Nachdem Friedrichshains Bürgermeister Schulz bereits vor zwei Wochen verlauten ließ, dass der Räumungstermin für den Wagenplatz am 7.5. ausgesetzt wird, wurde dies mittlerweile vom Liegenschaftsfonds bestätigt. Der geplante Umzug auf den Containerbahnhof Frankfurter Allee verzögert sich wegen lokaler und verhandlungstechnischer Umstände ebenfalls.
Als Begründung für die ausgesetzte Räumung nannte eine Vertreterin des LiFos zum einen den Druck auf der Straße, insbesondere im Vorfeld des 1. Mai, zum anderen eine politische Entscheidung „von ganz oben“. Die Bedeutung des wachsenden Widerstands gegen Zwangsräumungen scheint den Akteur_innen der aktuellen Stadtpolitik immer mehr bewusst zu werden.
Klar ist jetzt, dass die Räumung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt ist. Ein neuer Räumungstermin wird mehrere Monate der Vorbereitung durch die Verwaltung kosten.
Für uns, die Bewohner_innen des Rummelplatzes, ergeben sich dadurch neue Spielräume für die Gestaltung des jetzigen Standorts als auch für Verhandlungen über Alternativstandorte. Allerdings sehen wir für uns eine weiterhin unsichere Perspektive, an der etwas geändert werden muss.
Die Entwicklungen der letzten Monate waren primär von Verhandlungen mit Entscheidungsträger_innen geprägt. Diese gingen immer wieder mit Misserfolgen und gleichzeitiger Frustration einher. Gespräche wurden wiederholt durch politische und wirtschaftliche Akteure erschwert oder gar verhindert. Immer wieder sahen wir uns in einen Status des Wartens versetzt, der sich mit der Ankündigung der Räumung am 7.5. durch den LiFo zuspitzte.
Daraufhin wurden gruppenintern Ideen entwickelt, wie wir aus diesem stagnierenden Prozess von sich ewig hinziehenden Verhandlungen ausbrechen und wieder handlungsfähig werden können. Eine weitergehende Perspektive für das Projekt Rummelplatz sollte erarbeitet und ermöglicht werden. Dafür ist es wichtig sich an gegebenen Umständen zu orientieren um zielgerichtet agieren zu können. Die gewählte Aktionsform soll dabei nicht über das zu erreichende Ziel gestellt werden und es wird versucht die Angemessenheit immer wieder zu reflektieren. Äußere Umstände spielen dabei eine wichtige Rolle. Trotz dem und gerade deswegen wollen wir auf eine Vermittelbarkeit im größeren Kontext setzen. Eine generelle Infragestellung der bestehenden Verhältnisse bleibt dabei stets Antrieb und Motivation. Trotz der Kritik an den herrschenden Verhältnissen bewegen wir uns jedoch nach wie vor in diesen und müssen praktisches Agieren stets an sich wandelnde Situationen anpassen.
Die Entwicklung der momentan stattfindenden Verhandlungen und veränderte räumliche Gegebenheiten führen dazu, dass wir entschieden haben uns eine Atempause zu geben und den Umzug auf ein neues Gelände zu verschieben. Gleichzeitig soll unser jetziger Platz in seiner Nutzung ausgebaut und belebt werden.
Natürlich freuen wir uns über die weitere Nutzung des momentanen Standorts. Nichts desto trotz fühlen wir uns ausgebremst und überrumpelt durch die immer wieder extrem kurzfristig stattfindenden Entwicklungen und dadurch resultierenden Entscheidungen über unseren Verbleib. Nicht nur, aber immer wieder sehen wir uns dabei als Spielball von Entscheidungsträger_innen. Somit wird immer wieder klar, welchen Machtverhältnissen wir uns gegenüberstehend sehen, doch haben wir nicht vor die uns vorgesetzten Fesseln selber anzulegen.
Seit Monaten entwickelt sich durch Überlegungen auf zahlreichen Treffen die politische Identität des Projekt Rummelplatz weiter. Sie umfasst die Verwirklichung einer kollektiven Gemeinschaft in Form des Wagenlebens und darüber hinaus eine Positionierung im gesamtpolitischen Kontext. Immer wieder auftretende Schwierigkeiten einer heterogenen Gruppe von Menschen mit unterschiedlichen Meinungen, Bedürfnissen und Herangehensweisen wurden dabei als Herausforderungen angesehen und konnten positiv in den kollektiven Prozess eingebaut werden. Somit wurden konsensbasierte Entscheidungen getroffen und eine Aktionsfähigkeit geschaffen.
Der regelmäßig stattfindende Austausch mit Unterstützer_innen, Freund_innen und Sympathisant_innen erachten wir als wichtig für den Gruppenprozess. Eingebrachte Kritik erweitert die Möglichkeiten das eigene Vorgehen immer wieder zu reflektieren und einen Beitrag zum öffentlichen Diskurs abzugeben. Deswegen versuchen wir eine Transparenz nach aussen zu ermöglichen und klare Aussagen über den weiter stattfindenden internen Prozess zu treffen.
Sehr positiv haben wir die breite Unterstützung in der letzten Zeit wahrgenommen. Es freut uns zu sehen, wie viele Menschen Interesse an der Situation des Rummelplatzes zeigen und bereit sind uns aktiv solidarisch zu unterstützen. Wir schätzen die durch den Austausch entstandenen Energien, Aktions- und Kommunikationsformen sehr. Diese sollen unserer Ansicht nach nicht im Sande verlaufen. Der Rummelplatz wurde mit Inhalten gefüllt, die nun in vielfältigen Formen ausgebaut werden können. In letzter Zeit entstandene Ideen sollen weiter umgesetzt werden. Der Rummelplatz soll einen Raum für Info- und Soliveranstaltungen bieten und eine Plattform für politisch und kulturell inhaltliche Auseinandersetzung schaffen. Wir laden alle ein, sich auf Grundlage eines solidarisch, gemeinschaftlichen Lebens daran zu beteiligen.
Danke an dieser Stelle an alle, die sich bisher eingebracht haben und es weiter tun. Ihr seid ein aktiver Teil im Prozess, der den Rummelplatz zu dem macht, was er ist!
Wie es in naher Zukunft praktisch mit dem Rummelplatz weiter geht, wird sich in kürze zeigen. Die Verhandlungen über ein Alternativgelände könnten am 14.5. weitergehen, wenn die Entscheidung von offizieller Seite darüber fällt, ob und unter welchen Bedingungen der Rummelplatz die legale Grundlage für einen neuen Standort erhält. Gleichzeitig ist das letzte Wort über unseren Verbleib auf dem aktuellen Standort noch nicht gefallen und vielleicht gibt es auch hier noch weitere Verhandlungsmöglichkeiten.
Der Kampf ist nicht vorbei! Wir halten euch auf dem Laufenden.
Solidarische Grüße,
Wagengruppe Rummelplatz