Der korporierte Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ (DB) sorgte zuletzt immer wieder durch seine extrem rechten Tendenzen in der Öffentlichkeit für Negativschlagzeilen. Bekannt ist der 2011 vorerst gescheiterten Versuch in der DB eine Art verschärfter „Ariernachweis“ einzuführen. Oder die Rechtfertigung der Hinrichtung des christlichen Widerstandskämpfers Bonhoeffer im Dritten Reich durch Norbert Weidner, dem Chefredakteur des Verbandsorgan „Burschenschaftliche Blätter“.
Doch die DB war schon immer ein Verband mit völkisch-nationalistischen Grundverständnis und rechtspolitischer Ausrichtung. Das wird schnell erkennbar, wenn man sich das Volks- und Grenzen-Verständnis der DB anschaut, ihre Verstrickung mit der extremen Rechten betrachtet oder schaut, wer für den Dachverband als RednerIn auftritt.
Burschenschaftliche Großdeutschland-Träume
In der DB existiert ein großdeutsches Verständnis, wonach Deutschland größer ist als die Bundesrepublik. Deutschland wird nach dieser nationalistischen Auffassung als "deutscher Kulturraum" definiert. Dazu wird auch Österreich gerechnet. Die in Österreich ansässigen Burschenschaften, die durchweg deutschnational ausgerichtet sind, sind selbstverständlicher Bestandteil der "Deutschen Burschenschaft" und stärken den extrem rechten Flügel im Verband. Vom Verband „Deutsche Burschenschaft in Österreich“ wurde 1987 sogar ernsthaft der Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Doch endet die Grenze des Vaterlands nach Verständnis der DB nicht mit Österreich, auch die mehrheitlich deutschsprachige Provinz Bolzano-Alto Aldige / Bozen-Südtirol in Norditalien wird als deutsch bzw. österreichisch angesehen. Dafür leisteten deutschnationale Burschenschafter aus Deutschland und Österreich sogar Unterstützung im so genannten „Südtiroler Freiheitskampf“. Insgesamt wurden in Südtirol von 1956-1988, um die Vereinigung Südtirols mit Österreich zu „erbomben“, 361 terroristische Anschläge verübt, bei denen 21 Menschen starben und 57 verletzt wurden. Burschenschafter und Neonazis mischten dabei kräftig mit. Einen ersten Höhepunkt stellte dabei der mit „Aktion Panik“ bezeichnete Plan dar. Studenten aus dem deutschen und österreichischen Burschenschaftermilieu wurden 1961 vom österreichischen Neonazi Norbert Burger nach Italien geschickt. Sie sollten Brandbomben in den Gepäckaufbewahrungen verschiedener italienischer Bahnhöfe zur Explosion bringen. Doch die Aktion geriet zur blutigen Farce für die Burschenschafter. Ein Mitglied der Burschenschaft Olympia Wien erlitt in einem Bus in Rom schwere Verbrennungen, als sein Molotowcocktail plötzlich in seiner Aktentasche explodierte. Am Bahnhof von Trient explodierte im September 1961 ein Zeitzünder bereits im Auto der Terroristen. Die beteiligten drei Mitglieder der Burschenschaft „Germania“ aus Erlangen wurden dann von den italienischen Behörden in Trient verhaftet.
Wegen ihrer Unterstützung von Südtiroler Terroristen wurde die Wiener Burschenschaft Olympia 1961 in Österreich verboten, tritt aber seit 1973 wieder offen auf; im Jahr 1989/90 war sie übrigens Vorsitzende Burschenschaft im Dachverband.
Doch trotz dieses Debakels wird sechs Jahre später ein neuer Versuch gestartet. Am 25. Juni 1967 gab es bei einem Anschlag auf der Porzescharte (Italien) vier Tote, unter den Tätern war auch ein österreichischer Burschenschafter der Brixia Innsbruck.
Nicht nur nach Süden richten sich die Begehrlichkeiten deutschnationaler Burschenschafter. Auch die Grenze zu den Nachbarn im Osten wird in Frage gestellt. Es geht darum, die "Ostgebiete" zurückzuholen. Dazu versucht man die Oder-Neiße-Grenze als strittig darzustellen. Im "Handbuch der Deutschen Burschenschaft" von 2005 heißt es: "Unter Deutschland verstehen wir den von Deutschen bewohnten Raum in Mitteleuropa einschließlich der Gebiete, aus denen Deutsche vertrieben worden sind". Die Gebiete jenseits von Oder und Neiße würden heute lediglich "von Polen verwaltet", somit verbleibt die "territoriale Souveränität über die Ostgebiete weiterhin bei Deutschland".
Der Dachverband arbeitet auch mit der „Preussischen Treuhand“ zusammen, eine Organisation, die 2000 von Funktionären der revanchistischen "Vertriebenen"-Verbände gegründet wurde. Die „Preussische Treuhand“ versucht von den Opferstaaten der Nationalsozialistischen Expansionspolitik Entschädigungen für die Umsiedlung und Vertreibung der deutschsprachigen Minderheiten nach 1945 rauszuschlagen.
Über Jahre hinweg unterhielt die „Deutsche Burschenschaft“ in der Oblast Kaliningrad ein Patendorf, Lampasch, extra für „Russlanddeutsche“. Unschwer ist dahinter der Versuch zu erkennen das ehemalige Nordostpreußen wieder zu "re-germanisieren".
So mancher Rechter trägt heimlich Bändel
Geschätzte 1/5 aller extrem rechten Funktionäre und Meinungsmacher in Deutschland haben einen korporierten Hintergrund, davon die meisten einen burschenschaftlichen. In der Strömung der so genannten "Neue Rechten" haben sogar fast alle Männer einen korporierten Hintergrund. Zu der antidemokratischen "Neuen Rechten" ist auch die ultrarechte Wochenzeitung "Junge Freiheit" zu zählen, deren männlicher Redaktionsstab fast nur aus (ehemaligen) Verbindungsstudenten besteht. Die JF warb nicht grundlos in den „Burschenschaftlichen Blättern“ 3/1994 mit der Überschrift „Hieb und Stich den links- und liberalextremen Medien!“
Es gibt einige Burschenschafter in der NPD-Führungsetage und man versucht die Partei auch gezielt für korporierte Akademiker attraktiv zu machen. Der Burschenschafter und sächsische NPD-Abgeordnete Gansel sprach hoffnungsvoll von einer „Sogwirkung im rechtsgerichteten Studenten- und Verbindungsmilieu und eine steigende Attraktivität der Partei für Akademiker“. Auch in der rechtspopulistischen Pro-Bewegung wirken Burschenschafter mit. Ebenso bei den Republikanern, deren Chef Rolf Schlierer ein Burschenschafter ist und deren Hochschulorganisation fast nur von Burschenschaftern gegründet wurde.
In DB-Verbindungen gibt es aber auch einige Kellernazis bzw. einen praktizierten Hinterzimmerfaschismus. So scheinen einige Burschenschaften scheinen direkten Kontakt zu den neonazistischen Kameradschaften zu haben. Das ist besonders stark in Österreich der Fall, aber auch in Deutschland gibt es starke Hinweise, dass DB-Burschenschaften in Hamburg, Bonn, Gießen oder München gut mit der Neonazi-Szene vernetzt sind. In München fand beispielsweise 2010 auf dem Haus der Burschenschaft Danubia ein Regionaltreffen der "Gemeinschaft Deutscher Frauen" (GDF), einer der wichtigsten neonazistischen Frauenorganisationen in Deutschland, statt.
Auf lokaler Ebene laden sich Burschenschaften immer wieder rechte ReferentInnen aufs Haus. Aber auch der Dachverband engagierte rechtsradikale ReferentInnen. Der Kriegsschuldleugner Gerd Schultze-Rhonhof sprach zum Beispiel auf dem DB-Tag 2003. Zwei Jahre zuvor traten Andreas Mölzer (Europa-Abgeordneter der rechtspopulistischen FPÖ) und Dr. Alfred Mechtersheimer (Chef der rechtsradikalen "Deutschland-Bewegung") vor versammelter Mannschaft beim DB-Tag 2001 auf. Bei der DB-Tagung zum Thema „Die Demographische Alterung und ihre Auswirkung auf Politik, Gesellschaft und Wirtschaft“ in Eisenach am 20. März 2004 referierte vor 150 Teilnehmern der Rassist Volkmar Weiss, der auch eine Quelle für Thilo Sarrazins rassistische Vererbungstheorien war. Beim DB-Symposium „Freiheit in der EU“ am 6. Oktober 2007 in Linz trat vor 600 Teilnehmern u.a. auch Bernd Rabehl auf, der zwei Jahre später die Neujahrsansprache bei der NPD-Fraktion in Sachsen hielt.
Nicht nur wer für die DB auftritt ist interessant, sondern auch was die Person so von sich gibt. Als der CDU-Funktionär Wolfgang Schäuble 1992 in Eisenach für die DB sprach, sagter er auch „Über Königsberg, Ost- und Westpreußen, Nieder- und Oberschlesien ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ Mit solche revanchistischen Tönen gegenüber Polen stieß Schäuble bei seinem Publikum sicher auf viel Gegenliebe.
Gegen solche deutschnationale Umtriebe gilt es öffentlich Widerspruch zu zeigen, z.B. am 24. November gegen den außerordentlichen Burschentag in Stuttgart: http://keineburschentage.blogsport.eu/