Internethändler
Der Nordstern-Versand hat eine besondere Klientel: Kunden, die sich rechte Propaganda und T-Shirts kaufen – und er hat eine Postfach in Säckingen. Dessen Inhaber ist in der Szene wohlbekannt.
Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin ist nur der Anfang.
Neben Sarrazins äußerst umstrittenem "Deutschland schafft sich ab"
finden sich im Sortiment des Internethändlers "Nordstern-Versand" etwa
ein "Rechtsratgeber für nationale Aktivisten" und T-Shirts von Marken
wie "Nordic Pride" oder "Ansgar Aryan". In der rechten Szene sind die
Kleidungsstücke sehr beliebt. Beim "Nordstern-Versand" werden sie jedoch
nicht als T-Shirts beworben. Man vermeidet Anglizismen und bezeichnet
sie stattdessen als T-Hemden.
Der Online-Shop und sein Sortiment haben dafür gesorgt, dass Bad
Säckingen auf Seite 175 im Verfassungsschutzbericht des
baden-württembergischen Innenministeriums auftaucht. "In Bad Säckingen
ist der Internetversandhandel ,Nordstern-Versand’ verortet", erklärt
Victoria Krause, die Pressesprecherin des Landesamts für
Verfassungsschutz, auf BZ-Anfrage. Der Versand sei im Jahr 2010 mit
einem temporären Internetauftritt bekannt geworden und nun seit November
2011 mit seinem Angebot im Internet präsent. Mehr kann oder möchte
Krause nicht über den Versandhandel sagen.
Tatsächlich taucht im Impressum der Internetseite eine Bad Säckinger
Postfachadresse auf. Inhaber ist "M. Walter". Es dürfte sich dabei um
Markus Walter handeln. Er wurde in den vergangenen Jahren von der
Antifaschistischen Aktion (Antifa) Freiburg immer wieder im Zusammenhang
mit Aktivitäten der lokalen Neonazi-Bewegung erwähnt. Die
Internetadresse des Bündnisses ist bei der Registrierungsstelle Denic
nach wie vor auf seinen Namen registriert. Ganz im Gegensatz zum
"Nordstern-Versand": Die Internetadresse ist von einer Online-Firma aus
Newport im US-Bundesstaat Illinois registriert worden.
Ob der "Nordstern-Versand" seine Geschäfte tatsächlich von Bad Säckingen
aus abwickelt oder lediglich die Postfachadresse existiert, ist unklar.
Ein Gewerbe hat Markus Walter nach BZ-Informationen nicht in Bad
Säckingen angemeldet. Einen offiziellen Wohnsitz soll er in Bad
Säckingen seit einigen Jahren nicht mehr haben. Inzwischen sitzt Markus
Walter für die NPD im Gemeinderat der Stadt Verden sowie im Kreistag des
Landkreises Verden. Dort hat er die Nachfolge des NPD-Funktionärs und
rechtsextremen Publizisten Rigolf Hennig angetreten.
In Bad Säckingen existiert nach Antifa-Einschätzung eine sehr jugendlich
geprägte Neonazi-Szene mit hoher Fluktuation. Es gebe eher keine
jahrzehntelang aufgebauten Strukturen. Das sieht man bei der Polizei
ähnlich. Laut Pressesprecher Paul Wißler sind zwar verschiedene Personen
der rechten Szene zuzuordnen. Er habe aber nicht den Eindruck, dass
sich eine rechte Gruppierung bilde. Straftaten mit rechtsextremistischem
Hintergrund werden bei der Polizei immer wieder registriert. Im Jahr
2010 waren es im Landkreis Waldshut insgesamt 24, im vergangenen Jahr
19. Sie reichen von politisch motivierter Sachbeschädigung über
Beleidigungen bis hin zur Volksverhetzung.