Derzeit laufen die Friedensverhandlungen der FARC-EP mit der Regierung Kolumbiens auf Kuba optimistisch. Allem Anschein nach soll der erste Punkt der Agenda, die Landfrage, zügig abgeschlossen werden. Trotz der Verhandlungen gibt es aber weiterhin Kämpfe.
Nach einer kurzen Pause und mehreren Vorschlägen zur Landfrage in Kolumbien durch die FARC-EP, gehen die Verhandlungen auf Kuba in die nächste Runde. Humberto de la Calle, Sprecher der Verhandlungsdelegation der kolumbianischen Regierung, sagte nun am Montag, dass die Gespräche zügig fortgesetzt werden sollen. Die Verhandlungen über die Agrar- und Landfrage sollen dabei zeitnah abgeschlossen werden. Die Landfrage gehört zu den wichtigsten Punkten bei den Gesprächen, schließlich sieht sich die FARC-EP in der Tradition einer ruralen Guerilla mit immer noch währenden starken Verbindungen zur Landbevölkerung. Weitere Themen sind die politische Beteiligung der Guerilla, der Kampf gegen den Drogenanbau, die Entwaffnung der Guerilla sowie die Entschädigung der Opfer des bewaffneten Konflikts.
Vorrangig geht es bei der Landfrage um eine Agrarreform, die sich auf verschiedene Punkte stützt. Als elementar gilt, den Großgrundbesitz aufzulösen, denn in Kolumbien besitzen 0,4 Prozent der Bevölkerung rund 65 Prozent der Landfläche. Dabei soll insbesondere der unproduktive und der unangemessen genutzte Teil an die verarmte Landbevölkerung verteilt werden. Generell soll die Lebens- und Arbeitssituation der Bauern verbessert werden, dies schließt den Zugang zu Land, die Finanzierung von Projekten, Kleinkredite und die Stärkung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft mit ein. Des Weiteren sollen die Opfer von Landvertreibungen entschädigt, es sollen Gesetze zum Schutz der Ökosysteme erlassen und ethnische Gruppen und Minderheiten unter einen besonderen Schutz gestellt werden. Auch die Nahrungsmittelsouveränität, die Eingrenzung der Viehzucht und die Verminderung des Raubbaues an der Natur durch Bergbau sind wichtige Bestandteile in der Landfrage.
Die Frage nach Alternativen im Umgang mit dem Anbau von Drogenpflanzen war erneut Thema im Zuge der Verhandlungen. Auch bei Gesprächen mit verschiedenen kolumbianischen Parlamentariern, die letzte Woche die Verhandlungsdelegation der FARC-EP in Kuba besuchten, wurde das Thema angeschnitten. Die FARC-EP stellt sich auf die Seite der Legalisierung von Drogen und Drogenanbau in Kolumbien. Die Repression und Kriminalisierung von Bauern, die Marihuana und Koka anbauen, führe nicht automatisch zu Alternativlösungen. Stattdessen solle der Staat den Anbau zu medizinischen, industriellen und kulturellen Zwecken erlauben und gegebenenfalls Alternativen für die Bauern suchen, um deren Lebenssituation zu verbessern. Während die USA und Europa Hauptabsatzmarkt der Drogen sind und dort bereits in vielen Ländern und US-Bundesstaaten Debatten um die Legalisierung von Marihuanakonsum geführt werden, dürfen die kolumbianischen Bauern nicht für den überlebenswichtigen Anbau zur Rechenschaft gezogen werden.
Mittlerweile berichten selbst die traditionell konservativen Medien in Kolumbien über die Fortschritte bei den Verhandlungen. Der Besuch der kolumbianischen Parlamentarier in Kuba gilt als optimistisches Signal für einen eventuellen Abschluss des ersten Punktes innerhalb der Verhandlungsagenda. Der zweite Punkt beschäftigt sich mit der FARC-EP als politische Bewegung und deren Partizipation im politischen System. Hierfür sollen Rahmenbedingungen erörtert werden, ob und wie es möglich sei, eine politische Partei zu gründen und wie deren Sicherheit gewährleistet werden kann. Von der FARC-EP gibt es seit jeher die Bestrebungen, legal an der kolumbianischen Politik mitzuwirken. Die bisherigen historischen Erfahrungen mit einem systematischen Massenmord an Mitgliedern und Sympathisanten bei von der FARC-EP geschaffenen politischen Bewegungen und Parteien zeugen jedoch von Skepsis und legitimieren bis heute das Existenzrecht der Guerilla.
Neben den Verhandlungen in Kuba kommt es in Kolumbien immer wieder zu Kämpfen zwischen Guerilla und den staatlichen Sicherheitskräften. Von mehreren militärischen Einheiten der FARC-EP gab es wiederholt Kritik, dass die Militäroperationen während der Verhandlungen sogar zugenommen haben. Während in der Presse die abgestürzten Hubschrauber (u.a. am 21.02. in Vistahermosa/Meta und wenige Tage später in Tibú/Norte de Santander) auf Unglücke und die Wetterlage reduziert wurden, sprechen militärische Einheiten der FARC-EP von Abschüssen bzw. Abstürzen durch Gefechte. Von Verlusten ist in den offiziellen Stellungnahmen der Armee nichts zu finden, so soll das heldenhafte und unverwundbare Gesicht der Armee nicht belastet werden. Auch in Sumapaz, in der Nähe der Hauptstadt Bogotá, gibt es wieder vermehrt Kämpfe zwischen der Guerilla und dem Militär. Hier hat die FARC-EP nach deren Vertreibung in den Jahren 2002 bis 2005 in den letzten Jahren wieder Fuß gefasst und militärische Strukturen aufgebaut. Dies war der oligarchischen Presse „El Tiempo“ und „Semana“ sogar Artikel wehrt, in denen sie die Ängste der Bevölkerung schürt.
Die FARC-EP ist jedoch nicht in Kuba, um ihre Demobilisierung und Vernichtung zu verhandeln, sondern bemüht um wirkliche Veränderungen im Land mit Demokratie und sozialer Gerechtigkeit. Das Kolumbien in eine soziale Schieflage geraten ist, zeigen nicht nur die massenhaften sozialen Proteste von Bauern, Studierenden, Arbeitnehmern, Basisorganisationen und Gewerkschaftern. Auch die bis heute andauernde Präsenz der Guerilla hat ihre historische Berechtigung. In einem Land, in dem Andersdenkende und Linke aufgrund ihrer politischen Gesinnung und Betätigung niedergemetzelt werden, dient die Waffe in der Hand nicht nur der Selbstverteidigung, sondern auch als Druckmittel gegenüber der sich an der Macht klammernden Oligarchie und dem Wunsch nach einem dauerhaften Frieden.