Zum Burschentag in Eisenach
Von Manfred Götzke, Deutschlandfunk
Die Deutsche Burschenschaft ist auf stramm-rechte Linie getrimmt: Ein Verein von überwiegend Rechtsextremen und völkischen Ideologen. Erschreckend also, dass in den jüngsten Verfassungsschutzberichten die Burschenschaften nahezu nicht auftauchen.
"O alte Burschenherrlichkeit,
Wohin bist du entschwunden
Nie kehrst du wieder, goldne' Zeit,
So froh, so ungebunden!"
Ihre Hymne werden die Burschenschafter, die an diesem Wochenende aus ganz Deutschland auf die Wartburg nach Eisenach gekommen sind, wohl des Öfteren geschmettert haben. Mit besonderem Vergnügen vermutlich diese Zeilen:
"Allein das rechte Burschenherz
Kann nimmermehr erkalten
Im Ernste wird, wie hier im Scherz
Der rechte Sinn stets walten."
Rechts heißt an dieser Stelle: sehr weit rechts. Denn bei diesem Burschentag in Eisenach bleiben die rechtsnationalistisch, zu einem großen Teil rechtsextremen Burschenschaften und Burschenschafter mehr oder minder unter sich. Die Rechtsausleger im noch immer größten und wichtigsten Verband der Burschenschaften haben den seit Jahrzehnten schwelenden Bruderkrieg mit den liberal-konservativen Studentenverbindungen gewonnen. Mit massiven Provokationen haben sie in den vergangenen Monaten die meisten Studentenverbindungen, die noch fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, aus dem Verband gedrängt.
Die Deutsche Burschenschaft ist damit auf stramm-rechte Linie getrimmt: Ein Verein von überwiegend Rechtsextremen und völkischen Ideologen. Für sie ist Deutschland mehr als das "Territorium historisch zufällig gezogener Grenzen", wie sie es nennen: Deutschland ist für sie der "Siedlungsraum des Deutschen Volkes". Ein Deutscher ist für Sie nicht einfach nur der Inhaber eines deutschen Passes - sondern ein Deutschstämmiger - bitte schön ohne asiatische Gesichtszüge.
Was klingt wie aus den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts - ist Gegenstand aktueller Debatten in der Deutschen Burschenschaft, nachzulesen in Satzungen, internen Papieren, Flugblättern - und auch den Anträgen, über die auf dem aktuellen Burschentag auf der Eisenacher Wartburg diskutiert wurde und wird.
Da wurde etwa in einem Antrag erneut eine Art Ariernachweis für Mitglieder der Deutschen Burschenschaft gefordert. Da wurde in einem anderen die Gleichbehandlung aller Parteien angemahnt, freilich um die NPD als ganz normale Partei zu verharmlosen und die zahlreichen Kader von NPD und Pro-Parteien - in den Reihen der Burschenschafter offiziell willkommen zu heißen.
Und - das ist besonders interessant für eine Organisation, die sich vor 200 Jahren mal den Kampf für Gesinnungs- und Meinungsfreiheit auf die Fahnen geschrieben hat: Da sollte Burschenschaftern in einem Antrag untersagt werden, mit Kritikern der rechtsextremen Auswüchse zusammenzuarbeiten. Namentlich mit Christian Becker, ein ehemaliger Burschenschafter, der den Blog Burschenschafter gegen Neonazis betreibt. Ein sehr interessantes Verständnis von Meinungsfreiheit.
Wie gesagt: Es ist kaum zu glauben, was aus einer Organisation geworden ist, die kurz nach ihrer Gründung 1815 für damals sehr progressive Ziele eintrat: Versammlungsfreiheit, Meinungs- und Gesinnungsfreiheit, die Befreiung vom obrigkeitsstaatlichen Regiment.
Kaum zu glauben und wirklich erschreckend ist aber auch die Tatsache, dass in den jüngsten Verfassungsschutzberichten Burschenschaften - bis auf eine Ausnahme - nur in den Kapiteln über Linksextremismus auftauchen. Wenn linke Gruppen angeprangert werden, die gegen Burschentage protestieren.
Hier wird erneut deutlich, auf welchem Auge die Verfassungsschutzbehörden noch immer blind sind. Freilich: Von den Studentenverbindungen, die in der Deutschen Burschenschaft organisiert sind, geht keine akute Gefahr für die Demokratie aus - genauso wenig wie von der NPD. Dennoch ist es ein schweres Versäumnis, die Rechtsextremen mit Diplom und Doktortitel nicht auf dem Radar zu haben. Denn in ihren Reihen haben sie noch immer Alte Herren mit viel Geld, Macht und Einfluss - in Politik, Wirtschaft, an Schulen und Universitäten.
Doch auch abgesehen vom völkisch-revisionistischen Ballast der Burschenschaften: Organisationen, deren erklärtes Ziel das Knüpfen von Seilschaften und Netzwerken ist, in denen sich ausschließlich deutsche Männer unterstützen und Pöstchen zuschieben - sind von vorgestern. Immerhin: Die seit ein paar Monaten nun auch in der Öffentlichkeit geführten Debatten um sogenannte Ariernachweise und die NPD-Fanbekundungen werden den Niedergang rechts-nationalistischer Burschenschaften beschleunigen.
Die karrierefördernde Wirkung dieser Studentenverbindungen scheint sich jedenfalls bereits zu marginalisieren. Das zeigte erst vergangene Woche die Personalie Michael Büge. Der CDU-Sozialstaatsekretär im Berliner Senat musste gehen, weil er sein Burschenband nicht ablegen wollte. Der Berliner Senat hat mit seiner Entscheidung, Büge zu entlassen, ein wichtiges Statement gesetzt: Die Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung der Deutschen Burschenschaft ist mit einem hohen politischen Amt nicht mehr vereinbar.