Zur Entwicklung in Ägypten- Repression und neue Mobilisierungen

Ägypten

Bei den berichteten Haftbefehlen gegen die bekanntesten Aktivisten handelte es sich um Vorführungen zur Staatsanwaltschaft. Während einige Aktivisten, wie Abdel Azim und Ahmed Eid auf einer Pressekonferenz heute noch einmal betonten, sie würden dem nicht Folge leisten, hatte sich Alaa Abdel Fatah gestern mit seiner Frau und seinem Kind auf dem Arm zum Justizgebäude begeben, um zu vermeiden, dass die Bullen in Anwesenheit seiner Familie in seine Wohnung eindringen.

 

Er weigerte sich, wie alle anderen Aktivisten, Aussagen gegenüber der Staatsanwaltschaft zu machen. Begleitet wurde er von hunderten von solidarischen Demonstranten.

 

Während sich die Staatsanwaltschaft bei den prominenten Aktivisten bisher noch zurück hält und es bisher noch nicht zu Vorführungen durch die Bullen kam, wurde für fünf andere Aktivisten eine vorerst zweiwöchige Untersuchungshaft angeordnet.

 

Insgesamt ist die derzeitige Entwicklung in Ägypten äußerst fragil und schwer einzuschätzen.

Als wir Vorgestern über die Haftbefehle berichteten, kursierten gerade Information über eine Verhängung des allgemeinen Ausnahmezustandes durch Mursi, während die Moslembrüder eine Liste mit 169 Namen öffentlich präsentierten, die für die Aktionen gegen die Islamisten verantwortlich sein sollen. Darunter finden sich auch die Namen von sehr gemässigten Politikern wie el-Baradei.

 

Bisher ist es nicht zur Verhängung des Ausnahmezustandes gekommen, es wird aber weiterhin Druck aufgebaut und spekuliert, so forderte der Generalmajor Adel Afify, der für die Salafisten im Oberhaus sitzt, Mursi heute öffentlich auf, „Revolutionstribunale einzurichten“ und den Allgemeinen Ausnahmezustand auszurufen.

 

Bisher hat sich die Armee, die sich in zugespitzten Situation bisher immer auch öffentlich positioniert hat, noch nicht zu Wort gemeldet. Von ihrem Votum dürfte die weitere Entwicklung wesentlich abhängen.

 

Welche Anspannung derzeit in Ägypten herrscht, zeigen die Aufrufe zu neuen Protesten am kommenden Freitag. Verschiedene opposionelle Gruppen haben aufgrund der neuen Repressionen zu Protesten vor der Generalstaatsanwaltschaft aufgerufen.
Selbst bekannte Politiker der Nationalen Rettungsfront sprachen heute auf einer Pressekonferenz von Mursi und den Moslembrüdern wortwörtlich als Faschisten, die die Opposition mit allen Mitteln zu bekämpfen versuche.

 

Nachdem Muri heute eine neue Niederlage gegen Teile der Justiz einstecken musste und die Moslembrüder in den letzten Wochen bei wichtigen Wahlen in Berufsverbänden und an den Unis schlecht aussahen (woraufhin sie die politischen Rechte dort einschränkten) , stehen weitere turbulente Tage an.

Versuche von Aktivisten, den Tahrir Platz heute wieder mit Barrikaden für den Verkehr zu sperren, und Zelte auf dem Platz aufzustellen, wurden von den Bullen unterbunden.

 

Unterdessen planen die Moslembrüder zusammen mit anderen islamistischen Gruppen ebenfalls am Wochenende Massenkundgebungen vor der Uni in Kairo, außerdem wurde die Jugend der Moslembrüder dazu angewiesen, landesweit in Bereitschaft zu sein, um die Büros der Moslembrüder vor weiteren Angriffe zu beschützen.