Pressemitteilung der Unterstützer_innen der Familie Wahafi / Ayoubi
München, 27.06.2013 Proteste und ziviler Ungehorsam stoppen am gestrigen Mittwoch den 26. 06. 2013 eine Deportation auf dem Flughafen in München!
Auf Grund von Informationen, die knapp 10 Protestierende an Fluggäste des Lufthansa Fluges LH 1676 nach Budapest verteilten, forderte eine Passagierin die Flugverantwortlichen auf, den Flug mit dem Geflüchteten Ishaq Ayoubi abzubrechen. Das spontane Zusammenwirken des Geflüchteten, der Passagierin und der Protestierenden vor Ort konnte diese geplante Deportation in letzter Sekunde verhindern. Ein aktives Eingreifen, welches hoffentlich zur Nachahmung motiviert!
Herr Ayoubi befand sich seit zwei Monaten in Abschiebehaft in Bayern. Kontakt zur Familie bestand seit Wochen keiner. So wie er konnten sich auch seine Frau, Hanfieh Wahafi, und zwei der gemeinsamen drei Kinder vor der geplanten Deportation nach Ungarn entziehen. Allerdings konnte die ebenfalls am gestrigen Morgen stattfindende Deportation des ältesten Sohnes (13 Jahre) von Österreich nach Budapest nicht verhindert werden.
Die Familie flüchtete gemeinsam vor dem - von Deutschland mitgeführten - Krieg in Afghanistan bis nach Griechenland. Aufgrund der katastrophalen Zustände für Geflüchtete dort, flohen sie anschließend weiter nach Ungarn. Seit Mitte April befanden sie sich in der BRD, der älteste Sohn lebte seitdem getrennt von ihnen in Österreich.
In Ungarn droht der gesamten Familie das Gefängnis, da unter der rechts-konservativen Regierung Viktor Orbáns die Inhaftierung von Geflüchteten (ohne konkret vorliegende Straftat) zum 01. Juli wieder eingeführt wird. Von dort aus werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter nach Afghanistan deportiert.
Hanifeh Wahabi, Ishaq Ayoubis Ehefrau, befindet sich seit Samstag, den 22.06.2013 in der Münchner Innenstadt im Hungerstreik. Seit Dienstag, den 25.06. im trockenen Hungerstreik. Das bedeutet, dass sie weder isst noch trinkt, um sich so gegen die jetzige unmenschliche Asyl- und Abschiebepraxis der BRD zu wehren und ihrer Forderung nach Anerkennung als politisch Verfolgte in Deutschland (Paragraph 16a, Grundgesetz) Nachdruck zu verleihen.
Erschwerend hinzu kommt, dass Herr Ayoubi seit Jahren unter starken Depressionen leidet, welche sich durch die Abschiebehaft stark intensiviert haben. Obwohl er auf Medikamente angewiesen ist, erhält er derzeit keine fachärztliche Betreuung. Bei der bisherigen Prüfung seiner Reisefähigkeit wurde keine eingehende Begutachtung seines psychischen Zustandes vorgenommen. Übersetzungen von Deutsch in Farsi fanden nicht statt. Eine Überstellung weiterer Familienmitglieder nach Ungarn würde Fakten schaffen, die nicht mehr rückgängig zu machen wären.
Um dies zu verhindern verteilten einige Menschen einen Flyer mit den genannten Informationen, um über die geplante Deportation zu informieren. Weiter wurden die Fluggäste des Lufthansa-Fluges nach Budapest aufgefordert Ishaq Ayoubi zu unterstützen. Als die Motoren des Flugzeuges anliefen entschloss sich eine Passagierin die Abschiebung nicht mitzutragen.
Erfreulicherweise konnte mit der Passagierin Kontakt aufgenommen werden. Sie berichtet, dass sie das Gespräch mit Mitreisenden sowie mit dem Bordpersonal suchte. Bis auf zwei Personen zeigten alle weiteren Passagiere leider keinerlei Reaktion. Das Bordpersonal wollte sie von den anderen Passagieren isolieren, indem sie sie in den hinteren Bereich des Flugzeuges zu drängen versuchte. Es wurde behauptet, dass sie die Deportation ohnehin nicht verhindern könne. Einer der Piloten wies sie an, seinen Aufforderungen sich zu setzen „Folge zu leisten“. Obwohl die Crew versuchte die Passagierin stark unter Druck zu setzen und die Situation beschönigte, wich die Passagierin nicht von ihrer Entscheidung ab. Auch von der Androhung einer Strafanzeige des Piloten wegen angeblicher „Gefährdung des Flugverkehrs“ ließ sie sich nicht beirren. Es bleibt abzuwarten, ob die Fluggesellschaft Lufthansa tatsächlich von ihrer menschenverachtender Praxis in Zukunft absehen wird oder erneut verstaerkt in die Schlagzeilen geraten will.
Die entschlossene Handlung der Frau ermutigte schließlich auch Ishaq Ayoubi von seinem Sitz aufzustehen und nicht mehr Platz zu nehmen. Beide verließen schließlich auf Aufforderung des Piloten das Flugzeug und wurden von der Polizei weggeführt.
Ishaq Ayoubi befindet sich derzeit wieder in Abschiebehaft am Münchener Flughafen. Die Verfasser_innen des Textes bemühen sich um eine baldige Kontaktaufnahme und streben ein Aussetzen des Abschiebebescheides an.
Deportationen sind mit einem hohen bürokratischen sowie finanziellen Aufwand verbunden. Sollten weiterhin Abschiebeversuche des Familienvaters verhindert werden können, könnten die Behörden dazu bewegt werden einer Familienzusammenführung der 5-köpfigen Familie in Deutschland zuzustimmen.
danke!
schöne aktion...respekt für die helfende person, sowie kraft und solidarische grüße an alle betroffenen.
no border-no nation!
Reportationen
Das Angebot einer sofortigen Antragsprüfung wurde abgelehnt, man verlangte eine sofortige Anerkennung OHNE Prüfung. Hier wurden die Antragssteller falsch beraten und zu lebensgefährlichen Hungerstreiks aufgefordert. Desweiteren handelt es sich nicht um Deportationen, sondern um Reportationen.