Pforzheim im Ausnahmezustand

Erstveröffentlicht: 
25.02.2013

Größter Polizeieinsatz rund um das Gedenken des Tages der Zerstörung. Neonazis nicht nur in Pforzheim - sondern auch in Mühlacker.


Olaf Lorch-Gerstenmaier und Ramona Deeg
Pforzheim/Mühlacker

Rund 1600 Polizeibeamte, darunter Alarmhundertschaften der Bereitschaftspolizei des Landes und 300 Beamte der Bundespolizei - geschätzte Kosten: rund eine Millione Euro - haben am Samstag Pforzheim in eine Festung verwandelt. Noch nie wurden so viele linke Autonome erwartet, um dem friedlichen Protest der Pforzheimer gegen die jährlich am 23. Februar stattfindende Fackel-"Mahnwache" von Neonazis zusätzlichen Schub zu verleihen - was die Polizei in Pforzheim zum größten Einsatz ihrer Geschichte veranlasste.


Sowohl die zentrale Gedenkfeier auf dem Hauptfriedhof als auch die friedliche Demo auf der Bahnhofstraße und die abendliche Kundgebung auf dem Marktplatz wurden überschattet vom Durchbrechen von mehr als 450 Linken in die Nordstadt in Richtung Wartberg. Die Polizei hatte das Plateau, auf dem die Rechtsextremisten - rechtskonform - ihre Fackeln kurz entzünden durften, weiträumig abgeriegelt. An der Kieselbronner Straße prallten die mittlerweile 600 Demonstranten - darunter viele friedliche Bürger, teilweise mit Kindern - und Polizei erstmals aufeinander. Westlich des Wartbergs riegelte die Polizei einen Acker auf der einen Seite ab und kesselte rund 400 Demon-stranten ein. Teilweise standen diese fünf Stunden in der Kälte. Vier Demonstranten und zwei Polizisten wurden leicht verletzt, es gab drei Festnahmen. Die "Mahnwache" fand wie geplant statt.


Pforzheims OB Gert Hager, der bei einer Kundgebung des "Bündnisses Pforzheim nazifrei" auf dem Marktplatz Hauptredner war, verurteilte die Ereignisse auf dem Wartberg entschieden - ebenso wie die Bundes- und Landtagsabgeordneten. Allerdings mit dem Unterschied, dass CDU und FDP Hager eine Mitverantwortung anlasten, weil die Demo aus dem Ruder lief.


Nicht alle Neonazis zeigten - wie eigentlich geplant - in Pforzheim Präsenz: Über 100 Anhänger des "Freundeskreises Ein Herz für Deutschland" fuhren mit dem Zug, von Karlsruhe kommend, nach Mühlacker weiter, und entzündeten dort mitgebrachte Fackeln. Allerdings untersagte ihnen OB Frank Schneider, durch die Stadt zu ziehen.