Baumschutz-Aktivisten wollen Hambacher Forst nicht räumen

Niederzier. Von Hausbesetzungen hat man schon oft gehört. Aber Waldbesetzung? Genau die gibt es im Hambacher Forst seit dem 14. April. Und wer zunächst gedacht hatte: Das halten diese Besetzer doch gar nicht aus, der hat sich getäuscht.

 

Die Aktivisten haben sich im Wald häuslich eingerichtet und treffen täglich Anstalten für einen noch länger dauernden Aufenthalt.

Mit einem Waldfest starteten junge Leute im April eine Aktion, an der sich Umweltschützer aus ganz Deutschland beteiligen. Schützen wollen sie den Wald vor dem Tagebau, der sich gerade unaufhaltsam in den Hambacher Forst hineinfrisst und ein riesiges Loch hinterlässt. Die Gruppe von etwa 30 Personen, alle zwischen 20 und 25 Jahre alt, haust zwar mitten im Wald, ist aber leicht zu finden. Die Tagebaugegner haben auf der Landesstraße 276 bei Buir ab dem Parkplatz am Waldesrand den Weg gut ausgeschildert. Sie freuen sich, wie sie versicherten, über Besuch und halten für Gäste sonntags nachmittags Kaffe und Kuchen bereit.

Andreas, Dirk und Jan lassen sich zwar nicht gern fotografieren, stehen aber den «DN» spontan und bereitwillig für alle Auskünfte zur Verfügung. Bei einer Führung durch das besetzte Waldstück werden drei Baumhäuser vorgeführt, in schwindelnden Höhen ist eins schon fertig, zwei sind noch im Entstehen. Dort übernachten etliche Aktivisten, andere schlafen in insgesamt sieben Zelten. Sie haben sich schon ein kleines Beet angelegt, bauen gerade eine Küche und ein kreisrundes Gemeinschaftsgebäude, haben einen Kostenlos-Laden errichtet und gefüllt und sich eine Dusche gebaut. Alles aus Holz, das sie dem Wald entnehmen oder «von Bürgern, die uns unterstützen» bekommen. 

Die jungen Männer - Mädchen sind auch dabei - machen einen entschlossenen, aber keinen aggressiven Eindruck. Wovon ernähren sie sich? «Containing», sagt Andreas. Das bedeutet, dass sie die Supermärkte der Umgebung abfahren und sich aus den Containern Lebensmittel herausnehmen, die zwar weggeworfen wurden, aber noch essbar sind. «An Obst und Gemüse haben wir keinen Mangel», sagt Dirk. 

Nur einer von den Dreien gibt Düren als Wohnort an, die anderen beiden kommen aus Freiburg und Hannover. Es bleiben auch nicht alle Besetzer ständig im Lager. Vielmehr reisen einige nach ein, zwei Wochen wieder ab und werden von neuen Aktivisten abgelöst. 

«Wir betrachten die Waldbesetzung als Meinungsäußerung», erklärt auf Nachfrage André Bauguitte, Sprecher bei RWE-Power. Diese Meinungsäußerung werde «zunächst geduldet». Was weiter geschieht, sei noch unklar, «aber wir beobachten die Entwicklung und stehen in engem Kontakt mit den Behörden», so wird mitgeteilt.

Im Camp erklären Andreas, Dirk und Jan unterdessen, dass sie hierarchische Strukturen ablehnen und deshalb nicht Mitglied einer Partei oder Organisation sind. «Beschwerlich» finden sie das Leben im Wald, doch die Zerstörung der Natur halten sie für gänzlich unakzeptabel. Wälder seien wichtig für ein funktionierendes Ökosystem, filtern CO2 aus der Luft, speichern und filtern Wasser, garantieren die Artenvielfalt. Die Drei führen vor, wie viel Feinstaub sich in der Luft befindet, «Feinstaub, der sogar in Düren und Köln wegen des Lochs in der Luft ist, das jetzt 450 Meter tief ist». 

Das Abbaggern der Region wollen sie verhindern und bleiben, «bis RWE mit dem Verfeuern der Landschaft aufhört». Warum der Energieriese nicht längst gänzlich auf regenerative Energien setzt, das ist ihnen vollkommen unerklärlich und Erklärungsversuche prallen an ihnen ab. «Wald statt Kohle» steht auf einem Segel, das vom höchsten Wipfel eines alten Baumes fast bis zur Erde reicht.

Was ihnen gar nicht fehlt: Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen, Internet. «Wir erfahren alles schon irgendwie. Eben ein, zwei Tage später», sagt Andreas und bittet aber, im Bericht auf den Internetauftritt der Aktivisten hinzuweisen (http://hambacherforst.blogsport.de/). Das scheint ihnen dann doch sehr wichtig zu sein. 

«Mahnwache» nennen sie auf einem Flugblatt ihren Auftritt im Wald. Über die Gerichte und normale Demonstrationen sei ja gegen RWE nichts mehr zu erreichen, meinen sie. Und arbeiten weiter an ihren Holzhäusern und einer Hängebrücke, die diese miteinander verbindet.