GP Nach Nazi-Demo: Stadt und Polizei wehren sich

Nazidemo und Gegendemonstration in Göppingen.
Erstveröffentlicht: 
09.10.2012

Die Göppinger Stadtverwaltung und die Polizei haben am Montag die Gewalt linksautonomer Gruppen während der Nazi-Demo scharf verurteilt. Oberbürgermeister Guido Till wies die Kritik an ihm zurück.

 

Die Filmaufnahmen, die ein Polizeiteam am Samstag während der Nazi-Demo in der Göppinger Innenstadt von einem Hubschrauber aus gemacht hat, sprechen Bände: Immer wieder attackieren gewaltbereite Linksautonome Polizeibeamte. Die Vermummten werfen mit mehr als faustgroßen Steinen auf die Polizisten und beschießen die Beamten mit Feuerwerkskörpern und Reizgas. Jeder Stoßtrupp der Straftäter hat einen Anführer, auf dessen Kommando die Gruppe gezielt losrennt, um die Polizei körperlich anzugreifen.

Ziel der Vermummten, die der Göppinger Polizeichef Martin Feigl nicht als "Gegendemonstranten" bezeichnen will, ist es, in jene abgesperrten Zonen der Innenstadt einzudringen, in der 151 Neonazis unter Polizeischutz ihren vom Verwaltungsgerichtshof in Mannheim genehmigten Aufmarsch veranstalten.

Am Montag präsentierte Feigl einige der Filmausschnitte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Göppinger Stadtverwaltung im Rathaus. "Es war ein extremes Gewaltpotenzial vorhanden", betonte Feigl.

Die Ausschreitungen, die offenbar von Rädelsführern gut vorbereitet waren, überschatteten am Samstag den mehrheitlich friedlichen Anti-Nazi-Protest. Die Polizei, die mit mehr als 2000 Beamten im Einsatz war, hatte gleich fünf so genannte Anti-Konflikt-Teams aufgeboten. "Wir haben ständig versucht, mäßigend auf die einzelnen Parteien einzuwirken, bei den gewaltbereiten Angehörigen des linken Spektrums ist uns das nicht gelungen", sagte Feigl. Diese Leute - die Polizei spricht von rund 500 - seien "gezielt nach Göppingen gekommen, um Gewalt auszuüben". Es sei ihnen jedoch nicht gelungen, auf die Strecke des Nazi-Aufmarschs vorzudringen.

Feigl sprach von einer "sehr diffizilen Aufgabe" für die Polizei. "Wir müssen die Versammlungsfreiheit schützen, Störungen beseitigen und Straftaten verfolgen", so Feigl. Ziel sei es gewesen, die Rechtsextremen und linken Gruppen gar nicht erst aufeinandertreffen zu lassen.

Bereits am Samstagvormittag habe es mehrere Brennpunkte mit brenzligen Situationen gegeben. Der Polizeichef bedauerte die massiven Einschränkungen für viele Anwohner und entschuldigte sich dafür, dass es bei mancher Einkesselung gewaltbereiter Störer zum Teil auch friedliche Gegendemonstranten getroffen habe. Feigl: "Es ist für die Einsatzbeamten fast unmöglich, immer und überall sofort für eine saubere Trennung zwischen Gut und Böse zu sorgen." Aus diesem Grund hätten einige der friedlichen Gegendemonstranten die Kundgebung des Bündnisses "Kreis Göppingen Nazifrei" erst mit Verspätung erreicht.

28 Polizisten waren am Samstag verletzt worden. Ein Beamter, der ein Knalltrauma erlitt, ist nach wie vor dienstunfähig. Die Stadt hat in Zusammenarbeit mit der Polizei insgesamt 79 Platzverweise ausgesprochen. Göppingens Erste Beigeordnete Gabriele Zull widersprach am Montag allerdings Berichten, wonach die Stadt auch im Bereich der Oberhofenanlage Platzverweise ausgesprochen haben soll. "Das ist nicht zutreffend", sagte Zull.

 

Sowohl Zull, als auch OB Guido Till übten mehr oder weniger offen Kritik an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, die Nazi-Demo in Göppingen zuzulassen. Dies sei umso unverständlicher, da zuvor das Verwaltungsgericht Stuttgart den Aufmarsch aus Sicherheitsgründen verboten habe. Wie bereits bei der Veranstaltung der Stadt vor dem Rathaus am Samstagvormittag verurteilte OB Till gestern den "braunen Unfug" in aller Deutlichkeit, sagte aber auch: "Es gibt für mich keinerlei Legitimation für Gewalt gegen Polizisten." Im Namen der Stadtverwaltung dankte Till ausdrücklich den Polizisten für ihren Einsatz. Die Polizei habe die Lage zu jeder Zeit im Griff gehabt und stets "besonnen, kompetent und konsequent" agiert. Auf diese Weise sei Schlimmeres für die Stadt und ihre Bürger verhindert worden.