Treffen in Eisenach: Burschenschafter planen Rückkehr des "Ariernachweises"

Burschentreffen (in Eisenach 2012): Rassismusvorwurf gegen strammrechte Akademiker
Erstveröffentlicht: 
23.05.2013

Wer ist deutsch genug für die Deutsche Burschenschaft? Bei ihrem jährlichen Treffen werden die strammrechten Akademiker nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen erneut über eine Art "Ariernachweis" verhandeln. Ein ähnlich rassistischer Antrag hatte schon einmal zum Eklat in dem Dachverband geführt.

 

Von Florian Diekmann und Oliver Trenkamp

 

Hamburg/Berlin - In der Deutschen Burschenschaft (DB), deren Mitglieder sich ab diesem Donnerstag beim Burschentag in Eisenach treffen, wird erneut über eine Art "Ariernachweis" diskutiert. Interne Unterlagen, die SPIEGEL ONLINE vorliegen, zeigen, dass die Burschenschafter kaum etwas gelernt haben aus ihrem bislang größten Debakel. Die Papiere offenbaren außerdem, welche extremistischen und rassistischen Positionen innerhalb der verbliebenen Mitgliedsbünde existieren.

 

Die mögliche Rückkehr des sogenannten "Ariernachweises" ist besonders brisant für den Dachverband: Schon vor zwei Jahren kam es zum Eklat. Es ging um die Frage, wer "deutsch" genug ist, um Burschenschafter zu sein. Konkret: Ob eine Burschenschaft, die einen chinesischstämmigen Studenten aufgenommen hatten, zur DB gehören darf.

 

Nun, nach dem Sieg der Rechten im internen Machtkampf und dem Rückzug vieler liberalerer Burschenschaften, liegt eine Art Kompromiss zur Abstimmung vor. Allerdings verschärft der laut Tagungsunterlagen "langwierig erarbeitete Antrag" rassistische Kriterien eher, als dass er sie beseitigt: Nun wird nicht mehr nur zwischen "deutscher" und "nicht-deutscher" Abstammung unterschieden - sondern zwischen "deutscher", "abendländisch-europäischer" und "nicht-abendländisch-europäischer" Abstammung.

 

Wenn sich jemand aus letzterer Gruppe bewirbt, ist eine "Einzelfallprüfung durch den Rechtsausschuss der Deutschen Burschenschaft" nötig, so sieht es das Papier vor. Die Struktur dieser Regelung führt fast zwangsläufig zu ähnlichen Kriterien, wie sie die Nürnberger Rassengesetze von 1935, auch "Ariergesetze" genannt, vorsahen. Nach denen durfte im Dritten Reich "nur Volksgenosse sein, wer arischen oder artgleichen Blutes war".

 

Wie will jetzt die Burschenschaft etwa mit einem Sohn italienisch-nigerianischer Eltern umgehen? Ist jemand noch deutscher Abstammung, wenn ein Großvater Inder war? Kein Wunder, dass der Rechtsausschuss laut Antrag zwar schriftlich, aber "ohne Begründung" entscheiden soll.

 

Walter Tributsch, Pressesprecher der Deutschen Burschenschaft", bestätigt, dass es Anträge gibt, die sich mit dem Thema Abstammung befassen. Einer sei von einer mehrköpfigen Kommission erarbeitet worden. Zu Details wollte er sich nicht äußern. Den Rassismusvorwurf aber nannte er "hanebüchen", er sei nicht haltbar.

 

"Grundlage ist eine völkische Ideologie"


Aus solchen Vorschriften spreche "ein offener,weißer, völkischer Rassismus", sagt hingegen Hajo Funke, Politologie-Professor und Rechtsextremismus-Experte von der Freien Universität Berlin. Mit Rechtsstaatlichkeit habe das nichts zu tun, auch wenn die Anträge vermeintlich bürokratisch-korrekt formuliert sind: "Grundlage ist eine völkische Ideologie."

 

In dem Antrag, eingebracht von der Redaria-Allemania Rostock, heißt es auch: "Nur Bewerber, die männliche studierende Deutsche sind, können in eine Burschenschaft der Deutschen Burschenschaft aufgenommen werden. Deutscher ist grundsätzlich, wer sich durch Sprache, Kultur, gleiches geschichtliches Schicksal und Abstammung als Deutscher auszeichnet." Hier würden auch kulturrassistische Kriterien hinzugemischt, sagt Funke. Dass in Ausnahmefällen theoretisch auch Bewerber "nicht-abendländisch-europäischer Abstammung" zugelassen werden könnten, würde nach den vorgesehenen Regeln höchstens für Deutsche zutreffen, die von weißen Südafrikanern abstammen.

 

Fast wirkt es wie ein Déjavu, was da vor sich geht zum Auftakt des Burschentages, immerhin die wichtigste Veranstaltung und das höchste Beschlussgremium der DB. Beim ersten Streit um einen "Ariernachweis" wurden erst unter massivem öffentlichen Druck die rassistischen Anträge zurückgezogen. Es war der letzte Erfolg des liberal-konservativen Lagers in dem Dachverband. Danach schwand dessen Einfluss - und völkische sowie rechtsextreme Ideologen gewannen die Oberhand.

 

Bei aller Übermacht der Rechten - in der Herkunfts-Frage gibt es jetzt zumindest noch Gegenmeinungen: Die Braunschweiger Alemannia fordert in einem bemerkenswert stringent begründet Antrag, es müssten "zu unserem deutschen Volk" auch alle eingebürgerten Zuwanderer gehören. Ob sie sich damit durchsetzen, ist sehr fraglich.