Blockupy kehrt zurück

Erstveröffentlicht: 
17.05.2013

Aktivisten wollen die EZB, den Flughafen und andere Einrichtungen lahmlegen - Die Polizei befürchtet Krawalle

 

Heute in zwei Wochen wird in Frankfurt der Ausnahmezustand herrschen: Tausende Kapitalismuskritiker wollen die EZB blockieren und dann Aktionen am Flughafen und auf der Zeil starten. Die Sicherheitsbehörden rechnen mit 2000 gewaltbereiten Protestlern.

Frankfurt. Polizisten riegelten das Bankenviertel ab, Protestler besetzten Plätze und Straßen, der Verkehr rings um die Innenstadt kam zum Erliegen. Während der Blockupy-Aktionstage im Mai 2012 herrschten in Frankfurt zeitweise chaotische Verhältnisse. Vieles deutet darauf hin, dass der Stadt in zwei Wochen ein ähnliches Szenario bevorsteht. Das kapitalismuskritische Blockupy-Bündnis mobilisiert schon seit Monaten für eine Neuauflage der Aktionstage. Diese soll vom 30. Mai bis zum 1. Juni bis zu 20 000 Protestler aus ganz Europa auf die Straße bringen.

Dass sich die Blockupy-Aktivisten nicht mit einem Protestmarsch durch die Innenstadt begnügen, haben sie mit ihren Blockadeversuchen und Platzbesetzungen im vergangenen Jahr deutlich gemacht. Auch für Freitag, 31. Mai, sind wieder Massenblockaden und Aktionen zivilen Ungehorsams geplant. Deren Ziel ist es laut Blockupy, „den üblichen Geschäftsablauf der Europäischen Zentralbank (EZB) und anderer Akteure des Krisenregimes öffentlich sichtbar zu stören". Der EZB wirft Blockupy vor, zusammen mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds eine „Krisen- und Verarmungspolitik" zu betreiben. Dagegen richtet sich auch die Großdemonstration, die am Samstag, 1. Juni, durch die Innenstadt ziehen soll.

Die Polizei rechnet laut Blockupy mit 1500 gewaltbereiten und 500 gewaltentschlossenen Protestlern. Behördensprecher Rüdiger Reges wollte diese Zahlen gestern zwar nicht bestätigen, er betonte aber, dass die Vorbereitungen für den Einsatz laufen. Die Polizei habe für die Sicherheit der Demonstranten und Bürger zu sorgen und werde in der Stadt „entsprechend präsent" sein. Die EZB werde wegen des staatsvertraglich festgelegten Schutzauftrags „auf jeden Fall" abgeriegelt. Über die Dimensionen der Sperrzone und weitere Maßnahmen wollte die Polizei gestern allerdings noch keine Auskunft geben.

Besondere Herausforderung

Vor einer besonderen Herausforderung stehen die Ordnungshüter, weil die Blockupy-Aktivisten nach dem morgendlichen Versuch einer EZB-Blockade in verschiedene Richtungen ausschwärmen wollen, „um exemplarische Profiteure der Krise mit Flashmobs und bunten Aktionen aufzusuchen". Vier Ziele sind schon bekannt: der Flughafen, die Deutsche Bank, Textilgeschäfte auf der Zeil und Immobilienunternehmen. Die Aktionen sollen sich gegen Abschiebung, Nahrungsmittelspekulation, Ausbeutung von Arbeitern und den Mangel an günstigem Wohnraum richten.

Riesiges Polizeiaufgebot

In Sicherheitskreisen wird befürchtet, dass außer friedlichen Demonstranten auch Krawallmacher anreisen, die aus dem Schutz der Menge heraus Straftaten begehen. Die Kapitalismuskritiker verweisen hingegen auf den „nicht-eskalativen Charakter" ihrer Aktionen. Nach Blockupy 2012 war eine heftige Debatte darüber entbrannt, ob der weitgehend friedliche Verlauf der Proteste auf das riesige Polizeiaufgebot zurückzuführen war oder nicht. Die Polizei wies darauf hin, dass vor der Großdemo mehrere Depots mit Wurfmunition entdeckt worden seien; Blockupy bezeichnete die polizeiliche Gefahrenprognose und Einsatzstärke dagegen als „maßlos übertrieben".

2012 hatte die Stadt unter Verweis auf die Gefahrenprognose der Polizei alle angemeldeten Blockupy-Aktionen verboten. Nach dem Streit vor den Verwaltungsgerichten durfte offiziell nur noch der Protestmarsch stattfinden. Dass die Polizei die Aktionen des bis dahin unbekannten Blockupy-Bündnisses als besonders brisant einstufte, lag auch an der vorausgegangenen M 31-Demo. Dabei hatte es Ausschreitungen, Verletzte und Sachbeschädigungen gegeben.

Kämpferischer Tonfall

In Sicherheitskreisen wurde mit Sorge registriert, dass das bei M 31 federführende, kommunistische Ums-Ganze-Bündnis vor ein paar Monaten zu Blockupy stieß. Der relativ kämpferische Ton der linksradikalen Aktivisten zeigt sich auch in ihrem Aufruf für die Aktionstage 2013: „Wir wollen Grenzen überschreiten, massenhaft ungehorsam sein, uns den Anordnungen der Polizei widersetzen, die Kampfzone von unserer Seite ausweiten." Vermutlich waren es scharfe Sätze wie dieser, die die Polizei einmal mehr in Alarmbereitschaft versetzt haben.

Bis zu dieser Woche verliefen die Verhandlungen zwischen der Stadt und Blockupy im Vergleich zum Vorjahr harmonisch, Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) sagte den Aktivisten zur Errichtung eines „Antikapitalistischen Camps" sogar eine Fläche auf dem Rebstockgelände zu. Jetzt gibt's aber doch Reibereien, die sich um die Großdemo am 1. Juni drehen.

Scharfe Kritik

Blockupy warf der Stadt gestern vor, den Bescheid für den schon lange angemeldeten und mündlich zugesagten Protestmarsch hinauszuzögern. Die Aktivisten sprachen von einer „Hinhaltetaktik", die offenbar die Zeit für ein juristisches Vorgehen „gegen untragbare Auflagen oder gar ein Demoverbot" verkürzen soll. Andrea Brandl aus dem Sicherheitsdezernat widersprach gestern Mittag auf FNP-Nachfrage: Das Ordnungsamt lese gerade Korrektur, die Verfügung gehe „noch heute" raus.

Damit sind die Streitpunkte allerdings noch nicht vom Tisch. Demo-Anmelder Werner Rätz ärgert sich darüber, dass das Ordnungsamt „plötzlich" die ursprünglich angemeldete Route bemängelt: Diese soll in Höhe der EZB nicht mehr über Hofstraße, Neue Mainzer Straße und Liebfrauenstraße, sondern stattdessen über den Untermainkai führen. Den Verweis der Stadt auf die Gefahrenprognose hält Blockupy für „absurd": „Dass nun dieselben 2000, angeblich gewaltbereiten Aktivisten aus dem Hut gezaubert werden wie 2012, um in Frankfurt das Demonstrationsrecht einzuschränken, mutet fast wie schlechte Satire an."

Städtische Auflagen

Blockupy will gegen die städtischen Auflagen vors Verwaltungsgericht ziehen: Die Einhaltung der Auflage, dass Demonstranten keine Glasflaschen mitführen dürfen, sei bei 20 000 Menschen schlichtweg „nicht kontrollierbar". Auch das Verbot von Transparenten, die länger als drei Meter sind, hält das Bündnis nicht für rechtens.

Das Blockupy-Camp auf dem Rebstockgelände soll ab Montag, 27. Mai, nach und nach aufgebaut werden. In Versammlungszelten sollen am Donnerstag inhaltliche Veranstaltungen und „Blockadetrainings" für den Aktionstag am Freitag stattfinden.