[B] Aktionstag gegen Nazi-Klamotten – Bericht und Auswertung

Kundgebung vorm Doorbreaker in Hohenschönhausen

++ Doorbreaker nimmt Label 23 aus dem Sortiment ++ rund 600 Menschen beim Aktionstag ++ NPD-Kader und Nazi-Kneipen in der Nachbarschaft thematisiert++

Am 9. März veranstaltete die Initiative gegen Rechts Friedrichshain und das Bündnis Kein Kiez für Nazis unter der Losung „NO NAZI-SHOPPING“ einen Berlinweiten antifaschistischen Aktionstag gegen den Verkauf der Bekleidungsmarken Thor Steinar und Label 23.

 

>> Der Aktionstag im Überblick <<

 –> Hohenschönhausen (HSH): Vor dem Lindencenter versammelten sich gegen 12 Uhr rund 50 Menschen und klärten die Passant*innen über die Marke Label 23 auf, die im nahegelegenen Doorbreaker verkauft wird. Außerdem wurde über den rechten Alltag in Hohenschönhausen in einem Redebeitrag berichtet. Weiter ging es mit einer Kundgebung vor dem Doorbreaker in der Zingster Str. 10. Die bloße Gegenwart trieb rechten Mainstream-Gestalten im Viertel förmlich die Galle hoch. So kam es zu vereinzelten Aufregern und Pöbeleien durch Neonazis und Ordungsbürger*innen.


–> Weißensee:
Zur Demonstration in Weißensee fanden sich rund 150 Menschen auf dem Antonplatz ein. In Redebeiträgen wurde über den Widerstand gegen Neonaziläden im Nordosten und faschistische Bezüge in der Bild und Wortsprache bei Label 23 gehalten. Außerdem gab es einen Gastbeitrag, der über den Widerstand gegen den East Coast Corner-Shop in Rostock berichtete. Nach längerer Verzögerung des Demostartes ging es über die Berliner Allee, vorbei am Tønsberg in der Berliner Allee 11. Der Tønsberg hatte die Vorderung nach Ladenschluss ernst genommen und blieb den Tag über dicht.


–> Prenzlauer Berg-Nord:
Die Demonstration thematisierte auf der Greifswalder Straße die Kneipen Bierbar 160, so wie die Eastside Sportsbar und deren rechtes Klientel. Weiter ging es zu Richard Miosga. Über die Aktivitäten des Berliner NPD-Vorstandsmitgliedes informierte ein Redebeitrag der Antifaschistischen Initiative Reinickendorf, da Miosga auch Kopf des NPD-Kreisverbandes Mitte/Reinickendorf ist.


–> Friedrichshain:
Am S-Bahnhof Frankfurter Alle startete gegen 16.30 Uhr die zweite Demonstration. Der Demozug machte einen Stop vor dem Doorbreaker, informierte die Passant*innen und ging dann weiter zur Gabelsberger Straße, die demnächst in “Silvio Meier Straße” umbenannt wird (einen Tag vor der Demo war eine Klage eines Geschäftsinhabers vor der Verwaltungsgericht zurückgezogen worden). Danach ging es weiter zum Bersarinplatz, wo über den aktuellen Stand des Mietverhältnisses des Thor Steinar-Ladens ein Beitrag verlesen wurde. Im Laufe der Demo wuchs die Teilnehmer*innenzahl auf rund 400 Menschen an. >> Engagement zeigt Wirkung << Nach der Aufklärungsarbeit des Bündnisses Kein Kiez für Nazis wird die Marke Label 23 seit dem 1. März im Weißenseer Laden 7 Guns nicht mehr verkauft. Einen Tag vor dem Aktionstag teilte die Inhaberin der Doorbreaker-Filialen der Initiative gegen Rechts Friedrichshain mit, dass sie die Kleidungsstücke aus dem Sortiment nehmen würde. Verbunden wurde die Information mit der Bitte, dem linken Klientel mitzuteilen, dass der Laden unbeschädigt bleiben solle. Fazit der Initiative gegen Rechts: Es ist ein Teilerfolg, der allerdings nicht aus politischer Einsicht der Doorbreaker-Betreiberin geschehen ist. Neben einer schriftlichen Beteuerung, dass Doorbreaker die Marke nicht mehr verkaufe, hing an den Doorbreaker-Filialen in Hohenschönhausen und Friedrichshain auch die Erklärung von Label 23. In dieser distanziert sich die Marke halbherzig und unfundiert vom Neonazismus. Was davon zu halten ist bleibt abzuwarten. Ebenfalls ist es möglich, dass Doorbreaker die „whitewashing“-Erklärung von Label 23 als Vorwand nutzt um die Marke weiterhin verkaufen zu können.

>> Erste Einschätzung des Tages <<

–> gut gekämpft, weiterkämpfen: Dass der Aktionstag am aktuellen Stand der Thor Steinar-Läden nichts ändern würde war klar. Über den Shop in Weißensee hält der Vermieter Klaus Rosenthal seine schützende Hand, so lange Thor Steinar fristgerecht zahlt. Ein Punkt für die Antifa-To do-Liste im Jahr 2013, an dem es also anzusetzen gilt.
Wenigstens der Laden in der Petersburger Straße 94 wird aller spätestens 2015 schließen.

Mit den ersten Effekten, die das Engagement gegen Label 23 gezeigt hat, sind wir als Veranstalter*innen hingegen sehr zufrieden. Der Protest gegen die Marke läuft noch nicht lang und zeigt schon erste Effekte. Jetzt gilt es dran bleiben, denn Label 23 wird auch in anderen Modegeschäften Berlins vertrieben.

–> Das Zusammenführen der verschiedenen lokalen Kämpfe, die schließlich die selbe Thematik zum Gegenstand haben, ist aus unserer Sicht das große Plus des Aktionstages gewesen, da diese oft vereinzelt und von einander isoliert stattfinden.
An diesem Zustand konnte allerding auch ein Berlinweiter Aktionstag nichts ändern. Der Aufruf wurden zwar von zahlreichen Parteien und Nachbarschaftsinitiativen aus den jeweiligen Bezirken unterstützt, dies schlug sich jedoch nicht in der Beteiligung nieder. In den Kiezen waren oft nur ortsansässige Demogänger*innen zugegen. So waren wir mit den 50 Teilnehmer*innen in HSH zufrieden, hätten uns für die Demo durch Weißensee/Prenzlauer Berg allerdings mehr Beteiligung erhofft. Ähnliche Erfahrungen hatten die Organisator*innen eines Aktionstages gegen “rechte Läden” am 8. September 2012 in Berlin gemacht.

Eine lange Unterstützer*innenliste macht also noch lange keine riesen Beteiligung aus. Für die Zukunft gilt es darum interbezirklich sich mehr zu unterstützen, vor allem was die Besuche von Aktionen außerhalb des S-Bahnrings anbelangt.


–> Nicht nur gegen Nazishops:
Die geringe Beteiligung konnte jedoch dadurch wet gemacht werden, dass die Demo die räumliche Nähe zu Richard Miosgas Wohnort zu nutzen wusste, um an die bisherigen Protestkundgebungen gegen die Reinickendorfer NPD anzuknüpfen.

Auf die Demo gab es im Kiez positives Feedback aber auch offene Ablehnung. Dies machte deutlich, dass sich in Prenzlauer Berg-Nord ein rechter Mainstream festgesetzt hat, der eine Intervention wie am 9. März immer nötig hat.


–> Günstiger Zeitpunkt:
Die Wahl des Datums (Eröffnung des Thor Steinar Ladens in Friedrichshain, Anfang März 2009) war günstig gewählt. Wie es der Zufall wollte fiel der Aktionstag in einem Zeitraum, in dem sich die Geschäftsstrukturen von Label 23 in einer schwierigen Phase befinden.

Die letzten zehn Jahre Anti-Thor Steinar-Kampagne haben für den Kampf gegen Label 23 eine gute Grundlage geschaffen, die es jetzt zu nutzen gilt.


–> Bilder vom Aktionstag:


Christian Jäger | Noktalia | Ney Sommerfeld | PM Cheung

–> Presse:

* „Demos schaffen die notwendige Öffentlichkeit“ (10.03.2013, Mut gegen rechte Gewalt)

–> Texte zum Thema:

* Informationen zur Kündigung von Label 23 in Weißensee und den Nazi/Rocker-Konflikt in Cotbus:
„9. März 2012: Aktionstag gegen Naziklamotten in Berlin“ (07.03.2013, KKFN)

* Aufruf zum Aktionstag am 9. März :
„No Nazi-shopping! – Weg mit Neonaziläden und rechtem Lifestyle!“ (Februar 2013, KKFN)

* Beitrag zur Kündigung der NPD-Reinickendorf-Treffpunkte:
„Reinickendorf: Kundgebung erfolgreich“ (15.02.2013, Auf die Pelle rücken)

–> Redebeiträge des Aktionstages:

werden auf www.keinkiezfuernazis.blogsport.eu zusammengefasst.