Razzia bei Demo-Fotografen

Erstveröffentlicht: 
07.02.2013

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat bundesweit Wohnungen von Fotografen durchsuchen lassen. Sie hofft auf Beweise gegen jene Unbekannten, die bei einer Demonstration einen Polizisten verletzt hatten. Die Razzia löste eine Welle der Kritik aus.

 

Die Fotografen selbst gelten nicht als Verdächtige, die Polizei hatte es bei den Durchsuchungen am Mittwochmorgen allein auf ihre Bilder als mögliche Hinweisquelle abgesehen. Die Aktion stieß darum auf scharfe Kritik von Journalistenverbänden und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Sie sprachen von einem Eingriff in die Pressefreiheit. 

 

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt sagte am Mittwochnachmittag zu hr-online, seien die Betroffenen Pressefotografen, werde das Material nicht verwertet. Sie seien aber im Vorfeld nicht als Journalisten kenntlich gewesen. 

 

Insgesamt wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft neun Wohnungen oder Büros von acht Fotografen durchsucht, sechs in Berlin und je eine in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Eine geplante Durchsuchung in Frankfurt sei ausgefallen, weil der Fotograf nach Berlin verzogen sei, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Ein Ermittlungsrichter habe die Durchsuchung genehmigt. 

 

Ermittlungen wegen Angriffen im März 2012 

Bei der Demonstration von Kapitalismus-Kritikern am 31. März 2012 hatte es in Frankfurt schwere Ausschreitungen gegeben. Ein Polizist musste auf der Intensivstation behandelt werden. Er sei mit einer Chemikalie und einem Gegenstand angegriffen worden, hatte die Polizei damals berichtet. Sie sucht immer noch nach den unbekannten Tätern. 

 

Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags ermittelt, inzwischen lautet der Vorwurf auf gefährliche Körperverletzung. Die Verletzungen des Polizisten hätten sich als nicht so schwer herausgestellt, dass der Vorwurf eines versuchten Totschlags gerechtfertigt wäre, sagte die Sprecherin. 

 

Mit der Randale Ende März hatten Polizei und Politik ihre strengen Sicherheitsvorkehrungen bei den einige Wochen später im Mai ausgerichteten Blockupy-Aktionstagen in Frankfurt gerechtfertigt. Diese von einem breiten Bündnis getragenen Proteste waren dann aber nahezu friedlich verlaufen. 

 

Journalisten- und Verlegerverband mit Kritik 

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) bezeichnete die Durchsuchung am Mittwoch als völlig überzogene Attacke auf freie Bildjournalisten. "Die Ermittlungsbehörden haben sich in unzulässiger Weise über Informantenschutz und Redaktionsgeheimnis hinweggesetzt", sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Er forderte die Ermittler auf, das beschlagnahmte Material unverzüglich zurückzugeben. 

 

Der Verlegerverband BDZV erklärte auf Twitter: "Journalisten sind keine Handlanger der Strafverfolgungsbehörden." Wohnungsdurchsuchungen bei Fotografen seien mit einer freien Presse nicht vereinbar.

 

Ein Vertreter der Gewerkschaft Verdi, in der auch Journalisten organisiert sind, sagte dem Berliner "Tagesspiegel", Medienvertreter seien keine Hilfspolizisten. Verdi hat den Betroffenen Fotografen Rechtsschutz zugesichert. 

 

taz widerspricht Staatsanwaltschaft 

Die Berliner "tageszeitung" (taz) widersprach den Angaben der Staatsanwaltschaft, die Fotografen seien nicht als Journalisten bekannt gewesen. Zwei der Betroffenen arbeiteten als freie Fotografen für die taz, beide seien als Journalisten im Internet auffindbar, erklärte die Zeitung. Einer habe sogar eine Weihnachtskarte der Berliner Polizei-Pressestelle bekommen. 

 

Der "Tagesspiegel" berichtete, zwei der freiberuflichen Fotografen seien für ihn tätig. Grüne und Linke im Berliner Abgeordnetenhaus verwiesen auf den besonderen Schutz, den Redaktionsräume wegen der Pressefreiheit genießen. Dieser müsse auch für die Arbeitsräume freier Journalisten gelten. Auch die Piratenpartei verurteilte die Durchsuchungen.

 

Kritik an den Fotografen kam unterdessen von unerwarteter Seite. In einigen Kommentaren auf der linken Internet-Seite linksunten.indymedia.org wurde ihnen vorgeworfen, durch die archivierten Aufnahmen Aktivisten zu gefährden.