Burschenschaft: Offiziell rechtsextrem

Frankfurter Rundschau vom 2.6.2012 zum Burschentag in Eisenach
Erstveröffentlicht: 
02.06.2012

Nach dem Eklat im vergangenen Jahr droht der Deutschen Burschenschaft bei ihrem Verbandstag endgültig die Spaltung. Nach der Wahl eines rechtsextremen Funktionärs rückt die Burschenschaft auch offiziell nach rechts.

 

Eisenach – Am Freitagabend hat es wieder einen Festakt auf der Wartburg gegeben, danach sammelten sich die Burschen zum Fackelumzug, einträchtig wirkt das immer, doch der Schein trügt. Die Deutsche Burschenschaft steht endgültig vor der Spaltung, sie hat gleich zum Auftakt ihres alljährlichen Burschentages in Eisenach einen rechtsextremen Funktionär im Amt bestätigt. Sie rückt jetzt auch ganz offiziell nach rechts.

Die Visiere waren offen, es war weit mehr als ein Scharmützel, das sich liberal-konservative und rechtsextreme Burschenschafter in den vergangenen Monaten geliefert hatten, mehr als ein einfacher Richtungsstreit. Ein offener Kampf tobte in der Deutschen Burschenschaft, jenem Dachverband von etwa 120 Bünden und knapp 10.000 Mitgliedern. Und Burschen wie Justus Libig waren vor dem Verbandstag an diesem Wochenende wild entschlossen, den rechtsextremen Auswüchsen in der Burschenschaft endlich Einhalt zu gebieten. Nun ist der Kampf schon entschieden.

„Krachende Niederlage“

„Es ist eine krachende Niederlage“, sagte Libig der FR, „jetzt wird endgültig deutlich, dass rechtsextreme Burschenschafter die Macht im Verband übernommen haben“. Libig ist Sprecher der erst vor wenigen Monaten gegründeten Initiative „Burschenschafter gegen Neonazis“. Gemeinsam mit anderen eher liberalen Burschen hatte er dagegen opponiert, dass der Chefredakteur der Burschenschaftlichen Blätter, Nobert Weidner, den Theologen und Widerstandskämpfer gegen die NS-Diktatur, Dietrich Bonhoeffer, öffentlich als Landesverräter bezeichnete. Und dessen Verurteilung „rein juristisch gerechtfertigt“ nannte.

Gegen Vorstandsmitglied Weidner stimmten nur 38 von 105 Bünden beim Burschentag. Obwohl die Bonner Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt. Obwohl seine Burschenschaft, die „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“, schon im vergangenen Jahr mit ihren rassistischen Anträgen für einen sogenannten Ariernachweis für Neumitglieder für einen Eklat gesorgt hatte.

Verbandssprecher Christoph Basedow hält eine Spaltung des Dachverbands nun durchaus für möglich, wie er sagte. Dafür sprechen auch andere Entscheidungen bei diesem Burschentag, die noch mehr eher liberal gesinnte Bünde zum Austritt aus dem Dachverband bewegen dürften: So übernahm die Germania Hamburg den Vorsitz der Burschenschaftlichen Gemeinschaft, dem ohnehin eher rechtsgesinnten Flügel im Verband.

Streit um Ariernachweis

Die Germania hatte kürzlich für Aufsehen gesorgt, weil sie den niedersächsischen NPD-Vorstand Matthias Behrens als Gast empfangen hatte. Und schließlich ist da noch die Personalie Kai Ming Au: An dem Mannheimer Burschenschafter, dessen Eltern aus China stammen, hatte sich der Streit um den sogenannten Ariernachweis entzündet. Nachdem der Antrag zurückgezogen worden war, kündigte Au seine Kandidatur für den Vorstand in diesem Jahr an.

Au will nun ausgerechnet gegen Matthias Brauer antreten. Brauer war 2007 bei der Marchia Bonn ausgeschlossen worden, weil er im Garten des Verbindungshauses unter „Hail White Power“-Rufen ein selbstgezimmertes Holzkreuz abgefackelt hatte – in Amerika ist das eine Zeremonie des Ku-Klux-Klan. Brauer ist seither bei den Raczeks.

Nun gibt es unter den Fackelträgern in Eisenach nicht wenige, die ganz sicher sind, wie auch diese Wahl ausgehen wird.