DefMa Konzept ist kein Freibrief wahllos Leute zu exekutieren. Es ist ein sensibles Konzept, dass Betroffene von (sexualisierter) Gewalt ermutigt über Übergriffe zu sprechen und ermächtigt, ihre eigenen Grenzen und ihr eigenes Wohlbefinden einzufordern.

 

Wenn ich weiß, dass ich in jedem Fall eines Übergriffs die volle Solidarität meines Bekanntenkreises hinter mir habe, fällt es mir viel leichter, "kleinere" Übergriffe in entsprechend "kleinem" Rahmen zu klären.

Wenn ich aber bei jedem Vorfall diskutieren muss, ob meine Wahrnehmung überhaupt gerechtfertigt ist und mir von vornherein abgesprochen wird, Konsequenzen für den "Täter" zu fordern, schafft das ein ekelhaftes Klima von Unterdrückung, Selbstzweifel und Angst.

Wenn es sogar in einer "normalen" Disko Standert ist, dass auf die Forderungen der*s Betroffenen eingegangen wird und z.B. jemand rausgeworfen wird, der übergriffig geworden ist, wieso ist diese Regelung dann für euch so schwer zu unterstützen?

 

Ich habe das Gefühl, ihr habt Angst, dass wenn ihr patriarchale Strukturen auch nur im Mindestmaß aufgebt, auf einmal alle Frauen* zu blutdürstigen Amazonen werden, die alle Männer* abschlachten.

Ist euch noch nie der Gedanke gekommen, dass Frauen* daran vielleicht gar kein Interesse haben?

Ich halte die Definitionsmacht für einen sehr, sehr sinvollen Ansatz!

Allerdings scheint mir der deutsche Umgang damit doch fatal und typisch für dieses Land. Ich bin nun wirklich alles andere als eine Liebhaberin der USA, aber das was ich von der dortigen Umsetzung des Konzeptes, insbesonderen in poc Kreisen, gehört habe (krass mehr Täter_innen* Arbeit, viel weniger Szene-Ausschlußneigung...) kommt mir schon deutlichst produktiver vor, als der deutsche Gehorsams-/ Gleichschrittsgeist.

Ich denke, uns würde es ziemlich gut tun mal Blicke über die Tellerränder zu werfen und unseren Tümpel so nicht permanent für das Maß der Welt halten zu müssen.

Ich leb übrigens schon seit 2 Jahrzehnten mit Bezug zur (Anarchafeministischen und Linksradikalen) Szene und denke, dass das was wir hier an Umgang mit Sexismus entwickelt haben, praktisch oft zu einer Schwächung der Betroffenen geführt hat. Ich denke, der Ansatz, das weiblich definierte/ sozialisierte Menschen nach Möglichkeit(!!!!) kämpfen sollten, was auch beinhaltete über erlebte Übergriffe laut, deutlich, hörbar zu sprechen, war wesentlich zielführender, als erstmal davon auszugehen, dass sie`s sowieso nicht könnten.